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Veröffentlicht am 05.12.2020

Spannender Fall um Cybermobbing

Kalte Liebe
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Dies ist mein dritter Krimi rund um das Bielefelder KK11, aber bereits der fünfte Teil. Wie die von mir gelesenen Vorgänger ist auch dieser Fall wieder äußerst spannend und ich war sofort wieder in der ...

Dies ist mein dritter Krimi rund um das Bielefelder KK11, aber bereits der fünfte Teil. Wie die von mir gelesenen Vorgänger ist auch dieser Fall wieder äußerst spannend und ich war sofort wieder in der Geschichte. Kommissarin Nina Tschöke freut sich auf ihren Urlaub, als ihr Team einen brutalen Mädchenmord auf den Tisch bekommt.
Im Teutoburger Wald wird die Leiche der erst 15jährigen Charlotte gefunden. Nina tritt ihren Urlaub nicht an und beginnt mit dem neu hinzugekommene Kollegen Roman Nolte und ihrem Team zu ermitteln. Bald stellt sich heraus, dass Charlotte in der Schule gemobbt wurde und sich seit einigen Monaten völlig zurückgezogen hat. In ihrem Chatverlauf in einem Forum findet die Polizei schockierende Nachrichten. Und auch ihr WhatsApp Verlauf zeigt einige interessante Spuren.
Was verbirgt das Lehrerehepaar Schoppe? Was ist tatsächlich zu Silvester passiert, dass sich Charlotte danach vollkommen abgekapselt hat? Und wer gehört noch zur Gruppe der Schulmobber rund um Vincent, den Großkotz der Klasse, der besonders rücksichtslos ist?

Das fragt sich nicht nur der Leser und das Ermittlerteam, sondern auch Charlottes Mutter Margarete, die seit dem Tod ihrer Tochter auf Rache sinnt. Die Frau ist vollkommen fertig und beginnt nachzuforschen.... Schon bald hat sie mehr Informtionen als die Polizei gesammelt und beginnt eine Rachefeldzug.

Die Handlung ist komplex und es gibt allerlei ungeahnte Wendungen. Das Tempo ist hoch und man fiebert mit jeder Seite immer mehr mit. Besonders gelungen fand ich die Darstellung der Verzweiflung und der Gefühlswelt der Mutter von Charlotte. Man versteht, dass sie Selbstjustiz üben will, aber gleichzeitig möchte man sie schütteln und sie warnen. Oftmals blieb mir fast das Herz stehen bei ihren Aktionen. Aber auch Nina kommt diesmal in eine sehr brenzlige Situation, die sie in Lebensgefahr bringt.
Einzig der Verdacht, wer hinter dem Verbrechen stecken könnte, kam mir zu früh.

Der Schreibstil ist flüssig und fesselnd. Lebendige Dialoge und einen Fúnken Humor beleben die Handlung. Auch das Lokalkolorit kommt nicht zu kurz. Die Charaktere sind lebendig gezeichnet, haben alle Ecken und Kanten und werden nach jedem weiteren Band immer mehr zu Freunden des Lesers.

Fazit:
Ein spannender Pageturner mit einem sehr aktuellen Hintergrund und einer komplexen Handlung. Das Ermittlerteam rund um Nina Tschöke und Dominik Domeyer gefällt mir immer besser. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall und finde die Reihe absolut gelungen.

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Veröffentlicht am 30.11.2020

Von Patriarchen und Geheimnissen

Das Unrecht der Väter
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Die neue Reihe von Ellin Carsta hat mich sofort angelacht, da ich mit Band Eins anfangen kann. Ihre Hansen Saga habe ich nämlich noch nicht gelesen, obwohl ich die ersten beiden Bände bereits hier habe. ...

Die neue Reihe von Ellin Carsta hat mich sofort angelacht, da ich mit Band Eins anfangen kann. Ihre Hansen Saga habe ich nämlich noch nicht gelesen, obwohl ich die ersten beiden Bände bereits hier habe. Somit ist es für mich ein Reihenbeginn, den ich vom Anfang an genießen kann.

