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Veröffentlicht am 15.09.2021

Ein ganz berührendes Buch!

Barbara stirbt nicht
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Dieses Buch ist ganz sicher mein bisheriges Buch-Highlight 2021!

Walter Schmidt ist seit über 50 Jahren mit Barbara verheiratet und hat in diesen Jahren nicht ein einziges Mal auch nur ein Staubtuch in ...

Dieses Buch ist ganz sicher mein bisheriges Buch-Highlight 2021!

Walter Schmidt ist seit über 50 Jahren mit Barbara verheiratet und hat in diesen Jahren nicht ein einziges Mal auch nur ein Staubtuch in der Hand gehabt, geschweige denn Kaffee gekocht oder anderen Weiber-Kram erledigt. Er war der Ernährer und ist arbeiten gegangen, womit seine Pflichten erledigt waren.
Eines Freitags ändert sich sein bequemes Leben schlagartig, als er seine Barbara gestürzt im Bad findet und sie sich außerstande sieht, das Bett länger zu verlassen und irgendeinen Handschlag zu tun im Haus. Walter muss wohl oder übel seine Komfortzone verlassen und selbst Hand anlegen...

Was für eine wundervolle Geschichte um einen besserwisserischen, nörgelnden, alten Miesepeter. Wenn ich nicht selbst so ein Haushaltswunder in der eigenen Familie gekannt hätte, würde ich Walter für total überzeichnet halten - aber solche (i.d.R. alten) Männer gibt es.
Walter ist ohnehin nicht gerade der mitfühlende Romantiker schlechthin. Er ist eher ziemlich direkt und auch ungehobelt seinen Mitmenschen gegenüber. Seine Kinder halten lieber gebührenden Abstand. Sein Sohn kann keine 3 Sätze mit ihm wechseln, ohne dass es Streit gibt. Auch sein Umfeld sieht ihn am liebsten eher aus der Ferne oder als notwendiges Übel, wenn man Barbara treffen möchte.
Mit jeder Buchseite wird die Verzweiflung Walters deutlicher. Er will auf der einen Seite überhaupt nicht wahrhaben, dass seine Barbara ernsthaft krank sein könnte, auf der anderen hat er schreckliche Angst, dass sie einfach so stirbt. Wobei er erst einmal nicht wirklich Angst um sie hat, sondern eher Angst, dass er alleine und hilflos zurück bleiben könnte. Denn das wird ihm immer klarer, wie viele seiner Mitmenschen ihn erfahren - auch wenn er das nicht wirklich immer beabsichtigt hat. Er ist halt einfach so. Er braucht seine Regeln und Ordnung und wer ihn dabei stört, der bekommt das unmittelbar zu hören.
Ich fand es sehr berührend, wie Walter sich immer mehr bemüht, alles für Barbara zu tun, was irgend möglich ist, nur damit sie wieder gesund wird. Sogar vertrackte Kochrezepte probiert er umzusetzen, solange sie wirklich jeden kleinen Schritt enthalten. Wie ein Ingenieur an einem Bauplan, der jede noch so kleine Schraube enthalten muss, wenn das Ergebnis stimmen soll. Immer mehr wird ihm klar, was er droht zu verlieren. Und das wäre nicht nur Barbara.

Die Geschichte wird zwar von einem Dritten erzählt, jedoch ausschließlich aus Walters Sicht. Man kann ihm kaum böse sein, auch wenn man ihn manches Mal einfach nur anschreien möchte. Man weiß nicht wirklich, was Barbara je an ihm gefunden hat, aber er hat vor, sein Eheversprechen zu halten, sich um sie zu kümmern. Niemand ist darüber mehr erstaunt als Barbara.
Der Schreibstil ist wunderbar! Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen. Es ist nie rührselig, stattdessen mit einer guten Portion Humor gesegnet. Es bietet so einige kleine Überraschungen, die den Lesenden das Geschehen besser verstehen lassen. Das Ende ist leider etwas sehr abrupt; nach einiger Überlegung fand ich es jedoch gar nicht so verkehrt. Es ist vollkommen klar, was mit Barbara geschehen wird und muss nicht noch breitgetreten werden. Und dass Walter Schmidt auf einem guten Weg zu seiner Familie und seinen Mitmenschen ist, dessen kann man ziemlich sicher sein.

