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Veröffentlicht am 15.09.2016

Schwierige Zeiten

Wind von Westen
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Balthasar Broicher ist schon lange in Agnes, die Halfin des Kirchhofs, verliebt. Ihr Mann ist plötzlich verstorben und sie muss so schnell wie möglich wieder heiraten, um den Hof weiterzuführen. Als Balthasar ...

Balthasar Broicher ist schon lange in Agnes, die Halfin des Kirchhofs, verliebt. Ihr Mann ist plötzlich verstorben und sie muss so schnell wie möglich wieder heiraten, um den Hof weiterzuführen. Als Balthasar um sie wirbt, ist ihr Vater Jakob Frings nicht sehr begeistert. Aber auch Agnes ist zurückhaltend.
Die Zeiten sind nicht einfach für die Menschen. Die Franken machen sich breit und die Halfen müssen die Besetzer versorgen, das nimmt die Zeit in Anspruch, die eigentlich zum Bestellen der Felder notwendig ist. Schon bald bestimmen Hunger und Armut das Leben.
Es ist eine interessante Geschichte über das Leben der Menschen am Ende des 18. Jh. und wie die „Politik“ dramatische Auswirkungen auf dieses Leben hat. Obwohl ich aus der Gegend stamme, war mit der Begriff „Halfe“ bisher unbekannt.
Die Menschen sind authentisch und gut dargestellt. Balthasar bleibt als fünfter Sohn nur die Möglichkeit, eine Halfin zu heiraten, weil er sich sonst als Knecht verdingen muss. Er ist ehrgeizig und geduldig und ergreift die Chance, wenn sie sich bietet. Seine Geduld und Beharrlichkeit hilft ihm dabei, sich Respekt in der großen Familie zu erwerben. Er kann sich durchsetzen, erkennt aber auch schnell Fähigkeiten in anderen Menschen, die sonst verborgen blieben. Agnes ist sympathisch, mitfühlend und steht mit beiden Beinen im Leben. Sie ist auch verantwortlich für das Auskommen ihrer Geschwister und des Vaters. Besonders gefallen hat mir die kleine Schwester Tilla. Sie macht sich viele Gedanken über alles und jedes.
Der Schreibstil ist gewohnt flüssig und gut zu lesen. Ungewohnte Redewendungen sind im Anhang erklärt.
Ein interessantes historisches Buch.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Düstere Zeiten

Märzgefallene
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Während Gereon Rath Karneval in seiner Heimatstadt Köln feiert, wird in Berlin im Todesfalle eines obdachlosen Veteranen ermittelt. Als dann auch noch der Reichstag brennt, wird Gereon zurückbeordert. ...

Während Gereon Rath Karneval in seiner Heimatstadt Köln feiert, wird in Berlin im Todesfalle eines obdachlosen Veteranen ermittelt. Als dann auch noch der Reichstag brennt, wird Gereon zurückbeordert. Die Prioritäten für die Ermittlungen haben sich verschoben. Nicht der Mordermittlung wird Vorrang eingeräumt, sondern der Jagd nach Kommunisten, die für den Brand Des Reichstages verantwortlich gemacht werden. Die politische Polizei wird aufgestockt, das Morddezernat wird kleiner.
Die Verhältnisse in Deutschland ändern sich sehr schnell. Kaum einer will wahrhaben, wohin die Reise geht. Auch Rath, der unpolitische Mensch, sieht und hofft, dass es schon nicht so schlimm wird und dass der Spuk bald eine Ende hat. Dagegen ist Charly sehr besorgt wegen der Entwicklung. Die politische Situation führt immer wieder zu Diskussionen und Streitereien zwischen den beiden, so dass man fürchten muss, dass die geplante Hochzeit nicht stattfindet.
Als Rath auch zu den Politischen versetzt wird, merkt er schnell, dass es nicht um Ermittlungen geht, sondern zunächst um Manipulation der Wahlen. Als ein weiterer Mord geschieht, findet er einen Weg, wieder an seinen alten Arbeitsplatz zurückzukehren. Aber auch dort hat sich schon einiges verändert. Gräf, der homosexuelle Beziehung mit einem SA-Mann hat, ist davon überzeugt, dass unter den Nazis alles besser wird, und will bei den Politischen bleiben. Aber auch andere, unbequeme Personen verschwinden. Raths Vorgesetzter Wilhelm Böhm, zu dem er immer ein angespanntes Verhältnis hatte, wird abgeführt und taucht nicht wieder auf. Dann wird dem Pathologen Schwartz nahegelegt, in den Ruhestand zu gehen.
Bei seinen Nachforschungen stößt Rath auf Vorgängen, die bis zurück in den 1. Weltkrieg reichen. Bei der „Operation Alberich“ hinterließen die deutschen Soldaten in Frankreich verbrannte Erde. Ist das Buch von Leutnant von Roddeck Anstoß für diese Morde? Warum ist gerade der März 1917 so interessant?
Das Buch zeigt ein sehr düsteres Bild von den Verhältnissen in Deutschland. Im Gegensatz zu den vorherigen Bänden wird immer offensichtlicher, dass wer nicht das Weltbild der Nazis passt, verfolgt wird. Es ist natürlich aus heutiger Sicht leicht zu sagen, dass die Menschen hätten merken müssen, was da geschieht. Aber sie waren schon so indoktriniert, dass bei der Bücherverbrennung gejubelt wurde.
Man kann sich gut in die Protagonisten mit ihren Ängsten und auch Hoffnungen hineinversetzen. Wie in den Vorbänden sorgt Raths Gerechtigkeitssinn dafür, dass er auch schon mal am Rande der Legalität agiert. Charly hat es inzwischen so den Boden unter den Füßen weggezogen, dass sie Gereon bei solchen Aktionen sogar unterstützt.
Ein komplexer und spannender Kriminalfall ist eingewoben in die historischen Ereignisse und atmosphärisch sehr dicht geschildert.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Akte Vaterland