Die Brüder Wilhelm und Heinrich Lehmann, sowie Paul-Friedrich von Falkenbach kämpften gemeinsam im Ersten Weltkrieg, sind seit Ewigkeiten Freunde und erfolgreiche Geschäftspartner. Sie haben sogar ihre Pfannen- und Porzellanfabrik auf einem gemeinsamen Firmengelände zusammengefügt. Langsam wächst die nächste Generation heran, die später in die Fußstapfen der Väter treten sollen. Doch nicht alle Söhne der Familienpatriarchen sehen sich als ihre Nachfolger. Beim 15-jährigen Firmenjubläum steht plötzlich eine fremde Frau vor der Tür. Es ist die Tochter eines Kriegskameraden, die Nachforschungen über den rätselhaften Tod ihres Vaters anstellt. Ihr Weg führt sie zu den Lehmanns und Paul-Friedrich von Falkenbach, die ziemlich nervös über das Auftauchen von Erna Behrend werden. Was für ein Geheimnis hüten die drei Männer?

Mit dem Auftakt ihrer neuen Familiensaga bringt uns Ellin Carsta die Zwischenkriegszeit näher. Die Autorin bringt die damaligen politischen und gesellschaftlichen Hintergründe perfekt in ihre Familiensaga mit ein und gibt der Handlung damit noch etwas mehr Spannung. Die politische Situation ist bereits sehr angespannt und man spürt die aufkommende Macht der Nazis. Gleichzeitig denken die Menschen aber, dass Hitler keinen Krieg führen möchte und er wieder Arbeit nach Deutschland gebracht hat. Der Führerkult ist allgegenwärtig. Auch die von Falkenbachs und Lehmanns treten in die Partei ein, um weiterhin Gewinn in ihren Fabriken erwirtschaften zu können....

Die Familienverhältnisse sind zu Beginn etwas verwirrend. Ein Personenverzeichnis hätte ich sehr hilfreich gefunden.
Die Charaktere sind vielschichtig und interessant, jedoch genau aufgeteilt zwischen Gut und Böse. Bis auf eine Figur, die sich zum Ende hin wandelt, bleiben alle in ihrem gepressten Schema. Das beginnt bei den drei Patriarchen Wilhelm, Heinrich und Paul-Friedrich. Letzterer scheint der Kopf der Freunde zu sein. Er handelt überlegt, benötigt allerdings starke Schmerzschmittel gegen seine Phantomschmerzen. Heinrich ist ein Choleriker und handelt oftmals unüberlegt. Er wehrt sich zusätzlich gegen alles Neue. Wilhelm ist von den dreien der Gutmütigste und hat aber genauso sein Päckchen zu tragen. Ihre Kinder sind ebenfalls sehr verschieden geraten und haben ihre eigenen Vorstellungen vom Leben, die die Väter teilweise nicht akzeptieren wollen.
Gustav von Falkenberg möchte Arzt werden und studiert Medizin. Seine Eltern sehen dies allerdings nur als "Zeitvertreib" bis zur Übernahme der Ländereien. Seine Schwester Wilhelmine wird plötzlich aus ihrem eher unbeschwerten Leben gerissen, als ein Bekannter von ihr fast zu Tode geprügelt wird und sie die Machenschaften der Parteigenossen im Dorf in einem anderen Licht sieht.
Die Söhne der Lehmanns sind sehr unterschiedlich geraten. Während Leopold, der Sohn von Wilhelm, sich bereits als erfolgreicher Geschäftsmann sieht und dem allein Geld und Macht wichtig ist, ist Heinrichs Sohn Ferdinand künstlerisch begabt. Er möchte die Porzellanmanufaktur gerne mit moderneren Designs verjüngern, doch sein Vater ist strikt dagegen und sieht in ihn nur einen Versager.

