Profilbild von bookloving

bookloving

Lesejury Star
offline

bookloving ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit bookloving über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.10.2020

Zweiter Fall für Helle Jespers

Helle und die kalte Hand
0

INHALT
Der Herbst hält Einzug in Skagen und vertreibt die letzten Sommergäste. Helle Jespers, Leiterin der örtlichen Polizeistation, sehnt sich nach mehr Zeit und weniger Trubel. Doch die Ruhe währt nur ...

INHALT
Der Herbst hält Einzug in Skagen und vertreibt die letzten Sommergäste. Helle Jespers, Leiterin der örtlichen Polizeistation, sehnt sich nach mehr Zeit und weniger Trubel. Doch die Ruhe währt nur kurz, denn in der Nähe der beliebten Wanderdüne Rabjerg Mile wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Laut Obduktion stammt sie offenbar aus dem südostasiatischen Raum. Doch niemand scheint sie zu vermissen. Die Vermutung liegt nahe, dass sie sich illegal in Dänemark aufhielt. Helle Jespers ist fest entschlossen, den ersten Mordfall in ihrer Gemeinde aufzuklären, und stößt dabei auf die Schattenseiten der scheinbar so offenen dänischen Gesellschaft.
(Quelle: Atlantis Verlag)

MEINE MEINUNG
Mit dem Krimi „Helle und die kalte Hand“ hat die deutsche, unter dem Pseudonym Judith Arendt schreibende Autorin eine gelungene Fortsetzung ihrer Dänemark-Krimi-Reihe vorgelegt. Erneut konnte sie mich mit einem sehr fesselnden zweiten Fall für ihre sympathische Ermittlerin Helle Jespers und tollem skandinavischen Flair begeistern. Diesen Band kann man übrigens auch ohne Vorkenntnisse problemlos lesen, denn das Wichtigste zur Vorgeschichte erfährt man in Einschüben.
Sehr lebendig und stimmungsvoll fängt die Autorin die besondere, etwas bedrückende Atmosphäre der herbstlich-verregneten Gegend um Skagen ein und entführt uns mit ihren anschaulichen Schilderungen gekonnt zu den verschiedenen Schauplätzen rund um die nördlichste Stadt Dänemarks an der Nordspitze von Jütland. Genau das richtige Setting für diesen etwas düsteren, atmosphärisch dichten Regionalkrimi!
Nach einem äußerst beklemmenden Einstieg folgt man gebannt den Ermittlungen der Sonderkommission um Helle Jespers zum unbekannten Leichenfund in der Wanderdüne von Skagen. Die Autorin hat einen sehr angenehmen, abwechslungsreichen Schreibstil, so dass man rasch mitten hinein in die Handlung gezogen wird. Für ihren Kriminalfall hat sich Judith Arendt eine hochaktuelle, beklemmende und sehr tiefgründige Hintergrundstory ausgedacht, die sich recht kritisch mit unserer toleranten Gesellschaft, Rechtsradikalismus und Immigration auseinandersetzt. Schonungslos führt sie uns die skrupellosen Machenschaften von Schleuserbanden, die aus reiner Geldgier die Notlage von Flüchtlingen ausnutzen, und gibt uns schockierende Einblicke in die menschlichen Abgründe.
Mit einem häufigen Wechsel der verschiedenen Erzählstränge und Schauplätze gelingt es der Autorin, rasch Tempo und Spannung in die sehr vielschichtig angelegte Handlung zu bringen. Durch geschickt gelegte falsche Fährten, immer neue Entwicklungen und so manche unerwartete Wendung ist der Krimi ideal zum Mitermitteln. Doch den wahren Hintergründen des perfiden Falls kommt man sehr lange nicht auf die Spur, auch wenn man allmählich einige Zusammenhänge zu ahnen beginnt.
Ihre verschiedenen Charaktere hat die Autorin vielschichtig und lebensnah angelegt, so dass auch ihre Handlungsweisen gut nachzuvollziehen sind Sehr ausführlich sind die interessanten Einblicke in das Privatleben der sympathischen Ermittlerin Helle Jespers geschildert, die die lebendige und plastische Charakterzeichnung dieser lebenserfahrenen Frau und äußerst engagierten Polizistin perfekt abrunden. Es macht großen Spaß ihre Persönlichkeit besser kennenzulernen, ihre ambivalente Beziehung zu ihren flügge gewordenen Kindern mitzuverfolgen und auch die ganz normale, harmonische Zweisamkeit mit ihrem Mann Bengt erleben. Die zahlreichen Nebenfiguren sind ebenfalls durchweg gelungen und abhängig von ihrer Rolle glaubhaft und interessant ausgearbeitet. Gut gefallen haben mir auch die Kollegen von Helle, allen voran die liebenswerte, patente Amira, die einen Migrationshintergrund hat und als Computerspezialistin in der örtlichen Polizeidirektion aushilft.
Zum Ende hin verdichten sich die verschiedenen Handlungsstränge immer mehr. Die erschreckende Auflösung des Kriminalfalls und die Aufklärung der weiteren Geschehnisse sind insgesamt in sich schlüssig und glaubhaft. Sehr interessant ist auch der ungewöhnliche Ausgang für zwei der Beteiligten gewählt – ein hoffnungsvoller Ausklang.
Ich bin schon sehr gespannt auf den dritten Band und einen neuen Kriminalfall für die sympathische dänische Ermittlerin Helle Jespers und ihr Team.
FAZIT
Ein fesselnder Dänemark-Krimi - mit einem komplexen Kriminalfall mit hochaktuellem Bezug, gut platzierter Gesellschaftskritik und tollem Lokalkolorit. Ein sehr lesenswerter Regionalkrimi!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.10.2020

