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Veröffentlicht am 13.10.2020

Süß, zart und witzig - ein absolutes Wohlfühlbuch!

Wild like a River
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Achtung: Die Lektüre dieses Buches kann zu einem schwerwiegenden Anfall von Fernweh führen!

Diesen Warnhinweis hätte ich zu Beginn des Buches vermisst, denn Kira Mohn entführt in ihrer brandneuen Dilogie ...

Achtung: Die Lektüre dieses Buches kann zu einem schwerwiegenden Anfall von Fernweh führen!

Diesen Warnhinweis hätte ich zu Beginn des Buches vermisst, denn Kira Mohn entführt in ihrer brandneuen Dilogie in den Jasper-Nationalpark in Kanada und hat mit ihrem Setting mehr als einmal den Wunsch in mir geweckt, ich würde nicht in Deutschland festsitzen. "Wild Like A River", das genau heute erscheint, überzeugt jedoch nicht nur mit bildreichen Naturbeschreibungen, sondern erzählt auch eine zuckersüße Culture-Clash-Liebesgeschichte eines "Waldmädchens" und eines "Stadtjungen".


"An was denkst du gerade?"
"An alles Mögliche", erwidere ich vage und komplett an der Wahrheit vorbei.
"An dich", hätte ich antworten müssen."


Schon das Cover bereitet darauf vor, was die Geschichte zu bieten hat. Süß, mädchenhaft, Natur - das sind die Schlagworte, die mir beim Betrachten des wunderschönen Covers einfallen und diese passen auch gut zum Inhalt der Geschichte. Der dunstige Fluss bei Morgengrauen und das lila Ahornblatt im Vordergrund entführen zusammen mit dem wohlklingenden Titel in die Wildnis Kanadas und kreieren eine lebendige Atmosphäre. Die Blatt-Motive setzen sich auch innerhalb der Buchdeckel fort und zieren jeden Kapitelanfang, der immer aus Havens Sicht startet, um dann später zu Jacksons Perspektive zu wechseln. So bekommen wir einen rundum Einblick in die Gefühle und Gedanken der beiden Protagonisten, die aus zwei sehr unterschiedlichen Welten kommen und in dem jeweils fremden Universum verloren scheinen.


Erster Satz: "Ich glaube, er hat keine Ahnung mehr, dass er Snoops heißt, wenn er es überhaupt jemals wusste."


Ein Puma namens Snoops, eine unliebsame Begegnung mit einem Bären und zwei gutaussehende Klippenspringer - mit dieser vielversprechenden Dreifaltigkeit starten wir in die Geschichte von Haven und Jackson. Als Tochter des Rangers des Jasper National Parks fällt es in Havens Aufgabenbereich, den zwei von einem Bären aufgescheuchten Wildcampern mit sanfter Strenge zu einem Campingplatz zu raten. Während der eine von der Natur schon genug hat und schnell abreist, bittet der andere, der sich als Jackson aus Edmonton vorstellt, von der Power und Anmut der rothaarigen Schönheit verzückt, um eine persönliche Führung durch den Nationalpark. Haven stimmt zu - vor allem da der gutaussehende Student die einzige Person unter fünfzig ist, mit der sie seit Monaten gesprochen hat und sie -sozial unbeholfen wie sie ist- nicht weiß, wie sie ablehnen soll. So nimmt sie ihn mit in ihre Welt und zeigt ihm ihre geheimen Plätze, stellt ihm neben Snoops auch die Elchdame Gracie, den Wapitibullen namens Mortimer, flauschige Pikas und andere Tiere mit fantasievollen Rufnamen vor. Kein Wunder, dass Jackson schwer beeindruckt von ihr ist und die beiden sich in den wenigen Tagen im Wald annähern. Doch ihre gemeinsame Zeit hat ein Ablaufdatum, denn Jackson muss zum Semesterbeginn wieder zurück nach Edmonton und Havens Platz ist im Wald, ... oder etwa doch nicht?


"Früher hat mir meine Nanny oft aus einem Kinderbuch vorgelesen. Es ging um einen Jungen, der von zu Hause fortlief, um Seeräuber zu werden. Als er das erste Mal draußen schläft, leichtet ein Stern nach dem anderen am Himmel auf. Hier dagegen ist es, als habe jemand eine Million Sterne quer übers Firmament gekippt - hunderte Nächte würden nicht reichen, um einen Stern nach dem anderen aufleuchten zu lassen. Ich wünschte Haven wäre hier. Genau jetzt, neben mir, und ihre Hand läge in meiner."


Anfang geht alles ein bisschen schnell - nach nur 100 Seiten Kennenlernen und Annähern im Wald gibt es erstmal einen Settingwechsel. Dieser erste Abschnitt der Geschichte hat mir unglaublich gut gefallen und hätte von mir aus auch gut und gerne den doppelten Umfang einnehmen können. Anders als ich durch den Klapptext, den Titel und den Einstieg erwartet hätte, spielt sich die Haupthandlung jedoch in Edmonton ab und umfasst vor allem Havens Struggel in der "normalen Welt", in der sie nicht die selbstsichere Disneyprinzessin mit den vielen Tierfreunden, sondern das seltsame Waldmädchen ist, das nichts über Mode oder Trends weiß und auf Partys unsicher in der Ecke steht. Dadurch dass wir Haven zuerst in ihrem gewohnten Umfeld als selbstbewusste und taffe Rangerin erleben, ist es umso anrührender ihren hilflosen Versuchen in der Stadt zurecht zu kommen, beizuwohnen. Mit Jackson verhält es sich genau umgekehrt: wo er im Wald noch auf Hilfe angewiesen war, ist die Stadt mit der Uni, seiner Clique, Partys und allem, was dazugehört, sein natürlicher Lebensraum und jetzt ist es an ihm, Haven seine Welt zu zeigen. Durch diesen Culture-Clash-Aufbau mit der überspitzten Stadt-Wald-Extreme sehen wir also beide Protagonisten einmal in ihrem Element und können sie von ihren besten als auch ihren schwächsten Seiten kennenlernen.