Die Geschichte wird aus der Sicht verschiedener Personen erzählt. Jedes Kapitel beginnt mit einem Zitat der jeweiligen Figur. Die Autorin schreibt eher einfach, bildhaft und der Zeit angepasst. Es gibt viele Dialoge, die die Figuren noch lebendiger machen.

Der erste Band endet mit einem fiesen Cliffhanger. Ich bin ja kein Freund davon, aber da es sich um eine Reihe handelt, habe ich nicht damit gerechnet, dass das Geheimnis der Väter im ersten Band aufgelöst wird ;) Der richtige Cliffhanger am Ende behandelt jedoch ein anderes Thema und bringt die Spannung auf ein höheres Level. Ich bin schon sehr neugierig, welche Geheimnisse sich verbergen und freue mich auf den Folgeband, der im Frühjahr erscheinen wird.

Fazit:
Der Auftakt einer neuen Familiensaga, die mir gut gefallen und mir spannende Lesestunden beschert hat. Viele Geheimnisse, die aufkommende Macht der NSDAP und der nahende Krieg geben den Folgebänden sicher noch genug Handlungsspielraum. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung im März.

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Veröffentlicht am 18.11.2020

1000 Seiten Spannung

Kingsbridge - Der Morgen einer neuen Zeit
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So, die letzte Seite ist zugeschlagen und ich bin wieder zurück aus Dreng's Ferry bzw. Kingsbridge und in der Gegenwart gelandet.
Das neue Buch von Ken Follett ist ein Prequel und beginnt 200 Jahre vor ...

So, die letzte Seite ist zugeschlagen und ich bin wieder zurück aus Dreng's Ferry bzw. Kingsbridge und in der Gegenwart gelandet.
Das neue Buch von Ken Follett ist ein Prequel und beginnt 200 Jahre vor dem ersten Band um Kingsbridge "Die Säulen der Erde". Deshalb wollte ich ihn auch unbedingt lesen, denn ich muss beschämend zugeben, dass ich kein Buch von Ken Follett bisher gelesen habe, aber "Die Säulen der Erde" als Film gesehen habe. In "Der Morgen einer neuen Zeit" geht es um die Vorgeschichte und diese kann man mühelos ohne Vorwissen lesen.

Die Zeit von der Ken Follett hier erzählt ist eine dunkle Zeit, über die wir nicht wirklich viel wissen. Das gibt Raum für Interpretationen und das beherrscht der Autor wiederum perfekt.
Wir starten im Jahre 997. Der junge Bootsbauer Edgar schleicht sich frühmorgens aus dem Haus, denn er möchte sich mit seiner verheiraten Geliebten treffen. Plötzlich erblickt er am Horizont Drachenboote. Edgar kann noch kurz die Kirchenglocken läuten um die Einwohner zu warnen, als die Wikinger auch schon über die Stadt herfallen, brandschatzen und töten. Die Familie verliert ihr Zuhause, der Vater wird ermordet. Als einziger Ausweg bleibt seiner Mutter und seinen beiden Brüdern Eadbald und Erwan ein ihnen zugeteilter Landstrich abseits der Küste: ein kleiner Weiler genannt Dreng's Ferry. Der Ort besteht aus einer Schenke und einer Kirche, sowie ein paar vereinzelten Katen. Zusätzlich gibt es eine Fähre über den Fluss. Ein Überleben ist beim sehr unwirtlichen Boden ein schwieriges Unterfangen, vorallem sind Edgar und seine Brüder keine Bauern, sondern Bootsbauer.