Beeindruckender Dänemark-Krimi 

Helle und der falsche Prophet
0

INHALT
Es ist Oktober und Helle Jespers ist im Urlaub. Doch selbst Pastis, Zigaretten und südfranzösische 18 Grad Lufttemperatur können die dänische Polizeikommissarin nicht davon ablenken, dass es zu ...

INHALT
Es ist Oktober und Helle Jespers ist im Urlaub. Doch selbst Pastis, Zigaretten und südfranzösische 18 Grad Lufttemperatur können die dänische Polizeikommissarin nicht davon ablenken, dass es zu still in ihrem Leben zugeht.

Hätte sie nach Fredrikshavn zur Polizeibehörde gehen sollen?

Zur Mordkommission nach Kopenhagen?

Stattdessen hat sie es sich in Skagen zwischen den Dünen in ihrer kleinen Polizeistation gemütlich gemacht. Plötzlich klingelt aber mitten im Urlaub Helles Handy. Ihr Kollege Ole hat eine erschütternde Nachricht: Eine enge Freundin ihres Sohnes wurde tot am Strand aufgefunden. Steht die Leiche in Zusammenhang mit einem jungen Paar auf der Flucht in Zusammenhang, das eine Schneise der Verwüstung bis nach Kopenhagen zieht?

Helle ist klar: Diesen Fall übernimmt sie selbst. Sie steigt in den nächsten Flieger zurück nach Dänemark und beginnt mit den Ermittlungen.

Was sie nicht ahnt: dieser Mord war erst der Anfang, und er wird das Leben ihrer Familie betreffen…

(Quelle: Atlantis-Verlag)

