Profilbild von schnaeppchenjaegerin

schnaeppchenjaegerin

Lesejury Star
offline

schnaeppchenjaegerin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit schnaeppchenjaegerin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.10.2020

Auftakt der charmanten Jugendkrimi-Reihe um die smarte jüngere Schwester von Sherlock Holmes

Der Fall des verschwundenen Lords
0

Als Enolas Mutter an ihrem 14. Geburtstag verschwindet, begegnet sie zum ersten Mal nach zehn Jahren wieder ihren älteren Brüdern Mycroft und Sherlock Holmes. Insbesondere Mycroft verurteilt die Emanzipationsanstrengungen ...

Als Enolas Mutter an ihrem 14. Geburtstag verschwindet, begegnet sie zum ersten Mal nach zehn Jahren wieder ihren älteren Brüdern Mycroft und Sherlock Holmes. Insbesondere Mycroft verurteilt die Emanzipationsanstrengungen seiner Mutter und wie sie die jüngere Schwester erzogen hat. Er meldet sie deshalb in einem Internat an, wo sie eine angemessene Erziehung genießen soll. Enola denkt jedoch nicht daran, ihren Brüdern zu gehorchen, sondern möchte ihre Mutter, die ihr verschlüsselte Botschaften und ausreichend Bargeld hinterlassen hat, auf eigene Faust finden. Auf ihrem Weg nach London wird sie auf den Fall des verschwundenen jungen Lords Basilwether aufmerksam. Von der Neugier gepackt, beginnt sie zu recherchieren und begibt sich damit selbst in Gefahr.

"Der Fall des verschwundenen Lords" ist der erste Band um die deutlich jüngere Schwester des Meisterdetektivs Sherlock Holmes. Es ist ein Jugendkrimi, der zur viktorianischen Zeit im Jahr 1888 in England handelt.

Enola ist eine smarte und mutige 14-Jährige, die ihren älteren Bruder Sherlock für seinen Spürsinn bewundert und nach dem Verschwinden ihrer Mutter eigene detektivische Ambitionen entwickelt. Das Buch ist atmosphärisch geschrieben und fängt die Zeit Ende des 19. Jahrhunderts bildlich ein. Die Unterschiede zwischen Arm und Reich, dem Leben auf dem Land und dem in der Stadt sowie zwischen Männern und Frauen wird anschaulich mit der Geschichte verbunden. Sie liest sich kurzweilig und im Falle des rätselhaften Verschwindens von Mutter Holmes mit den hinterlassenen Chiffren auf Grundlage des Lexikons der Sprache der Blumen durchaus spannend und regt zum mitraten an, während der titelgebende Fall des verschwundenen Lords eher eine untergeordnete Rolle spielt und etwas schnell abgehandelt wird.

Das Buch ist in sich geschlossen, bietet aber im Hinblick auf die charakterliche Weiterentwicklung von Enola und ihren Neuanfang in London sowie die noch nicht abgeschlossene Suche nach der Mutter viel spannenden Stoff für die nachfolgenden fünf Bände, von denen bereits drei in Deutschland erschienen sind.
Die charmante Geschichte um Sherlock Holmes clevere kleine Schwester ist für jugendliche Leser, aber auch für Erwachsene geeignet, die sich auf eine kluge Abenteuergeschichte einlassen möchten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.10.2020

Moderner und spannender Psychothriller, der leicht zu lesen ist, aber im Hinblick auf die Gefahren von Smart-Home-Technik oberflächlich bleibt

Die App – Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst.
0

Als der Chirurg Dr. Hendrik Zemmer nach einem Notfall nachts nach Hause kommt, ist seine Verlobte Linda spurlos verschwunden. Hendrik glaubt nicht daran, dass Linda ihn ohne ein Wort des Abschieds und ...