Dreng's Ferry gehört zum Herrschaftsgebiet von Shiring und wird von den Machthabern verwaltet. Das Leben für die einfachen Leute ist schwer. Sie stehen total unter der Herrschaft des Aldermannes und der Kirche. Es wird oftmals brutal und grausam. Abenteuer, Kämpfe, Intrigen und Machtgier bestimmen die Handlung des Schmökers. Wir bekommen Einblicke in das einfache Leben der armen Leute, der Sklaven, die unrechtmäßg gehalten werden, erfahren aber auch mehr über Adelige und Kleriker. Verbrechen gibt es auf jeder Seite und so fliegt man durch die vielen Seiten, die immer wieder überraschende Wendungen bieten. Der Spannungsbogen baut sich kontinuierlich auf und so hat man beim Lesen oftmals gar nicht das Gefühl einen dicken Schmöker in der Hand zu halten.

Die Charaktere sind sehr lebendig, aber manchmals etwas zu schwarz-weiß gezeichnet. Edgar ist zwar der Hauptprotagonist, doch er blieb gegenüber von Ragna blasser. Er ist ein schlaues Köpfchen und hat exzellente räumliche Vorstellungen, die er auch umsetzen kann. Doch auf den 1026 Seiten gelang ihm alles, was er in die Hand nahm und das fand ich nicht ganz glaubwürdig. Nur in der Liebe - da hat er kein Glück.
Ragna hingegen ist eine sehr starke Frau, die strategisch denken kann und gerecht ist. Sie ist eine normannische Adelstochter und heiratet den englischen Aldermann Wilwulf. Sie ist in ihn verliebt, erkennt aber zu spät, dass sie nicht die einzige Frau ist. Zusätzlich machen ihr ihre Stiefschwiegermutter Gytha und deren beiden Söhne Wynstan und Wigelm das Leben schwer. Sie intregieren gegen sie, wo es nur geht.
Bischof Wynstan spielt dabei eine große Rolle. Der skrupellose Kirchenmann will die Macht und kennt dabei keine Grenzen. Jeder, der ihm in den Weg tritt, wird vernichtet. Einer seiner Widersacher ist der Mönch Aldred, der nach Dreng's Ferry strafversetzt wurde. Er träumt von einer großen Bibliothek - einem Zentrum der Gelehrigkeit, doch Dreng's Ferry ist ein Ort ohne große Zukunft. Aldred gibt nicht so schnell auf und in Edgar findet er einen schlauen Freund. Gemeinsam bauen sie den unscheinbaren Ort zu einem wohlhabenden Fleckchen auf....

Zahlreiche Nebenfiguren tummeln sich auf den vielen Seiten, die mir allesamt sehr gut gefallen haben. Hervorzuheben sind dabei Blod, das walisische Sklavenmädchen, das in Dreng's Schenke jeden Mann angeboten wird; Agnes, die Ragna als Dienerin nach England begleitet oder Wigelm, der zum Ende hin immer mehr Raum bekommt.

Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen, aber ich habe auch einige Kritikpunkte. Wie bereits oben erwähnt fand ich die Figuren zu schwarz-weiß gezeichnet. Ein paar Grauschattierungen hätten gut getan. Ebenso war mir das Ende zu schnell abgefertigt. Das klingt jetzt etwas komisch bei einem historischen Roman über tausend Seiten, aber irgendwie überschlugen sich zum Ende hin die Ereignisse und die Auflösung war mir zu einfach. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau...Ken Follett zählt neben Rebecca Gablé zu den größten Autoren historischer Romane.

Schreibstil:
Follett schreibt sehr eingängig und fesselnd, wenn auch einfacher als ich mir vorgestellt hatte. Manchmal wird es sogar etwas derb. Der Autor hat gut recherchiert und gekonnt die Lücken in der Geschichte mit einfallreichen und spannenden Ideen gefüllt.
In zwei Handlungssträngen erzählt Follett abwechselnd die Geschichte über Edgar oder Ragna.