MEINE MEINUNG
Mit „Helle und der falsche Prophet“ ist der deutschen, unter dem Pseudonym Judith Arendt publizierenden Krimi-Autorin eine spannende Fortsetzung ihrer Dänemark-Krimi-Reihe rund um die sympathische dänische Kommissarin Helle Jespers gelungen.
Auch Neueinsteiger können diesen bereits dritten Band der Reihe problemlos ohne Vorkenntnisse lesen, denn ganz nebenbei sind die wenigen zum Verständnis notwendigen Informationen zu Helle und ihren Kollegen eingestreut.
Wer eher ruhige Krimis mit stimmungsvoller Atmosphäre und besonderen Schauplätzen mag und nicht unbedingt atemberaubende Action und blutrünstige Details zur Unterhaltung braucht, wird bei Helle und der falsche Prophet voll auf seine Kosten kommen. Angesiedelt ist der Krimi in der nördlichsten Region Dänemarks rund um das ländlich geprägte Skagen und sein weiteres Umland. Äußerst stimmig ist das Setting mit den sehr bildhaften, atmosphärischen Beschreibungen der kargen, von Wind und Wetter geprägten Landschaft und das düstere, stürmische Herbstwetter eingefangen. Zur besseren Orientierung ist auf den vorderen Innenklappen eine Übersichtskarte von der Region Jütland mit den eingezeichneten Schauplätzen zu finden.
In ihrem jüngsten Fall beleuchtet die Autorin ein sehr interessantes Thema, denn im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen eine geheimnisvolle, zurückgezogen lebende Sekte und ihr unheilvoller, charismatischer Sektenführer Hiob.
Schon der mysteriöse und unheilvolle Einstieg in die Handlung und der lebendige und mitreißende Schreibstil der Autorin konnten mich auf Anhieb fesseln.
Beim neuen Fall, der die eigenwillige, aber sympathische Ermittlerin Helle Jespers aus ihrem wohlverdienten Südfrankreich-Urlaub in die Skagener Dienstelle zurückholt, will sie unbedingt selbst die Ermittlungen leiten. Die junge Tote ist Merle, eine Tochter der Nachbarn und Freundin ihres Sohns, die Helle persönlich kannte. Völlig unklar ist allerdings, in welchem Zusammenhang das seltsame junge Pärchen mit dem tragischen Todesfall steht, das sich nach einer Begegnung mit Merle nun auf der Flucht quer durch Dänemark befindet. Schon bald ist Helle gezwungen mit der Mordkommission in Kopenhagen zusammenzuarbeiten.
Äußerst clever ist die vielschichtige Handlung angelegt, die aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Schrittweise tauchen wir immer tiefer in die fesselnden Geschehnisse um den höchst komplexen Fall ein, der schließlich auch ganz unmittelbar das Leben ihrer Familie betreffen wird, und verfolgen gebannt die Ermittlungen, die verwirrende Hintergründe aufdecken. Mit immer neuen Verwicklungen und Wendungen steigt die Spannung zunehmend. Gekonnt lässt die Autorin ihren Krimi in einem unglaublich packenden, nervenaufreibenden Finale gipfeln.
Recht großen Raum nimmt auch das interessante Privatleben der sehr sympathischen Kommissarin Helle Jaspers in der Handlung ein. Sie ist ein vielschichtiger, sehr lebensecht gezeichneter Charakter mit Ecken und Kanten, sehr einfühlsam, lebenserfahren und eigensinnig. Durch ihre toughe, oftmals kompromisslose Art und ihre Neigung zu Alleingängen eckt sie bisweilen bei ihren Vorgesetzten an, doch bringt sie mit ihrem Bauchgefühl die Ermittlungen wesentlich voran.
Auch die vielen Nebenfiguren sind entsprechend ihrer Rollen sehr plastisch und lebendig ausgearbeitet, vor allem einige von Helles Kollegen gewinnen während des Falls immer mehr an Profil.
Ich bin schon sehr gespannt, auf einen neuen Fall für die interessante Ermittlerin in Skagen, Kommissarin Helle Jespers.

FAZIT   
Eine gelungene, spannende Fortsetzung der Dänemark-Krimireihe mit einem vielschichtigen, fesselnden Fall und tollem Lokalkolorit. 
Lesenswert für alle, die sehr atmosphärische, ruhigere Ermittlerkrimis mögen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.10.2020

Perfides doppeltes Spiel

Doppelte Spur
0

INHALT
Eine Reise ins Labyrinth der Macht:
Der investigative Journalist Ilija wird innerhalb weniger Minuten von zwei Whistleblowern des amerikanischen und des russischen Geheimdienstes kontaktiert. Ein ...