Als der Chirurg Dr. Hendrik Zemmer nach einem Notfall nachts nach Hause kommt, ist seine Verlobte Linda spurlos verschwunden. Hendrik glaubt nicht daran, dass Linda ihn ohne ein Wort des Abschieds und der Erklärung verlassen hat und verständigt die Polizei. Diese unternimmt zunächst nichts, da es keinen Hinweis auf ein Verbrechen gibt. Mit einem Aufruf auf Facebook sucht Hendrik nach seiner Verlobten und wird bald darauf von einer Frau kontaktiert, deren Mann vor Kurzem ebenfalls einfach so verschwunden ist. Auch eine Psychologiestudentin, die zuletzt ein Praktikum beim LKA Hamburg absolvierte und Kontakte in die Hackerszene hat, wird auf die Suche aufmerksam und versucht Hendrik zu helfen. Sie weiß von einem dritten mutmaßlichen Entführungsfall. Wie Hendrik und Linda verwendeten auch die beiden anderen Haushalte das Smart Home-System "Adam", durch das sich offenbar jemand Zutritt zu den Häusern verschaffte.

"Die App: Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst." ist ein moderner Psychothriller, der von den Gefahren der Smart Home-Technik handelt. Der Thriller verliert sich nicht in Details zur Technik oder zum Darknet und ist deshalb leicht verständlich geschrieben. Durch die kurzen Kapitel ist die Geschichte sehr temporeich und entfaltet schnell eine eigene Dynamik. Das Buch ist auch durchaus interessant und unterhaltsam zu lesen, verliert aber durch den zweiten Handlungsstrang, der aus Sicht der (unbekannten) Opfer geschrieben ist an Spannung, da das Motiv für die Verbrechen zu leicht vorhersehbar wird. Spannend fand ich dennoch zu erfahren, welcher Zusammenhang zu "Adam" bestand.

Die Figuren, denen Hendrik begegnet, sind überwiegend undurchschaubar. Selbst die Polizisten wirken zweifelhaft, so dass man nicht weiß, wem man tatsächlich trauen kann.
Durch die eigenmächtigen Ermittlungen und die vielen Zufälle, die zur Aufklärung beitrugen, fand ich die Handlung etwas konstruiert. Auch hatte ich mir mehr Schrecken durch Adam erwartet und war von der Auflösung etwas ernüchtert.

Das Potenzial der Geschichte wurde meiner Meinung nach nicht ganz ausgeschöpft. Durch den zweiten Handlungsstrang verlor sich der Fokus auf die Smart Home-Technik ein wenig und war letztlich nur Mittel zum Zweck. Die Gefahren eines Missbrauchs und einer Rundumüberwachung hätten noch deutlicher herausgestellt werden und für Schockmomente sorgen können.
Dennoch fand ich "Die App" unterhaltsam geschrieben und habe den Thriller innerhalb weniger Stunden gelesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.09.2020

Komplexe, undurchsichtige Familiengeschichte mit einem bildhaften Erzählstil, der die Grenzen von Traum und Wirklichkeit verschwimmen lässt

Untertauchen
0

Gretel wurde vor sechzehn Jahren von ihrer Mutter verlassen. Sie lebten zuvor gemeinsam auf einem Hausboot, wo sie sogar eigene Wort erfanden und schotteten sich damit nicht nur räumlich von der Gesellschaft ...

Gretel wurde vor sechzehn Jahren von ihrer Mutter verlassen. Sie lebten zuvor gemeinsam auf einem Hausboot, wo sie sogar eigene Wort erfanden und schotteten sich damit nicht nur räumlich von der Gesellschaft ab. Gretel wuchs bei Pflegefamilien heran und wurde Lexikografin. Sie hatte die Hoffnung nie aufgegeben, ihre Mutter wieder zu sehen und sie immer wieder gesucht. Dabei hat sie auch versucht, Marcus zu finden, der zeitweise mit ihnen auf dem Boot war.
Nach all den Jahren der Abwesenheit erreicht Gretel ein Anruf ihrer Mutter, der wie ein Hilferuf wirkt. Sarah ist inzwischen dement und kann sich kaum an die eigene Tochter erinnern.

"Untertauchen" ist ein Roman, der in der Gegenwart im "Cottage" handelt, als Gretel ihre wiedergefundene verwirrte Mutter bei sich aufgenommen hat, und in Rückblenden von der "Jagd", der Suche Gretels nach Sarah sowie auf dem "Fluss", vom Leben auf dem Hausboot erzählt, wobei mit Marcus noch eine weitere Perspektive in Erscheinung tritt.