Das Buch ist in vier Teile aufgeteilt: Teil 1 - Die Hochzeit (997 na. Chr.), Teil 2 - Der Prozess (998), Teil 3 - Der Mord (1001-1003), Teil 4 - Die Stadt (1005-1007). Jeder Teilabschnitt ist mit einer zweiseitigen Illustration versehen.
Vermisst habe ich ein Personenverzeichnis. Vorallem die sehr ähnlich klingenden Namen verwirren manchmal etwas. Im Inneren gibt es eine Karte von England und Teilen Frankreichs. Die Ausstattung mit Lesebändchen ist hochwertig, das Papier fest. Auch hinter dem abnehmbaren Cover ist das Buch ein Schmuckstück.

Fazit:
Ein historischer Schmöker, den ich sehr gerne gelesen habe und bei dem die Seiten nur so dahin geflogen sind. Einige Kritikpunkte gibt es jedoch, die für meine Bewertung keine fünf Sterne erlauben. Das Prequel kann auch ohne Vorkenntnisse der Trilogie um Kingsbrideg gelesen werden. Gerne empfehle ich das Buch für lange Wintertage oder im Lockdown...man hat genug Lesetoff, der gut unterhält!

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Veröffentlicht am 25.10.2020

Schwere Zeiten

Die Fotografin - Die Stunde der Sehnsucht
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Nach dem Cliffhanger im letzten Band war mir schon Angst und Bange, dass sich Mimis und Antons Mühen, sich etwas Neues aufzubauen, in Schall und Rauch aufgelöst hat. Doch das Schlimmste konnte verhindert ...

Nach dem Cliffhanger im letzten Band war mir schon Angst und Bange, dass sich Mimis und Antons Mühen, sich etwas Neues aufzubauen, in Schall und Rauch aufgelöst hat. Doch das Schlimmste konnte verhindert werden. Meisten kommt jedoch ein Unglück selten alleine. Ein Betrüger scheint sich innerhalb der Druckerei zu bereichern und die politische Situation spitzt sich immer mehr zu....

1914. Mimi und Anton sind inzwischen eingespielte Geschäftspartner geworden. Die ersten Erfolge stellen sich in der Druckerei ein und Mimi hat bereits neue Ideen für einen weiteren Adventkalender (bei uns in Österreich heißt es Adventkalender - ohne "s"!), als sich die politische Lage immer mehr verändert. Der Erste Weltkrieg bricht aus und im Nu sind alle jungen Männer in Münsingen eingezogen. Als der ersehnte Erfolg sich nicht so schnell einstellt, wie man zuerst gedacht hatte, werden auch die übrigen Männer an die Front geschickt. Obwohl Anton eigentlich untauglich ist, meldet er sich freiwillig. Ihm stehen schwere Zeiten bevor.

Während die Männer im Krieg sind, fehlen sie natürlich in der Druckerei und auch bei Bernadettes Schafen. Bernadette muss sich aber nicht nur über ihre Schafe Gedanken machen, sondern auch um die Menschen in Münsingen, denn sie wird zur stellvertretenden Bürgermeisterin gewählt. Während langsam Druckfarbe und Papier ausgehen, sind die schwangere Corinne und wenige alte Männer für die kostbaren französischen Schafe zuständig. Die mehr als tausend Schafe sollen auf die weit entfernten Winterweiden gebracht werden. Während zuerst die Soldaten dachten sie wären zu Weihnachten wieder zuhause, trudeln die ersten Todesnachrichten in Münsingen ein...

Dieser Band der Reihe ist etwas schwermütiger, denn er spielt in den Kriegsjahren. Es sind die Frauen, die das Leben aufrecht erhalten und oft für zwei arbeiten müssen. Petra Durst-Benning gelingt es hervorragend diese Stimmung einzufangen. Die Sorgen und Nöte und später der Hunger, der selbst auf der Schwäbischen Alb ankommt, wird sehr lebendig erzählt. Die Münsinger Frauen müssen über sich selbst hinauswachsen. Der Zusammenhalt unter ihnen, selbst in den schwierigsten Zeiten, hat mich immer wieder beeindruckt. Nur Bernadette und Corinne sind sich zu Beginn noch immer spinnefeind, was aber eher von Bernadettes Seite ausgeht. Zusätzlich wird die Französin im Krieg plötzlich mit anderen Augen gesehen, denn sie gehört doch eigentlich zu den Feinden...
Während Anton an der Front als Sanitäter Grausames erlebt, vergnügt sich Alexander alias Paon in seinen gewohnten Künstlerkreisen. Bilderreigen mit Schlachten sind der momentane Hit unter den Adeligen, weshalb ihn Mylo überredet seine Themen zu ändern und sich eine Schlacht aus sicherer Entfernung anzusehen. Besonders in diesem Abschnitt wird dem Leser die Absurdität des Krieges vor Augen gehalten.

