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Veröffentlicht am 25.10.2020

"Allzu tiefes Schweigen macht mich so bedenklich wie zu lauter Schrei ." (Sophokles)

Ada
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Die 1945 in Leipzig geborene Ada wächst ihre ersten 9 Lebensjahre allein mit ihrer jüdischen Mutter Sala in Argentinien auf, bevor beide in die alte Heimat zurückkehren und sich in Berlin niederlassen. ...

Die 1945 in Leipzig geborene Ada wächst ihre ersten 9 Lebensjahre allein mit ihrer jüdischen Mutter Sala in Argentinien auf, bevor beide in die alte Heimat zurückkehren und sich in Berlin niederlassen. Für Ada bedeutet das erst einmal Lernen, denn sie beherrscht weder die Sprache noch kennt sie die Kultur und Verhaltensregeln ihrer Mitmenschen. Auch ihrem Vater Otto begegnet sie zum ersten Mal und erlebt ein Familienleben, das versucht, Normalität zu vermitteln, während es unter der Oberfläche schwelt. Ada erlebt nicht nur das deutsche Wirtschaftswunder mit, sondern erlebt auch den Mauerbau hautnah mit. Doch irgendwie bleibt ihr alles fremd, denn Ada fühlt sich in ihrer eigentlichen deutschen Heimat nicht verwurzelt und Fragen zur Vergangenheit werden ignoriert oder nicht beantwortet. Mit Mitte 40 entscheidet sich Ada am Tag des Mauerfalls, einen Psychotherapeuten in Anspruch zu nehmen, um ihre eigene Geschichte aufzuarbeiten und vielleicht endlich einiges verstehen zu lernen….
Christian Berkel, der mit „Der Apfelbaum“ ein fulminantes Debüt hingelegt hat, lässt mit „Ada“ nun seinen neuesten Roman folgen, das wie eine Vertiefung seines Erstlingswerkes wirkt. Berkels flüssiger, gefühlvoller und mitreißender Schreibstil schafft mit der gewählten Ich-Erzählform eine enge Anbindung des Lesers, denn er erfährt Adas Geschichte praktisch aus erster Hand, indem er ihren Worten „lauscht“ und ihr Werdegang sowie ihre Gedanken- und Gefühlswelt direkt von ihr persönlich herangetragen werden. Dabei überzeugt der Autor mit einer Sensibilität und Empathie, wie man sie selten bei männlichen Schriftstellern erlebt, um ihren weiblichen Protagonisten Lebendigkeit zu verleihen. Neben Adas persönlicher Geschichte, die von Selbstzweifeln und Entwurzelung zeugen, bekommt der Leser begleitend auch viele Informationen über das Leben in der Nachkriegszeit. So geht es über das Wirtschaftswunder, den Mauerbau, die 60er Jahre bis hin zum Mauerfall. Berkel zeichnet ein buntes und realistisches Gesellschaftsbild der damaligen Zeit. Vorrangig aber geht es um Adas Erkenntnis, dass sie jüdischer Abstammung ist, dies erst sehr spät erfährt und nun die Aufarbeitung beginnt, der sich die meisten Deutschen leider versagt haben, um nur nicht an den Massenmord im Zweiten Weltkrieg erinnert zu werden. Man mag sich gar nicht vorstellen, was in einem Menschen vorgeht, der erst im Nachhinein erfährt, was damals passiert ist und der doch eigentlich durch den Zeitpunkt seiner Geburt und die Familienumstände direkt davon betroffen war. Die Sprachlosigkeit innerhalb ihrer Eltern muss für sie eine Art Damoklesschwert gewesen sein, das sie einerseits durchbrechen wollte, aber sich andererseits auch davor fürchtete.
Lebendige und realistisch gezeichnete Charaktere wachsen dem Leser mit ihren persönlichen Ecken und Kanten schnell ans Herz, die Nähe zu ihnen ermöglicht ihm einen Einblick in ihr Seelenleben und lässt ein Mitbangen und Hinterfragen zu. Ada ist eine Frau, die zwischen zwei Welten hin- und hergezogen wird, weshalb es ihr auch nicht gelingt, sich standfest und sicher zu fühlen. Voller Zweifel und dem Schweigen ausgeliefert, gehört sie zu einer Generation, die Gründe sucht und Antworten haben will. Dabei stürzt sie sich wie viele andere auch eine Art Rebellion, probiert Drogen und Liebe aus, besucht Woodstock und vieles mehr. Mutter Sala ist zwar eine liebenswerte und fürsorgliche Frau, hüllt sich Adas Fragen gegenüber aber immer in Schweigen und lässt ihre Tochter auf ihre Art damit im Stich. Vater Otto ist ein strenger Mann, der wenig Wärme ausstrahlt. Aber auch Mopp und Hannes spielen eine Rolle in dieser Handlung.
„Ada“ ist eine gefühlvolle und aufwühlende Lebensgeschichte, die nachdenklich stimmt und selbst so einige Fragen beim Leser aufkommen lässt. Absolut empfehlenswert für alle, die sich nicht nur für deutsche Geschichte, sondern auch für die Schicksale dahinter interessieren!

