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Veröffentlicht am 25.11.2020

Unterhaltsam und verwirrend

Die große Fälschung
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"Tuckstett" ist der erste Band des im Mittelalter spielenden, zehnteiligen Fortsetzungsromans "Die große Fälschung" von P.M., dessen zweiter Band "Der Flächenbrand" bereits im Hirnkost-Verlag erschienen ...

"Tuckstett" ist der erste Band des im Mittelalter spielenden, zehnteiligen Fortsetzungsromans "Die große Fälschung" von P.M., dessen zweiter Band "Der Flächenbrand" bereits im Hirnkost-Verlag erschienen ist. Die weiteren Teile sollen jeweils im Abstand von zwei Monaten veröffentlicht werden, so dass sich, gemessen am Auftaktband ein gewaltiges Werk von rund 1.500 Seiten ergeben sollte.

Wurum es geht
Im Jahr 998 n. Chr. begehrt der fränkische Ritter Rodulf von Gardau gegen die herrschenden Verhältnisse auf. Seine Rebellion findet schnell Anhänger und breitet sich aus, so dass ein weltumspannender Konzern, dessen Agent von Gardau eigentlich ist, seine Macht bedroht sieht. Für den Ritter beginnt damit eine abenteuerliche Odyssee, die ihn quer durch die bekannte Welt führen wird. Die Ereignisse könnten dabei weitreichende Folgen für die jetzige Zeit haben.

Kritik
"Die große Fälschung: Tuckstett" ist schwer einzuordnen: Ist es ein Ritter- oder Abenteuerroman, ein Schelmenroman, eine Alternativweltgeschichte, eine Reiseerzählung, ein utopischer Roman, Fantasy? Ein wenig von allem? Das Buch lässt mich diesbezüglich etwas ratlos zurück. Die Geschichte wird mit großer Freude am Fabulieren aus der Perspektive des Ritters von Gardau erzählt. Als Zeitform hat der Autor das Präsens gewählt, ein Stilmittel mit dem ich persönlich mich schwer tue, da ich Prosaerzählungen eindeutig im Präteritum bevorzuge. Dabei ist die Sprache eher modern, obwohl die Geschichte im frühen Mittelalter spielt. Sie ist gespickt mit gesellschaftskritischen Beobachtungen und Anspielungen auf unsere moderne Zeit, welche teils wie Versatzstücken aus der Moderne wirken, so dass man sich fragt, ob die Hauptfigur nicht ein Zeitreisender sein könnte. Nach dem ersten Band kann ich jedenfalls noch nicht sagen, wie sich der Roman insgesamt entwickeln wird. Es ist auf jeden Fall unterhaltsam.

Fazit
P.M. (die häufigsten Initialen in schweizer Telefonbüchern) ist das Pseudonym des schweizer Autors Hans Widmer, der vor allem durch seine 1983 erschienene anarchistische und antikapitalistische soziale Utopie "bolo’bolo" bekannt wurde. Man darf, glaube ich, erwarten, dass sich auch "Die große Fälschung" vergleichbare Wege einschlagen wird.

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Veröffentlicht am 04.11.2020

Terror im Odenwald

Lügenpfad
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Der Roman "Lügenpfad" von Brigitte Pons ist ein im Odenwald spielender Regionalkrimi und der fünfte Band um den Dorfpolizisten Frank Liebknecht.

Worum es geht
In der Nähe des Örtchens Vielbrunn im südhessischen ...

Der Roman "Lügenpfad" von Brigitte Pons ist ein im Odenwald spielender Regionalkrimi und der fünfte Band um den Dorfpolizisten Frank Liebknecht.

Worum es geht
In der Nähe des Örtchens Vielbrunn im südhessischen Odenwaldkreis gibt es einen ehemaligen amerikanischen Munitionsbunker, welcher bis zu seiner Aufgabe vor über 20 Jahren im Zentrum von Demonstrationen der Friedensbewegung stand. Als Dorfpolizist Frank Liebknecht mehr aus persönlicher Neugier als aus beruflichem Interesse Fragen zu den damaligen Vorgängen stellt, stößt er zufällig auf einen ungeklärten alten Fall und sticht damit ungewollt in ein Wespennest. Eine Frau wird vermisst, doch nicht jeder möchte, dass er an längst vergessenen geglaubten Wunden rührt. Ohne es zu wollen, bringt er durch seine Erkundigungen sogar seinen besten Freund Marcel in Lebensgefahr. Da es offiziell aber keinen Fall gibt, muss Liebknecht auf eigene Faust ermitteln und gerät dabei selbst in brenzliche Situationen und sogar unter Tatverdacht. Lange tappt er mit seinen Nachforschungen im Dunklen, bis sich eine mögliche Verbindung zur RAF herausstellt.