Wir treffen wieder auf altbekannte Figuren und müssen von den einen oder anderen leider auch Abschied nehmen. Die Charaktere sind lebendig, vielschichtig und mitten aus dem Leben gegriffen. Dadurch, dass man sie alle bereits gut kennt, ist es wie ein nach Hause kommen.
Die Geschichte wird in verschiedenen Handlungssträngen und Perspektiven erzählt. Wir bleiben nicht nur bei Mimi, Bernadette und Corinne auf der Schwäbisch Alb, sondern erleben mit Anton hautnah die schlimmsten Seiten des Krieges mit und verweilen auch etwas kürzer bei Alexander in Stuttgart. Die Identität von Mylo wird in diesem Band endlich aufgelöst und hat meine Vermutung bestätigt.
Diesmal haben sich wirklich alle Charaktere weiterentwickelt (vorallem Bernadette, die nun auch meine Sympathie hat) und sind teilweise über sich hinausgewachsen. Besonders nahe gegangen sind mir die Szenen rund um Anton an der Westfront. Sie zeigen vor allem die Sinnlosigkeit des Krieges auf.
Am Ende gibt es eine kleine Überraschung und einen weiteren Cliffhanger, der mich schon freudig auf den finalen fünften Band freuen lässt.

Ein grober Fehler ist mir allerdings aufgefallen und das dürfte einer Autorin wie Petra Durst-Beninng und dem Lekorat von Blanvalet nicht passieren! Thronfolger Franz Ferdinand wird bei ihr zum Sohn von Kaiser Franz Joseph, statt zu seinem Neffen. Rudolf, sein einziger Sohn, beging Selbstmord in Mayerling und deshalb ging die Nachfolge an Franz Ferdinand über. Ein sehr schwerwiegender Fehler ist der Autorin hier passiert! Dafür gibt es einen halben Stern Abzug!

Fazit:
Dieser vierte Band der Saga hat mich mitgerissen und ich habe ihn in wenigen Tagen verschlungen. Die Wirren des Krieges, der Zusammenhalt der Frauen im Ort und die Hoffnung, dass endlich wieder Normalität eintritt, wurde von der Autorin wieder äußert lebendig erzählt. Ich freue mich schon auf den finalen fünften Band. Wegen eines schweren historischen Fehlers muss ich allerdings einen (halben) Stern abziehen.

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Veröffentlicht am 24.10.2020

Keine Vorweihnachtszeit ohne Hunderoman

Körbchen unterm Mistelzweig
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Sommer wie Winter warte ich voller Vorfreude auf die süßen Hunde-/Liebesromane von Petra Schier. Besonders die Weihnachtsromane haben es mir angetan, die eine (be)sinnliche und verträumte Adventzeit in ...

Sommer wie Winter warte ich voller Vorfreude auf die süßen Hunde-/Liebesromane von Petra Schier. Besonders die Weihnachtsromane haben es mir angetan, die eine (be)sinnliche und verträumte Adventzeit in Buchform bringen. Die flauschigen Protagonisten spielen dabei immer eine große Rolle.