Veröffentlicht am 24.10.2020

Wunderbarer Mix aus Exotik, Liebe und Krimi

Begegnung in der Nacht
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30er Jahre. Shanghai entpuppt sich für Geschäftsmann Frank Bender nicht als glückliches Pflaster, denn er hat nicht nur seine Frau und sein Heim verloren, auch sein Job ist passé. Das Angebot als Verwalter ...

30er Jahre. Shanghai entpuppt sich für Geschäftsmann Frank Bender nicht als glückliches Pflaster, denn er hat nicht nur seine Frau und sein Heim verloren, auch sein Job ist passé. Das Angebot als Verwalter einer Zuckerrohrplantage auf einer Insel kommt für ihn daher gerade zur rechten Zeit. Er kehrt der Großstadt den Rücken und macht sich auf den Weg zu seiner neuen Wirkungsstätte, wobei ihn eine Autopanne dazu zwingt, unterwegs in einem abgelegenen Hotel einen Stopp einzulegen. Dort macht er eine hinreißende Zufallsbekanntschaft, mit der er die Nacht verbringt. Als er morgens erwacht, ist die geheimnisvolle Fremde namens Miriam bereits verschwunden. Kaum hat er endlich das Ziel seiner Reise erreicht, herrscht dort absolutes Chaos, denn der Plantagenbesitzer wurde in der vorherigen Nacht ermordet. Hauptverdächtige ist die Ehefrau, doch die ist nicht auffindbar…
Fünf Jahre nach dem Tod der kommerziell erfolgreichsten deutschen Schriftstellerin des 20. Jahrhunderts wird mit „Begegnung in der Nacht“ posthum ein bisher unveröffentlichtes Manuskript von Utta Danella als Roman veröffentlicht, dem sie nicht nur eine exotisch anmutende Hintergrundkulisse gegeben hat, sondern sich zudem noch mit einer Kriminalgeschichte an ein Genre wagte, dass man nicht sofort mit ihr verbindet. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil schickt den Leser gedanklich auf die Reise ins China des vergangenen Jahrhunderts, wo er Frank Bender kennenlernt, der vor den Scherben seines Lebens steht. Sprachlich farbenfroh und detailliert skizziert die Autorin nicht nur die fremdländisch anmutenden Örtlichkeiten so genau, dass der Leser das Gefühl hat, einen Kinofilm vor Augen zu haben, sondern gibt auch ihren Protagonisten so viel an Persönlichkeit mit, dass diese schnell wie Altbekannte wirken. Wechselnde Perspektiven erhöhen nach und nach die Spannung dieses Kriminalfalls und animieren den Leser, sich an der Tätersuche zu beteiligen. Überraschende Wendungen halten den Spannungsbogen auf hohem Niveau und machen die Geschichte zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar, was den Rätselspaß während der Lektüre noch erhöht.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und mit ihren glaubwürdigen menschlichen Attitüden lebendig in Szene gesetzt, so dass sie dem Leser nicht wie Fremde erscheinen und er sich unsichtbar in ihrer Mitte tummeln kann, um alles genauestens unter die Lupe zu nehmen. Frank ist ein selbstbewusster und fleißiger Mann, der gerade eine absolute Pechsträhne hat, denn neben seinem Lebenswerk ist ihm auch die Frau abhandengekommen, in die er sich Hals über Kopf verliebt hat. Doch er ist auch ein Kämpfer und wagt sich an neue Abenteuer. Miriam ist eine attraktive, freundliche und warmherzige Frau, die gute Gründe hat, sich in Luft aufzulösen. Der tote Plantagenbesitzer war ein wahrer Kotzbrocken, der alle Menschen um sich herum nur tyrannisierte, so dass die Suche nach dem Mörder gar nicht so einfach wird. Aber auch die Nebenprotagonisten überzeugen auf ganzer Linie innerhalb dieser Geschichte.
„Begegnung in der Nacht“ ist ein wunderbarer Mix aus historisch angehauchter Kriminal- und Liebesgeschichte vor einer exotischen Kulisse, die Fernweh weckt und beim Lesen automatisch das Kopfkino anstellt. Schade, dass dies das letzte Buch der Autorin ist, dafür ist es aber ein wahrer Bücherschatz fürs Leserherz! Absolute Leseempfehlung!!!