Die unterschiedlichen Zeitebenen und verschiedenen Charaktere sind dabei nicht einfach in den Kontext einzuordnen und sorgen für einen komplexen Aufbau der Handlung. Die Geschichte beginnt mit der Suche Gretels nach Sarah, entwickelt sich dabei aber zu einem Ödipuskomplex, den ich so nicht erwartet habe.

Es ist eine tragische, rätselhafte Geschichte, die melancholisch erzählt wird und eine beklemmende Atmosphäre schafft. Sie handelt von einer überforderten Mutter, die in ihrer eigenen kleinen Welt zu leben scheint, von der Sehnsucht nach Nähe und Heimat, einer Suche nach den eigenen Wurzeln und von Angst. Die Angst nimmt im Leben von Sarah einen so großen Raum ein, dass sie mit "Bonak" sogar ein eigenes Wort für die Gefahr geschaffen hat, vor der sie sich Zeit ihres Lebens fürchtet. Auch Marcus erscheint von "Bonak", einem Ungeheuer, dass ihn unter Wasser zieht, besessen.

"Untertauchen" fesselt, da man als Leser diese komplexe, undurchsichtige Familiengeschichte entwirren möchte. Der bildhafte Erzählstil unterstützt dabei auch sprachlich die Mystik in der Geschichte, die an die Sagen der griechischen Mythologie erinnert und die Grenzen von Erinnerungen, Traum, Wahn und Wirklichkeit verschwimmen lässt. Das Ende empfand ich nicht nur im Hinblick auf Schuld und Sühne etwas unbefriedigend. Mir fehlte auch eine Erklärung für das Verhalten von Sarah in der Vergangenheit und so manches Ereignis, an das sich Gretel erinnerte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.09.2020

Unterhaltsamer Krimi mit einem etwas eigenwilligen Kriminalkommissar vor schöner Urlaubskulisse

Lost in Fuseta
0

Aufgrund eines Brüsseler Austauschprogramms der europäischen Polizeien landet Kriminalkommissar Leander Lost in Portugal und soll dort für ein Jahr bei der Kriminalpolizei in Fuseta arbeiten. Schon an ...

Aufgrund eines Brüsseler Austauschprogramms der europäischen Polizeien landet Kriminalkommissar Leander Lost in Portugal und soll dort für ein Jahr bei der Kriminalpolizei in Fuseta arbeiten. Schon an seinem ersten Arbeitstag wird die Leiche eines Privatdetektives gefunden. Die Ermittlungen ergeben, dass der Mann erschlagen wurde. Vermutlich hat der Privatdetektiv einen Betrugsfall von überregionaler Bedeutung aufgedeckt, der durch einen Auftragsmord vertuscht werden sollte. Leander Lost unterstützt bei der Verbrechensaufklärung seine beiden Kollegen, die Sub-Inspektoren Graciana Rosado und Carlos Esteves, die Lost zunächst als wunderlichen Kauz wahrnehmen, schon bald aber von seiner besonderen analytischen Begabung als Folge des Asperger Syndroms profitieren, aber auch mit den problematischen Seiten der Erkrankung im persönlichen Umgang mit Lost umgehen müssen.

"Lost in Fuseta" ist der Auftakt einer Krimireihe um den deutschen Kriminalkommissar Leander Lost, der in Portugal ermittelt.
Der erste Band stellt vor allem die Lebensart und Mentalität der Portugiesen, die Stellung Portugals in Europa und die handelnden Akteure in den Vordergrund. Insbesondere Hauptfigur Lost ist ein spezieller Charakter, der aufgrund seiner Erkrankung sozial wenig kompetent ist und die Menschen unabsichtlich vor den Kopf stößt, dabei aber unwahrscheinlich intelligent ist, ein enormes Gedächtnis und eine schnelle Auffassungsgabe hat. Die portugiesische Sprache hat er innerhalb weniger Wochen erlernt und auch bei der Lösung des Kriminalfalls zieht er aus wenigen Indizien Rückschlüsse, die anderen verborgen geblieben wären.

