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Veröffentlicht am 05.10.2020

Folgen eines One-Night-Stands

Lessons from a One-Night-Stand
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„Eigentlich habe ich den One-Night-Stand nicht bereut – bis jetzt zumindest.“

„Lessons from a One-Night-Stand“ ist ein Liebesroman von Piper Rayne. Er ist der Auftaktband der „Baileys“-Reihe und erschien ...

„Eigentlich habe ich den One-Night-Stand nicht bereut – bis jetzt zumindest.“

„Lessons from a One-Night-Stand“ ist ein Liebesroman von Piper Rayne. Er ist der Auftaktband der „Baileys“-Reihe und erschien im Juni 2020 Im Forever Verlag.
Als Holly ihren Job als Rektorin einer kleinen Highschool in Alaska antritt, ahnt sie nicht, dass ihr One-Night-Stand vom letzten Wochenende in der Kleinstadt große Wellen schlagen wird. Doch leider ist der unglaublich attraktive Mann, mit dem sie eine Nacht verbracht hat, einer der bekanntesten Menschen in Lake Starlight. Und als wäre das nicht schon genug, ist er auch noch einer ihrer Kollegen in der Highschool, schlimmer hätte der neue Job eigentlich nicht beginnen können…

Das Autorenduo Piper Rayne schreibt eine Lovestory außerhalb der üblichen College- und Highschoolromane und macht die Geschichte damit authentischer – denn mal ehrlich, wie viele Jugendromanzen bleiben wirklich ein ganzes Leben bestehen…?
Neben der wirklich gut umgesetzten Handlung haben mir ebenso der flüssige und leichte Schreibstil sowie die wechselnde Ich-Perspektive von Austin und Holly gefallen. Gefühle und Gedanken werden dadurch für beide Protagonisten eindeutig beschrieben und man kann sehr gut mit den Figuren leiden und lachen. Zusätzlich zur Ich-Perspektive enthält der Erzählstil aber auch erzählende Abschnitte, in denen Holly als Erzähler auftritt und ihre Gedanken und Handlungen dem Leser direkt erklärt. Diese Textpassagen binden den Leser noch mehr in die Handlung ein und haben mir sehr gut gefallen. Auch an humorvollen Szenen mangelt es nicht und gerade die Darstellung von „Klatsch und Tratsch“ in einer Kleinstadt hat mir gut gefallen. Austin und Holly als Protagonisten haben mir sehr zugesagt. Austin imponiert mir sehr, denn nicht viele junge Männer würden ihre Karriere und ihre größten Träume aufgeben, damit sie die Erziehung ihrer Geschwister übernehmen können. Verständlich ist es daher auch, dass er sich weiterhin wünscht aus der Kleinstadt hinauszukommen und als Trainer einer Collegebaseballmannschaft anzufangen. Seine Geschwister verurteilen ihn teilweise für diesen Wunsch, doch für mich scheint es selbstverständlich, dass man an seinen Träumen festhält und sich selbst auch mal an die erste Stelle setzt.
Hollys Art fand ich zwar zunächst ein bisschen schwierig, ich fand sie kindisch und überheblich, dieses Gefühl legte sich aber schnell, als ich mehr über Hollys wahre Gedanken erfuhr.
Die Beziehung zwischen Holly und Austin ist auf wunderschöne Art und Weise beschrieben, an erotischen und heißen Szenen mangelt es nicht, sie nehmen aber auch keine Überhand. Mir hat gefallen, dass das Kennenlernen der beiden authentisch und realitätsnah ist und nicht überstürzt eingefädelt wird. Dass eine Beziehung der beiden jedoch nicht auf Dauer sein kann, steht für beide schnell fest. Denn trotz der offensichtlichen Anziehung zwischen ihnen, werden sich ihre Wege bald trennen. Holly wird nur vorübergehend Rektorin an der Schule sein, Austin wird die Kleistadt verlassen, daher lassen sie sich auf einen Deal ein: „Keine Übernachtungen, kein Dinner, keine Dates, keine Blumen.“ – kurzum, eine Affäre zum Spaß haben.
Verwirrende Gefühle sind hierbei jedoch vorprogrammiert und so beginnt für beide ein Spießrutenlauf zwischen Gefühlen, Wünschen und der Erkenntnis, dass sich Träume verändern können...
Insgesamt haben mir aber alle Charaktere in der Geschichte gefallen und wie man dem Charme der Familie Bailey widerstehen soll, ist mir ein Rätsel. Die tragische Familiengeschichte legt dabei zwar einen kleinen Schatten auf das Leben der sieben Geschwister, wird aber zum Glück nicht häufiger als notwendig thematisiert und fügt sich so mühelos in die Handlung ein. Zeitgleich macht das Schicksal der Familie deutlich, dass man den Moment genießen sollte und dankbar für das sein sollte, was man hat. Viel zu schnell kann alles vorbei sein…

