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Veröffentlicht am 22.11.2020

"Wie lieb und luftig perlt die Blase der Witwe Klicko in dem Glase!" (Wilhelm Busch)

Madame Clicquot und das Glück der Champagne
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1805 Reims/Frankreich. Die 27-jährige Barbe-Nicole Clicquot, geborene Ponsardin, wird nach sieben Ehejahren Witwe und steht vor einer großen Herausforderung, denn sie hat sich dazu entschlossen, den Weinhandel ...

1805 Reims/Frankreich. Die 27-jährige Barbe-Nicole Clicquot, geborene Ponsardin, wird nach sieben Ehejahren Witwe und steht vor einer großen Herausforderung, denn sie hat sich dazu entschlossen, den Weinhandel ihres Mannes Francois weiterzuführen. Doch dies wird ihr in der damaligen Gesellschaft nicht leicht gemacht, sie bekommt weder Unterstützung von anderen ansässigen Kaufleuten noch von ihrer eigenen Familie, ausgenommen ihre Schwester Clementine. Weder der Zweite Napoleonische Krieg noch Handelssperren hindern Barbe daran, mit weiblicher Finesse, Durchsetzungsvermögen, Selbstbewusstsein und der Hilfe von Louis Bohne sowie Georg Christian Kessler den Weinhandel innerhalb von 10 Jahren zu einem florierenden Unternehmen auszubauen. Gemeinsam mit ihrem Kellermeister entwickelt sie durch ein neues Herstellungsverfahren einen Schaumwein der Extraklasse und verpasst ihm den Namen „Veuve Clicquot“ als Ableitung auf ihren Witwenstatus, ohne den sie die Geschäfte nie hätte führen können. Doch dann sieht sie sich gleich zwei Herren auf Freiersfüßen gegenüber. Wird sie für die Liebe ihr Unternehmen in die Waagschale werfen?
Susanne Popp hat mit „Madame Clicquot und das Glück der Champagne“ eine sehr unterhaltsame historische Romanbiografie über eine starke Frau vorgelegt. Der flüssige, farbenfrohe und fesselnde Erzählstil lädt den Leser auf eine Zeitreise in die Vergangenheit ein, um sich dort mit einer außergewöhnlichen Persönlichkeit bekannt zu machen. Die akribische Recherchearbeit der Autorin wird schon mit dem historischen Hintergrund deutlich, der gut mit der Handlung verwoben wurde. Aber Popp spart auch nicht mit interessantem Hintergrundwissen über die Champagnerherstellung und dessen Lagerung, während sie mit lebhaften leuchtenden Farben die französische Landschaft sich vor dem Auge des Lesers entfalten lässt. Die Geschichte über Barbe-Nicole Clicquot ist zwar teils belegt, teils fiktiv, doch die Übergänge sind fließend und lassen den Leser so in das Leben dieser starken und cleveren Geschäftsfrau eintauchen, die einem recht schnell ans Herz wächst, während sich bei der Lektüre ein schönes Kopfkino einschaltet. Gerade, weil zur damaligen Zeit die Rolle der Frau normalerweise so begrenzt war auf Ehe und Haushalt, wächst die Bewunderung für eine Frau, die diese Schranken durchbricht und selbstbestimmt ihr Leben führt.
Die Charaktere sind lebhaft mit menschlichen Eigenschaften ausgestattet, die sie nicht nur glaubwürdig und authentisch wirken, sondern den Leser auch eine Nähe aufbauen lassen, um die Lektüre mit Herz und Verstand zu genießen. Barbe-Nicole ist eine Frau, die weiß, was sie will. Widerstände halten sie nicht auf, sondern stacheln sie nur weiter an, die Dinge in die Hand zu nehmen. Mutig, kraftvoll und mit einem ausgeprägten Geschäftssinn ausgestattet, führt sie nicht nur die Weiterentwicklung des Champagners zu einem Erfolg, sondern beweist damit auch, was selbstbewusste Frauen zu leisten im Stande sind. Ihre Schwester Clementine war ihr eine große Stütze gegenüber der eigenen Familie. Luis Bohne ist der Handelsreisende des Unternehmens, der Barbe nicht nur in allen Belangen unterstützte, sondern auch sein Herz an diese außergewöhnliche Frau verlor. Buchhalter und Prokurist Georg Christian Kessler steht Barbe ebenfalls mit Rat und Tat zur Seite, wobei auch er romantische Gefühle entwickelte.
„Madame Clicquot und das Glück der Champagne“ ist durchweg eine packende Lektüre, die nicht nur eine außergewöhnliche Frau wieder lebendig werden lässt, sondern nebenbei sogar ein Prickeln an Gaumen und Zunge hinterlässt. Toll erzählt und mit einer verdienten Empfehlung ausgestattet!