Kritik
Keine Frage, Frank Liebknecht ist ein sympathischer Ermittler, und "Lügenpfad" ist wie seine Vorgänger ein waschechter Regionalkrimi, bei dem der Odenwald mehr ist als reine Kulisse. Brigitte Pons liefer dem Leser eine gehörige Portion Lokalkolorit (einschließlich einiger im Dialekt geschriebener Dialoge, die dem Nicht-Hessen etwas Aufmerksamkeit abverlangen), ohne dass die Handlung nur noch für Einheimische verständlich wäre. Stammtischklüngel, der manchmal raue Umgangston, die allgegenwärtige Gerüchteküche, aber auch die starke Hilfsbereitschaft innerhalb der Dorfgemeinschaft wirken ebenso authentisch wie die Beschreibung der Lokalitäten.

In diesem von Traditionen geprägten Setting eines kleines Ortes im hessischen Odenwald ist die sich andeutende homoerotische Beziehung zwischen der Hauptfigur und ihrem besten Freund Marcel ein gelungener Plottwist, der im Rahmen der Serie zukünftig durchaus Konfliktpotential verspricht.

Die Hintergründe der Story sind gut recherchiert, nicht zuletzt in Bezug auf die geschilderten Ereignisse im Jahr 1983, auch wenn der Zusammenhang zwischen der Roten Armee-Fraktion und den neuen Roten Zellen eher wage ist. Leider entfaltet sich die Handlung nach einem interessanten Einstieg sehr gemächlich, so dass man nach einem Drittel des Buches noch keine rechte Vorstellung hat, in welche Richtung sich der Roman entwickeln wird; richtige Spannung kommt erst in der zweiten Hälfte auf. Dadurch ist "Lügenpfad" etwas langatmig, was in gewissem Maße auch der Behäbigkeit des Ermittlers geschuldet ist. Nur der flüssige, gut zu lesende Schreibstil der Autorin und die vielschichtige Erzählung lassen einen die rund 380 Seiten der Printausgabe (auf meinem E-Book-Reader waren es sogar deutlich mehr) durchhalten. Dem Spannungsbogen hätte es gut getan, wenn Brigitte Pons ihr Manuskript an ein paar Stellen gerafft und beispielsweise das eine oder andere Fettnäpfchen ausgelassen hätte, in die Frank Liebknecht im Verlauf tritt. Die nicht immer klar gekennzeichneten Zeitsprünge sind gelegentlich etwas verwirrend und führen dazu, dass man den roten Faden kurzfristig verlieren kann.

Am Ende bleiben einige Fragen offen, auch im Hinblick auf Frank Liebknechts Privatleben. Man darf erwarten, dass die Autorin diese losen Handlungsfäden im Folgeband aufnehmen wird.

Fazit
"Lügenpfad" ist ein echter Regionalkrimi, der leider ein paar Längen aufweist und daher nicht unbedingt neugierig auf die Reihe macht, was bedauerlich ist, da der Roman durchaus Potential hat. Ein typisches Buch, das man lesen kann, aber nicht muss.

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Veröffentlicht am 07.10.2020

Urban Fantasy vor historischer Kulisse

Ministry of Souls – Das Schattentor
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"Ministry of Souls - Das Schattentor" des deutsch-agyptischen Autors Akram El-Bahay ist ein im viktorianischen England spielender Urban-Fantasy-Roman und der erste Band einer zu erwartenden neuen Serie, ...

"Ministry of Souls - Das Schattentor" des deutsch-agyptischen Autors Akram El-Bahay ist ein im viktorianischen England spielender Urban-Fantasy-Roman und der erste Band einer zu erwartenden neuen Serie, der im Lübbe-Verlag erschienen ist.