Mein Fazit: Hollys und Austins Geschichte ist originell und häufig humorvoll, gleichzeitig aber auch bewegend und zeitweise sogar traurig: Wiedermal ein wundervoller Roman des Autorenduos Piper Rayne. Ein Roman zum Dahinschmelzen, Wohlfühlen und Genießen – ich vergebe 4,5 von 5 Sternen!

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Veröffentlicht am 01.10.2020

Die Unberührbare

Versuchung zum Aperitif
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„Immer in Bewegung bleiben.“

„Versuchung zum Aperitif“ ist ein Liebesroman und der fünfte Band der „Diesmal für immer“-Reihe von Catherine Bybee. Obwohl er der fünfte Band der Buchreihe ist, kann er problemlos ...

„Immer in Bewegung bleiben.“

„Versuchung zum Aperitif“ ist ein Liebesroman und der fünfte Band der „Diesmal für immer“-Reihe von Catherine Bybee. Obwohl er der fünfte Band der Buchreihe ist, kann er problemlos einzeln gelesen werden. Er erschien im Mai 2020 im Montlake Verlag von Amazon Publishing.
Sasha Budanov ist Bodyguard und dabei knallhart, unabhängig und unberührbar. Sie arbeitet alleine und verzichtet auf nahezu jede Freundschaft, denn Familie und Freunde machen einen angreifbar und verletzlich und sind damit zu gefährlich in ihrem Job. Als sie jedoch, momentan ohne Job und eher perspektivlos, an ihre alte Schule zurückkehrt, lernt sie AJ kennen. Dieser benötigt ihre Hilfe und unbewusst beginnt Sasha ihre Prinzipien zu vergessen, dies jedoch könnte lebensgefährlich sein…