Veröffentlicht am 22.11.2020

"Wer nicht an Magie glaubt, wird sie niemals entdecken." (Roald Dahl)

Der Buchspazierer
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Der 72-jährige Buchhändler Carl Kollhoff liebt seinen Beruf, aber vor allem Bücher über alles. Tag für Tag beglückt er nach Ladenschluss seine treuen Kunden höchstpersönlich mit der Überbringung von bestellten ...

Der 72-jährige Buchhändler Carl Kollhoff liebt seinen Beruf, aber vor allem Bücher über alles. Tag für Tag beglückt er nach Ladenschluss seine treuen Kunden höchstpersönlich mit der Überbringung von bestellten Büchern, die ebenso sehnlichst erwartet werden wie ein kurzes Gespräch mit Carl. Auch wenn sie eigentlich Fremde sind, sind sie doch für den einsamen Mann wie seine Familie. Während ihn bei seiner Auslieferung öfters eine streunende Katze begleitet, trifft er eines Tages auf die 9-jährige Schascha, die ihm ab da wie ein Schatten folgt, ob er will oder nicht. Dabei treibt Carl die Frage um, wie lange er diese Touren noch machen darf, denn in der Buchhandlung, in der er Zeit seines Lebens gearbeitet hat, weht nun ein neuer Wind und der sieht zukünftige persönliche Auslieferungen nicht mehr vor…
Carsten Henn hat mit „Der Buchspazierer“ einen magisch anrührenden Roman vorgelegt, der mit seinen versteckten Botschaften nicht nur für Bücherliebende ein kleiner Schatz ist. Der flüssige, bildhafte und poetische Erzählstil schleicht sich schon mit den ersten Worten ins Leserherz und lässt ihn an die Seite von Carl treten, ihn bei seinen täglichen Runden zu begleiten und neben ihm und Schascha auch seine Kunden kennenzulernen, um dabei überrascht festzustellen, dass man selbst auch einer von ihnen sein könnte. Henn zeigt auf sehr empathische Weise auf, wie sehr Bücher die Menschen nicht nur zusammenbringt und verbindet, sondern ihnen neben einer Flucht aus dem Alltag auch die Möglichkeit gibt, sich anderen zu öffnen und damit für kurze Zeit ihre Einsamkeit zu vergessen. Genauso individuell wie die Bücherinhalte sind auch die Menschen, die sie lesen und von Carl ihren jeweiligen „Spitznamen“ erhalten. Gerade die zwischenmenschliche Ebene ist Henn hier sehr gut gelungen, denn durch die Dialoge zwischen Schascha, Carl und den jeweiligen Kunden kommt man allen sehr schnell ganz nah. Als Leser leidet man regelrecht mit, als die Buchladeninhaberin Carl davon in Kenntnis setzt, dass sein Auslieferungsservice nicht mehr gebraucht wird, oder Carl erst einmal richtig bewusst wird, wie einsam er eigentlich wirklich ist ohne seine Bücher und die Kundenbesuche. Sorgfältig verpackt Henn Themen, die uns alle angehen, denn hier geht es um persönliche Schicksale, Freundschaften, Einsamkeit sowie den Verlust von etwas, für das man lebt.
Die Hauptprotagonisten wachsen dem Leser mit ihren glaubwürdigen Ecken und Kanten sofort ans Herz, denn sie wirken wie aus dem Leben gegriffen. Carl ist ein zurückhaltender Mann, ein Eigenbrötler, der vielleicht etwas skurril wirkt, doch lernt man ihn näher kennen, bekommt man hinter dieser Fassade einen empathischen und durchaus fürsorglichen Mann zu sehen, dem die Schicksale seiner Kunden wichtig sind, wenn sie nicht sogar neben den Büchern sein jetziges Leben bestimmen, denn sie retten ihn vor der Einsamkeit seiner eigenen vier Wände und zeigen ihm auch, dass es anderen geht wie ihm. Schascha ist eine kleine rotzfreche Göre mit einer alten Seele, sie ist neugierig, schaut in die Herzen der Menschen und hat wie jedes Kind einen offenen unverstellten Blick auf die Welt, die sie schnell erkennen lassen, was den Menschen eigentlich fehlt. Zusätzlich trifft der Leser unter anderem auf Sabine Gruber, Mr. Darcy, Effi und Frau Langstrumpf, die alle mit ihren Auftritten dazu beitragen, diese Geschichte zu einem Kleinod zu machen.
„Der Buchspazierer“ ist ein poetischer Anschlag aufs Leserherz, der voll ins Schwarze trifft. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 22.11.2020

Ostseeliebe

Faszination Ostseeküste
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Dieses Jahr haben wir zum ersten Mal unseren Urlaub an der Ostsee verbracht und waren von Land und Leuten völlig begeistert, so dass auch fürs nächste Jahr schon feststeht, dass wir erneut einen weiteren ...