Im neuen Roman "Körbchen unterm Mistelzweig" ist dies die kleine Miss Daisy, die Viola und Lukas am verschneiten Straßenrand finden. Der Welpe scheint ausgesetzt worden zu sein. Viola, deren Bruder Patrick Lukas Schwester Angelique geheiratet hat und die wir aus dem letzten Weihnachtsroman "Stille Nacht, flauschige Nacht" kennen, sind sich sehr sympathisch. Viola schwärmt heimlich für Lukas, aber sie ist extrem schüchtern, wenn es um Männer geht. Miss Daisy soll nun auf den Wunsch des Weihnachtsmannes und seinen Elfen Amor spielen. Der erste Schritt ist getan, als sich Viola und Lukas einigen, sich abwechselnd um das Hundemädchen zu kümmern. Doch wie gewohnt kommt es natürlich zu unerwarteten Turblenzen und Missverständinssen....

Viola ist als Physiotherapeutin erfolgreich. Sie hat ihre Praxis im Resort des familieneigenen Hotels und gibt zusätzlich noch Yoga und Pilates Kurse und hat auch noch den schwarzen Gürtel in Judo. In ihrem Job kann sie sich durchsetzen und auch gut mit fremden Menschen umgehen. Nur im Privatleben ist sehr schüchtern und introvertiert und taut erst im Kreise der Familie und engen Freunden auf.

Lukas ist das Gegenteil. Der erfolgreiche Tischler hat ein Gespür für Holz und Möbel und arbeitet bei Violas Bruder Patrick in der Firma mit. Er ist ein sympathischer extrovertierter Kerl, der kein sehr gutes Verhältnis zu seinen Eltern hat. Was es damit auf sich hat, wird im Laufe des Romans erklärt.

Die Liebesgeschichte entwickelt sich sehr zart und langsam. Nichts ist überhastet und wirkt somit authentisch. Viola und Lukas treffen sich zu gemeinsamen Filmabenden, wetten wer der beste Judoker ist und kümmern sich liebevoll um Miss Daisy. Im Hintergrund knistert es aber gewaltig....
Besonders gerne habe ich wieder über die lebhafte Großfamilie der Sternbachs gelesen. Die amüsanten Kuppelversuche und der alljährliche Backmarathon gehören einfach dazu. Auch der Zauber des Adventmarktes mit dem altmodischen Weihnachtskarussel, das in jedem Roman seine ganz besondere Wirkung hat, ist ein "must have". Man begegnet immer wieder altbekannten und liebgewonnen Figuren und wenn man schon andere Teile aus der Reihe gelesen hat, fühlt man sich fast wie ein "Familienmitglied".

Die Charaktere sind liebevoll gezeichnet. Man fühlt mit ihnen mit. Besonders entzückend sind wieder die Gedanken von Miss Daiy, die in kursiver Schrift dargestellt werden.
Als besonderes Stilmittel hat die Autorin diesmal auch Handynachrichten zwischen Viola und Lukas eingefügt, die mir einige herzliche Lacher gebracht haben. Obwohl man von Anfang an weiß, wie die Geschichte ausgehen wird, ist der Weg dorthin gespickt mit humorvollen Dialogen und liebevollen Ereignissen, die ab und zu auch ganz schön turbulent werden können und Santa Claus ins Schwitzen bringen.

Jeder dieser Weihnachtsromane glänzt mit einer wunderbaren weihnachtlichen Atmosphäre, die Petra Schier in ihren Büchern erschafft. Selbst im Spätsommer oder Herbst riecht man die Vanillekipferl, sieht die Schneeflocken tanzen und hört Weihnachtslieder im Kopf. Kaum ein anderer Weihnachtsroman kann mich so in weihnachtliche Stimmung bringen, wie die der Autorin.

Fazit:
Für mich bereits ein MUST READ in jeder Vorweihnachtszeit, denn nur Petra Schier gelingt es Jahr für Jahr mich auch außerhalb der Adventzeit in Weihnachtsstimmung zu versetzen. Zusätzlich verliebe ich mich jedes Mal in ihre wuschligen Fellnasen und genieße auch mal - für mich eher ungewöhnlich - einen Hauch Romantik.

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