Worum es geht
Im London des Jahres 1850 sorgen die sogenannten Soulmen, Beamte des im Verborgenen arbeitenden Ministeriums für endgültige Angelegenheiten, dafür, dass die Seelen der Verstorbenen durch Portale in die Zwischenwelt gelangen, indem sie sie in Phiolen auffangen und so auf die andere Seite bringen. Hierzu müssen sie sich Zugang zu den Orten verschaffen, an denen sich die Geister aufhalten. Dies ist nicht immer einfach, da nur eine kleine Gruppe Auserwählter überhaupt von der Existenz des Ministry of Souls und dessen Funktion weiß. Jack ist ein junger, angehender Mitarbeiter und hofft, sich im Außendienst zu bewähren, damit er endlich zum vollwertigen Soulman befördert wird. Sein erster offizieller Auftrag führt ihn zum Buckingham Palast, auf dessen Gelände eine Gesandtschaft des arabischen Emirats Ra's al-Chaima, einschließlich der Herrscherfamilie ermordet wurde, und dank einer Abmachung mit der Metropolitain Police dürfen die Soulmen manchmal noch vor den Polizeibeamten an den Tatort. Auf der Suche nach den Seelen der Verstorbenen entdeckt Jack, dass die Tochter des Emirs, Prinzessin Naima, das Massaker überlebt hat. Als er der jungen Frau helfen will, wird er von einem unheimlichen Wesen angegriffen, das sein eigener Schatten zu sein scheint. Im Eifer des Gefechts und um die Prinzessin zu schützen, befördert Jack sie in die Zwischenwelt, wo sie als Lebende eigentlich nicht sein darf. Noch bevor Jack seinen Fehler wiedergutmachen kann, schließt sich jedoch die Tür. Bei dem Versuch Naima zu retten, stößt Jack wieder auf das geheimnisvolle Schattenwesen.

Kritik
Akram El-Bahay hat mit "Das Schattentor" eine durchaus faszinierende Welt erschaffen, deren Reiz nicht nur im historischen Schauplatz, sondern vor allem in der Beschäftigung mit dem Thema Sterben liegt. Als voraussichtlichen Serienauftakt werden die Hauptfiguren und wesentlichen Handlungselemente wie die Zwischenwelt eingeführt. Dieser Übergang nach dem Tod, welcher von manchen Menschen gesehen und sogar betreten werden kann, hilft in der Romanwelt den Seelen, ihren Weg im Jenseits zu finden. Während Jack sich durch einen scharfen Verstand auszeichnet, auch wenn er eingangs etwas tollpatschig und naiv erscheint, ist Prinzessin Naima eine erfrischend mutige und starke Frauenfigur. Leider erfährt man nur wenig über Jacks Hintergrundgeschichte, und dem Handlungsstrang um Naima hätte der Autor gerne etwas mehr Raum gönnen können, so dass letztlich beiden Charakteren ein wenig Tiefgang fehlt. Eine weitere interessante und vielversprechende Figur ist die Katze Oz, in deren Körper die Seele eines Verstorbenen steckt und die ein wenig die Rolle des Comic Relief übernimmt.

Das viktorianische London ist eine stimmungsvolle Kulisse, die vom Autor anscheinend gut recherchiert wurde und effektvoll eingesetzt wird. Es wäre durchaus interessant das Ministry of Souls und die Soulmen durch die Jahrhunderte bis in die Gegenwart zu verfolgen.

Das Tempo der Geschichte ist hoch; insbesondere zum Ende setzt der Roman dann noch einmal richtig auf Action. El-Bahays Stil ist trotz seiner Neigung, immer wieder lange, verschachtelte Sätzte einzubauen, flüssig lesbar. Eingestreut in die Handlung finden sich Anspielungen auf Harry Potter (Gleis 9 3/4) und frühere Werke des Autors, der klar eine Inspiration in orientalischen Märchen hat. Es ist nicht immer ganz einfach als Leser den Überblick über die Handlungsfäden zu behalten, zumal nicht alles im letzten Kapitel schlüssig aufgeklärt wird, sondern wahrscheinlich den Folgebänden vorbehalten bleibt.


Fazit
Insgesamt ist der Roman ein gelungener, höchst unterhaltsamer Serienauftakt, wobei noch ein wenig Luft nach oben bleibt. Mein Dank geht an NetGalley und den Lübbe-Verlag, dass ich das Buch gegen diese Rezension lesen durfte.

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Veröffentlicht am 19.09.2020

Tatverdächtiger mit Alzheimer

Wenn das Licht gefriert
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„Wenn das Licht gefriert" von Roman Klementovic ist ein bei GMEINER erschienener Psycothriller, der sich um ein 22 Jahre altes Verbrechen dreht. Mein Dank geht an den Verlag und NetGalley, dass ich den ...

„Wenn das Licht gefriert" von Roman Klementovic ist ein bei GMEINER erschienener Psycothriller, der sich um ein 22 Jahre altes Verbrechen dreht. Mein Dank geht an den Verlag und NetGalley, dass ich den Roman im Austausch gegen diese aufrichtige Rezension lesen durfte.