Dieses Jahr haben wir zum ersten Mal unseren Urlaub an der Ostsee verbracht und waren von Land und Leuten völlig begeistert, so dass auch fürs nächste Jahr schon feststeht, dass wir erneut einen weiteren Abschnitt dort entdecken möchten. Für die Vorbereitung und um dem November-Blues etwas entgegen zu setzen, kam daher der Bildband „Faszination Ostseeküste“ gerade recht, der schon beim ersten Aufschlagen ein Glücksgefühl auslöst.
Mit beeindruckenden Luftaufnahmen nimmt der Fotograf Martin Elsen den Betrachter mit auf eine wunderschöne Reise, deren Start in Schleswig-Holstein beginnt und entlang der Ostseeküste führt bis nach Usedom. Während man die 230 Seiten mit ihrer Vogelperspektive auf sich wirken lässt, wird einem immer wieder aufs Neue ehrfürchtig bewusst, wie schön und reich Deutschland an wunderbaren Plätzen ist und wie wenig man doch eigentlich davon kennt. Vor allem aus der Luftperspektive wirkt alles noch viel eindrucksvoller, hier entfaltet sich die ganze Farbenpracht der Natur in unzähligen Schattierungen.
So geht die Entdeckertour von Flensburg über Schleswig, Kiel, die Insel Fehmarn, Lübeck, Wismar, Schwerin, Rostock, Darß, Hiddensee, Strahlsund, die Inseln Rügen und Usedom. Die Aufnahmen zeigen nicht nur endlos lange Strände, Steil- und Kreideküsten, Wälder und Naturschutzgebiete, sondern auch den zumeist mit altem Stadtkern versehenen Städten wird genügend Raum gegeben, um beim Betrachter das Fernweh und die Sehnsucht für einen Besuch des einen oder anderen Ziels zu wecken.
Ein wunderschön zusammengestelltes Buch, dass auch bei mehrmaligem Durchblättern immer wieder etwas Neues entdecken lässt und die Neugier sowie die Vorfreude auf die nächste Reise anfacht. Sehr gelungen!!!

Veröffentlicht am 21.11.2020

"Lass Dich überraschen!" (Rudi Carrell)

Noch ist nicht aller Weihnachtsabend
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HInter „Noch ist nicht aller Weihnachtsabend“ verbirgt sich eine Sammlung von neun weihnachtlichen Geschichten, die mal besinnlich, mal chaotisch, mal historisch und mal mörderisch auf das Fest einstimmen, ...

