Es ist im September 2018, als Lázló Bánk mit 85 Jahren stirbt. Bereits mehrere Monate vorher hat die Diagnose der Ärzte sein baldiges Ableben angekündigt: Der Krebs ist bei dem gebürtigen Ungarn zurückgekehrt. Noch einmal will er einen Sommer am Balaton, in der alten Heimat, verbringen, noch einmal im See schwimmen. Seine Tochter Zsusza begleitet ihn. Doch viele unbeschwerte Tage sind ihnen nicht vergönnt. Noch in der Ferne verschlechtert sich sein Zustand. Eine Odyssee durch verschiedene Kliniken beginnt.
„Sterben im Sommer“ ist ein Memoir von Zsusza Bánk.
Meine Meinung:
Das Buch besteht aus mehr als 70 Abschnitten, die nicht explizit als Kapitel gekennzeichnet sind. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht der Tochter – allerdings nicht in chronologischer Reihenfolge: Immer wieder gibt es Rückblenden und Zeitsprünge, die recht unvermittelt auftauchen und sich daher nicht ganz einfach nachvollziehen lassen. Eine Ebene umfasst die jüngere Vergangenheit, die die Diagnose, die Leidenszeit, das Sterben und die Monate danach umfasst. Darüber hinaus handelt das Buch auch von der Geschichte von Zsuszas Familie mit Ereignissen vor ihrer Geburt und von ihren eigenen Erinnerungen an frühere Jahrzehnte. Auf mich machte der Aufbau leider bisweilen einen etwas chaotischen Eindruck.
Der Schreibstil ist poetisch und bildhaft. Die Autorin erzählt langsam, aber eindringlich und intensiv, wobei diese Wirkung auch durch häufige Wiederholungen und Betonungen entsteht.
Inhaltlich stehen der Vater und die Beziehung zu ihm im Vordergrund des Buches. Zwei Aspekte nehmen besonders viel Raum ein. Einerseits geht es um die Krankheit, das Leiden und schließlich den Tod. Dabei teilt die Autorin ihre ganz persönlichen Erfahrungen und Emotionen, die sie in dieser Zeit erlebt hat. Sie schildert das Sterben eines geliebten Menschen, die Hilflosigkeit angesichts seines Leidens und die anschließende Trauer. Was geschieht mit uns, wenn wir solche Situationen erleben? Andererseits spielt auch die Familiengeschichte der Bánks in dem Buch eine wichtige Rolle: die Flucht aus Ungarn nach Deutschland im Jahr 1965, die gemeinsamen Aufenthalte in der alten Heimat, die früheren Erinnerungen an den Vater, die Großeltern und andere Verwandte.
Durch die direkte Art des Erzählens und die offenherzigen Schilderungen hat mich das Buch immer wieder berührt und nachdenklich gemacht. In vielen Beschreibungen habe ich eigene Beobachtungen und Gefühle wiedererkannt. Auf 240 Seiten kommt es zwar zu der einen oder anderen Redundanz. Dennoch ist es der Autorin sehr gut gelungen, die unterschiedlichen Facetten der Trauer und des Todes allumfassend darzustellen. Gefallen hat mir auch, dass das Buch nicht düster, sondern hoffnungsvoll und versöhnlich endet.
Ich habe das Buch als ungekürzte Lesung angehört, gesprochen von Lisa Wagner, die als Interpretin mit ihrer akzentuierten Aussprache einen guten Job macht.
Das reduzierte, aber dennoch stimmungsvolle Cover spricht mich sehr an. Auch der prägnante Titel ist treffend gewählt.
Mein Fazit:
„Sterben im Sommer“ von Zsusza Bánk ist keine Wohlfühllektüre, aber ein sehr persönliches, ein offenes und authentisches Buch, das mich bewegen konnte.