INHALT
Eine Reise ins Labyrinth der Macht:
Der investigative Journalist Ilija wird innerhalb weniger Minuten von zwei Whistleblowern des amerikanischen und des russischen Geheimdienstes kontaktiert. Ein großer Coup? Eine Falle? Zusammen mit seinem amerikanischen Kollegen Boris und der Filmjournalistin Emi lässt er sich auf ein gefährliches Spiel ein. Gemeinsam folgen sie der doppelten Spur nach Hongkong, Wien, New York und Moskau. Die geleakten Dokumente enthüllen korrupte Machenschaften und kriminelle Verbindungen auf höchster Ebene.
Was darf man glauben? Hat die Wahrheit überhaupt eine Chance oder sind die Reporter nur ein Spielball der Geheimdienste?
Literarisch virtuos wie kein anderer spielt Ilija Trojanow in diesem Roman mit Fakten und Fiktionen und führt uns wie nebenbei vor Augen, wie sehr wir durch Fake News und andere Manipulationen zu Komplizen der Macht werden.
(Quelle: S. Fischer Verlag)
MEINE MEINUNG
Mit seinem jüngsten Werk „Doppelte Spur“ hat der Autor Ilija Trojanow einen hochaktuellen Roman über die korrupte Verflechtung von Macht, Geld und Politik vorgelegt. Hierin greift er Themen wie Korruption, skrupellose Machenschaften, illegale Geldwäsche und internationale Intrigen auf, die tagtäglich durch die Medien geistern. Was zunächst nach einem fesselnden Politthriller klingt, entpuppt sich schon bald als nur vordergründig fiktiv und erinnert eher an eine aufrüttelnde Enthüllungsstory, denn nicht nur die Ähnlichkeit mit lebenden Prominenten und den Präsidenten der beiden Großmächte USA und Russland ist allzu offensichtlich, sondern auch die präsentierten Enthüllungen basieren auf realen Fakten, die man jederzeit im Internet recherchieren kann.
In seiner fiktiven Rahmenhandlung lässt der Autor seinen Protogonisten Ilija als investigativen Journalist agieren, der fast zeitgleich äußerst umfangreiche Leaks von einem Whistleblower des FBI und aus dem russischen Geheimdienstlager zugespielt bekommt. Über die brisanten Enthüllungen soll er dann ein Buch publizieren. Doch die Sichtung der unzähligen Dokumente und Analyse der komplexen Informationen aus den streng vertraulichen Geheimdienstakten stellt eine wahre Sisyphusarbeit dar und ziehen weitere Recherchen nach sich, so dass Ilja schließlich tatkräftige Unterstützung des unabhängigen Journalisten Boris erhält. Was die beiden hier an Hintergründen und Verflechtungen aufdecken, übertrifft ihre schlimmsten Befürchtungen bei weitem. Der Autor präsentiert uns über weite Teile seiner Geschichte eine wahre Flut an Fakten, so dass einem bald der Kopf schwirrt. Gekonnt führt er uns immer tiefer in einen Sumpf aus Korruption, Wirtschaftskriminalität und sexueller Ausbeutung, eigentlich typische Bereiche für die Internationale Organisierte Kriminalität, doch laufen die unzähligen Fäden zusammen beim Multi-Milliardär und amtierenden US-Präsidenten mit dem entblößenden Tarnnamen „Schiefer Turm“, in dessen Dunstkreis sich allerlei Politgrößen, Oligarchen, Kriminelle und die „Reichen und Schönen“ dieser Welt tummeln. Namen wie beispielsweise Tamir Sapir, Paul Manafort oder Jeffrey Epstein fallen hier teils explizit und teils verändert, wobei jedoch deren Identität unschwer erkennbar ist. Aufgerüttelt angesichts der Unmenge an brisanten Details beginnt man schließlich etwas ungläubig mit eigenen Recherchen und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der Autor zeichnet wie in einer Dokumentation akribisch all die hinlänglich bekannten Fakten nach, beleuchtet eindrucksvoll die verstörenden Verflechtungen zwischen den beiden mächtigsten Präsidenten der Welt und offenbart jede Menge kriminelle Machenschaften, Geldgier, scheinheilige Moral und skrupellose Intrigen. Sehr mitreißend präsentiert uns der Autor seine äußerst vielschichtige Geschichte, die allerdings aufgrund der vielen Fakten nicht einfach zu lesen ist und erst spät an Fahrt aufnimmt. Sehr gelungen sind die rasanten, unterhaltsamen Dialoge zwischen den Protagonisten, die für viel Dynamik sorgen. Gemeinsam mit dem Protagonisten Ilja begreifen wir erst allmählich, wie sehr man bereits Teil eines perfiden Spiels der Machteliten, Geheimdienste und Oligarchen ist und mitten in einem clever lancierten Informationskrieg kaum noch zwischen Fakten, Fiktion und Manipulation unterscheiden kann.