„Ich wünschte, dieser Augenblick wäre für immer“, flüstert Haven.
„Wir sind für immer“, gebe ich zurück."


Auch wenn die Protagonisten hier schon etwas älter sind und studieren, würde ich die Geschichte durch die zuckersüße, eher zarte und "harmlose" Liebesgeschichte eher unter "Young Adult" verbuchen. Das hängt auch eng mit der Protagonistin Haven zusammen, die zwar sehr liebenswert ist und zu der ich auch gleich eine emotionale Näher herstellen konnte, die aber an einigen Stellen ihrer Unerfahrenheit geschuldet eher naiv erscheint. Auf ihr liegt auch der Hauptfokus der Geschichte, was auch an der Tiefe der Charakterisierung zu spüren ist, sodass ich froh war, dass aus beiden Perspektiven erzählt wurde, denn sonst wäre mir Jackson wohl ein bisschen zu blass geblieben. Was meinen Eindruck der Young-Adult-Atmosphäre ebenfalls verstärkt hat, ist dass ich keine nennenswerte Chemie zwischen den Protagonisten wahrnehmen konnte. Dafür erhalten wir aber eine echte und realistische Entwicklung ihrer Beziehung ohne aufgebauschte Dramen, Kitsch oder große Übertreibungen - das ist in diesem Genre auch immer Goldwert!


"Jackson zu küssen ist jedes Mal ein bisschen wie fliegen. Alles in mir fühlt sich leicht an, und für den Moment tritt jeder andere Gedanke in den Hintergrund."


Total verliebt habe ich mich in Kira Mohns humorvollen, sarkastischen Schreibstil und die tollen Naturbeschreibungen. Dass die Autorin einen tollen Humor hat, konnte ich nicht nur den witzigen Nachrichten entnehmen, die sie mir geschickt hat, während ich das Buch gelesen habe (bei Vorableseaktionen werden Autoren manchmal etwas nervös, da das Buch zum ersten Mal jemand der Book-Community außerhalb des Verlags zu lesen bekommt ), sondern auch den vielen innovativen Ideen wie die eingangs schon erwähnten Tiernamen oder die ab und an absurde Ironie in Gedanken und Konversationen. Von dem wunderschönen, wilden, lebendigen Ambiente in Kanadas Wildnis, die dieser Geschichte das perfekte Herbstfeeling entlocken, will ich gar nicht erst anfangen... Fest steht: die tollen Charaktere, die realistische Romanze, der gut durchdachter Aufbau, der angenehme, flüssige Schreibstil und die fein ausgearbeitete, frische Selbstfindungs-Story der Protagonistin machen diese Geschichte zu einem absoluten Wohlfühlbuch. Da kann man auch großzügig darüber hinwegsehen, dass die Geschichte gegen Ende etwas die Orientierung zu verlieren scheint und ich das Geheimnis, dessen Auflösung und das damit einhergehende Drama nicht benötigt hätte, um die Geschichte zu tragen... Jetzt bin ich auf jeden Fall sehr gespannt auf den zweiten Teil der Kanada-Reihe, der sich dann um Jacksons Mitbewohner Cayden und Havens neue Freundin Rae dreht!




Fazit:


Die tollen Charaktere, die realistische Romanze, der gut durchdachter Aufbau, der angenehme, flüssige Schreibstil und die fein ausgearbeitete, frische Selbstfindungs-Story der Protagonistin machen diese Geschichte zu einem absoluten Wohlfühlbuch. "Wild Like A River" ist süß, zart und witzig, also genau das, was man/frau in der kalten Jahreszeit zum Lesen braucht!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.10.2020

Süß, zart und witzig - ein absolutes Wohlfühlbuch!

Wild like a River
0

Achtung: Die Lektüre dieses Buches kann zu einem schwerwiegenden Anfall von Fernweh führen!

Diesen Warnhinweis hätte ich zu Beginn des Buches vermisst, denn Kira Mohn entführt in ihrer brandneuen Dilogie ...

Achtung: Die Lektüre dieses Buches kann zu einem schwerwiegenden Anfall von Fernweh führen!

Diesen Warnhinweis hätte ich zu Beginn des Buches vermisst, denn Kira Mohn entführt in ihrer brandneuen Dilogie in den Jasper-Nationalpark in Kanada und hat mit ihrem Setting mehr als einmal den Wunsch in mir geweckt, ich würde nicht in Deutschland festsitzen. "Wild Like A River", das genau heute erscheint, überzeugt jedoch nicht nur mit bildreichen Naturbeschreibungen, sondern erzählt auch eine zuckersüße Culture-Clash-Liebesgeschichte eines "Waldmädchens" und eines "Stadtjungen".


"An was denkst du gerade?"
"An alles Mögliche", erwidere ich vage und komplett an der Wahrheit vorbei.
"An dich", hätte ich antworten müssen."


Schon das Cover bereitet darauf vor, was die Geschichte zu bieten hat. Süß, mädchenhaft, Natur - das sind die Schlagworte, die mir beim Betrachten des wunderschönen Covers einfallen und diese passen auch gut zum Inhalt der Geschichte. Der dunstige Fluss bei Morgengrauen und das lila Ahornblatt im Vordergrund entführen zusammen mit dem wohlklingenden Titel in die Wildnis Kanadas und kreieren eine lebendige Atmosphäre. Die Blatt-Motive setzen sich auch innerhalb der Buchdeckel fort und zieren jeden Kapitelanfang, der immer aus Havens Sicht startet, um dann später zu Jacksons Perspektive zu wechseln. So bekommen wir einen rundum Einblick in die Gefühle und Gedanken der beiden Protagonisten, die aus zwei sehr unterschiedlichen Welten kommen und in dem jeweils fremden Universum verloren scheinen.