Veröffentlicht am 24.10.2020

Variationsreiches Leibgericht als Dauerbrenner

Ein Tag ohne Kartoffelsalat ist kulinarisch betrachtet ein verlorener Tag
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Nach jahrelangen Auslandsaufenthalten zurück in Deutschland läuft „Kochen mit Martina und Moritz“ bei uns regelmäßig über den Äther, denn diese Sendung unterscheidet sich von den vielen anderen Kochshows, ...

Nach jahrelangen Auslandsaufenthalten zurück in Deutschland läuft „Kochen mit Martina und Moritz“ bei uns regelmäßig über den Äther, denn diese Sendung unterscheidet sich von den vielen anderen Kochshows, die mittlerweile das Fernsehprogramm bestimmen, durch Herz und vor allem durch die Heimatrezepte, die wir noch aus der Kindheit kennen und bei uns immer wieder ein wohliges Gefühl verursachen.
Vor allem Kartoffelsalat ist bei uns ein fester Bestandteil des wöchentlichen Speiseplans, da musste das Buch „Ein Tag ohne Kartoffelsalat ist kulinarisch betrachtet ein verlorener Tag“ auf jeden Fall bei uns einziehen, um dieses Leibgericht in immer wieder neuem Gewand auf den Tisch zu bringen. Mit 100 Varianten des beliebten Gerichts legen Martina und Moritz eine sehr abwechslungsreiche Vielfalt vor, durch die man sich erst einmal durchprobieren muss, um seine persönlichen Favoriten herauszufinden.
Die beiden stellen nicht nur die Kartoffel in den Vordergrund, sondern zeigen auch, was für innovative und variantenreiche Möglichkeiten es gibt, die Kartoffel mit anderen Zutaten zu vermischen, um daraus ein neues Leibgericht zu zaubern. Neben einer gut aufgemachten Warenkunde und den Grundzutaten ist das Buch aufgeteilt in Vorspeise, Hauptgericht oder Beilage. Die Salate sind wunderbar zusammengestellt und entwickeln sich dabei als Allrounder in der Speisefolge. Unterschiedliche Grundrezepte sowie diverse Dressings oder Saucen lassen die Kartoffelkompositionen immer wieder neu und anders schmecken, womit sie jede andere Beilage fast schon übertreffen. Auch die Resteverwertung wird angesprochen sowie mit vielen Tipps und Tricks empfohlen, was am besten mit dem jeweiligen Salat korrespondiert.
Während man sich durch die einzelnen Rezepturen liest, kommen einem als Hobbykoch selbst eigene Ideen für die Abwandlung des einen oder anderen Vorschlags, dieses Buchanimiert regelrecht zu weiteren Kartoffelsalatvariationen. So wird aus einem Leibgericht ein Dauerbrenner auf dem Tisch! Absolut empfehlenswert, unbedingt ausprobieren!!!

Veröffentlicht am 24.10.2020

Hiermit wird man Ginfluencer!

Gin Atlas
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In den letzten Jahren ist der aus Wacholder hergestellt Gin pur oder als wichtige Basiszutat für Cocktails immer beliebter geworden. Inzwischen gibt es Ginarten nicht nur mit unterschiedlichem Alkoholgehalt, ...