Von Beginn an ist der Roman anders, als ich erwartet hatte. Ausgehend von Titel, Klappentext und Cover, dachte ich an eine klassische Liebesgeschichte. Die tatsächliche Handlung birgt dann jedoch einige Überraschungen und hat einiges mehr zu bieten als „nur“ eine Liebesgeschichte. Kurz gefasst kann man sagen: „Liebesroman trifft Agentenkrimi“. Eine Kombination, die ich einfach überhaupt nicht erwartet hatte, die mir aber sehr zugesagt hat. Durch die spannende und mitreißende Haupthandlung, bei der es um die Suche nach dem Mörder von AJs Schwester geht, hat der Roman Suchpotential. Die Spurensuche birgt für Sasha und AJ einige Gefahren und auch an überraschenden Wendungen und aufregenden Szenen, die zwar an manchen Stellen etwas übertrieben wirken, sich aber insgesamt gut in das Gesamtbild des Romans einfügen. Die Liebesgeschichte von AJ und Sasha entwickelt sich dabei nur am Rande und rundet den Roman formvollendet ab.
Beide Figuren haben mir dabei sehr gut gefallen. Sasha ist knallhart, unberechenbar und eine der Besten in ihrem Job. Nach ihrer schulischen Laufbahn auf einem Internat mit militärischem Einschlag hat sie bereits verschiedene Jobs gehabt und sich im Leben nicht nur Freunde gemacht. Um sich für ihre Feinde nicht angreifbar zu machen, verzichtet sie auf nahezu jeglichen Kontakt zu Freunden, familiäre Beziehungen besitzt sie nicht. Trotzdem gibt es Menschen, denen Sasha wichtig ist, diese vergisst sie jedoch leicht und versucht ihr Leben alleine zu meistern und nur dann um Hilfe zu bitten, wenn es unabdingbar ist. Sie ist eine Meisterin des Nahkampfs, mysteriös und unnahbar – dabei aber ebenso attraktiv und interessant für Männer. Diesen geht sie aber bisher ebenfalls aus dem Weg, denn auch Gefühle sind riskant… Doch getreu nach dem Motto „harte Schale, weicher Kern“ beschließt Sasha, Alex bei der Suche nach dem Mörder seiner Schwester zu helfen. Dass diese Entscheidung möglicherweise nicht nur objektiv sein könnte, schiebt sie dabei weit von sich weg.
Während der Suche nach dem Mörder beginnt Sasha dann zu erkennen, dass Familie und Freunde wichtig sind. Es wird klar, dass auch sie in der Lage ist, sich um andere Menschen zu kümmern und sich um sie zu sorgen. Langsam aber sicher wird aus der knallharten und unberührbaren Frau jemand, der Nähe zulassen kann und der erkennt, was es heißt, Teil einer Gruppe zu sein. Diese Entwicklung hat mir gut gefallen.
Auch der Schreibstil hat mir zugesagt, denn er ist flüssig und leicht und dazu gespickt mit einer guten Portion Spannung sowie einigen witzigen Szenen und Wortspielen. Die personale Erzählperspektive ermöglicht einen guten Einblick in Sashas Gedanken und Gefühle und macht ihre Werte und Ansichten sehr deutlich.
Insgesamt hat mir der Roman daher sehr gut gefallen und mich definitiv überrascht. Obwohl ich bisher keinen weiteren Band der Reihe kenne, hatte ich keine Probleme mich in die Geschichte hineinzufinden oder Zusammenhänge zu verstehen. Schade finde ich lediglich, dass der Titel so gar nicht zu Handlung passt und damit eine völlig andere Erwartung zur Geschichte weckt.

Mein Fazit: Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen für einen lockeren Roman, der mich überrascht und wahnsinnig gut unterhalten hat. Sympathische und interessante Figuren in einer Liebesgeschichte, die sich eher als Agentenroman entpuppt und dabei an Spannung, Intrigen und Überraschungen nicht spart.

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Veröffentlicht am 30.09.2020

Famiglia

Belmonte
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„Ich finde aber trotzdem, dass man versuchen sollte, sich die Welt nach seinen Wünschen zu formen, und nicht, seine Wünsche den Gegebenheiten anzupassen.“

„Belmonte“ ist eine Familiensaga von Antonia ...

„Ich finde aber trotzdem, dass man versuchen sollte, sich die Welt nach seinen Wünschen zu formen, und nicht, seine Wünsche den Gegebenheiten anzupassen.“

„Belmonte“ ist eine Familiensaga von Antonia Riepp. Sie erschien im Juni 2020 im Piper Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Als Simonas „Nonna“ stirbt, erfährt sie, dass sie ein Haus in den Marken Italiens erbt, von dessen Existenz sie bisher nichts wusste. Kurzentschlossen und dem letzten Willen ihrer Großmutter folgend begibt sie sich auf eine Reise dorthin. In Italien angekommen, beginnt dann die Suche nach Simonas eigenen Träumen und ihrer Familiengeschichte...