HInter „Noch ist nicht aller Weihnachtsabend“ verbirgt sich eine Sammlung von neun weihnachtlichen Geschichten, die mal besinnlich, mal chaotisch, mal historisch und mal mörderisch auf das Fest einstimmen, so dass für jeden Geschmack etwas dabei ist. Die Geschichten und Autoren im Einzelnen sind wie folgt:
Weihnachten in Ostfriesland – Jan Steinbach
O Pannenbaum! – Ellen Berg
Das Schweigen des Kommissars – Katharina Peters
Weihnachten mit dem Jungen – Michaela Schwarz
Vier Jahreszeiten im Winter – Lena Johannson
Ein Hauch von Zimt - Henrik Siebold
Der Geist der vergangenen Weihnacht – Joan Wenig
The Twelve Days for Christmas – Ulrike Renk
Sylter Sterne – Ben Kryst Tomasson
Mit Jan Steinbach wird es besinnlich, denn ein Sohn kehrt nach langen Jahren zurück in sein Elternhaus, um sich um seinen kranken Vater zu kümmern. Dort holen ihn alte Erinnerungen ein, aber auch eine verloren geglaubte Freundschaft erneuert sich. Ellen Berg lädt zu einer Bescherung der besonderen Art ein, denn beim Verschenken von Gutscheinen wird es gedanklich recht schlüpfrig, am Ende jedoch für die Schenkenden eher hochgradig peinlich. Katharina Peters regt mit ihrer Geschichte die Spürnase des Lesers an, mit dem pensionierten Kommissar einen alten Vermisstenfall aufzuklären. Michaela Schwarz bietet die wohl berührendste Geschichte, denn ein beurlaubter Lehrer geht mit seinem Sohn vier Tage vor Heiligabend einen Weihnachtsbaum kaufen, um seine Frau mit einem geschmückten Lichterbaum zu überraschen. Doch viel mehr überrascht und berührt ist der Leser, der auf den letzten Zeilen erfährt, weshalb der Lehrer sich hat beurlauben lassen. Lena Johannson bringt den Türken Nikkolo in den 60er Jahren als Gastarbeitet nach Hamburg, um bei Thyssen zu arbeiten. Dort gerät er bald in Versuchung, doch ob er sein Glück findet, erfährt man erst am Schluss. Bei Henrik Siebold ermittelt Kommissar Takeda, der versucht, den Tatverdächtigen mit einer japanischen Teezeremonie aus der Reserve zu locken. Das Jahr 1927 spielt bei Joan Weng eine Rolle, wo man im alten Berlin allerlei damaligen Berühmtheiten begegnet und auf Charles Dickens stößt. Ulrike Renk lädt den Leser zu einer erneuten Begegnung mit Ruth ein, die das Weihnachtsfest auf der Sanderson-Farm verbringt und eigentlich lieber woanders wäre. Ben Kryst Tomasson unterhält am Ende noch mit einer humorigen Geschichte über ein Weihnachtsfest, das so ganz anders abläuft als geplant und trotzdem stimmungsvoll ist.
Alle Geschichten wurden mit sehr menschlich wirkenden Charakteren gefüllt, deren Ecken und Kanten sich im realen Leben wiederfinden und sie deshalb so greifbar, lebendig und nahbar machen. Der Leser findet sich hier bei einigen Geschichten selbst wieder, bei anderen ist er unsichtbarer Zuschauer, jedoch ist er immer hautnah mit dabei, während er die Handlung verfolgt und die kleinen versteckten Botschaften entdeckt, die zum Geist der Weihnacht gehören, aber eigentlich fürs ganze Leben gelten sollten.
„Noch ist nicht aller Weihnachtsabend“ ist eine sehr gelungene und abwechslungsreiche Sammlung von Kurzgeschichten, die nicht nur zum Nachdenken anregen, sondern auch die Vorfreude auf das Fest der Feste schüren. Wie wohl das eigene Weihnachten ablaufen wird? Lasst Euch überraschen!!! Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 21.11.2020

"Es gibt zwei Arten von Städten: alle anderen und Venedig!" (Henry James)

Venedig
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Gerade in der heutigen Zeit wirkt Venedig unerreichbar. Wer schon einmal dort war, der ist dem zauberhaft-mystischen Charme der Lagunenstadt schnell erlegen, sei es im November, wenn der Karneval beginnt ...

Gerade in der heutigen Zeit wirkt Venedig unerreichbar. Wer schon einmal dort war, der ist dem zauberhaft-mystischen Charme der Lagunenstadt schnell erlegen, sei es im November, wenn der Karneval beginnt und im Dämmerlicht die atemberaubenden Maskenträger um einen herumschwirren, sei es im Frühjahr, wenn ein strahlend blauer Himmel den Schleier von Venedig nimmt und es in all seiner Schönheit und Pracht offenbart.
Damit die Zeit bis zum nächsten Besuch dieser märchenhaften Stadt gut überbrückt werden kann, lohnt es sich, einen Blick in „Venedig: Eine Augenreise“ zu werfen, das der Dorling Kindersley Verlag vor kurzem herausgebracht hat. Auf 256 Seiten zeigt sich das wandelbare Gesicht der alten Dogenstadt in mal sonnig, mal verträumt, mal wie eine mystische Wasserstadt, die im Nebel zu versinken droht. Neben vielen wunderbar in Szene gesetzten Fotografien gibt das Buch zudem auch viele Informationen über architektonisch sehenswürdige Hotspots, Kunstgeschichtliches, Kulinarisches und Künstlerisches. Ob man sich für den Bau einer Gondel interessiert, oder lieber einen Spaziergang über den Markusplatz oder durchs Dorsoduro machen möchte, wird hier auf jeden Fall fündig. Natürlich darf auch der Canale Grande, der Rialtomarkt oder die Seufzerbrücke nicht fehlen, die sagenumwobenen Plätze, von denen man schon so viel gehört oder gelesen hat. Aber auch eine Kaffeetour durch die Lagunenstadt oder der Besuch mit einem Vaporetti nach Murano lohnen sich auf jeden Fall, die Glaskunstwerke sind eine Augenweide und erinnern in ihren Farben an die bunten Häuser, die sich in vielen Gassen der Stadt finden.
Was wie ein Reiseführer wirkt, ist eher eine Homage an eine der schönsten und romantischsten Städte der Welt, bei der einem schon bei der Anreise ein Seufzer über die Lippen kommt, weil man sie nie mehr verlassen möchte. Venedig ist nicht nur eine Augenreise, sondern eine für alle Sinne! Wunderschönes Buch, das die Sehnsucht eher noch in die Höhe schraubt!