In den letzten Jahren ist der aus Wacholder hergestellt Gin pur oder als wichtige Basiszutat für Cocktails immer beliebter geworden. Inzwischen gibt es Ginarten nicht nur mit unterschiedlichem Alkoholgehalt, sondern auch in variantenreichen Destillationen, die vielfältige Genussoptionen möglich machen, so dass für jeden Gaumen etwas dabei ist. So wird der reine Wacholdergin bei einem trockenen Martini, einem Negroni und diversen Longdrinks wie London Buck, Gin Basil Smash oder der allseits bekannte Gin Tonic verwendet. Aber es gibt noch viele andere Optionen, die in diesem wunderbaren Atlas Erwähnung finden.
Mit ihrem „Gin Atlas“ vermitteln die beiden Autoren Joel Harrison und Neil Ridley dem interessierten Leser nicht nur die Geschichte des Gins und dessen Herstellungsprozess, sondern bietet darüber hinaus einen Einblick in die Einsatzvielfalt des beliebten Getränks sowie die unterschiedlichsten Geschmacksnuancen durch die Aromatisierung des Destillats durch Kräuter, Gewürze, Fruchtzusätze und vieles mehr. Auf den Spuren des Gins reist der Leser mit den Autoren rund um den Globus und besucht Destillerien auf allen fünf Kontinenten (Übrigens erfahren auch deutsche Destillen immer größeren Zulauf). Begleitet wird diese Weltreise mit zahlreichen farbenprächtigen Fotoaufnahmen und vielen Informationen über die einzelnen Destillerien. Überhaupt besticht das Buch insgesamt durch seine hochwertige Aufmachung.
Neben den unterschiedlichsten Destillieranlagen wird auch ein besonderes Augenmerk auf die Botanicals gelegt, die die Autoren als „persönliche DNA“ des Gins bezeichnen. Weltbekannte Ginmarken und deren Destillen werden ebenfalls vorgestellt, wobei die Autoren ihre ganz persönliche Meinung abgeben, für welche Drinks welche Sorte sich besonders eignet.
Der „Gin Atlas“ ist nicht nur informativ, sondern macht Lust darauf, sich mit der Vielfalt dieses Getränks genauer zu beschäftigen, um dann die Geschmacksknospen glühen zu lassen und dabei seinen Favoriten zu finden. Wohl bekomm’s!

Veröffentlicht am 23.10.2020

"Wer den Teig nicht knetet, wird kein gutes Brot essen." (Französisches Sprichwort)

Lutz Geißlers Almbackbuch
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Inzwischen haben wir eine große Sammlung an Brotbackbüchern aus aller Welt zusammengetragen, die wir natürlich auch alle durchprobiert haben, um Abwechslung auf den Tisch zu bringen. Über den Erhalt dieses ...

Inzwischen haben wir eine große Sammlung an Brotbackbüchern aus aller Welt zusammengetragen, die wir natürlich auch alle durchprobiert haben, um Abwechslung auf den Tisch zu bringen. Über den Erhalt dieses wunderbaren Exemplars von "Lutz Geißlers Almbackbuch" haben wir uns besonders gefreut, sind wir doch schon lange große Fans seines Plötzblogs und haben bereits begeistert einige seiner Bücher „durchgebacken“.

Schon die hochwertige und ansprechende Ausstattung des Buches verführt dazu, sich schon bald in die Geschichten, Fotos und Rezepte zu vertiefen, die diesmal auf der Kalchkendlalm am österreichischen Fröstlberg bei Roswitha Huber Geißler entstanden sind und Geißler nun seinem Leser an die Hand gibt. Dabei erlebt man nicht nur die Liebe zu seiner Heimat und die Leidenschaft für Brot, sondern man erfährt neben Tradition und das Bewusstsein für Entschleunigung auch unheimlich viel über das von uns täglich gern konsumierte Genussprodukt in seiner ganzen Vielfalt.

Das Buch ist nach System aufgemacht, so dass auch mancher Laie seinen Spaß daran haben wird, sich an einzelne Rezepturen zu wagen, um dann voller Stolz sein erstes Brot zu verkosten. Danach will man kein Massenprodukt mehr auf dem Teller sehen – versprochen! Aber vorher sollte man sich die „Tipps zum Backen“ verinnerlichen und das Anstellgut vorbereiten, damit es auch was werden kann mit dem eigenen Brot. Dafür ist genügend Muße nötig, denn was besonders gut schmecken soll, will mit viel Liebe und Geduld erschaffen werden. Wer schon einmal Sauerteigbrot gebacken hat, weiß davon ein Lied zu singen.

Neben verschiedenen Brotsorten bietet Geißler auch Rezepte für Fein-und Kleingebäck wie beim Brot jeweils unterteilt in Roggen, Dinkel und Weizen an, die ebenfalls unser Herz erobert haben, besonders der Almzopf und die Apfeltaschen haben es uns sehr angetan. Nachdem wir uns durch dieses Werk „durchgebacken“ haben, gibt es kein Rezept, das uns nicht gemundet hat, insofern wird die Vielfalt von Hafer-Dinkelbrot, Laugenflesserl, Kaspressknödel etc. weiterhin unseren Tisch sehr bereichern.

Dieses Buch ist ein Füllhorn an Ideenreichtum, das man immer wieder aufs Neue zu schätzen wissen wird. Absolute Empfehlung für ein richtiges Meisterwerk unter den Backbüchern!