„Belmonte“ – mal wieder eine Familiensaga ganz nach meinem Geschmack. Die Geschichte entführt den Leser ins wunderschöne Italien der Gegenwart und der Vergangenheit, in dem es zur damaligen Zeit wohl allerdings nicht immer allzu schön war. Trotzdem ist der Autorin eine großartige Kulisse für ihren Roman gelungen, der mich mit drei starken Frauen und einer insgesamt ein bisschen verrückten, aber liebenswerten Familie begeistert hat.
Als Simonas Großmutter stirbt, hinterlässt sie der nichtsahnenden jungen Frau ein Haus in Italien. Kurzentschlossen reist Simona in den Süden und beginnt damit nicht nur die Suche zu ihren familiären Wurzeln, sondern auch eine Suche nach ihren eigenen Wünschen und Zielen im Leben. Hierbei hat mir sehr gut gefallen, dass nicht, wie meistens bei solchen Romanen, Briefe von Simonas Großmutter auftauchen, sondern aufgenommene Kassetten, in denen Franka ihrer Enkelin ihre Geschichte erzählt. Dies ist, wie ich finde, eine sehr originelle und schöne Idee. Zudem haben mir neben der Geschichte von Simonas Vorfahrinnen auch Simonas eigene Geschichte sowie ihre persönliche Entwicklung im Roman sehr gut gefallen. Sie selbst erkennt durch ihre Italienreise was für sie im Leben zählt und wofür sie kämpfen möchte, sie beginnt zu verstehen, dass sie selbst auch eine Stimme hat und dass sie ihre eigene Meinung aussprechen kann und darf. Das Ende des Romans hat mich dann auch überrascht, denn es geschieht etwas, das für dieses Buchgenre doch eher untypisch ist. Trotzdem hat es gut in die Gesamthandlung gepasst und gezeigt: „Heimat ist da, wo das Herz ist.“
Simona hat mir als Protagonistin sehr gut gefallen, imponiert haben mir aber auch oder gerade ihre Vorfahrinnen. Jede der drei Frauen ist für sich etwas Besonderes. Sie haben versucht ihr Leben zu leben und für ihre Wünsche zu kämpfen, scheiterten dabei jedoch leider zu häufig am traditionellen Gedankengut und der noch nicht so weit fortgeschrittenen Emanzipation. Das Schicksal dieser Frauen ist bewegend und zeigt, was für starke Frauen es gibt. Auch Simona selbst ist eine solche Frau, auch wenn sie ihren eigenen Weg erst noch finden muss. Insgesamt sind sie, ebenso wie die anderen Figuren, authentisch dargestellt. Gerade die italienische Großfamilie, die Simona bei ihrer Suche kennenlernt, habe ich sehr ins Herz geschlossen.
Der Schreibstil des Romans ist flüssig und unkompliziert. Die personale Erzählperspektive, kombiniert mit den hauptsächlich durch die Kassetten dargestellten Rückblicke, ermöglicht dem Leser einen guten Einblick in die Gedanken und Gefühle von Simona und ihren Vorfahrinnen. Neben der fiktiven Geschichte werden zudem historische Aspekte, italienische Traditionen und die Emanzipation der Frau betrachtet und dargestellt. Dies rundet die Handlung ab und hat mir sehr gut gefallen.

Mein Fazit: „Belmonte“ ist eine gelungene und interessante Familiensaga vor italienischer Traumkulisse. Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen für einen lockeren und leichten Roman der neben der Haupthandlung auch wichtige Themen wie den Nationalsozialismus und die Emanzipation anschneidet.

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Veröffentlicht am 02.08.2020

Großartiger Debütroman

Morgan's Hall
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„Heimat ist da, wo das Herz ist“

„Morgan´s Hall“ ist ein historischer Roman von Emilia Flynn und gleichzeitig ihr Debütroman und der erste Band der gleichlautenden Romanreihe „Morgan´s Hall“.
Ein Herrenhaus ...