Erster Satz: "Ich glaube, er hat keine Ahnung mehr, dass er Snoops heißt, wenn er es überhaupt jemals wusste."


Ein Puma namens Snoops, eine unliebsame Begegnung mit einem Bären und zwei gutaussehende Klippenspringer - mit dieser vielversprechenden Dreifaltigkeit starten wir in die Geschichte von Haven und Jackson. Als Tochter des Rangers des Jasper National Parks fällt es in Havens Aufgabenbereich, den zwei von einem Bären aufgescheuchten Wildcampern mit sanfter Strenge zu einem Campingplatz zu raten. Während der eine von der Natur schon genug hat und schnell abreist, bittet der andere, der sich als Jackson aus Edmonton vorstellt, von der Power und Anmut der rothaarigen Schönheit verzückt, um eine persönliche Führung durch den Nationalpark. Haven stimmt zu - vor allem da der gutaussehende Student die einzige Person unter fünfzig ist, mit der sie seit Monaten gesprochen hat und sie -sozial unbeholfen wie sie ist- nicht weiß, wie sie ablehnen soll. So nimmt sie ihn mit in ihre Welt und zeigt ihm ihre geheimen Plätze, stellt ihm neben Snoops auch die Elchdame Gracie, den Wapitibullen namens Mortimer, flauschige Pikas und andere Tiere mit fantasievollen Rufnamen vor. Kein Wunder, dass Jackson schwer beeindruckt von ihr ist und die beiden sich in den wenigen Tagen im Wald annähern. Doch ihre gemeinsame Zeit hat ein Ablaufdatum, denn Jackson muss zum Semesterbeginn wieder zurück nach Edmonton und Havens Platz ist im Wald, ... oder etwa doch nicht?


"Früher hat mir meine Nanny oft aus einem Kinderbuch vorgelesen. Es ging um einen Jungen, der von zu Hause fortlief, um Seeräuber zu werden. Als er das erste Mal draußen schläft, leichtet ein Stern nach dem anderen am Himmel auf. Hier dagegen ist es, als habe jemand eine Million Sterne quer übers Firmament gekippt - hunderte Nächte würden nicht reichen, um einen Stern nach dem anderen aufleuchten zu lassen. Ich wünschte Haven wäre hier. Genau jetzt, neben mir, und ihre Hand läge in meiner."


Anfang geht alles ein bisschen schnell - nach nur 100 Seiten Kennenlernen und Annähern im Wald gibt es erstmal einen Settingwechsel. Dieser erste Abschnitt der Geschichte hat mir unglaublich gut gefallen und hätte von mir aus auch gut und gerne den doppelten Umfang einnehmen können. Anders als ich durch den Klapptext, den Titel und den Einstieg erwartet hätte, spielt sich die Haupthandlung jedoch in Edmonton ab und umfasst vor allem Havens Struggel in der "normalen Welt", in der sie nicht die selbstsichere Disneyprinzessin mit den vielen Tierfreunden, sondern das seltsame Waldmädchen ist, das nichts über Mode oder Trends weiß und auf Partys unsicher in der Ecke steht. Dadurch dass wir Haven zuerst in ihrem gewohnten Umfeld als selbstbewusste und taffe Rangerin erleben, ist es umso anrührender ihren hilflosen Versuchen in der Stadt zurecht zu kommen, beizuwohnen. Mit Jackson verhält es sich genau umgekehrt: wo er im Wald noch auf Hilfe angewiesen war, ist die Stadt mit der Uni, seiner Clique, Partys und allem, was dazugehört, sein natürlicher Lebensraum und jetzt ist es an ihm, Haven seine Welt zu zeigen. Durch diesen Culture-Clash-Aufbau mit der überspitzten Stadt-Wald-Extreme sehen wir also beide Protagonisten einmal in ihrem Element und können sie von ihren besten als auch ihren schwächsten Seiten kennenlernen.


„Ich wünschte, dieser Augenblick wäre für immer“, flüstert Haven.
„Wir sind für immer“, gebe ich zurück."


Auch wenn die Protagonisten hier schon etwas älter sind und studieren, würde ich die Geschichte durch die zuckersüße, eher zarte und "harmlose" Liebesgeschichte eher unter "Young Adult" verbuchen. Das hängt auch eng mit der Protagonistin Haven zusammen, die zwar sehr liebenswert ist und zu der ich auch gleich eine emotionale Näher herstellen konnte, die aber an einigen Stellen ihrer Unerfahrenheit geschuldet eher naiv erscheint. Auf ihr liegt auch der Hauptfokus der Geschichte, was auch an der Tiefe der Charakterisierung zu spüren ist, sodass ich froh war, dass aus beiden Perspektiven erzählt wurde, denn sonst wäre mir Jackson wohl ein bisschen zu blass geblieben. Was meinen Eindruck der Young-Adult-Atmosphäre ebenfalls verstärkt hat, ist dass ich keine nennenswerte Chemie zwischen den Protagonisten wahrnehmen konnte. Dafür erhalten wir aber eine echte und realistische Entwicklung ihrer Beziehung ohne aufgebauschte Dramen, Kitsch oder große Übertreibungen - das ist in diesem Genre auch immer Goldwert!


"Jackson zu küssen ist jedes Mal ein bisschen wie fliegen. Alles in mir fühlt sich leicht an, und für den Moment tritt jeder andere Gedanke in den Hintergrund."