Worum es geht
Als ihr an Alzheimer Demenz leidender Ehemann Friedrich bei der Ausstrahlung des reißerischen Fernsehmagazins „Mörder im Visier“, der sich in der aktuellen Folge mit dem 22 Jahre zurück liegenden, nie aufgeklärten Mord an der besten Freundin ihrer Tochter befasst, in seiner Verwirrung unter anderem Details über die Unterwäsche des Opfers brabbelt, die eigentlich nur der Täter kennen dürfte, reißt der Beitrag nicht nur alte Wunden auf, sondern in Elisabeth keimt ein fürchterlicher Verdacht. Weil sie fürchtet, dass nicht nur ihr Mann seit langem ein dunkles Geheimnis mit sich schleppt, stellt sie eigene Nachforschungen an, um herauszufinden, ob Friedrich nur wirres Zeug redet oder wirklich mehr weiß. Schon bald überschlagen sich die Ereignisse.

Kritik
Der in einer nicht genannten Kleinstadt spielende Thriller vermittels allein schon durch die herbstliche Jahreszeit, in der er mit dem entsprechenden Wetter spielt, ein gedrückte, düstere Stimmung. Nachdem der Prolog zur Zeit des Mordes gespielt hat, schildert des Rest des Romans die Ereignisse der Gegenwart. Dabei wird nicht zuletzt durch den inneren Konflikt der fürsorgenden Ehefrau Spannung erzeugt: Auf der einen Seite steht ihre trotz Friedrichs Erkrankung, die das Zusammenleben zunehmende beeinträchtigt, ungebrochene Liebe, auf der anderen Seite die erschreckende Möglichkeit, dass er die grausame Tat so viele Jahre vor allen verborgen haben könnte. Das Tatmotiv bleibt zunächst völlig unklar, falsche Fährten werden ausgelegt, andere Verdächtige tauchen auf. Dabei verzichtet der Autor fast vollständig auf blutrünstige Einzelheiten oder Brutalität, sondern erzeugt den Thrill vor allem auf psychologischer Ebene und durch bis dahin ungeklärte Geheimnisse. Immer wieder lenkt Klementovic die Aufmerksamkeit des Lesers auf scheinbare Indizien, verwischt Spuren wieder, während schon die neue Verdachtsmomente auftauchen, und schafft es so ein fesselndes Tempo zu erzeugen.

Stil und Sprache sind von eher kurzen Sätzen geprägt, denen man leicht folgen kann; am Ende fast aller Kapitel steht ein Cliffhanger, der einen drängt weiterzulesen. Die Charakterisierung der Personen ist an einigen Stellen vielleicht etwas zu klischeehaft, auch wenn die Idee, einen Cold Case mit einem an Alzheimer leidenden Tatverdächtigen zu verknüpfen, originell ist, zumal Friedrich dadurch zu einem höchst unzuverlässigen Zeugen wird. Leider erfährt der Leser nur relativ wenig über das Opfer. Ein Minuspunkt sind auch der repetitive Gebrauch bestimmter Formulierungen (gefrierendes But, in der Kehle stecken bleibender Schrei und ähnliches). Hier hätte etwas Abwechslung gut getan.

Fazit
Insgesamt ist „Wenn das Licht gefriert" ein solider Thriller, der sehr spannend zu lesen ist, auch wenn er stilistisch kleine Schwächen hat.

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Veröffentlicht am 19.09.2020

Spannende Near Future Science Fiction

Fallender Stern
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Der im Piper-Verlag veröffentlichte, in der nahen Zukunft spielende Science-Fiction-Roman „Fallender Stern“ von Christoph Dittert beschäftigt sich mit einem Erstkontakt zu außerirdischer Intelligenz. Der ...

Der im Piper-Verlag veröffentlichte, in der nahen Zukunft spielende Science-Fiction-Roman „Fallender Stern“ von Christoph Dittert beschäftigt sich mit einem Erstkontakt zu außerirdischer Intelligenz. Der Autor ist in der deutschen SF-Szene kein unbeschriebenes Blatt: So gehört er unter seinem Pseudonym Christian Montillon seit 2006 zu den Stammautoren der Perry-Rhodan-Serie und ist dort seit dem 2013 erschienenen Jubiläumsband 2700 zusammen mit Wim Vandemaan für die Exposés zuständig.