„Heimat ist da, wo das Herz ist“

„Morgan´s Hall“ ist ein historischer Roman von Emilia Flynn und gleichzeitig ihr Debütroman und der erste Band der gleichlautenden Romanreihe „Morgan´s Hall“.
Ein Herrenhaus fernab der Zivilisation, ein Ort, zum Träumen schön… So jedenfalls sieht es die Familie Morgan. Johns Vater hat dieses traumhafte Fleckchen Erde entdeckt, als seine Wahlheimat auserkoren und den Familienbetrieb dort aufgebaut. Etwas Schöneres als hier zu leben, kann es eigentlich nicht geben. Doch wird dies auch die Halbjüdin Isabelle erkennen, nachdem John sie, gemeinsam mit seinem Freund Dickie, in Wien vor den Nazis gerettet und gegen ihren Willen als seine Verlobte nach Woodwall bringt?

„Morgan’s Hall“ ist der Debütroman der Autorin Emilia Flynn und war daher natürlich auch der erste Roman, den ich von ihr lesen durfte. 😊 Sie nimmt den Leser mit in ein Europa vor dem zweiten Weltkrieg und in ein Amerika der 1940er Jahre. Dabei greift sie, neben der Haupthandlung über die Familie Morgan, geschickt kleinere und größere historische Aspekte mit auf, ohne diese dabei zu sehr in den Vordergrund zu rücken. So sind die Judenverfolgung, der Nationalsozialismus, der zweite Weltkrieg, aber auch die Rolle der Frau in dieser Zeit Themen, die angeschnitten werden. Der Leser kann dann entscheiden, ob er sich weiter mit diesen Themen beschäftigen möchte oder nicht. Diese Verbindung zwischen Fiktion und Realität hat mir sehr gut gefallen.

Nachdem John und Dickie die Halbjüdin Isabelle nach der Machtübernahme durch Hitler in Wien kennen und lieben gelernt haben, entschließt sich John, Isabelle als seine Verlobte mit nach Morgan´s Hall zu nehmen. Auch gegen ihren ausdrücklichen Willen, schließlich muss sie aus Österreich fliehen und John hat sich in sie verliebt... Dass Isabelles Gefühle eine andere Sprache sprechen und sie sich in Dickie verliebt hat, spielt für John dabei keine Rolle. Er bricht also wegen einer Frau mit seinem besten Freund und bringt Isabelle nach Morgan’s Hall…
John wird zu Beginn des Romans als freundlicher und eher gut- beziehungsweise langmütiger junger Mann beschrieben. Sein Freund Dickie hingegen als charismatisch, sympathisch, draufgängerisch und typischer Frauenschwarm. Auf der gemeinsamen Reise scheinen sich die Charaktereigenschaften der beiden langsam zu verändern. Dickie möchte Wien aus Angst vor den Nationalsozialisten schnellstmöglich verlassen, während John unbedingt Isabelle kennenlernen möchte. Auch die Rettung Isabelles ist alleine Johns Idee. Er setzt dieses Vorhaben alleine, entschlossen und ohne Rücksicht auf Verluste durch und offenbart damit eine Seite an sich, die ich so nicht erwartet hätte.
Dickie hingegen lässt sich von seinem Freund unterbuttern und schafft es nicht, für Isabelle zu kämpfen. Er macht ihr zwar Hoffnung, überlässt sie aber letztlich ihrem Schicksal, auch mit diesem Handeln hätte ich nicht gerechnet.
Isabelle Charakter ist ebenso vielfältig. In Wien die taffe, schöne und irgendwie mutige Sängerin mit sonnigem Gemüt und freundlichem Auftreten, wandelt sie sich mehr und mehr in eine unzufriedene, griesgrämige und boshafte Frau. Ihre Lebensumstände sind nicht so, wie sie es sich gewünscht hat und doch hat mich auch diese Entwicklung überrascht.
Die Autorin zeichnet die Figuren aber dennoch oder gerade wegen dieser überraschenden Wesenszüge sehr authentisch. Gedanken und Gefühle werden durch die personale Erzählweise sehr gut vermittelt.
Emilia Flynn beschönigt das Leben nicht und stellt ein realistisches Bild einer mächtigen Familie dar. Nach Außen ist das Auftreten klar: alles funktioniert, alle verstehen sich, innerhalb der eigenen vier Wände sieht es aber ganz anders aus. Dies hat mir so gut gefallen! Endlich mal ein Roman, in dem nicht alles „rosa und in Plüsch“ ist. Gefühle sind nicht geradlinig, lassen sich nicht erzwingen und manchmal entstehen eben Differenzen, Hass und Sorgen. Das Leben besteht nicht nur aus Liebe und Einigkeit. Nicht immer kann es ein Happy End geben… Aus diesem Grund hat mir dann das Ende des Romans auch nicht ganz so gut gefallen, die Handlung erreicht hier nochmal einen Wendepunkt, welchen ich nun wieder überhaupt nicht erwartet hatte. Vor allem hatte ich ihn mir nicht gewünscht… Ich hätte mir einen anderen Ausgang gewünscht, der, wie der Rest des Romans, nicht in die üblichen Klischees hineinpasst. Trotzdem macht mich der darauffolgende Cliffhanger überaus neugierig und ich freue mich sehr auf Band 2!