Total verliebt habe ich mich in Kira Mohns humorvollen, sarkastischen Schreibstil und die tollen Naturbeschreibungen. Dass die Autorin einen tollen Humor hat, konnte ich nicht nur den witzigen Nachrichten entnehmen, die sie mir geschickt hat, während ich das Buch gelesen habe (bei Vorableseaktionen werden Autoren manchmal etwas nervös, da das Buch zum ersten Mal jemand der Book-Community außerhalb des Verlags zu lesen bekommt ), sondern auch den vielen innovativen Ideen wie die eingangs schon erwähnten Tiernamen oder die ab und an absurde Ironie in Gedanken und Konversationen. Von dem wunderschönen, wilden, lebendigen Ambiente in Kanadas Wildnis, die dieser Geschichte das perfekte Herbstfeeling entlocken, will ich gar nicht erst anfangen... Fest steht: die tollen Charaktere, die realistische Romanze, der gut durchdachter Aufbau, der angenehme, flüssige Schreibstil und die fein ausgearbeitete, frische Selbstfindungs-Story der Protagonistin machen diese Geschichte zu einem absoluten Wohlfühlbuch. Da kann man auch großzügig darüber hinwegsehen, dass die Geschichte gegen Ende etwas die Orientierung zu verlieren scheint und ich das Geheimnis, dessen Auflösung und das damit einhergehende Drama nicht benötigt hätte, um die Geschichte zu tragen... Jetzt bin ich auf jeden Fall sehr gespannt auf den zweiten Teil der Kanada-Reihe, der sich dann um Jacksons Mitbewohner Cayden und Havens neue Freundin Rae dreht!




Fazit:


Die tollen Charaktere, die realistische Romanze, der gut durchdachter Aufbau, der angenehme, flüssige Schreibstil und die fein ausgearbeitete, frische Selbstfindungs-Story der Protagonistin machen diese Geschichte zu einem absoluten Wohlfühlbuch. "Wild Like A River" ist süß, zart und witzig, also genau das, was man/frau in der kalten Jahreszeit zum Lesen braucht!

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.10.2020

Erzählt leicht, klar und wunderschön von Alltäglichem, in dem dennoch Magie wohnt.

The truth about magic – Gedichte und Notizen
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"Sie wollte, was jedes junge Herz wollte:
Dass etwas Wunderschönes sie wunderschön fände."


Ich muss zugeben, dass mir Atticus, bevor ich dieses Buch dank des dtv Verlags in den Händen halten durfte, ...

"Sie wollte, was jedes junge Herz wollte:
Dass etwas Wunderschönes sie wunderschön fände."


Ich muss zugeben, dass mir Atticus, bevor ich dieses Buch dank des dtv Verlags in den Händen halten durfte, kein Begriff war, obwohl ich viel auf Instagram, dem natürlichen Lebensraum des Social-Media-Poeten, unterwegs bin. Leider erfährt die Instagram-Poesie als moderne Antwort auf die klassische Lyrik ebensoviel verachtende Geringschätzung wie begeisterten Hype, sodass ich bislang einen Bogen um die typischen Anthologien der mittlerweile bekannten und erfolgreichen Newcomer gemacht habe, die Instagram und zuvor Tumblr oder andere Portale als Plattform für ihre Poesie nutzen. Als der dtv-Imprint bold das neue Werk von Atticus angekündigt hat, habe ich das dann zum Anlass genommen, diese Entwicklung doch mal näher zu betrachten.


"Wahre Liebe ereignet sich
am Rand aller Dinge,
an einem lavendelfarbenen Ort
zwischen Wachen und Schlafen."


Als mein Rezensionsexemplar ankam habe ich mich sofort in die hochwertige Gestaltung des Gedichtsbandes schockverliebt. Die mit 256 Seiten recht lange Anthologie mit kurzen Sprüchen, Gedichten und Gedanken ist nicht nur toll gesetzt und gelayoutet, auch sind viele englische Originalversionen der Zeilen kunstvoll mit eingebunden und seitenfüllende Illustrationen oder Schwarz-Weiß-Fotografien runden das Leseerlebnis passend ab. Das ungewöhnliche Format der Geschichte mit dem dynamisch-verträumten Cover lädt ebenfalls dazu ein, es immer wieder in die Hand zu nehmen, zu betrachten und darin zu blättern.


"Liebe existiert irgendwie zwischen einem Mädchen, das so tut, als könnte es ein Glas saurer Gurken nicht öffnen, und einem Jungen, der so tut, als wüsste er nicht, dass sie es kann."


Und das lohnt sich definitiv, denn selbst wenn man mit Lyrik eher weniger anfangen kann, wird man sich in den vielen treffenden Gedanken wiederfinden. Denn Atticus schreibt keine schwere, verschwurbelte Lyrik, die man erst analysieren, interpretieren und auseinander nehmen muss. Stattdessen erzählt er leicht, klar und doch wunderschön von Alltäglichem, in dem dennoch Magie wohnt. Anders als ich befürchtet hatte, geht die Tiefe der Texte doch weit über hübsche Kalendersprüche hinaus, sind jedoch eher für den zuckersüßen Genuss gedacht, als zum geistigen Hinterdenken. Böse Stimmen nennen die oftmals kurze Instagram-Poesie "kitschig" und "verstümmelt", ich würde für dieses Werk eher die Begriffe "emotionsbetont" und "minimalistisch" bevorzugen. Mal füllen hier mehrere Sätze die Seite, mal stehen nur wenige Worte da und doch scheint eindringlich, verträumt, melancholisch und voller Wahrheit eine Message durch die Zeilen: die Welt ist schön und steckt voller Magie, wenn man sich die Zeit nimmt, sie zu betrachten.


"Nur einem ungelebten Leben kann der Tod gefährlich werden."