Fazit: Wer ein humorvolles aber durchaus ernsthaftes Buch lesen möchte, der ist hier goldrichtig!

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Veröffentlicht am 18.06.2021

Wieder ein perfekter Ani!

Letzte Ehre
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Wieder einmal habe ich mit großer Begeisterung ein Ani-Buch verschlungen...
Finja, ein 17jähriges Mädchen, verschwindet nach einer kleineren Party. Fariza Nasri ermittelt in dem Fall, weil man davon ausgeht, ...

Wieder einmal habe ich mit großer Begeisterung ein Ani-Buch verschlungen...
Finja, ein 17jähriges Mädchen, verschwindet nach einer kleineren Party. Fariza Nasri ermittelt in dem Fall, weil man davon ausgeht, dass das Mädel Opfer eines Gewaltverbrechens wurde. Nasri ist Verhör-Spezialistin, weil sie extrem gut zuhören und beobachten kann. Schon nach kurzer Zeit beschleicht sie das Gefühl, dass einer der Hauptzeugen nicht die Wahrheit spricht.

Ani besitzt die Fähigkeit, tief in die Seele seiner Protagonisten blicken zu lassen. Fariza Nasri ist schon aus anderen Romanen als Ermittlerin bekannt und hat keine blütenweiße Weste. Gerade das macht diese Figur jedoch so unglaublich spannend.
Beginnt dieser Roman mit der Aufklärung des Vermisstenfalles, so entstehen darüber hinaus weitere Fälle, mit denen Nasri sich beschäftigen muss.

Wie gewohnt ist auch dieser Roman kein Thriller oder Krimi im herkömmlichen Sinne. Etwas schade finde ich, dass der Verlag den Fehler begeht, ihn auf dem Bucheinband als solchen anzupreisen. In diesem Buch gibt es weder einen Strudel der Gewalt, der Nasri mitzureißen droht, noch einen Horrortrip. Stattdessen gibt es eine kunstvoll gewobene Story, die auf höchst langsame und subtile Weise Stück für Stück menschliche Abgründe offenlegt.
Ani ist in diesem Metier Meister seines Faches! Er schreibt ungeheuer sprachgewaltig und auch anspruchsvoll. Kein Buch, das man verschlingt wie einen 08/15-Thriller, den man jedoch genauso schnell auch wieder vergisst. Anis Bücher hallen lange nach.
Das Buch wird aus Erzählersicht der Ermittlerin Nasri geschrieben und besteht zu einem großen Teil aus Verhörprotokollen. Das hört sich erstmal fade und spannungsarm an, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Ich habe lediglich 2mal angesetzt um es auszulesen und hätte gerne noch 100 Seiten mehr gelesen.

Fazit: Wer etwas anspruchsvollere Romane mit Krimi-Anklang sucht ist hier goldrichtig!

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Veröffentlicht am 04.02.2021

Wie viele Facetten hat die Liebe?

Liebeserklärungen
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Wladimir Kaminer lässt die Lesenden jedenfalls eine ganze Menge unterschiedlicher Facetten entdecken. Dass er das in gewohnt launischer Art hinbekommt, braucht nicht erwähnt zu werden.
So geht es z. ...

Wladimir Kaminer lässt die Lesenden jedenfalls eine ganze Menge unterschiedlicher Facetten entdecken. Dass er das in gewohnt launischer Art hinbekommt, braucht nicht erwähnt zu werden.
So geht es z. B. um die harmlose Schwärmerei für einen Rockstar, um einen großartig geplanten Heiratsantrag, um wiederentdeckte alte Liebe, wie ein Blitzschlag eintretende neue Liebe, um vergessene Liebe oder die, die als einziges noch in Erinnerung geblieben ist, um Liebe zu einer völlig Unbekannten, glückliche Liebe, unglückliche Liebe oder unmögliche Liebe, längst vergangene Liebe, zufällig beginnende Liebe, verheißungsvolle Liebe, heiß ersehnte oder sogar nicht erwünschte Liebe und noch vieles mehr.
Und aus all diesen Geschichten blitzt der Schalk des Herrn Kaminer mal mehr, mal weniger hervor. Es ist ganz offensichtlich, dass eines seiner Hobbys das Studium seiner Mitmenschen ist. Jedoch beobachtet er nicht, um die Menschen zu verachten, auszulachen oder vorzuführen - nein... Man merkt ihm bei jeder Story an, was für ein großer Menschenfreund er ist. Er kritisiert nicht - er staunt höchstens; um dann lächelnd aber verstehend mit dem Kopf zu nicken und die Schultern zu zucken. Was wäre diese Welt, wenn alle Menschen perfekt wären? Definitiv keine Welt für Wladimir Kaminer!
Besonders gut haben mir die (vermutlich) biografischen Storys über seine Eltern, Tanten und Großeltern gefallen. Vielleicht, weil da auch ein Stückchen Schwermut mit anklang. Die meisten handeln vom Bekanntenkreis bzw. von diesen erzählten. Nur Kaminer wird wissen, wie viele der Geschichten tatsächlich einen wahren Kern enthalten. Ist aber auch egal - Märchen sind auch erfunden, haben aber eine Botschaft. Genau wie diese Erzählungen. Es geht nichts über eine Liebeserklärung; und sei sie auch noch so skurril.
Ich mag Seine Bücher sehr!

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Veröffentlicht am 04.11.2020

Ein wunderbares Abenteuer!

Die Romanfabrik von Paris
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Paris 1851 - Alexandre Dumas ist gefeierter Autor zahlreicher Abenteuerromane, die als Fortsetzungsgeschichten in Zeitungen erschienen. Um das erforderliche Pensum neuer Geschichten zu schaffen, hat er ...

Paris 1851 - Alexandre Dumas ist gefeierter Autor zahlreicher Abenteuerromane, die als Fortsetzungsgeschichten in Zeitungen erschienen. Um das erforderliche Pensum neuer Geschichten zu schaffen, hat er in seinem Chateau Monte Christo eine Art Romanfabrik erschaffen, in dem etliche Lohnschreiber seine Fantasien in Worte fassen. Inzwischen verfügt Dumas über eine eigene Zeitung, in der täglich u. a. seine Fortsetzungsromane erscheinen. Als in dieser Zeitung, unterzeichnet mit seinem Namen, plötzlich Staatsgeheimnisse gedruckt erscheinen, muss Dumas das Land verlassen, da ihm sonst wegen Staatsverrat die Todesstrafe droht.
Als ob das nicht schon genug wäre, hetzt ihm die Lehrerin Anna Moll, verw. Gräfin von Dorn, die Zensur auf den Hals, weil sie die Jugend durch die unsittliche Literatur gefährdet sieht. Und ausgerechnet mit Anna Moll muss sich Dumas verbünden, um seinen Hals zu retten. Eine abenteuerliche Reise durch Europa nimmt ihren Lauf.

Lange habe ich mich nicht mehr so gut unterhalten gefühlt von einem historischen Roman. Es ist ein echter Abenteuer-Schmöker, der seinem Protagonisten Alexandre Dumas alle Ehre macht.
Es gibt Verwicklungen und Verstrickungen und leider auch etwas viele Zufälle, die irgendwann in der Häufung nicht mehr plausibel erscheinen. Aber wen stört das schon, wenn es gilt, einen turbulenten und abwechslungsreichen Abenteuerroman zu lesen. Mich hat es jedenfalls nicht gestört!

Dirk Husemann hat es geschafft, die Zeit mit seiner angedeutet antiquierten Ausdrucksweise auferstehen zu lassen, ohne zu altertümlich und kompliziert zu schreiben. Es trifft für mich genau den richtigen Ton für eine Zeitreise in die Mitte des 19. Jahrhunderts.
Dabei darf man nicht denken, dass es sich hier um ein streng an die Fakten gelehntes Werk handelt. Es ist ein Roman im besten Sinne des Wortes. Die Aufklärung, wie viel Fiktion in der Story steckt, folgt im Nachwort des Buches.
Ausnahmsweise möchte ich auch das Cover loben, das wirklich traumhaft gestaltet ist. Wunderschöne Aufmachung!

Mich hat das Buch insgesamt total überzeugt. Es ist angenehm locker geschrieben und doch nicht zu anspruchslos vom Schreibstil her, sodass es auch höheren Ansprüchen genügen dürfte.

Fazit: Überzeugte Leseempfehlung für Freunde gepflegter Unterhaltung!

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Veröffentlicht am 28.07.2020

Ein tolles Buch!

Schwarzer August
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In einer beschaulichen Ecke in der Nähe der Algarve explodiert eine Autobombe direkt vor einer einsam gelegenen Bank und reißt die dortigen Schließfächer auf. Trotzdem scheint den Täter der Inhalt nicht ...

In einer beschaulichen Ecke in der Nähe der Algarve explodiert eine Autobombe direkt vor einer einsam gelegenen Bank und reißt die dortigen Schließfächer auf. Trotzdem scheint den Täter der Inhalt nicht zu interessieren. Das Team um Leander Lost nimmt die Fährte auf. Doch so richtig kommen sie nicht voran, denn der Täter ist ihnen immer einen Gedanken voraus.

Leander und Soraia sind nun also offiziell zusammen und der Austauschkommissar darf zum Glück (wenn auch erwartungsgemäß) in Fuseta bleiben. Ich gebe zu, dass mich die Lovestory weniger fasziniert hat. Die latente Spannung, die in einer zwar möglichen, aber noch nicht existierenden Beziehung liegt, wurde dadurch weggenommen. Wobei ich zunehmend den Eindruck gewann, dass Isadora, die Kriminaltechnikerin, auch Gefallen an Senhor Lexico gefunden hat und ebenfalls einer Liaison nicht abgeneigt wäre. Das wird die Zeit zeigen...

Davon abgesehen ist Gil Ribeiro wieder ein hervorragender Roman gelungen. Es handelt sich hierbei um eine bunte Mischung aus spannenden kriminalistischen Ermittlungen, etwas Lokalkolorit und hinreichend amüsanten Stellen. Leander Lost gibt durch seine Asperger-Veranlagung genügend Material zum schmunzeln.
Man kann wirklich sagen, dass Lost angekommen ist in Fuseta. Nicht nur im Ort, sondern vor allem in seinem wirklich hinreißenden Team mit Graciana Rosado, Carlos Esteves und auch Cristina Sobral. Sie alle kennen inzwischen seine Eigenheiten und wissen damit umzugehen. Vor allem kennen sie jedoch seine überragenden Fähigkeiten und wissen sie sinnvoll einzusetzen bei der Aufklärung eines Falles.
Überhaupt sind die Charaktere mir inzwischen dermaßen ans Herz gewachsen, dass ich jetzt schon dem nächsten Fuseta-Band entgegen fiebere. Sehr gut gefällt mir die Entwicklung, die vor allem Carlos in den einzelnen Bänden gemacht hat. Er war zu Beginn eher skeptisch und abweisend diesem ungewöhnlichen Alemao gegenüber und ist Buch für Buch immer mehr aufgetaut und zu seinem Freund geworden.
Nicht nur die o. g. Protagonisten begeistern jedoch, sondern auch der Kollege Miguel Duarte, seines Zeichens leicht überheblicher und überstolzer Spanier, ist so trefflich angelegt, dass man sich schon zu Beginn auf seinen Auftritt (und seine nahezu unvermeidliche Bruchlandung) freut. Und auch die Nebencharaktere sind so herausgearbeitet, dass man sie förmlich vor sich sieht. Bestes Beispiel: der kurz vor der Pensionierung stehende Kollege Luís Dias.
Was soll ich noch groß schreiben... Klare Lese-Empfehlung!
Hoffentlich wird das bald endlich mal verfilmt!

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