FAZIT
Kein temporeicher Geheimdienst-Thriller sondern ein äußerst fesselnder Roman!
Mich hat diese beklemmende, verstörende und aufrüttelnde Geschichte um Lügen, Wahrheit und Verschwörungstheorien einfach nicht mehr losgelassen…

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.10.2020

Faszinierender medizinhistorischer Krimi

Die Tinktur des Todes
0

INHALT

1847: Eine brutale Mordserie an jungen Frauen erschüttert Edinburgh. Alle Opfer sind auf dieselbe grausame Weise gestorben. Zur gleichen Zeit tritt der Medizinstudent Will Raven seine Stelle bei ...

INHALT

1847: Eine brutale Mordserie an jungen Frauen erschüttert Edinburgh. Alle Opfer sind auf dieselbe grausame Weise gestorben. Zur gleichen Zeit tritt der Medizinstudent Will Raven seine Stelle bei dem brillanten und renommierten Geburtshelfer Dr. Simpson an, in dessen Haus regelmäßig bahnbrechende Experimente mit neu entdeckten Betäubungsmitteln stattfinden. Hier trifft Will auf das wissbegierige Hausmädchen Sarah, die jedoch einen großen Bogen um ihn macht und rasch erkennt, dass er ein dunkles Geheimnis mit sich herumträgt. Beide haben ganz persönliche Motive, die Morde aufklären zu wollen. Ihre Ermittlungen führen sie in die dunkelsten Ecken von Edinburghs Unterwelt und nur, wenn es ihnen gelingt, ihre gegenseitige Abneigung zu überwinden, haben sie eine Chance, lebend wieder herauszufinden.

(Quelle: Pendo)

MEINE MEINUNG

Mit ihrem Roman „Die Tinktur des Todes“ haben das unter dem gemeinsamen Pseudonym Ambrose Parry schreibende, britische Autoren-Ehepaar Christopher Brookmyre und Marisa Haetzman einen fesselnden, viel versprechenden Auftakt zu einer neuen historischen Krimireihe vorgelegt, die Mitte des 19. Jahrhunderts im viktorianischen Edinburgh angesiedelt ist.

Es ist eine sehr gelungene Mischung aus fesselnder Kriminalgeschichte und atmosphärisch dichtem historischen Roman mit faszinierenden Einblicken in die Medizinhistorie, vor allem in die damalige medizinische Praxis im Bereich der Geburtshilfe und Chirurgie sowie den Anfängen der Anästhesie. Äußerst informativ sind vor allem die vielen, sorgsam recherchierten historischen Hintergrundinformationen zu den damaligen Behandlungsmethoden, der aufkommenden Fotografie oder der chemisch-pharmazeutischen Manufaktur Duncan Flockhart & Co., die die Geschichte sehr lebendig und authentisch wirken lassen.

Der Schreibstil der Autoren liest sich sehr flüssig und angenehm, wobei die Sprache der damaligen Zeit entsprechend angepasst zu sein scheint.

Die Autoren haben sehr eindrücklich das historische Setting von Edinburgh Mitte des 19. Jahrhunderts eingefangen und lassen den Leser in eine faszinierende Stadt der Kontraste eintauchen mit seinen dreckigen kopfsteingepflasterten Gassen und düsteren Hinterhöfen der Old Town und den noblen Wohnvierteln der gutsituierten Gesellschaft in der New Town. Atmosphärisch dicht beschwören sie eine Zeit herauf, in der auch in der prosperierenden schottischen Universitätsstadt Elend und Armut in den verslumten Armenvierteln der Old Town vorherrschte und hohe Sterberaten, Prostitution und Gewaltverbrechen alltäglich waren.

Es war zugleich eine Zeit, in der ehrgeizige, skrupellose Ärzte oftmals medizinische Versuche an verzweifelten Patienten in Notlagen durchführten und deren Tod oftmals durchaus in Kauf genommen wurde.

Viele gut recherchierte, authentische Details zur medizinischen Forschung jener Zeit werden informativ und kurzweilig in die Handlung eingebaut. Zugleich erhält der Leser auch einige interessante und aufschlussreiche Einblicke in die gesellschaftlichen Zustände der viktorianischen Epoche.