Eingeteilt in die sieben Kategorien "Magic in Youth", "Magic in Love", "Magic in Adventure", "Magic in Her", "Magic in Darkness", "Magic in Words" und "Magic in Stars" passierten viele tolle Zeilen, die sich in meine Hirnwindungen gebrannt haben, meinen Weg, aber auch einige Gedanken, mit denen ich weniger anfangen konnte. Aber so ist das ja häufig mit Anthologien - sind jedoch nur eine Handvoll Volltreffer dabei, hat es sich gelohnt! Außerdem gibt es viele Wiederholungen und Überschneidungen in Thema, Stil und Message, während die Kategorien fließend ineinander übergehen und auch die deutsche Übersetzungen klingen an einigen Stellen ein wenig holprig - umso besser dass dass an vielen Stellen das englische Original dazu gedruckt ist.


"Die Wahrheit über Magie
liegt im
vollkommenen Verblassen
des Wunsches einer jeden Sternschnuppe."


Mein Fazit also zu "The Truth About Magic" als Repräsentant der sogenannten Instagram-Poesie? Leicht zugänglich geschriebene Zeilen, ansprechende aktuelle Themen und ein deutlich spürbarer Fokus auf die Zielgruppe machen die Anthologie zu einer leichteren Lektüre auch für keine bekennenden Lyrik-Fans. Das mindert jedoch nicht die Qualität und Poesie des Inhalts - im Gegenteil: auch wenn "Instagram-Poesie" eher als abwertendes, konsumatorisches Label anklingt, empfinde ich diese Strömung als moderne , völlig gleichwertige Lyrik, die sich durch die großen Social Media Plattformen ein möglichst großes Publikum sucht. Durch die hochwertige Gestaltung durch den Verlag ist das Werk auch als Geschenkband wunderbar geeignet.

Mit den Abschlussworten von Atticus will auch ich meine Rezension schließen: "Die Wahrheit ist: Magie lebt ihn jedem, der sich dazu entschließt, sich auf die Suche nach ihr zu machen."



Fazit:


Leicht zugänglich geschriebene Zeilen, ansprechende aktuelle Themen, eine hochwertige Gestaltung und ein deutlich spürbarer Fokus auf die Zielgruppe - "The Truth About Magic" erzählt leicht, klar und wunderschön von Alltäglichem, in dem dennoch Magie wohnt.

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Veröffentlicht am 01.09.2020

Arabisches Wüstensetting trifft auf dystopische Zukunftsvision!

Die Farben meiner Hoffnung
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"Die Farben meiner Hoffnung" ist in vielerlei Hinsicht vor allem eins: eine positive Überraschung! Ich sage das nur ungern, weil das ja implizit bedeutet, dass ich anscheinend immer noch Vorurteile gegenüber ...

"Die Farben meiner Hoffnung" ist in vielerlei Hinsicht vor allem eins: eine positive Überraschung! Ich sage das nur ungern, weil das ja implizit bedeutet, dass ich anscheinend immer noch Vorurteile gegenüber Selfpublishern und geringe Erwartungen hinsichtlich Jugenddystopien habe, will der Young-Adult-Dystopie aus der Feder der bayrischen Selfpublisherin Lisa Summer aber ganz ausdrücklich zugutehalten, dass sie meine Erwartungen weit übertroffen hat. Trotz kleiner Schwächen konnten mich Gestaltung, Schreibstil, Protagonistin, Setting und Handlung überzeugen, sodass ich "Die Farben meiner Hoffnung" sehr gerne weiterempfehle!

Bei der Gestaltung fängt es schon an. Das bunte, leuchtende Motiv auf dem Cover erinnert an eine Rosenblüte, was in Kombination mit dem schwarzen Sternenhimmel des Hintergrunds und der Typografie des Titels gleichzeitig edel und ansprechend wirkt. Der Titel, den ich zu Beginn nur für eine schön klingende Plattitüde gehalten hatte, entwickelt im Laufe der Geschichte außerdem eine tiefere Bedeutung, sodass ich ihn nun sehr gelungen finde. Auch dass neben dem Buch auch Lesezeichen und Postkarten gedruckt und an mich verschickt wurden zeigt, dass dies nicht die erste Veröffentlichung der Autorin ist. In den Leselaschen der broschierten Ausgabe finden sich Zitate und weitere Lesetipps, außerdem beginnt jedes der 42 Kapitel mit einer schön ausgestalteten Ranke. Für Selfpublishing sind Satz und Gestaltung also beeindruckend hochwertig. Ein paar wenige Fehler haben sich zwar eingeschlichen, doch darüber kann man angesichts der ansonsten großartig gearbeiteten Geschichte problemlos hinwegsehen.


Erster Satz: "Verflucht!"


Statt uns mit langen Einführungen zu langweilen, geht es gleich auf den allerersten Seiten der Geschichte ans Eingemacht. Wir begleiten die Protagonistin und Ich-Erzählerin Eliza auf einen geheimen Ausflug in die Wüste, wo sie sich mit ihrer besten Freundin und Geliebten Kyra ein letztes Mal treffen will, bevor sie beide an den Höchstbietenden als Ehefrau verschachert werden. Auch wenn Eliza Zweifel hat und ihre persönliche Freiheit über alles andere stellen würde, bedeutet die baldige Türkise Nacht und die Heirat ein Aufstieg, denn so kann sie dem System entfliehen und in die Spike ziehen. Statt im von den Wächterinnen überwachten unterirdischen Höhlensystem in der Wüste hausen zu müssen, würde sie ein schickes Appartement in der hochmodernen Turmstadt der Männer beziehen können. Als jedoch der Ausflug in die Dünen schrecklich schief geht, ihre Freundin von Frauenjägern entführt wird und ausgerechnet der Prinz des Reichs an ihr Gefallen findet, muss sie sich fragen, ob ihr Traum nicht eher ein Albtraum ist...