Worum es geht
Als die NASA eines Tages aus dem All Funksignale auffängt, die eindeutig einen künstlichen Ursprung haben, bleiben der Menschheit 30 Jahre Zeit, sich auf einen möglichen Erstkontakt mit außerirdischen Intelligenzwesen auch technisch vorzubereiten. So lange braucht nämlich der in der Nähe des Sonnensystems aufgetauchte Asteroid, von dem die nicht entschlüsselbare Nachricht stammt, um von der Erde aus in Reichweite zu kommen. Ein bemanntes Raumfahrtprojekt wird eigens hierfür erstellt. Aus der Perspektive einer amerikanischen Familie wird beispielhaft geschildert, wie die Menschen mit dieser Situation umgehen. Die Zwillinge Amy und Eric, deren Mutter bei der NASA arbeitet, sind gerade zehn Jahre alt, als die geheimnisvolle Botschaft empfangen wird. Während Amy im weiteren Verlauf alles daransetzt, um bei dem erhofften Treffens mit den Außerirdischen an vorderster Front dabei zu sein, möchte ihr Bruder am liebsten nichts davon wissen. So stehen auf der einen Seite die von strenger Geheimhaltung geprägten Entwicklungsarbeiten der Weltraumorganisation und auf der anderen Seite die kleineren und größeren Dramen der Familiengeschichte, die jeweils über die Handlungsjahre episodenhaft erzählt werden. Während die Menschheit im Angesicht des ersten Begegnung enger zusammenrückt, bricht die Familie auseinander. Schließlich ist der Asteroid in Erdnähe, und ein kleines Team von Astronauten bricht auf, um in seine Reichweite zu gelangen.

Kritik
Es dauert etwas mehr als bis zur Mitte des Romans, bis es zum eigentlichen Kontaktversuch kommt. Trotzdem schafft es Christoph Dittert von den ersten Seiten an, den Leser zu fesseln. Geschickt schildert er anhand von Amy und Eric den psychologischen Konflikt zwischen Hoffnungen und Ängsten, die mit einem Erstkontakt einher gehen. Der geniale Physiker Stephen Hawking hat einmal gesagt, wenn Aliens uns jemals besuchen sollten, so denke er, wäre das Ergebnis so wie bei Christopher Columbus und seiner ersten Ankunft in Amerika – was nicht sonderlich gut für die amerikanischen Ureinwohner ausgegangen sei. Die Bedenken, den Kontakt aktiv zu suchen, sind also nicht unbegründet. Andererseits glauben viele, dass die technologische Überlegenheit einer Spezies, die zu einer interstellaren Raumfahrt fähig ist, mit einer höheren moralischen Integrität einher geht und hoffen daher auf eine nicht nur friedliche, sondern für die Menschheit auch fördernde Begegnung. Dieses Spannungsfeld ist ein klassisches Thema der Science Fiction seit H. G. Wells.

Inhaltlich kann die Handlung in drei Abschnitte unterteilt werden: vor, während und schließlich nach dem NASA-Projekt, dessen Ausgang an dieser Stelle nicht verraten werden soll. Dabei verzichtet Dittert weitgehend auf Effekthascherei oder technokratische Details. Sein Lösungsansatz zu Fragen, wie ein solcher Erstkontakt ablaufen könnte, ob wir fremde Lebensformen überhaupt als solche wahrnehmen und mit ihnen kommunizieren können oder was dabei passieren könnte, ist vielschichtig und interessant, wobei das eher überraschende Ende erfreulich frei von Klischees ist Raum für Phantasie lässt. Erfreulicherweise kommt es weder zum dramatischen Abschuss eines feindlich gesinnten Alienraumschiffs noch zum diplomatischen Dinnerbankett mit den Außerirdischen. Lediglich der Versuchung, die Fremden anschaulich zu schildern, kann der Autor nicht widerstehen, was vielleicht mit seiner Prägung durch Perry Rhodan zusammenhängt. Doch dafür durchlaufen seine Hauptfiguren eine für den Leser nachvollziehbare Entwicklung und gewinnen im Verlauf des Romans immer mehr an Tiefe.

Fazit
„Fallender Stern“ ist intelligente Near Future Science Fiction mit einer packenden Mischung aus Lebensgeschichten und dem Gedankenspiel, was passieren könnte, wenn wir den Beweis für die Existenz außerirdischen Lebens hätten.

Danksagung
Mein Dank an den Piper-Verlag und NetGalleyDE, dass ich diesen Roman im Austausch gegen eine ehrliche Rezension lesen durfte.

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