Mein Fazit: Ein Roman mit historischem Hintergrund, mit einer großen Prise Lebenserfahrung und Realität. Eine Familiensaga, die das Leben nicht verklärt und zeigt, dass nicht immer alles „Friede, Freude, Eierkuchen“ sein kann. Ein Roman über die Liebe, über Freundschaft, Familienbande, Intrigen und Hass.
Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen für diesen großartigen Debütroman von Emilia Flynn! Einen halben Stern ziehe ich ab, da ich mir das Ende anders gewünscht hätte. Ich freue mich aber riesig auf Band 2, denn der riesige Cliffhanger verlangt einfach nach mehr. <3

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Veröffentlicht am 27.05.2020

Weiterleben

Zwei in einem Herzen
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„Es ging nie darum, über Freddie Hunter hinwegzukommen. […] Es gibt keinen praktischen Trauerplan. […] Vielmehr muss man herausfinden, wie man weiterlebt […].“

„Zwei in einem Herzen“ ist ein Roman von ...

„Es ging nie darum, über Freddie Hunter hinwegzukommen. […] Es gibt keinen praktischen Trauerplan. […] Vielmehr muss man herausfinden, wie man weiterlebt […].“

„Zwei in einem Herzen“ ist ein Roman von Josie Silver, übersetzt von Babette Schröder. Er erschien am 11.05.2020 als Taschenbuch im Heyne Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Nach dem tragischen Unfalltod ihres verlobten Freddie steht Lydia vor dem Scherbenhaufen ihres gemeinsamen Lebens. Wie soll sie ohne Freddie weiterleben und wie jemals wieder glücklich sein? Eigentlich ausgeschlossen, weshalb ihr die Flucht in ihre Traumwelt, in der Freddie noch lebt, herzlich willkommen ist. Doch wird Lydia mit der Traumwelt dauerhaft glücklich werden können oder gibt es für sie einen anderen Weg zurück ins Leben…?