"Es tut mir unendlich leid, was dir passiert ist. Es muss schrecklich gewesen sein."
Das war es. Ich dachte an die Flammen. An die vielen Vertrauensbrüche. An die Schmerzen. An alles. Und dann sah ich meine kleine Ky und wusste, wofür ich all das durchgestanden hatte."


Nach dem düsteren, rasanten aber sehr undurchsichtigen Beginn lernen wir nach der Türkisen Nacht in der Spike zusammen mit Eliza die Welt, in der sie lebt schleichend kennen. Da sie ihr ganzes bisheriges Leben abgeschieden im sogenannten System verbracht hat, sind neben dem Leser auch ihr viele Hintergründe nicht klar. Denn in der dystopischen Welt des Jahres 2175, die von vier Weltkriegen und einem tödlichen nur von Frauen übertragenen Virus geprägt wurde, sind nicht nur große Teile der Erdoberfläche mit Wasser und mit Wüste bedeckt sondern auch die Frauen aus Sicherheitsgründen von den Männern getrennt und leben abgeschieden in der Wüste. Nur einmal im Jahr ersteigern die Männer sich eine Ehefrau und nehmen sie mit in die Spike, um weitere Generationen zu sichern. Jedoch ist nur männlichen Nachkommen das Aufwachsen in der privilegierten Turmstadt erlaubt. Erwartet eine Frau ein Mädchen, muss sie dieses entweder nach der Geburt töten lassen oder mit ihrem Neugeborenen wieder ins System zurückkehren und ihr Leben und ihren Ehemann zurücklassen. Eine heftige, wenn auch sehr spannende Regelung, die für viele Konflikte in der Handlung und in der Protagonistin sorgt und das Thema der Geburtenkontrolle drastisch überspitzt.


"Nur du kannst es beenden. Sei ein Held für dieses Land. Tritt dein Erbe an und zeug den Menschen in Ulanqab, dass Frauen es wert sind, sie in der Stadt zu haben, sie zu lieben und zu achten... Zeig ihnen, dass es kein Verbrechen ist, eine Tochter zu bekommen."


Neben diesen Hauptthemen der Geburtenkontrolle und der Unterdrückung der Frau geht es in dieser Dystopie auch um politische Intrigen, Menschenhandel und Technologien. Im Vordergrund stehen jedoch auch die zarte Liebesgeschichte und Elizas Gefühle. Demnach kommt die eigentliche Handlung im Mittelteil auch kurzzeitig wenig vom Fleck und lebt vor allem von den Figuren und ihren Emotionen, was dafür sorgt, dass das Worldbuilding nur schleichend vonstattengeht. Erst im letzten Drittel verstehen wir die Zusammenhänge der Lebensbedingungen und können die Vorgänge zeitlich und räumlich einordnen, wodurch die Spannung hochgehalten wird. Hier gelingt es der Autorin zwar gut, ihren Figuren Leben einzuhauchen und den Leser ihre Konflikte hautnah erleben zu lassen, dennoch hätte ich mir hier ein paar mehr Details über Hintergründe des Settings oder ein klareres Voranbringen der Handlung gewünscht, da sich einige Kapitel etwas ziehen.


"Gelb den Kindern, die wie die Sonne lachen.
Orange den Älteren, die Jugendspäße machen.
Blau den Anwärtern, bald in Türkis gehüllt.
Gold den Zurückgekehrten, denen der Sohneswunsch nicht erfüllt.
Weiß den Weisen, den Heilern, Ammen, Hebammen.
Grau den anderen, die nichts mehr haben, wofür es sich lohnt zu bangen.
Violett all jenen, die Sünde begangen.
Und Rot den Heiligen Wächterinnen, die um Kontrolle rangen."


Dennoch bleibt die Geschichte über die 408 Seiten hinweg durchgängig flüssig und spannend lesbar, was in Teilen am Schreibstil der Autorin und in Teilen an der Anziehungskraft des Settings liegt. Lisa Summer schreibt eingängig, emotionsbetont und schafft es, die große Zeitspanne von fast einem Jahr, über die sich die Handlung hinweg zieht, geschickt zu raffen. Außerdem sorgen auch die vielen Gegensätze der Kulisse für eine spanende Dynamik, da hier ein arabisches Wüstensetting auf eine dystopische Zukunftsvision trifft. Das einfache Leben der Frauen in den unterirdischen Höhlensystemen stehen dem technisch hochentwickelten Leben in dem hohen Turm, der Spike, gegenüber, aufrichtige Liebe und Freundschaften treffen auf Hass und Unterdrückung, Vertrauen und Loyalität wechseln sich mit Verrat und Intrigen ab und machen die Geschichte somit lebendig.


"Du bist stark. Du hast schon so viel durchgestanden und bist nicht daran zerbrochen. Aber wenn du dieses Kind liebst - und ich sehe dir an, wie sehr du dies tust - dann musst du euch retten."


Einen großen Beitrag zum Aufpeppen des Mittelteils leisten auch die Figuren, allen voran Eliza. Sie ist eine sehr erwachsene, reife Protagonistin, die zwar ein rebellisches Temperament hat, sich aber auch anzupassen weiß und ihre Schlachten weise wählt, um zu überleben. Ihre Liebesgeschichte mit Aslan hingegen beginnt stark und mit viel Potential, entwickelt sich dann aber nur noch wenig weiter, sodass er für mich relativ blass blieb. Da sind mir Nebenprotagonisten wir Elizas Zofe Serafine oder ihre Ziehmutter Maria eher ans Herz gewachsen. Durch die etwas älteren Protagonisten und die angesprochenen Themen wie Heirat, Schwangerschaft oder Erziehung wirkte die Geschichte generell reifer auf mich als übliche Jugenddystopien, weshalb ich "Die Farben meiner Hoffnung" auch eher für ein erwachsenes Publikum empfehlen würde.

Als ob die Autorin dann das Gaspedal entdeckt hätte, nimmt der Plot im letzten Drittel rasant an Fahrt auf und wartet mit vielen Wendungen, Überraschungen, Offenbarungen sowie auch vielen blutigen Kämpfen, Fluchten und Leiden auf. Auf den heftigen Showdown, bei dem ich mir an mehreren Stellen nicht sicher war, wie das noch gut ausgehen soll, kommt das tatsächliche Ende dann etwas plötzlich und lässt uns mit einem relativ vagen Epilog, der einiges unausgesprochen lässt, zurück. Dennoch findet die Autorin einen gelungenen Abschluss für die Geschichte und man kann sie mit einem guten Gefühl beiseitelegen und auf ihren nächsten Streich warten.




Fazit:


Arabisches Wüstensetting trifft auf dystopische Zukunftsvision - "Die Farben meiner Hoffnung" ist eine erstaunliche reife Jugenddystopie mit einer starken Protagonistin, schleichendem Worldbuilding und einem Setting, das vor allem von Gegensätzen lebt.

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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.09.2020

Arabisches Wüstensetting trifft auf dystopische Zukunftsvision!

Die Farben meiner Hoffnung
0

"Die Farben meiner Hoffnung" ist in vielerlei Hinsicht vor allem eins: eine positive Überraschung! Ich sage das nur ungern, weil das ja implizit bedeutet, dass ich anscheinend immer noch Vorurteile gegenüber ...

"Die Farben meiner Hoffnung" ist in vielerlei Hinsicht vor allem eins: eine positive Überraschung! Ich sage das nur ungern, weil das ja implizit bedeutet, dass ich anscheinend immer noch Vorurteile gegenüber Selfpublishern und geringe Erwartungen hinsichtlich Jugenddystopien habe, will der Young-Adult-Dystopie aus der Feder der bayrischen Selfpublisherin Lisa Summer aber ganz ausdrücklich zugutehalten, dass sie meine Erwartungen weit übertroffen hat. Trotz kleiner Schwächen konnten mich Gestaltung, Schreibstil, Protagonistin, Setting und Handlung überzeugen, sodass ich "Die Farben meiner Hoffnung" sehr gerne weiterempfehle!

Bei der Gestaltung fängt es schon an. Das bunte, leuchtende Motiv auf dem Cover erinnert an eine Rosenblüte, was in Kombination mit dem schwarzen Sternenhimmel des Hintergrunds und der Typografie des Titels gleichzeitig edel und ansprechend wirkt. Der Titel, den ich zu Beginn nur für eine schön klingende Plattitüde gehalten hatte, entwickelt im Laufe der Geschichte außerdem eine tiefere Bedeutung, sodass ich ihn nun sehr gelungen finde. Auch dass neben dem Buch auch Lesezeichen und Postkarten gedruckt und an mich verschickt wurden zeigt, dass dies nicht die erste Veröffentlichung der Autorin ist. In den Leselaschen der broschierten Ausgabe finden sich Zitate und weitere Lesetipps, außerdem beginnt jedes der 42 Kapitel mit einer schön ausgestalteten Ranke. Für Selfpublishing sind Satz und Gestaltung also beeindruckend hochwertig. Ein paar wenige Fehler haben sich zwar eingeschlichen, doch darüber kann man angesichts der ansonsten großartig gearbeiteten Geschichte problemlos hinwegsehen.


Erster Satz: "Verflucht!"


Statt uns mit langen Einführungen zu langweilen, geht es gleich auf den allerersten Seiten der Geschichte ans Eingemacht. Wir begleiten die Protagonistin und Ich-Erzählerin Eliza auf einen geheimen Ausflug in die Wüste, wo sie sich mit ihrer besten Freundin und Geliebten Kyra ein letztes Mal treffen will, bevor sie beide an den Höchstbietenden als Ehefrau verschachert werden. Auch wenn Eliza Zweifel hat und ihre persönliche Freiheit über alles andere stellen würde, bedeutet die baldige Türkise Nacht und die Heirat ein Aufstieg, denn so kann sie dem System entfliehen und in die Spike ziehen. Statt im von den Wächterinnen überwachten unterirdischen Höhlensystem in der Wüste hausen zu müssen, würde sie ein schickes Appartement in der hochmodernen Turmstadt der Männer beziehen können. Als jedoch der Ausflug in die Dünen schrecklich schief geht, ihre Freundin von Frauenjägern entführt wird und ausgerechnet der Prinz des Reichs an ihr Gefallen findet, muss sie sich fragen, ob ihr Traum nicht eher ein Albtraum ist...


"Es tut mir unendlich leid, was dir passiert ist. Es muss schrecklich gewesen sein."
Das war es. Ich dachte an die Flammen. An die vielen Vertrauensbrüche. An die Schmerzen. An alles. Und dann sah ich meine kleine Ky und wusste, wofür ich all das durchgestanden hatte."


Nach dem düsteren, rasanten aber sehr undurchsichtigen Beginn lernen wir nach der Türkisen Nacht in der Spike zusammen mit Eliza die Welt, in der sie lebt schleichend kennen. Da sie ihr ganzes bisheriges Leben abgeschieden im sogenannten System verbracht hat, sind neben dem Leser auch ihr viele Hintergründe nicht klar. Denn in der dystopischen Welt des Jahres 2175, die von vier Weltkriegen und einem tödlichen nur von Frauen übertragenen Virus geprägt wurde, sind nicht nur große Teile der Erdoberfläche mit Wasser und mit Wüste bedeckt sondern auch die Frauen aus Sicherheitsgründen von den Männern getrennt und leben abgeschieden in der Wüste. Nur einmal im Jahr ersteigern die Männer sich eine Ehefrau und nehmen sie mit in die Spike, um weitere Generationen zu sichern. Jedoch ist nur männlichen Nachkommen das Aufwachsen in der privilegierten Turmstadt erlaubt. Erwartet eine Frau ein Mädchen, muss sie dieses entweder nach der Geburt töten lassen oder mit ihrem Neugeborenen wieder ins System zurückkehren und ihr Leben und ihren Ehemann zurücklassen. Eine heftige, wenn auch sehr spannende Regelung, die für viele Konflikte in der Handlung und in der Protagonistin sorgt und das Thema der Geburtenkontrolle drastisch überspitzt.