Aufgrund der vielen Details über das Leben und Arbeiten in Portugal, die Landschaftsbeschreibungen und das Privatleben der Sub-Inspektoren und deren Familienangehörigen spielen die Ermittlungen und die Lösung des Kriminalfalls schon fast eine untergeordnete Rolle. Statt Spannung, wie man es von einem Krimi erwartet, steht eher die Unterhaltung vor der schönen Urlaubskulisse der Algarve im Fokus der Handlung. Dabei wächst dem Leser Leander Lost mit all seinen Eigenheiten ans Herz. Es ist interessant zu sehen, wie seine Inselbegabung hilfreich für die Ermittlungen ist, gleichzeitig aber auch eine Hürde sein kann, die die Ermittler in so manche aberwitzige Situation führt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.09.2020

Spannender Thriller mit überraschenden Wendungen - Gänsehautgarantie nicht nur durch die eisige Landschaft Südgeorgiens als Handlungsort

Dein kaltes Herz
0

Aus Angst vor ihrem Ehemann Freddie, der vor Kurzem aus dem Gefängnis entlassen wurde, hat sich die promovierte Glaziologin nach Südgeorgien versetzen lassen, um einen möglichst großen Abstand zu Freddie ...

Aus Angst vor ihrem Ehemann Freddie, der vor Kurzem aus dem Gefängnis entlassen wurde, hat sich die promovierte Glaziologin nach Südgeorgien versetzen lassen, um einen möglichst großen Abstand zu Freddie zu bekommen. Ihre Psychotherapie wegen ihrer Ängste und zeitweisen Aussetzer bei ihrem Therapeuten Joe in Cambridge hatte sie eigenmächtig abgebrochen.
Als ein Passagierschiff den Hafen in Südgeorgien erreicht, stellt Felicity mit Entsetzen fest, dass Freddie auf der Passagierliste steht. Ihr schlimmster Alptraum ist wahrgeworden, doch Felicity hatte sich vorbereitet. Mit einem Schlauchboot versucht sie im ewigen Eis zu entkommen.
Währenddessen findet Joe in Cambridge mehr über Felicitys Vergangenheit heraus und sieht ihre Symptome unter ganz anderen Vorzeichen. Die Polizei, die in mehren Fällen getöteter Obdachloser ermittelt, um die sich Joe ehrenamtlich gekümmert hat, findet dagegen Spuren, die zu Felicity führen.
Der Thriller ist in vier Abschnitte aufgeteilt, von denen zwei in Cambridge und zwei in Südgeorgien handeln. Die Perspektiven wechseln dabei zwischen mehreren handelnden Personen.
Der Thriller beginnt auf der Insel Südgeorgien, als sich Felicity auf ihre Flucht vorbereitet. Ihre panische Angst ist spürbar und sorgt nicht nur aufgrund des eisigen Settings für Gänsehaut. Gleichzeitig fragt man sich jedoch, warum Felicity so irrational handelt und niemandem um Hilfe bittet. Ein Rückblick in die Vergangenheit mehrere Monate zuvor in Cambridge gibt tiefe Einblicke in die Seele von Felicity und was sie in der Vergangenheit erlebt haben mag. Joe versucht ihr mittels Hypnotherapie zu helfen, doch Felicity sträubt sich, kann sich ihrem Trauma nicht stellen und möchte nicht als verrückt abgestempelt werden.
Joe, der die professionelle Grenze zwischen Arzt und Patientin nicht immer stringent einhält, ist der Sohn der leitenden Ermittlerin für die Mordfälle um die Obdachlosen in Cambridge. Durch das enge Mutter-Sohn-Verhältnis erhält man zusätzlich zu dem Familiendrama um Felicity noch Einblicke in einen Kriminalfall.
Auch wenn man während der Therapiesitzungen bald ahnt, was mit Felicity los ist, ist der Thriller dennoch durchgehend spannend. Vor allem die zahlreichen Wendungen, die der Handlung immer wieder neue Impulse geben, machen neugierig darauf, wie die beiden Handlungsstränge um Felicitys Flucht und die Mordfälle an den Obdachlosen zusammenhängen, wobei Joe der gemeinsame Nenner zu sein scheint.
"Dein kaltes Herz" ist ein packender Thriller, der hervorragend konstruiert ist und nur einige wenige Längen bei der andauernden Beschreibung von Felicitys Ängsten aufweist. Die kalte und düstere Atmosphäre, die während des beginnenden Winters in der eisigen Landschaft Südgeorgiens hergestellt wird, unterstreicht die beängstigende Handlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere