Wie Phönix aus der Asche
Fräulein Paula und die Schönheit der FrauenPaula ist es leid, mit dem Einheitsgrau der Trümmer zu leben und so immer und überall an den Krieg erinnert zu werden, der jetzt schon drei Jahre zurück liegt. Eine Frau soll wieder schön sein dürfen, ...
Paula ist es leid, mit dem Einheitsgrau der Trümmer zu leben und so immer und überall an den Krieg erinnert zu werden, der jetzt schon drei Jahre zurück liegt. Eine Frau soll wieder schön sein dürfen, soll sich wider präsentieren können und mit ein bisschen Farbe und den heißgeliebten Nylonstrümpfen Schwung in ihr Leben bringen. Schon bald darf Paula ihre Träume verwirklichen und wird die rechte Hand eines Strumpffabrikanten. Doch der große Erfolg erhält einen Dämpfer, denn Paula bekommt mit einem britische Offizier einen Mann vor die Nase gesetzt, der ganz genau bei den geschäftlichen Dingen in der Firma hinschaut...
"Fräulein Paula und die Schönheit der Frauen" entführt uns mit der äußert schwungvollen und bildhaften Schreibweise der Autorin zurück in das Hamburg Ende der vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts und man fühlt regelrecht den grauen Staub der Trümmer, der sich wie ein feiner Film über alles legt und jegliches Bunt aus dem Leben zu vertreiben scheint. Da ist es nicht verwunderlich, dass sich Paula nach schönen, farbenfrohen Dingen sehnt, um sich endlich wieder fraulich und hübsch zu fühlen.
Mir gefallen ihre Energie und ihre Begeisterungsfähigkeit, denn diese positiven Eigenschaften haben durch die Entbehrungen des Krieges nichts an Dynamik verloren und so kann Paula regelrecht aus dem Vollen schöpfen, um ihre Ideen zu verwirklichen. Mit Röbke hat sie aber auch einen tollen Chef an die Seite gestellt bekommen, der sie wirklich in allem unterstütz, was ihr da so an Ideen und grandiosen Einfällen durch den Kopf spukt.
Dass die heißbegehrten Nylons als Luxusgut gelten und damit Begehrlichkeiten wecken, wird hier schön in die fiktive Geschichte eingebaut. Was für uns heute eine Kleinigkeit ist, nämlich einfach ein paar Nylons aus dem Regal zu nehmen und zu kaufen, war damals in der Zeit des Wiederaufbaus gar nicht so leicht, um nicht zu sagen - Luxus pur. Auch die interessanten Informationen rund um das dünne Gewebe, das Damenbeine unwiderstehlich erscheinen lässt, haben mich aufmerksam das Buch lesen lassen. Das Angebot eines Laufmaschendienstes hat meine Verblüffung perfekt gemacht....was damals aus der Not geboren wurde, ist heute mit dem Blick auf die Nachhaltigkeit eine geniale Idee.
Die Figuren bewegen sich in einer sehr authentisch gestalten Kulisse und vermitteln so den Zeitgeist in den Trümmerjahren. Die Bilder eines in Schutt und Asche liegenden Hamburgs ploppen vor dem inneren Auge auf und man wird regelecht in die Zeit des Wideraufbaus und des wirtschaftlichen Aufschwungs hineingezogen. Die Stellung der Frau in der Gesellschaft wird hier schön beleuchtet und wiedergegeben.
Manchmal habe ich mich aber ein wenig überrannt gefühlt, weil es ein paar Nebenhandlungen gibt, die ich nicht gebraucht hätte, da sie nur angerissen und nicht weiter vertieft werden.
Ansonsten ein gelungener Roman über die Zeit des Wiederaufbaus und einer Frau, die die Ärmel hochkrempelt und macht, anstatt den Kopf hängen zu lassen und sich ihrem Schicksal zu ergeben.