"Nur du kannst es beenden. Sei ein Held für dieses Land. Tritt dein Erbe an und zeug den Menschen in Ulanqab, dass Frauen es wert sind, sie in der Stadt zu haben, sie zu lieben und zu achten... Zeig ihnen, dass es kein Verbrechen ist, eine Tochter zu bekommen."


Neben diesen Hauptthemen der Geburtenkontrolle und der Unterdrückung der Frau geht es in dieser Dystopie auch um politische Intrigen, Menschenhandel und Technologien. Im Vordergrund stehen jedoch auch die zarte Liebesgeschichte und Elizas Gefühle. Demnach kommt die eigentliche Handlung im Mittelteil auch kurzzeitig wenig vom Fleck und lebt vor allem von den Figuren und ihren Emotionen, was dafür sorgt, dass das Worldbuilding nur schleichend vonstattengeht. Erst im letzten Drittel verstehen wir die Zusammenhänge der Lebensbedingungen und können die Vorgänge zeitlich und räumlich einordnen, wodurch die Spannung hochgehalten wird. Hier gelingt es der Autorin zwar gut, ihren Figuren Leben einzuhauchen und den Leser ihre Konflikte hautnah erleben zu lassen, dennoch hätte ich mir hier ein paar mehr Details über Hintergründe des Settings oder ein klareres Voranbringen der Handlung gewünscht, da sich einige Kapitel etwas ziehen.


"Gelb den Kindern, die wie die Sonne lachen.
Orange den Älteren, die Jugendspäße machen.
Blau den Anwärtern, bald in Türkis gehüllt.
Gold den Zurückgekehrten, denen der Sohneswunsch nicht erfüllt.
Weiß den Weisen, den Heilern, Ammen, Hebammen.
Grau den anderen, die nichts mehr haben, wofür es sich lohnt zu bangen.
Violett all jenen, die Sünde begangen.
Und Rot den Heiligen Wächterinnen, die um Kontrolle rangen."


Dennoch bleibt die Geschichte über die 408 Seiten hinweg durchgängig flüssig und spannend lesbar, was in Teilen am Schreibstil der Autorin und in Teilen an der Anziehungskraft des Settings liegt. Lisa Summer schreibt eingängig, emotionsbetont und schafft es, die große Zeitspanne von fast einem Jahr, über die sich die Handlung hinweg zieht, geschickt zu raffen. Außerdem sorgen auch die vielen Gegensätze der Kulisse für eine spanende Dynamik, da hier ein arabisches Wüstensetting auf eine dystopische Zukunftsvision trifft. Das einfache Leben der Frauen in den unterirdischen Höhlensystemen stehen dem technisch hochentwickelten Leben in dem hohen Turm, der Spike, gegenüber, aufrichtige Liebe und Freundschaften treffen auf Hass und Unterdrückung, Vertrauen und Loyalität wechseln sich mit Verrat und Intrigen ab und machen die Geschichte somit lebendig.


"Du bist stark. Du hast schon so viel durchgestanden und bist nicht daran zerbrochen. Aber wenn du dieses Kind liebst - und ich sehe dir an, wie sehr du dies tust - dann musst du euch retten."


Einen großen Beitrag zum Aufpeppen des Mittelteils leisten auch die Figuren, allen voran Eliza. Sie ist eine sehr erwachsene, reife Protagonistin, die zwar ein rebellisches Temperament hat, sich aber auch anzupassen weiß und ihre Schlachten weise wählt, um zu überleben. Ihre Liebesgeschichte mit Aslan hingegen beginnt stark und mit viel Potential, entwickelt sich dann aber nur noch wenig weiter, sodass er für mich relativ blass blieb. Da sind mir Nebenprotagonisten wir Elizas Zofe Serafine oder ihre Ziehmutter Maria eher ans Herz gewachsen. Durch die etwas älteren Protagonisten und die angesprochenen Themen wie Heirat, Schwangerschaft oder Erziehung wirkte die Geschichte generell reifer auf mich als übliche Jugenddystopien, weshalb ich "Die Farben meiner Hoffnung" auch eher für ein erwachsenes Publikum empfehlen würde.

Als ob die Autorin dann das Gaspedal entdeckt hätte, nimmt der Plot im letzten Drittel rasant an Fahrt auf und wartet mit vielen Wendungen, Überraschungen, Offenbarungen sowie auch vielen blutigen Kämpfen, Fluchten und Leiden auf. Auf den heftigen Showdown, bei dem ich mir an mehreren Stellen nicht sicher war, wie das noch gut ausgehen soll, kommt das tatsächliche Ende dann etwas plötzlich und lässt uns mit einem relativ vagen Epilog, der einiges unausgesprochen lässt, zurück. Dennoch findet die Autorin einen gelungenen Abschluss für die Geschichte und man kann sie mit einem guten Gefühl beiseitelegen und auf ihren nächsten Streich warten.




Fazit:


Arabisches Wüstensetting trifft auf dystopische Zukunftsvision - "Die Farben meiner Hoffnung" ist eine erstaunliche reife Jugenddystopie mit einer starken Protagonistin, schleichendem Worldbuilding und einem Setting, das vor allem von Gegensätzen lebt.

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