Im Mittelpunkt des Romans stehen zwei außergewöhnliche und sehr interessante Hauptfiguren. Zum einen lernen wir den jungen, verschuldeten Medizinstudenten Will Raven kennen, den neuen Famulus von Professor Simpson, seines Zeichens eine anerkannte Kapazität in der Geburtshilfe, und zum anderen das aufgeweckte, wissbegierige Dienstmädchen Sarah, die neben ihrer Arbeit im Haushalt und gelegentlichen Botengängen auch in Dr. Simpsons Praxis mithilft und sich sehr für Heilkunde und medizinische Themen interessiert. Der rätselhafte, sehr qualvollen Tod seiner Freundin, der Prostituierten Evie, beschäftigt Will sehr und als er von einem weiterem verdächtigen Tod einer jungen Frau erfährt, beschließt er den Hintergründen für die grausamen Todesfälle auf die Spur zu kommen. Unerwartete Hilfe bekommt Will von der überaus cleveren, aber recht kratzbürstigen Sarah, der er anfangs möglichst auszuweichen versucht.

Hervorragend gelungen sind die beiden sympathischen Hauptfiguren Will und Sarah, die sehr lebendig und facettenreich ausgearbeitet sind. Auch ihre Handlungen und Beweggründe sind insgesamt sehr glaubhaft und nachvollziehbar dargestellt. Insbesondere mit dem jungen Will Raven, der manchmal etwas unbeholfen wirkt und seine problematischen Vergangenheit zu verbergen hat, haben die Autoren eine äußerst interessante, tiefgründige Figur geschaffen, in deren Gefühle und inneren Konflikte man sich gut hineinversetzen kann. Sehr gut gefallen hat mir auch die Figur von Sarah, die intelligent, schlagfertig und selbstbewusst ist, und sich einen Platz in der damaligen männerdominierten Welt der Medizin erkämpfen will.

Die verbalen scharfzüngigen Schlagabtausche zwischen den beiden Hauptfiguren sind zudem sehr amüsant und unterhaltsam, und verleihen der Geschichte zusätzliche Würze.

Fesselnd machen den Roman die vielen, lehrreichen Einblicke in die Medizingeschichte und die Beschreibungen der medizinischen Behandlungen sowie die Versuche mit diversen Anästhetika. Die eigentliche, verzwickte Kriminalhandlung entwickelt sich zwar recht interessant aber recht schleppend und etwas vorhersehbar. Recht spät nimmt die Geschichte dann aber enorm an Fahrt auf, und die Auflösung konnte mich schließlich doch überraschen.

Ich bin schon sehr neugierig auf eine Fortsetzung dieser historischen Krimi-Reine und gespannt, wie es mit Will und Sarah als Ermittlerpaar weitergehen wird.

FAZIT

„Die Tinktur des Todes“ ist eine unterhaltsame Mischung aus fesselnder Kriminalgeschichte und atmosphärisch dichtem historischen Roman mit interessanten Einblicken in die Medizinhistorie und viel viktorianischem Zeitkolorit.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.09.2020

Neuer packender Fall für Kommissar Carl Edson

Spiele
0

INHALT
Robert Lindström hütet ein Geheimnis: In einem Wutanfall tötete er seinen besten Freund. Aber war es wirklich so? Als Elfjähriger des Mordes beschuldigt, wurde er angesichts seines Alters nie verurteilt. ...