Josie Silvers Roman „Zwei in einem Herzen“ ist kein Roman, in dem es um die verlorene Liebe und die neue / alte Liebe zu seinem besten Freund geht. Jedenfalls nicht nur. Ausgehend vom Klappentext hatte ich erwartet, dass der Hauptkonflikt die aufkommenden Gefühle zu Lydias und Freddies bestem Freund Jonah sein würden. Dies ist allerdings eher nicht der Fall. Vielmehr beschreibt der Roman den Weg, den Lydia beschreitet, um ihre Trauer zu bewältigen. Mit viel Witz und Humor, aber auch tiefgehenden Gefühlen und Gedanken begleiten wir Lydia auf einem langen und steinigen Weg der Trauer und der Trauerbewältigung.
Anschaulich wird dabei beschrieben, dass jeder seinen eigenen Weg für die Trauer finden muss, dass es kein Patentrezept gegen die Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen gibt und dass einfach jeder Mensch anders ist. Ebenso wird deutlich, dass man zwar selbst seinen Weg gehen muss, dass man aber Hilfe und Unterstützung annehmen darf, wenn man sie braucht.
Lydias Familie und Freunde übernehmen diesen Part im Roman sehr gut und sind dabei unglaublich einfühlsam, obwohl sie ebenso trauern und keine Ahnung haben, was falsch und was richtig ist.
Lydia selbst war mir von Anfang an sehr sympathisch. Sie ist, ebenso wie die anderen Figuren, authentisch dargestellt und eine liebenswerte junge Frau. Während sie im realen Leben nach Freddies Tod kaum noch Freude empfinden kann und einfach nur noch am Leben teilnimmt, ohne es selbst zu planen, taucht sie nachts in eine Traumwelt ab. In dieser lebt Freddie noch und die Zeit vergeht, als ob der Unfall nie geschehen wäre. Doch während sich viele Dinge zwischen Traum und Realität gleichen, gibt es doch gravierende Unterschiede, die vielleicht der Preis für ein glückliches Leben mit Freddie sind. Denn während einer lebt, muss ein anderer gehen. Diese Moral ist uns wohl allen bekannt und wird schließlich auch Lydia bewusst.
Im Laufe der Zeit erkennt sie zudem, dass sie sich nach Freddies Tot weiterentwickelt hat. Aus einer Frau, die eher im Schatten ihres Partners gelebt hat und vieles akzeptiert hat, was ihr eigentlich wehtat, wurde durch die Herausforderung des Alleinseins eine Frau, die stark und mutig ist. Sie hat es geschafft weiterzuleben und sich ein Leben aufzubauen, auf das sie stolz ist.
Dies hat mir sehr gut gefallen und ist ein Zeichen für jeden, der ähnliches durchlebt oder aus anderen Gründen an seinem Leben zweifelt. Man muss das eigene Leben anerkennen als das, was es ist. Es ist unser Leben und es will gelebt werden. Es ist keine Alternative. Es ist eine Chance und zwar die beste, die wir haben.
Die Erzählperspektive als Ich-Erzählung von Lydia war für den Roman sehr gut gewählt. Eindeutig wird, wie Lydia denkt und fühlt und was sie erlebt. Besonders gefallen haben mir dabei die Passagen, in denen sie sich selbst reflektiert und über Dinge nachdenkt. Durch diesen Schreibstil bekommt auch der Leser Erkenntnisse, die er sonst möglicherweise übersehen hätte. In diesem Licht betrachtet ist das Romanende ideal gewählt und auch die Parallelwelt, die mich zunächst massiv gestört und irritiert hat, ergibt rückblickend Sinn.
Obwohl das Thema des Romans anders war als von mir erwartet und mich häufig an vergleichbare Bücher wie „P.S. Ich liebe dich“ erinnerte, bin ich letztendlich vom Roman überzeugt. Mit viel Gefühl, aber auch viel Humor beschreibt Josie Silver Lydias Weg aus der Trauer und gibt dem Leser viele wichtige Botschaften mit auf den Weg. Der mitreißende und leichte Schreibstil regt zum Weiterlesen und Abtauchen in die Geschichte ein.

Mein Fazit: Die kontroversen Diskussionen und auch negativen Buchmeinungen zu „Zwei in einem Herzen“ kann ich nachvollziehen, teile sie aber nicht. Wenn man sich auf die Geschichte einlässt und in sie eintaucht, kann man sie lieben und verstehen. Die anfängliche Irritation wird durch viel Gefühl und eine grandiose Erzählweise wettgemacht und hat mich letztendlich überzeugt, ein leicht geänderter Klappentext würde eine bessere Vorstellung vom Inhalt geben und eine andere Erwartung wecken. Ich ziehe lediglich einen halben Stern ab, sodass es von mir 4,5 von 5 Sternen gibt.

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