Die Akte Vaterland
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Ein Roman vor dem geschichtlichen Hintergrund im Juli 1932. Es ist eine schwierige Zeit.
Ein Toter wird im Lastenaufzug von „Haus Vaterland“, einem Ort für Vergnügungen, gefunden. Alles deutet darauf hin, ...

Ein Roman vor dem geschichtlichen Hintergrund im Juli 1932. Es ist eine schwierige Zeit.
Ein Toter wird im Lastenaufzug von „Haus Vaterland“, einem Ort für Vergnügungen, gefunden. Alles deutet darauf hin, dass er dort ertrunken ist.
Kommissar Gereon Rath hat schon einen Fall, bei dem die Ermittlungen seit Wochen nicht voran kommen. Daher ist er über diesen neuen Fall nicht besonders glücklich. Schwierig ist für ihn auch, dass seine Liebe Charlotte Ritter von einem Studienjahr in Paris zurückkehrt und seinen Heiratsantrag nicht direkt annimmt. Es bleibt aber nicht bei dem einen Mordfall, da sind weitere Tote, die auf die gleiche merkwürdige Weise ums Leben gekommen sind.
Rath muss in die Masuren und findet dort ein wortkarges Volk vor. Nach und nach erfährt er mit Hilfe seines ihm aufgedrückten Assistenten aber mehr. Die Geschichte über den Kaubuk mag er aber nicht so ganz glauben, bis er am eigenen Leib erfährt, dass wohl Wahres daran ist. Er ist aber lange auf dem Holzweg und es stellt sich heraus, dass manche Kriminalfälle zwar gelöst werden können, dass die Serienmorde aber ganz andere Gründe haben.
Gereon Rath ist ein Polizeibeamter, der es mit Regeln und Vorschriften nicht so genau nimmt. Auch die Kollegen stößt er oft vor den Kopf. Da er aber oft richtig liegt, erhält er die Unterstützung seines Vorgesetzten.
Eine Geschichte mit vielen Facetten, die sehr spannend ist. Interessant ist es auch, mehr über die Polizeiarbeit in jener Zeit zu erfahren.
Ich habe die vorigen Bände über Gereon Rath leider nicht gelesen, werde dies aber umgehend nachholen, da ich „Die Akte Vaterland“ nicht aus der Hand legen konnte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Angekommen, aber nicht aufgenommen

Wie sie uns ansehen
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Ein Radfahrer findet im Gebüsch ein junges Mädchen, welches erwürgt wurde. Kriminalkommissarin Cornelia Arents, die mit diesem Fall betraut ist, bekommt schnell heraus, wer das Mädchen ist, denn ihre Handtasche ...

Ein Radfahrer findet im Gebüsch ein junges Mädchen, welches erwürgt wurde. Kriminalkommissarin Cornelia Arents, die mit diesem Fall betraut ist, bekommt schnell heraus, wer das Mädchen ist, denn ihre Handtasche liegt in der Nähe. . Die Aufenthaltskarte wurde vor nicht einmal einem Jahr auf Majida Esber aus Syrien, 16 Jahre, ausgestellt. Das legt nahe, dass es sich um eine fremdenfeindliche Tat handeln könnte.
Cornelia lernt bei ihren Ermittlungen den syrischen Arzt Dr. Faris Aydin kennen, der als freiwilliger Dolmetscher die Flüchtlinge unterstützt. Sie erfährt, dass einerseits eine Initiative den Menschen im Flüchtlingsheim helfen will, dass aber auch in der Nachbarschaft einige Leute der Meinung sind, die Flüchtlinge gehörten nicht dorthin. Bei einem Brandanschlag konnte von den Bewohnern der Unterkunft durch beherztes Eingreifen Schlimmeres vermieden werden. Die Menschen in dem Flüchtlingsheim sind besorgt und ängstlich.
Unterbrochen wird diese Geschichte immer wieder von Tagebucheinträgen, in denen Majida berichtet, wie es ihr ergangen ist. Sie schreibt darüber, wie der Krieg in Syrien gewütet hat und wie ihr kleiner Bruder und ihr Vater starben. Wir erfahren von der Flucht, die voller Gefahren ist und bei der sie noch einen Cousin und einen Onkel verliert. Aber auch ihre Gefühle nach der Ankunft in Deutschland werden sehr gut dargestellt. Es ist so bedrückend, diese Tagebucheinträge zu lesen und noch einmal deutlich gemacht zu bekommen, was diese Menschen erdulden mussten.
Dieses Buch ist der dritte Band, in dem Cornelia Arents ermittelt. Es ist nicht unbedingt erforderlich, die Vorgängerbände zu kennen.
Bei ihren Ermittlungen trifft Cornelia auf Menschen, die dagegen sind und das auch lautstark kundtun, dass Menschen, die vor dem Krieg geflohen sind, hier ein sicheres Leben finden. Es ist für die Kommissarin gar nicht einfach, in solchen Momenten ruhig zu bleiben. Glücklicherweise gibt es auch die Anderen - die, welche helfen wollen. Dazu gehört auch Dr. Faris Aydin, der in Syrien helfen wollte und den das Grauen, das er dort erlebt hat, nicht loslässt. Auch er bekommt den Hass der Leute spüren.
Cornelia, die die Vorfälle aus der Vergangenheit auch noch nicht überwunden hat, fühlt sich zu dem attraktiven Faris hingezogen. Aber ihr Fall geht vor.
Die Geschichte ist eindringlich und sehr real dargestellt. Vor allem Majidas Tagebuch führt einem vor Augen, wie fürchterlich der Krieg ist und wie traumatisch für die Menschen.
Ein überzeugender Krimi, der zum Nachdenken anregt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Grauenhafte Verbrechen in der Idylle

Solothurn trägt Schwarz
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An der Aare wird ein toter Journalist gefunden. Zuletzt recherchierte Lötscher in Sachen Balkan-Mafia. Hat er etwas herausgefunden und musste deshalb sterben? Ein rätselhafter Fall für Dominik Dornach ...

An der Aare wird ein toter Journalist gefunden. Zuletzt recherchierte Lötscher in Sachen Balkan-Mafia. Hat er etwas herausgefunden und musste deshalb sterben? Ein rätselhafter Fall für Dominik Dornach von der Solothurner Kantonspolizei und Staatsanwältin Angela Casagrande.
Bereits der Prolog ist ziemlich grauenhaft und es geht sehr spannend weiter. Der Schreibstil ist gut zu lesen und sehr fesselnd.
Die Charaktere sind gut und authentisch herausgearbeitet. Dominik Dornach ist ein sympathischer und engagierter Polizist. Als alleinerziehender Vater einer 18jährigen Tochter hat er es auch nicht immer leicht. Dann bringt die junge österreichische Kollegin Cranach sein Gefühlsleben durcheinander, so dass er doch ziemlich abgelenkt ist. Schon bald fordert der Fall ihn mehr, als ihm lieb ist, denn seine Tochter Pia gerät in tödliche Gefahr. Pia ist jung und geht entsprechend unbedarft und leichtsinnig vor. Staatsanwältin Angela Casagrande arbeitet gerne und gut mit Dornach zusammen. Hin und wieder schlägt ihr südländisches Blut durch.
Zunächst konnte ich nicht erkennen, wohin mich die verschiedenen Handlungsstränge führen, doch mit der Zeit erkennt man Zusammenhänge. Trotzdem bleibt es bis zum rasanten Ende sehr spannend. Man erfährt Grauenhaftes aus dem Bosnienkrieg und Erschreckendes in Sachen Organhandel. Durch diese Geschichte wird man sehr nachdenklich gestimmt, da alles sehr realistisch geschildert ist.
Ein sehr spannender Krimi aus der Schweiz.