INHALT
Robert Lindström hütet ein Geheimnis: In einem Wutanfall tötete er seinen besten Freund. Aber war es wirklich so? Als Elfjähriger des Mordes beschuldigt, wurde er angesichts seines Alters nie verurteilt. Als Erwachsener lebt er zurückgezogen. Bis ihn Lexa kontaktiert. Sie ist Journalistin und schreibt ein Buch über den Fall. Ihre Theorie: Robert ist unschuldig.
Zur gleichen Zeit wird die Leiche eines jungen Mädchens gefunden. Im gleichen Stockholmer Vorort, in dem Robert aufwuchs. Und in dem er mit Lexa den Ereignissen von damals nachgeht. Zufall? Hauptkommissar Carl Edson von der Reichsmordkommission leitet die Ermittlungen, und seltsame Zwischenfälle führen ihn immer näher an die Wahrheit über Robert.
(Quelle: Rowohlt Taschenbuch Verlag)
MEINE MEINUNG
Nach seinem gelungenen Auftakt „Opfer“ ist nun mit „Spiele“ der zweite fesselnde Band der viel versprechenden, neuen Thriller-Reihe des schwedischen Autors Bo Svernström herausgekommen. Dieser in sich abgeschlossene Fall lässt sich übrigens problemlos als Stand alone lesen und setzt keine Vorkenntnisse aus dem ersten Teil voraus.
Diesmal muss sich Stockholms Ermittler Carl Edson und sein Team mit der brutalen Ermordung eines 11jährigen Mädchen beschäftigen. Rasch gerät Robert Lindström ins Visier der Polizei, der zur fraglichen Zeit in der Nähe des Tatorts gesehen wurde und vor 28 Jahren als Elfjähriger seinen Schulfreund Max mit einem Betonklotz erschlagen haben soll, aufgrund seines Alters damals aber nicht verurteilt werden konnte. Die junge Journalistin Lexa möchte gemeinsam mit Robert den alten Mordfall neu aufrollen und ein Buch über ihre gemeinsamen Nachforschungen und mit den verschiedenen Beteiligten geführten Interviews verfassen. Hierzu muss sie aber den zurückgezogen lebenden Robert dazu bewegen, seine Gedächtnislücken und verdrängten Erinnerungen an die verhängnisvollen Geschehnisse zu reaktivieren und sich seiner traumatischen Vergangenheit zu stellen
Die clever konstruierte, äußerst fesselnde Handlung ist auf verschiedenen, versetzt laufenden Zeitebenen in der Gegenwart angelegt und enthält immer wieder Einschübe, in denen wir teilweise aus der Ich-Perspektive Roberts immer mehr Details über die fatalen Geschehnisse vor 28 Jahren erfahren und so schrittweise an seinen subjektiven Erinnerungen teilhaben.
Geschickt verwoben mit den akribischen Ermittlungen der Mordkommission inklusiver vieler Irrwege und Trugschlüsse sind die von Lexa geführten Gespräche mit Roberts ehemaligen Mitschülern und Bekannten, der Schwester des Mordopfers oder dem damals ermittelnden Polizisten, die den Verdacht zunehmend verstärken, dass die Ermittlungen sehr eingleisig geführt wurden und sich einiges anders als dargestellt zugetragen haben muss. Bald gibt es mit der verwirrenden Vielzahl der aufgedeckten Verwicklungen zahlreiche Tatverdächtige im aktuellen Mordfall, doch mehren sich auch die Zweifel an der Darstellung der Ereignisse aus der Vergangenheit sowie an Roberts Glaubwürdigkeit. Der hochkomplexe Fall gewinnt zusehends an Spannung und Tiefe, überrascht mit vielen Wendungen und sorgt mit einigen Szenen auch für den notwendigen Thrill. Zudem ist er bestens zum vielfältigen Kombinieren und Miträtseln geeignet.
Die vielschichtigen, lebensnahen Charaktere sind insgesamt sehr überzeugend ausgearbeitet. Gefallen hat mir insbesondere der sympathische Ermittler Carl Edson, dessen Privatleben glücklicherweise nur einen geringen Raum einnimmt, und der mit Besonnenheit, Bauchgefühl und Durchblick den schwierigen Fall löst. Mit viel psychologischem Einfühlungsvermögen hat der Autor seine sehr faszinierende Hauptfigur Robert gezeichnet und als tiefgründige und gebrochene Persönlichkeit mit all seinen Schwächen und Traumata sehr differenziert und glaubwürdig charakterisiert.
Mit seinem mitreißenden Schreibstil und geschickt gesetzten Perspektivwechseln treibt der Autor seine packende Geschichte im letzten Teil rasant voran und lässt sie in einem fesselnden, hochdramatischen Showdown gipfeln. Die Auflösung des verwickelten Falls war zwar einerseits vorhersehbar für mich aber andererseits auch überraschend und ist durchaus nachvollziehbar dargestellt. Ganz zufriedenstellen konnten mich einige Erklärungen für die psychologischen Hintergründe der Motive allerdings nicht.
Ich freue ich schon sehr auf eine Fortsetzung mit dem sympathischen Ermittlungsteam und bin schon sehr gespannt was sich Bo Svernström für seinen nächsten, packenden Fall in Stockholm einfallen lässt!
FAZIT
Eine gelungene Fortsetzung der neuen skandinavischen Thriller-Reihe rund um Kommissar Carl Edson mit einem sehr packenden, hochkomplexen Fall und viel psychologischem Tiefgang! Lesenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere