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Veröffentlicht am 03.02.2021

In deiner Haut will ich nicht stecken…. Oder vielleicht doch?!

Wonderful Intrigues
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Wonderful Intrigues – Wenn die Masken fallen von Evelyn Uebach

Wenn ihr in die Rolle eines Schauspielers, oder gar jedes anderen Menschen schlüpfen könntet, wen würdet ihr aussuchen, und warum genau diesen? ...

Wonderful Intrigues – Wenn die Masken fallen von Evelyn Uebach

Wenn ihr in die Rolle eines Schauspielers, oder gar jedes anderen Menschen schlüpfen könntet, wen würdet ihr aussuchen, und warum genau diesen? Würdet ihr der Verführung trotzen, oder ihr erliegen, mit dem Ausblick auf ein anderes Leben? Oder würdet ihr für nichts auf der Welt jemand anders sein wollen? Ein Satz wie „Ich wäre so gerne jemand andres“ ist leicht daher gesagt. Auch ich gebe zu, ihn in jüngeren Jahren oft gesagt zu haben. Als die Welt noch ungerecht und ich ein Teenie war, der noch nicht erkannt hat, worum es so im Leben geht. Als ich dachte, allen anderen geht es besser als mir. Und auch heute noch, kommt es einem ab und an in den Sinn, diesen Satz auszusprechen. Doch wahrlich ist er nicht mehr so ernstgemeint. Und wenn ich dann genauer überlege, dann finde ich es gar nicht mehr so berauschend, jemand andres zu sein. Denn ganz ehrlich: Ich habe ja schon mit mir genug zu tun, und meine eigenen Probleme. Wie soll ich da auch noch die, eines anderen Menschen in mir haben, und damit zurechtkommen? Oder ist es so, dass wenn ich jemand andres wäre, die Probleme verschwinden, weil dieser keine hat? Kaum zu glauben. Jeder Mensch hat mit sich selbst zu tun, und seine Probleme. Und meine eigenen sind mir genug, die eines anderen zu viel. Wenn man mich also aus Spaß fragen würde, wer ich denn gerne mal wäre, würde ich heute wohl immer antworten, dass ich ICH wäre, und bleiben will. Mal gerne, mal weniger gerne, und in den ganz kleinen Momenten, die oben beschrieben sind, gar nicht. Ich wäre nicht gerne ein Star, da ich nicht damit zurechtkomme, eine öffentliche Person zu sein. Ich wäre nicht gerne berühmt, oder von allen gekannt, aus selbigem Grund. Aufmerksamkeit liegt mir nicht, Verstecken dagegen schon eher. Vielleicht stellt eine Maske einen Schutz dar? Ob die Welt der Reichen und Schönen mich verführen könnte? Ich weiß es nicht, ich war beides nie. Auch könnte ich mir vorstellen, dass es einen gewissen Druck in dieser Gesellschaftsschicht gibt, dem ich wahrscheinlich eher nicht entgegenblicken möchte. Vielleicht doch lieber ein „Normalo“ sein? Wobei das natürlich auch Ansichtssache ist. Doch warum ich das Ganze erzähle? Es ist natürlich die Thematik des Buches…… in weitester Hinsicht. Denn hier fragt man sich öfter, wer man wirklich ist.

Welche Geschichte das Buch erzählt:

Elodie ist eine Imitatorin. Ein Mensch, der das Aussehen von anderen annehmen kann. Ihr neuer Auftrag besagt, dass sie Wynter imitieren soll, die die Hauptrolle in der Serie „Wonderful Intrigues“ (WI) spielt. Und warum das? Wynter und North, der männliche Serienprotagonist, hassen sich, sowohl in der Serie, als auch im echten Leben. Doch die Fans brauchen was Neues. Tratsch. Denn die Produktion steht kurz vor einer neuen Staffel. Die Marketingidee? Wynter und North sollen ein echtes Paar werden, für Öffentlichkeit, für Fans, und in der Realität. Doch Wynters und Norths Differenzen sind so groß, dass Elodie ALS Wynter einspringen muss, in ihr Leben springt, dies aber ein Geheimnis bleiben soll. Denn Wynter delegiert immer mehr Aufgaben an Elodie als Sie selbst, und Elodie fühlt sich immer mehr in die Rolle als Wynter ein. Gefährlich! Denn Elodie IST nun mal nicht Wynter. Und dann ist da ja auch noch North, der auf einmal merkt, dass Wynter ja gar nicht so schrecklich ist, ohne natürlich zu wissen, wen er da vor sich hat. Elodie benötigt das Geld, um ihrer jüngeren Schwester Savanna zu helfen, die als Einzige aus ihrer Familie noch lebt, aber in einer Anstalt lebt. Sie ist auch eine Imitatorin, hat aber längst die Kontrolle darüber verloren, wer sie ist. Fast wie in einem Fall von Schizophrenie, nur, dass sie ihre Rollen wirklich übernimmt. Doch mit Herzensdingen spielt und täuscht man nicht. Und wer man sein will, mit diesen Wünschen sollte man vorsichtig sein. Denn Neid, Eifersucht, und Missgunst schwingt immer dort mit, wo andere etwas haben, das man selbst nicht hat. Und dann ist da ja auch noch der Ex Freund von Elodie, Stian, der sie nicht so leicht aufgeben möchte, von dem Elodie aber nichts mehr wissen will. Oder ist am Ende doch alles ganz anders, und jemand hat uns mit der Geschichte die ganze Zeit getäuscht?

Cover und Titel:

Ein Strahlenmosaik aus verschiedenen Persönlichkeiten, dass die innere Zerrissenheit zeigt, wie ein Spiegel der zerbrochen ist, und wieder neu aber nicht richtig zusammengesetzt wurde. Denn genau so erscheint einem das Cover, wie gesplittert und neu zusammengesetzt, wie eine Seele, ein Individuum, das zerbrochen ist, und wieder neu zusammengesetzt wurde, und damit jemand andres ist. Oder ist gar die Frage, ob man dann noch man selbst wäre, die zentrale Frage des Buches? Symbolisch richtig toll. Und wundervolle Intrigen? Spielt natürlich auf die Serie an, um die es geht. ABER wenn man das Buch liest, hat der Titel noch eine ganz andere, eine versteckte Bedeutung. Denn die Intrigen im Buch sind intrigant, ohne dass das Buch intrigant ist, aber das Wundervolle ist ab Seite 1 da.

Fazit und Gedankenallerlei:

Willkommen in der Welt der Erfolgsserien, der Seifenopern, und Soaps. In der Welt des Hintergehens, der Täuschung, der Intrigen. In diesem Falle wundervolle Intrigen. Wir tauchen ein in die Welt des Seins und Scheins, aber auch in die Welt der Selbstdarstellung, der Darstellung von etwas, das man nicht ist, der Schauspielerei, dem Spielen einer Rolle. Und das gar im wahrsten Sinne des Wortes. Doch wer sind die Protagonisten des Buches?! Sind es die Charaktere der Serie „WI“? Sind es die Schauspieler des echten Lebens? Ist es eine Vermischung aus beidem? Wer hier wer ist, das ist die Frage, und die ist gar nicht so einfach zu beantworten. Denn wer sie alle wirklich sind, das wissen manche selbst nicht. Und ob die anderen sie selbst sind, das ist auch nicht immer bekannt. Mir gefällt wie mit Symbolik und Metaphern gespielt wird, mit dem Wortspiel „in jemandes Haut zu stecken“, das hier auf einmal wahr wird, oder die Geschichte davon, dass in einem Körper mehrere Persönlichkeiten stecken, die sich abwechseln, so wie es bei Schizophrenie vorkommt. Ebenfalls die Sicherheit, in die uns eine „Verkleidung“, in Form eines anderen Körpers, wiegt, und die man nicht hat, wenn man man selbst ist, und sich als eigenes Ich unsicher fühlt. Und dann wäre da ja auch noch der Umstand, dass man sich wie jemand anders fühlt, wenn man sich verkleidet. Und manchmal erkennt man sich selbst nicht mehr, und ist sich selbst so fremd, dass man nicht mehr weiß, wer man ist. Schützenswerte, die Retter werden. Auch ihre eigenen. Retter, die auch Wracksein zulassen, Vertraute, die hintergehen, und Hintergehende, die in Wahrheit Vertraute sind, und solche, deren Vertrauen man erst wieder verdienen oder auch annehmen muss. Schauspieler, die reale Menschen sind, und sich nicht wie Stars benehmen, und Menschen, die schauspielern. Divas, die es etwas übertreiben, aber in denen manchmal auch Menschlichkeit durchblitzt. Und Menschen, in denen einfach viele Versionen stecken.

Das Ganze ist eine Mischung aus Cyrano de Bergerac, ein wenig Aschenputtel, ein klein wenig Gossip Girl, verschiedenen Körpertauschfilmen, einer Prise Soap Luft, alles kräftig durchgeschüttelt, und trotzdem so in der Gesamtheit nicht zu beschreiben. Schön, dass das Buch so viele Facetten und Nuancen hat, und sich trotzdem selbst treu bleibt. Auch in seiner besonderen Atmosphäre. Und gerade diese Welt aus Lügen, Intrigen, Stars, Gerüchten, Schauspielerei, Fakes, Klatsch, Tratsch, und Täuschung…… ist genau die richtige Kulisse, in der die Geschichte sich entfalten kann, und lebendig wird. Es erinnert an Filme von früher, die ich gerne gesehen habe, wo die Protagonisten ihre Körper tauschen, und sich dann in der Rolle des jeweils anderen zurechtfinden müssen. Und ja, diese Filme habe ich geliebt, weil sie meistens eine tolle Aussage am Ende hatten. Und auch hier im Buch gibt es solch eine. Zumindest meine ich, sie herausgelesen zu haben. Immer man selbst sein, sich nicht zu verstellen, für Niemanden. Denn nur, wenn man weiß wer man selbst ist, und das auch ausleben darf, dann weiß man selbst, wer man ist, und fühlt sich vollständig.

Das Buch spielt wundervoll mit den Klischees, ohne zu nerven, und zeigt auf, dass diese nicht immer stimmen müssen. Die überhebliche Tussi muss nicht immer dumm sein, sondern schlau intrigant, und auf ihren Nutzen aus, das unscheinbare normale Mädchen, kann auch liebenswert sein, so dass man sie mehr liebt, als wunderschöne Hüllen, die nichts hergeben. Der Star einer Fernsehserie kann normale menschliche Probleme und Sorgen haben. Und Verräter können sich als eigentliche Retter entpuppen. Und im Grunde genommen sind wir alle dasselbe. Menschen. Und niemand sollte mehr besonders sein, als ein anderer, weil wir im Grunde alle gleich sind. Auch wenn uns die Prägungen anders machen, und uns manchmal zu jemand andrem werden lassen. Schön wäre es auch, wenn mehr Menschen das einsehen würden, und dieses Wissen nicht unterdrücken, oder als Humbug bezeichnen, weil für sie nur zählt, wie besonders sie selbst sind.

Schön aufgezeigt wird auch, dass es Menschen gibt, denen man nicht vormachen und -lügen kann, jemand anders zu sein, weil sie einen immer erkennen. Die Frage ist nämlich, ob Elodie es schafft, das Geheimnis zu bewahren, wer sie selber ist, oder ob ihr eigenes Selbst durch die wyntersche Maskerade scheint. Das Buch lebt von seinen Charakteren, was nur logisch ist, geht es doch um Charakter, Fassaden aufrechterhalten, in andere Rollen schlüpfen, Wohlfühlen in seiner eigenen Haut, sich als Selbst wahrzunehmen, Menschsein, sich selbst zu verlieren, Masken, und was sich dahinter verbirgt, was man in Leben will, wer man ist, und das alles irgendwie zusammenhängt. Um Nähe, Vertrautheit und Vertrauen, und diese eine Person, bei der wir unser eigenes Ich leben, und wir selbst sein können, echte Freundschaft, echte Liebe, Scheinfreundschaft, Scheinliebe? Der Bonuspunkt ist, dass alle (oder fast) Charaktere angenehm sind, und man gerne seine Lesezeit mit ihnen verbringt.

Natürlich haben wir auch mit Liebe zu tun, auch wenn wir keine typische Liebesgeschichte vorfinden. Denn das Ganze ist so originell und einzigartig, dass ich mir erst noch ein Genre zurechtlegen muss, dem das Buch zugehört. Vielleicht ändert sich das Genre aber auch wie ein Chamäleon, das sich tarnt, einfach zwischen den Buchseiten, und zeigt uns damit seine Vielschichtigkeit, und was alles in ihm, und unter der Fassade steckt. Unterdessen bekommen wir als Leser einen richtig guten Einblick hinter die Kulissen der Stars einer Fernsehserie, und zwar in ihrer Realität, aber auch in ihrer Maskerade gegenüber der Welt. Wir befinden uns zwischen Wirklichkeit und Schein, ganz, wie es von der Thematik her sein sollte, aber auch zwischen Internetgerüchten, und was dahintersteckt. Und dass die Wirklichkeit und der Schein nicht immer ein und dieselbe Sache sind. Und jeder ist Gefangener in einer Rolle, die er nicht spielen will, die ihm angedichtet wird es, die er nicht spielen kann, aber muss, wegen persönlicher Gründe. Das Ganze ist so vielschichtig, dass man die Geschichte als ihr wahres Ich erkennt, sie sich dann wieder vor einem versteckt, einen täuscht, verletzt, und man unter die Maske des Buches schauen muss, um zu erkennen, was wirklich darunter steckt, und das es nicht nur eine Geschichte ist, die oberflächlich erzählt wird. Wenn man bereit ist es zu erkennen, geht die Geschichte sehr tief, in den Wunsch, den wir alle sicher schon mal ausgesprochen haben. „Ich wünschte, ich wäre jemand anders“. Das Buch handelt auch davon, wie man bei anderen wahrgenommen wird, ob wir unsichtbar sind, wenn wir wir selbst sind, und man uns erst „sieht“, wenn wir jemand anders sind, oder eine Rolle spielen. Ich würde mir wünschen, dass die Geschichte Leute lesen, und sie durchschauen, und dass es schlimm ist, wenn man sich für jemanden verbiegen muss, weil er einen nicht so nimmt, wie man ist. Ich schätze, das hat jeder schon mal erlebt. Man selbst ist unsichtbar, und wird erst wahrgenommen, wenn man sich verstellt, und jemand andres ist als man selbst, anders als wer wir in unserem Inneren sind. Eine äußerliche Veränderung, die andere toll finden. Etwas, wo man Bestätigung sucht, die gar keine richtige Bestätigung ist, weil sie nur bedeutet, dass jemand unser Äußerliches bewertet hat, und wir selbst sind ja mehr, als nur unser Aussehen. Was andere von uns denken, wie sie uns beurteilen, und das oftmals, bevor sie auch nur ein Wort mit uns geredet haben, und uns gar noch nicht kennengelernt haben, kann unschön sein. Schade eigentlich. Ist doch jeder Mensch es wert, von jedem anderen wahrgenommen zu werden, und nicht vorverurteilt zu werden. Selbst, wenn er noch so unscheinbar zu sein scheint, kann sich dahinter ja der tollste Mensch ever verstecken. Sehe mich, so wie ich selbst bin. Sehe mich richtig. Und erkenne mich. Fragen ziehen sich durch die Geschichte des Buches: wer man selbst ist, wen man darstellt, wie man sich gibt, ob man privat jemand anders ist, als im Beruf, ob man sich selbst fremd wird, sich selbst verliert, gar sich selbst täuscht, wenn man das Angesicht eines anderen trägt, und sein Leben lebt, oder ob man sich selbst treu bleibt. Aber auch, ob man real nur eine Rolle spielt, oder gar die Rolle eines anderen übernimmt. Und wenn wir jemand ganz andres im Inneren sind, und uns so geben, wie unser wahre Ich ist…. Könnte es dann sein, dass jemand der uns vorher gehasst hat, und trotzdem anfängt zu mögen? Und vor allen Dingen, WEN wird er dann mögen? Mich selbst, oder mein eigenes Ich, gefangen in einem Körper, der nicht mir gehört?

Kann man sich in einem Menschen täuschen, dem man einst vertraut hat? Oder täuscht man sich, weil man ihm nicht mehr vertraut, und sich darin täuscht? Täuscht in vertrauten Menschen, geliebten, gehassten? Viel Täuschung, ich weiß. Aber so ist es im Buch nun mal. Eine Welt aus Sein und Schein, in der die Realität nicht immer unbedingt real sein muss. Doch in jeder Täuschung ist ein Stück Wahrheit, und so spiegelt die Realität die Serie wieder, oder andersrum, oder auch das gestohlene Leben den realen Wunsch von etwas. Kleine Serienszenen als Einspielung in der Geschichte, in denen es darum geht, sich selbst, oder auch jemand andren zu erkennen, und wiederzuerkennen findet man an manchen Kapitelanfängen. Die Einblicke helfen dabei, die Geschichte zu verstehen, denn in den Einblendungen ist so viel imitierte Wahrheit, dass es fast schon schicksalshaft genannt werden kann. Fast jeder Buchstabe, jede Szene, und jeder Satz steuert auf das Selbsterkennen zu. Das Wissen, wer man ist, was von einem selbst noch übrig ist, sich zu akzeptieren, und zu sein wer man ist, sich mit sich selbst zu identifizieren. Doch auch in einem Leben das man lebt, kann es sein, dass man nur eine Rolle spielt, denn wie man IST, hängt immer auch damit zusammen, was einem im Leben passiert, und wie dieses Leben uns beeinflusst. Und auch die Schauspieler der Serie müssen aufpassen sich selbst nicht zu verlieren.

Und vielleicht steckt in der Geschichte eine ganz hinterhältige Intrige, die sich vor uns getarnt und versteckt hat, und die wir deshalb nicht wahrnehmen konnten, weil wir uns zu sehr auf das Offensichtliche und Oberflächliche konzentriert haben? Gute Tarnung, liebe Intrige. Nun muss dich jeder Leser selbst finden. Unter wessen Maske könntest du stecken, und gibt es dich überhaupt? Die Moral von der Geschicht‘? Sei immer du selbst (In diesem Sinne: Klaut z. B. niemals Identitäten, auch im Internet nicht. Das ist echt mies ;)). Man kann sich durch das Buch und die Thematik wunderbar selbst reflektieren. Sich selbst suchen. Sich finden. Aber auch mehr auf andere achten. Trotz der Intrigen und Maskeraden und Falschspieler hat das Buch am Ende ein hoffnungsvolles und gutes Gefühl in mir hinterlassen. Vielleicht ist die Aussage, wenn wir hinter die Buchfassade schauen, einfach ziemlich toll, egal, durch welche Schwierigkeiten man durchmuss, dass man zu einer Erkenntnis kommt. Über wen auch immer. Das sich selbst finden und das Finden von Menschen, Glück und Zufriedenheit, geht manchmal über Umwege, wenn ein Versteckspiel vor sich selbst und der Welt vorhergeht. Und als Erkenntnis dann sich neu und neue Seiten an sich kennenzulernen, von denen man nie wusste, dass man sie besitzt. Und ganz wichtig: Dass es jemanden gibt, für den man alle Masken fallen lässt, und der einen sogar unter der Maske erkennt. Der weiß, wer wir wirklich sind.

Der Clou an der Geschichte ist, dass die Geschichte der parallel laufenden Serie „WI“ mit dem Thema des Buches spielt. Nämlich damit, dass man jemand anders ist, als der, der man zu sein scheint. Eine herrliche Idee, die zum Nachdenken anregt. Weswegen mir das Buch so gut gefällt. Weil ich diese Spielereien mit dem, was man wirklich ist, und wer man wirklich ist, so sehr mag. Es sind Vormeinungen, die Leute über uns haben, wenn sie uns nur ansehen. Und ganz nebenbei gibt es noch die gefährlichsten Täuscher, die wir nicht als das erkennen, was sie sind. Also: Finde dich selbst im Labyrinthbuch aus Realität und Scheinwelt. Nur ist das leichter gesagt als getan, wenn man jemand andres ist, als man selbst.

Deswegen mein heutiges Rezensionslied, da ich es für passend befunden habe:

„Ich such mich um weiter zu kommen - Ich such mich und lauf mir davon.

Wer bin ich wirklich…..und wer bist du? Mein Herz kennt den Weg nicht…..es kommt nicht zur Ruh. Wenn ich mich zweifelnd verrenn…mich selber nicht kenn….sag wofür liebst du mich dann? Wer bin ich wirklich….für dich?“

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Veröffentlicht am 23.12.2020

Die Schatzsuche nach silbernen Fährten und Schätzen, die man über alles liebt....

Reckless 4. Auf silberner Fährte
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Reckless Band 4 – Auf silberner Fährte von Cornelia Funke

Es gibt verschiedene Reckless-Leser. Wie bei vielen Bücherreihen, die mehrere Bände und Nachfolger haben. So gibt es zum einen die, die warten ...

Reckless Band 4 – Auf silberner Fährte von Cornelia Funke

Es gibt verschiedene Reckless-Leser. Wie bei vielen Bücherreihen, die mehrere Bände und Nachfolger haben. So gibt es zum einen die, die warten bis alle Teile auf dem Markt sind, um diese dann zusammenhängend zu lesen. Es gibt die, die jeden Teil mit Erscheinungsdatum lesen, und manchmal jahrelang auf die nachfolgenden Bände warten müssen, voller Ungeduld, und zugegeben, mit nicht mehr ganz so frischem Wissen. Es gibt diejenigen, die bei jedem neuen Band einen Reread machen, so dass sie wieder im Geschehen drin sind. Zu welcher Gruppe gehöre ich also? Ich gebe es zu, zu Gruppe zwei zu gehören. Diejenigen, die alle Bände der Reihe im Erscheinungsjahr gelesen haben, um dann ungeduldig zu warten. Das Leben ist in den letzten 5 Jahren weitergegangen. Man hat viele andere Bücher gelesen. Und trotzdem weiß man unterschwellig, dass da noch irgendwas zur Vervollständigung fehlt. Man kann es vielleicht beiseiteschieben, aber niemals vergessen. Und so ist es auch mit diesem Buch. Als riesiger Cornelia Funke Fan, wartet man eben, weil man weiß, dass da noch was kommt. Kommen muss. Hat Band 3, wie auch seine Vorgänger, doch so geendet, dass es einfach so nicht enden KANN. Und nun, in diesem allzu außergewöhnlichen Jahr, geht die Reckless Reihe endlich weiter. Wir dürfen wieder in die Spiegelwelt eintauchen, hinter den Spiegel. Dürfen Märchenwelten durchwandern. Und das nicht immer so, wie wir sie kennen, immer außergewöhnlich und vielfältig, und doch immer mit einem leichten Hauch des altbekannten, welches wir mit Märchen verbinden. Und am Ende von Band 4, wissen wir dann wieder, dass auch dieses nicht so enden KANN, und wir uns nun auf die hoffentlich nicht so lange Wartezeit auf Band 5 einstellen müssen.

Was uns Band 4 erzählt:

Herein, tretet ein, mal wieder, in die wunderbar magisch mythische Märchenwelt hinter den Spiegeln. Ich habe ein Deja Vu. Fuchs und Jacob suchen sich wieder gegenseitig, weil sie sich selbst abhandengekommen sind. Doch trotzdem erscheint es diesmal anders. Denn der Band, auf den ich gewartet habe, ist nun da. Wir haben einen glücklichen Jacob, der zusammen mit Fuchs glücklich, und ein Paar ist. Doch wer die Vorgänger kennt, weiß, dass die beiden in ihr gemeinsames Glück eine Menge Probleme mitgenommen haben. Spieler ist immer noch hinter beiden her, um sich zu nehmen, was er in seinem hinterhältigen Spiel gewonnen hat. Und dann ist da auch noch Will, Jacobs Bruder, der eine ganze Menge Schuld auf sich geladen hat, indem er in Band 3 die Schwarze Fee getötet hat. Auch dies bringt Probleme, Schuldgefühle, Menschen die Rache wollen. Und Sechzehn, das Mädchen aus Glas, in das Will nun verliebt ist, und die geheilt werden muss. Will und Sechzehn werden begleitet von Nerron, dem Feind von Jacob. Klingt ja schon nach eine Menge Verwicklungen. Auf den Inseln von Nihon, in unserer Welt Japan, soll es einen Erlelfen namens Krieger geben, und kurzerhand fahren alle gemeinsam dorthin, aus verschiedenen Gründen, mit verschiedenen Fragen, und der Hoffnung auf Lösungen. Dass sie nicht unbedingt Antworten bekommen, sondern am Ende noch mehr Fragen, und dass nicht alles so glattgeht, das ist klar. Denn hoho, eine Lebkuchenbäckerin, die als magische Kopfgeldjägerin agiert? :D. Aber lest selbst, denn am schönsten ist die Geschichte, wenn man selbst auf die Reise in der Spiegelwelt geht, und die Abenteuer erlebt.

Cover und Titel:

Das Cover ist farblich, wie ich finde, sehr schön. Vielleicht etwas wuselig, aber farblich definitiv passend zu der Thematik. Denn ein Fuchs ist hier sehr im Fokus, dazu passt das fuchsrot. Oder ist es gar ein Kitsune? Das Gold könnte das Goldene Garn aus den Vorgängerbänden symbolisieren, welches auch hier eine Bedeutung hat. Das darf aber jeder selbst interpretieren. Auch die Bedeutung des Titels macht Sinn, machen sich doch fast alle auf die Suche nach Silbrigem, und anderen Schätzen (und für jeden ist etwas Anderes wertvoll. Spiegel, Welten, Menschen), und folgen dessen Fährte.

Fazit und Gedankenallerlei:

Ich gebe zu, das Buch hatte mich ziemlich schnell. Und zwar gefangengenommen. Schnell, nämlich mit dem ersten Augenblick, der einem eine kleine Szene der Ruhe bietet, und zusätzlich das, was man sich als Leser 3 Bände lange gewünscht hat. Ein Zeichen des richtigen wirklichen Zusammenseins von Fuchs und Jacob, nach all den Dingen die geschehen sind in den vorherigen Bänden. Wenn da nicht die Ahnung wäre, dass das ganze sicher im Buch nicht so bleiben würde…… Trotzdem: Ich mag diese Atmosphäre zwischen Fuchs und Jacob, die spürbare Verbindung zwischen den beiden, die man durchs Buch fühlen kann. Fuchs ist auf der Jagd nach ihrem wertvollsten Schatz, den sie wiederfinden muss. Der Schatzjäger wird hier zum wertvollsten Schatz einer Füchsin, die sich diesmal ohne ihn auf Schatzsuche begibt, um ihn zu finden. Denn: Auch Schatzjäger erkennen manchmal, dass sie sich gegenseitig der größte Schatz sind, den es zu finden gibt, auch wenn dieser Schatz mal verloren geht. Jacob sucht Fuchs. Fuchs sucht Jacob. Beide suchen sich gegenseitig. Um sich zu retten. Jaja ich weiß. Nichts Neues für die beiden. Und trotzdem irgendwie toll. Oder so :D

Reckless Band 4 spielt mit der Thematik wer man wirklich ist. Für wen man was oder wer, oder auch nichts ist. Ob man dasselbe für mehrere Personen ist. Für wen man sich selber hält. Und wen man selbst in sich sieht, und als „wer“ oder „was“ man sich fühlt. Aber auch darum geht es, wer andere Menschen und Wesen für uns selbst sind, was sie uns bedeuten, und dass jeder für jeden eine andere Bedeutung hat. Die andere Thematik ist die Liebe. Vaterliebe, Mutterliebe, begehrliche Liebe, endende Liebe, wahre Liebe, freundschaftliche Liebe, oder die Liebe, die nicht sein darf, nicht sein soll, manchmal nicht sein kann. Was ich an Cornelia Funkes Figuren mag, das ist ihre Vielschichtigkeit. Sie haben Ecken und Kanten, sie lieben, sie hassen, haben Familien, Pflichtgefühl, Emotionen, derer sie sich selbst nicht sicher sind, und das in all ihren Facetten. Sie sind böse oder gut, aber dies auch nicht eindeutig zugeordnet. Sie haben Gelüste und Vorlieben. Kurz gesagt: Sie sind menschlich, obwohl sie nicht alle Menschen sind. Und an all dieser großartigen Gefühlswelt dürfen wir teilhaben und teilnehmen.

Wahr ist auch, dass ich nun, 10 Jahre nach Band 1, die Spiegelwelt noch mehr zu schätzen weiß, als damals, wo ich jünger war. Gerade, oder weil sie einem eine wundervolle Fluchtmöglichkeit aus der Realität bietet. Und weil die Märchen so wunderbar erwachsen sind, ohne ihre Märchenhaftigkeit zu verlieren. Das gelingt nicht vielen. Diese Spiegelwelt, wo alles ein wenig unserer Welt gleicht, aber alles durchsetzt ist mit Märchenhaftigkeit, Abenteuer, Gefahren, und lauter Wundern, die uns auf der Reise begleiten, in die uns das Buch entführt. Wer der Spiegelwelt treu ergeben ist, wird es auch weiterhin nach diesem Band sein, wird ihr verzeihen, dass sie in diesem Band weniger Abenteuer hat, und dafür mehr Wissen und Hintergründe ans Licht kommen, die wiederum so spannend sind, dass man der Welt hinter den Spiegeln weiter huldigen kann. Die Reckless Bücher sind wie ein Spiegel der Märchen unserer Kindheit, die das wahre Gesicht und die Essenz genau dieser Märchen zeigen. Denn hier geht es düster zu, mordlüstern, mal blutig, grausam, und nicht so, wie wir es aus unserer Kindheit kennen. Es ist wie ein Abbild der Kindheitsmärchen, für Erwachsene erzählt. Aber wenn man so will, sind wohl eher unsere Kindheitsmärchen softere Versionen der grausamen Wahrheiten, die uns Märchen erzählen. Und diese „Erwachsenenversionen“, die spürt man in jedem Buch, so auch in diesem Band.

Das ganze Buch ist irgendwie durchzogen von diesem Hauch von Hinterhalt, Intrigen, dem Misstrauen, das sich in Vertrauen wandeln MUSS, Lügen, auch die jener Art, denen man es nicht gleich ansieht. Es ist abenteuerlich, aber nicht auf die Art von Abenteuern, die sich durch actiongeladene Spannungsszenen hervortun. Und trotzdem……. Die Spannung ist da. Weil man mit ansieht, wie sich alles ein wenig mehr fügt, was sich in den Vorgängern zusammengebraut hat. Der Blick in den Spiegel, in die Spiegelwelt, wird schärfer, und wir sehen etwas mehr an Antworten zu Dingen, die sich nun langsam beginnen, aufzulösen. Allerdings kommen auch neue Fragen dazu, durch neue Dinge, die nun erst beginnen, und wo der Spiegeldurchblick uns im Stich lässt, bis zum wahrscheinlich nächsten Band (Bitte bitte, Frau Funke, Band 5 muss her). Die Karten und das Schicksal werden neu gemischt, und so trennen sich Wege, und neue Konstellationen ergeben sich zeitweise.

Da das Ganze in Nihon spielt, dem Spiegelweltpendant zu Japan, fühlt man die Mythologie, Magie, aber auch die Traditionen und die Geschichte der japanischen Kultur regelrecht durch die Seiten. Verwebungen von realen Begebenheiten, aber auch Wesen, die in Japan der Götter- und Geisterwelt angehören, sind hier zu finden. Ein Japan, das aus Samurai, Festungen, Schreinen, und Geistwesen besteht. Ein Japan der alten Zeit, bevor der Westen Einzug gehalten hat. Ich gebe zu, dieser Band ist irgendwie besonders und anders. Vielleicht liegt das aber auch nur daran, dass die Märchen im Buch nun der japanischen Mythologie angehören, und die ist vielleicht nicht jedermanns Sache, wenn man sich nicht damit beschäftigt. Ich selbst tue das schon lange, und auch gerne, weswegen mir der Band wohl ganz besonders gefallen hat. Wenngleich ich dazu sagen muss, dass ich alle Arten von Märchen einfach liebe, und diese Serie für mich deswegen immer mit Freude und Sehnsucht nach Geschichten verknüpft ist. So haben wir wieder eine Mischung aus der Märchenwelt eines bestimmten Landes, gemischt mit der unseren, die durch Jacob irgendwie immer symbolisiert wird. Auch wirkt die Geschichte, die Thematiken, die Personen, alles erwachsener. Es scheint, als ob alle an ihren vorherigen Erlebnissen gewachsen sind. Die zweite Besonderheit ist wohl die, dass ich, auch was Bücher angeht, wohl gerne mal meine „romantische Ader“ mit einfließen sehe. Heißt: Ich mag es einfach, wenn Figuren zueinanderfinden. Und wenn ich drei Bände darauf gewartet habe, dass es bei Jacob und Fuchs endlich ‚klick‘ macht.

Die Schreibweise ist mal wieder so bildhaft beschrieben, dass man sich direkt im Buch wähnt, mitten im Geschehen, und an all den Orten, wo es die Protagonisten hin verschlägt. Man fühlt ihre Gefühle, ist im Geschehen mit dabei. Das Buch lebt quasi von den Figuren, und ihren Erlebnissen, Gefühlen, und Wünschen. Und irgendwie wurde ich als Leserin mitgenommen auf eine Irrfahrt der Gefühle und des Vertrauens, die gar nicht so einfach zu bewältigen war. Denn auch mein Misstrauen war auf einmal da, wieder weg, und hat sich in stetigem Lauf verändert. Genauso wie die Sympathien den Figuren gegenüber, die man mal hasste, und dann wieder nicht. Eine wahre Zwickmühle. Nur meine beständigen Sympathien für Fuchs und Jacob……ähm…die sind geblieben, und haben sich nicht verändert. Seit Band 1 :D. Die gemalten Bilder im Buch bereiten einem beim Ansehen nicht nur unbändige Freude, sondern lassen einen gleichermaßen auch noch eintauchen ins Geschehen, fast wie bei einem Spiegel, in den wir reinsehen dürfen, um eine neue Welt dahinter zu entdecken. Man schmeckt fast das Silber in der Luft beim Lesen, oder gar den Geschmack von Zimt, hört das Klirren von Glas ganz deutlich bei der Lektüre. Aber auch Windrauschen fühlt und hört man, als ob er fast über die eigene Haut fahren würde. Den Vogelgesang. Versteht ihr nicht? Lest das Buch ;)

Der Clou ist dann eigentlich, wie fast immer, Cornelia Funkes Weltenbau, den ich immer grandios finde. Dazu sei gesagt, dass dies nicht nur für dieses Buch, und diese Buchserie gilt, sondern fast alles von der Autorin. Aber was will man machen?! Erwähnen wollte ich es trotzdem kurz :). Die Spiegelwelt, die Cornelia Funke erschaffen hat ist sehr komplex, detailreich, vielschichtig und vielfältig, bunt, und gar nicht immer so märchenhaft. Denn in der Erzählung verbinden sich die Märchenelemente, auch die der Mythologie, mit Figuren, die mittlerweile erwachsen sind, und meist auch so agieren. Wer die Vorgängerbände kennt, ist nicht nur mit ihnen gewachsen, ein Stück erwachsener geworden, sondern auch mit der Geschichte an sich. Man hofft und bangt nicht nur mit, man ist mittendrin im Geschehen, erlebt die Geschichte mit. Und genau diese Komplexität ist es, die die Geschichte so wundervoll macht, aber auch Schwierigkeiten bereiten kann, wenn man die Vorgänger nicht kennt. Mein Tipp wäre es, die drei Bände auf jeden Fall zu lesen, sonst kommt man aufgrund der Hülle und Fülle an Figuren, und dem Lauf der Geschichte vielleicht nicht so zurecht, da viel aufeinander aufbaut, und eines zum anderen führt, auf Geschehnisse in der Vergangenheit angespielt wird, die in den anderen Bänden stattfinden, und überhaupt, macht ja alles immer mehr Spaß, wenn man es richtig versteht, und nicht nur mit halben Herzen dabei ist. Denn tatsächlich sind die Bücher und ihre Welt so umfangreich an Inhalt, nicht im Sinne von vielen Worten, aber Worten, die viel Gewicht haben, und einem viel erzählen. Und wenn man es dann wieder hineingeschafft hat, selbst als „Altleser“, ist man nicht halb, sondern voll dabei, erinnert sich, und erlebt Neues. Denn Komplexität in Verbindung mit Detailreichtum und Vielfältigkeit, der Balance zwischen Märchenerzählung, und Erwachsenengeschichte, die Ernsthaftigkeit, das Glück aber auch Unglück, die Erzählung, die uns so real vorkommt, aber auf der anderen Seite total erzählerisch grandios märchenhaft, das will gelernt sein. Und selbst wenn ich kein großer Cornelia Funke Fan wäre, was ich aber bin, so müsste ich sagen…. Chapeau zu diesen Ideen, und zur Kreation dieser Welt mit all ihren kleinen Welten in sich, in die man jedes Mal, und mit jedem Band neu eintauchen kann, da sie sich alle unterscheiden. Jacob, Will, und natürlich auch Fuchs, sind für mich fleischgewordenes verkörpertes Märchen. Und das nicht nur wegen der Vornamen der Brüder, die auf unsere lieben Gebrüder Grimm hinweisen. Nein, fleischgeworden vielmehr deswegen, weil man sie nach 3 Bänden, und nun 4, gar nicht mehr mit Figuren vergleicht, die in einem Buch leben, sondern sie fast so lebendig sind, dass man mit jedem Band meint, zu alten Freunden zurückzukehren, so auch bei diesem.

Es gibt einige Stellen, die so voller Wahrheit, ja gar Weisheit sind, dass man entweder schmunzeln muss, oder per Zustimmung nickend vor dem Buch sitzt, während man die Geschichte und das geschriebene Wort wirken lässt. Dies ist mal wieder eines der Bücher, wo jede Einzelheit, jedes Wort, und jeder noch so kleine Satz wichtig, und mit Inhalt gefüllt ist, weil er für den Fortgang der Geschichte eine Bedeutung hat. Für mich hat das Buch einfach diesen Zauber, den ein Buch haben muss, um einen komplett einzufangen, und in seine Welt, und in die Geschichte einzuziehen, so dass man alles drum herum vergisst. Und ich kann nicht umhin, über Jahreshighlights zu sprechen, ist doch gerade am Ende des Jahres die richtige Zeit dafür. Natürlich hatte ich in jedem Genre viele wundervolle Bücher dieses Jahr, die dieses schwierige Jahr erleuchtet haben. Doch Reckless, das war wie ein kleines Nachhausekommen, ein Wiedersehen, Erinnerungen an gute Jahre, und Hoffnung, dass wieder Gutes kommt, wenn das nächste Buch dann erscheint. Diese Symbiose von Symbolik unserer altbekannten Märchen, von Legenden, von Welten und von einer neu dazugekommenen Mythologie, diese Vermischung ist einfach nur einzigartig. Die Geschichte ist philosophisch-poetisch- märchenhaft geschrieben, in genau dieser Art von Schreibweise, die uns träumen lässt.

Es gibt Bedrohungen aufgrund von alten Geschichten, irgendwie verbindet sich alles mit allem, und jede Einzelgeschichte fließt hinein ins Ganze, so dass sich alles miteinander kreuzt und überschneidet. Es gibt Schnittstellen von der Vergangenheit zur Gegenwart, von Tradition zu Moderne, von Märchen und Realität, von Gerücht zur Wahrheit, und manchmal wird die Überschneidung zur Mischung. Ein Fremder kann es gut mit uns meinen, Altbekannte uns hinters Licht führen wollen, Bekanntes kann befremdlich wirken, und Fremdes einem so nah. Für manche ist jede Täuschung ein Spiel. Können uns manchmal Leute besser kennen, wenn sie dasselbe fühlen wie wir, besser gar als unsere eigenen Familien? Wissen diese Leute besser, wer man ist? Und was genau bedeutet Familie? Man kann sich nie sicher sein, wem man hier trauen kann. Doch wer ist böse? Und wer ist gut? Wie in so vielen Geschichten, kann man auch hier nichts genau zuordnen, weil auch hier die Grautöne zwischen Schwarz und Weiß eine Rolle spielen. Man versteht, warum Dinge getan werden, und das, ohne sie zu „verstehen“.

Erzählt werden die Kapitel abwechselnd aus Fuchs‘ Sicht, aus der von Jacob, und der des Bastards Nerron, oder auch mal eines aus Wills oder Spielers Sicht. Jeder ist auf seinen eigenen Vorteil bedacht, alle spielen miteinander, verbrüdern sich mit eigentlichen Feinden, hassen sich, obwohl sie vordergründig zusammenarbeiten, es gibt neue Konstellationen, und die Insel des Vertrauens in all dem Chaos und den Unsicherheiten, das sind Fuchs und Jacob. Und dann ist da noch das Herausgearbeitete „Wer bin ich eigentlich, und wer weiß, wer und wie ich bin?!“. Wills Jade, Sechzehn- das „Ding aus Glas“ ohne Seele, Nerron als Freund oder Feind, Clara, die aus sich herauskommt. Und mitten in diesen Protagonisten, sind eine Gestaltwandlerin, und ein junger Mann, die sich, trotz ihrer Unsicherheiten in den vorherigen Bänden, auf einmal näher sind, und sich selbst sicherer sind, WER sie sind, und dass sie zusammengehören.

Und weil im Buch niemand so richtig weiß, wer er wirklich ist, dachte ich bei dem heutigen Rezensionslied, dass es passt. Vielleicht wollte ich es hier aber auch nur unterbringen, weil es eines meiner liebsten ist, und es sprachlich passt:

„Nobody knows who I really am. Maybe they just don't give a damn. But if I ever need someone, to come along. I know you will follow me, and keep me strong.

Hito no kokoro wa utsuri yuku. Nukedashitaku naru. Tsuki wa mata atarashii shuuki, de fune wo tsureteku.“



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Veröffentlicht am 29.11.2020

Zwei Häuser, beide an Ansehen gleich…im lieblichen Gillam…..

Wenn du mich heute wieder fragen würdest
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Wenn du mich heute wieder fragen würdest von Mary Beth Keane

Ich mag die Geschichte von Romeo und Julia. Man mag sich nun fragen, warum? Kein Happy End, zieht einen runter, und eventuell muss man sogar ...

Wenn du mich heute wieder fragen würdest von Mary Beth Keane

Ich mag die Geschichte von Romeo und Julia. Man mag sich nun fragen, warum? Kein Happy End, zieht einen runter, und eventuell muss man sogar weinen. Und trotzdem zieht mich die Geschichte schon in den Bann, seit ich sie das erste Mal las. Seitdem gab es eine Menge Adaptionen des Stoffes in Filmen, Büchern, Musikvideos und Liedtexten. Und ja, alle haben eine Gemeinsamkeit. Egal in welcher Zeit sie spielen, viele davon haben trotzdem ein tragisches Ende, weil einige meinen, dass der Reiz der Geschichte genau dieses Ende ausmacht, um aufzuzeigen, dass eine Fehde zwischen Familien nicht so sein darf. Also überlegte ich mir, dass es doch auch mal nett wäre, ein fröhlicheres Ende der Geschichte zu erleben. Und trotzdem, die Tragödie, die beide Familien auseinandertreibt, die muss irgendwie stattfinden. Doch wie schafft man es, eine völlig neue Geschichte zu schreiben, die in unserer heutigen Zeit spielt, mit unseren menschlichen Problemen, die trotzdem rüberbringt, dass es darin ein Paar gibt, dessen Liebe die Familien unbedingt verhindern wollen? Und überhaupt, würde die Geschichte gelingen, wenn die Geschichte Alltagsprobleme und andere Probleme vom Heute beschreibt? JA, das tut es. Nun will ich gar nicht vergleichen. Jede Geschichte ist eigenständig, und hat nichts miteinander zu tun. Bis auf, wie schon erwähnt, Peter und Kate, unsere Hauptprotagonisten u.a., die sich von Geburt an kennen, und immer mehr Gefühle füreinander entwickeln.

Hier also nun die Geschichte, die uns das Buch erzählt:

Ein lebensverändernder Moment? Die gibt es immer. Im Grunde genommen verändert jeder einzelne Moment und jede Sekunde unser Leben. Denn wenn wir in dieser Sekunde etwas Anderes täten, dann würden Ereignisse anders laufen. Man kann diese Momente des Schicksals in allen Bereichen des Lebens ansiedeln, aber geben wir es zu, der Bereich der Liebe ist am interessantesten und wichtigsten. Und tatsächlich ist es so: Wenn wir uns in der Liebe für jemanden entscheiden, dann ist es eine Schicksalsentscheidung. Auch wenn die Welt um uns herum uns davon abrät mit einem bestimmten Menschen zusammen zu sein, so ist es manchmal nicht zu verhindern. Und wieso sollte es das auch? Immerhin sollten wir doch in unserem Heute jeden lieben dürfen, den wir lieben möchten. Und trotzdem. Viele Geschichten und Bücher der Vergangenheit haben uns gelehrt, dass es eben nicht so ist, dass man automatisch lieben darf, wen man will, sondern manchmal dafür kämpfen muss. Kate und Peter sind solche Menschen. Von Kindheit an, erst Nachbarn, dann erste zarte Gefühle, dürfen sie diese nicht ausleben, da es zwischen den Familien einen Zwist gibt. Doch so einfach ist das Ganze nicht. Denn beide können nicht aus ihrer Haut, und erst recht nicht aus ihren Familien. Oder doch? Was noch dazukommt, ist, dass man nicht weiß, woher der Zwist rührt. Denn eigentlich sind die beiden Väter Kollegen bei der Polizei, und die beiden Mütter könnten sich ebenfalls anfreunden, da alle im selben Alter sind, jung verheiratet, nun ein Haus haben, und die ersten Kinder Einzug halten. Doch Anne, Peter Mutter, benimmt sich merkwürdig, will keinen Kontakt in dieser kleinen Vorstadt, in der sonst alle gut miteinander umgehen. Und dann, eines Abends, als Kate und Peter 14 sind, da passiert eine Tragödie, die beide Familien noch mehr voneinander zu trennen scheint. Erst recht, die beiden mittlerweile Jugendlichen. Wie das Ganze dann weitergeht, muss man selbst erlesen. Denn das Buch handelt nicht nur von den beiden, sondern führt uns tief hinein in die Vergangenheiten und die Gegenwart der Eltern (Francis und Lena bei Kate, und Brian und Anne bei Peter), so wie von Kate und Peter selbst.

Cover und Titel:

Obwohl das Cover minimal ist, und einem am Anfang nicht viel sagen mag, finde ich, dass es sehr passend ist. Und das nicht nur, weil es mich an „Zwei Häuser waren-gleich an Würdigkeit-
Hier….naja im lieblichen Gillam eben“ erinnert. Die Linie verbindet beide Häuser, und zeigt somit an, dass beider Schicksale für ein ganzes Leben miteinander verknüpft sind. Symbolisch ist das alles sehr schön. Die Fragen des Buches manifestieren sich im Titel. Es geht darum, was wir tun, wie wir uns entscheiden, und ob wir eine Entscheidung wieder so treffen würden, wenn wir das Ergebnis erahnen könnten, oder gar wissen. Das Buch ist wie eine Straße des Schicksals, die sich durch die Leben von zwei Familien windet. Und die Schicksalsfäden verbinden alle miteinander.

Fazit und Gedanken zum Buch:

Der Fokus liegt nicht nur auf der Liebesgeschichte von Kate und Peter, sondern vielmehr auch auf der Geschichte beider Familien, deren Vergangenheit und Gegenwart, was sie zu dem gemacht hat, was sie sind. Natürlich werden dabei auch Themen wie die Liebe zu seinen Eltern, das Pflichtgefühl ihnen gegenüber behandelt. Die Lieber einer Mutter zu ihrem Kind, Eltern zu ihren Kindern, dass sie wollen, dass diese das Richtige tun, obwohl es das Falsche ist. Die Liebe zur Familie, und die Liebe, die man für sich selbst empfindet, die manchmal etwas zu groß ausfällt, und manchmal auch gar nicht vorhanden ist. Und die Selbstliebe, die man erst wieder erlernen muss, nachdem einem alles genommen wurde. Geschwisterliebe. Liebe, die gar keine ist, und nur als diese verwechselt wird. Und wohl alle Facetten und Arten von Liebe, die im menschlichen Leben eben vorkommen. Im Buch gibt es ein Sammelsurium an Liebe. Aber natürlich auch Hass und Schuld und Vorwürfe. Denn wo Liebe ist, sind diese Dinge meist nicht weit, egal in welcher Form.

Das Buch zeigt einem, dass Romeo und Julia Geschichten nicht immer mit romantischen nächtlichen Besuchen und Balkonszenen zu tun haben. Nicht mit jungen Mädchen die auf den Balkonen stehen, und jungen Männern, die ihnen in Sommernächten unter den Balkonen Liebesworte zuflüstern. Nicht jede Romeo Julia Geschichte muss mit tragischen Todesfällen enden, und doch, ist jede Geschichte, die einem verbietet zu lieben, wen man will, irgendwie tragisch. Hier wird geschafft, dass uns eine Geschichte erzählt wird, die, trotz, dass sie nicht immer präzise und explizite Beschreibung hat, trotzdem sehr gut rüberkommt. Wir lesen eher Andeutungen und die reichen auch völlig aus. Das Buch kommt also ohne große Worte aus, die Liebe zwischen Kate und Peter ist trotzdem spürbar. Ganz leise schleicht sie sich ein, ist aber doch immer da, von Anfang an.

Die Protagonisten sind nicht übergezeichnet, sie sind keine Helden, sondern einfach Menschen, mit all ihren Schwächen, aber auch Stärken. Menschen, die einem in der Nachbarschaft begegnen könnten, mit Schicksalen, die genauso passieren könnten. Und ich bin sicher, das ist genau ein Teil dessen, was diese wundervolle Authentizität im Roman ausmacht, in der wir uns mal wiedererkennen, und mal nicht, oder uns abwenden, ob der Dinge, die passieren. Das Buch ist menschlich, und wenn ich das so schreibe, meine ich, es strahlt eine gewisse Menschlichkeit aus, in all ihren Facetten, in den Gefühlen und Emotionen der Protagonisten, in ihrem Tun, Wirken, und ihrem Agieren. Selbst wenn wir manche menschliche Regung manchmal nicht verstehen, so gibt es für alles Erklärungen, und wir können uns selber Gedanken machen, wie wir selbst in einigen Fällen entscheiden würden. So kann man nicht alles, aber einiges besser nachvollziehen, weil es einen an das eigene Leben erinnert. Denn die Lebensläufe sind hier nicht realitätsfremd, sondern nah an der Realität. Im Grunde genommen ist es eingeteilt in drei große Lebensabschnitte. Die Kindheit, die Jugend und das Jungsein, und das Erwachsenenleben. Und jeder Abschnitt spiegelt etwas wieder, was uns so nicht bekannt vorkommt. Kinder die zu viel nachdenken, Jugendliche die nicht fröhlich und rebellisch sind, und Erwachsene, die sich ihre Jugendlichkeit in einigen Dingen bewahrt haben, trotz der ganzen Erwachsenenbelastungen. Doch das Buch birgt auch einen steten Kampf, den wir führen müssen. Das Leben in all seinen Facetten ist nicht immer nur leicht, und manchmal muss man um die kämpfen, die man liebt. Denn im Gegensatz zu unserem Paar aus dem lieblichen Verona, geht es für Kate und Peter weiter mit einem Leben voller Schwierigkeiten, Altlasten…… und Dingen, die sich ihnen versuchen in den Weg zu stellen. Dies, und der Alltag, sind die Dinge die aufgezeigt werden, und uns sagen, dass man mit genug Kampfgeist alles schaffen kann, wenn man bloß füreinander da ist.

Meine eigens in mir konzipierte Protagonistenpsychologin, die ich ja gerne mal raushängen lasse, war auf jeden Fall dauerhaft beschäftigt, und hat irgendwie doch nicht immer Lösungen gefunden. Schwierig in diesem Buch, aber auch schön, dass es so tiefgehend ist, dass man nicht für alles eine Lösung findet, weil es ist, wie es ist, und man sich damit abfinden muss.

Ein Buch über das Leben mit allen möglichen Schicksalsschlägen und Konstellationen, Zwiespälte, Pflichtgefühl, Missentscheidungen, der Momente, die Ereignisse auslösen, wo eines zum anderen führt, vergangene und verlorene Gelegenheiten und Zeit, zu spätes Handeln, sich seine Fehler selbst zu verzeihen, Schuld, Vergebung, und darüber, dass jeder an allem Schuld hat und niemand an nichts, denn nicht immer kann man in Schuld und Nichtschuld einteilen, das es auch noch Grau gibt, wo manche nur Schwarz und Weiß sehen. Und immer wieder sind es die einzelnen Sekunden und Momente, die Auswirkungen auf unser Restleben haben, und die gibt es zuhauf im Buch. Entscheidungen, selbstgetroffene, und solche, die man uns abnimmt, und welche, über die man sich hinwegsetzt. Und Menschen die das Falsche tun, obwohl sie das Richtige tun wollen.

Es geht langsam voran, schleichend, nicht mit einem großen Knall, und trotzdem fühlt man die erwachende Liebe genauso erblühen, wie das Erwachsenwerden der beiden. Und ist es nicht auch so, dass Menschen für uns quasi wie ein Zuhause sein können? Ein Ort, an dem wir uns wohlfühlen, wenn wir mit demjenigen zusammen sind? Kate ist solch ein Ort für Peter, und das merkt er schon recht früh. Dass daraus dann Liebe entsteht, ist wünschenswert, und auch für Kate fühlt das Gleiche. Diese Atmosphäre, spannt sich über den Roman, in dem wir uns fragen, warum zwei Menschen, die sich gegenseitig guttun, nicht zusammen sein dürfen. Das Buch lässt einen zwiespältig zurück. Man versucht die Elternteile zu verstehen, kann es aber teilweise nicht, versucht zu ergründen, warum die aufkeimende Liebe von Kate und Peter schon gleich im Keim erstickt werden soll, und warum die Erwartungshaltung der Eltern so ist. Der Fokus liegt hier nicht auf der Geschichte des Paares Kate und Peter, sondern auch auf ihrer Umwelt, und den Menschen drumherum. Er liegt auf der Gesamtheit der Zusammenhänge, wie alles miteinander verknüpft ist, wie ein Moment, eine Sekunde unser Leben verändern kann, und was uns ausmacht, wie wir zu dem werden, was wir sind. Denn das Schicksal wird hier großgeschrieben.

Es ist wie als ob man mit dem Buch, im übertragenen Sinne, mitwachsen würde. Als die Protagonisten Kinder sind, ist man selbst wieder Kind, jugendlich fühlt man sich dann beim Lesen, während Peter und Kate diese Phase mitmachen. Man ist auf einmal wieder in der Schule, in Vereinen, macht seinen Abschluss, steht im Beruf, ist auf einmal selber erwachsen, und somit dort angekommen, wo man beim Anfang des Buches gestartet ist. Eine kleine Altersrundreise. Die Ereignisse durch die Jahrzehnte hindurch, die hat man auf einmal wieder direkt vor Augen, wenn sie kurz erwähnt werden, und man sie selbst miterlebt hat. Es ist ein wenig eine Selbstreflexion, die das Buch hinterlässt, es hallt in einem Selbst nach, und lässt einen all die Dinge hautnah erleben, fast so, als sei man überall selbst dabei. Das führt zu Gänsehaut, Tränen, Wut aber auch Freude, und einem Nachhall in uns. Und egal, ob man sich gerade in den 70 ern, 80 ern, den 90 er Jahren, der Jahrtausendwende befindet, oder gar im Heute, die Atmosphären der Jahrzehnte sind so toll beschrieben, dass man sich direkt in ihnen wähnt, und das, egal ob man sie schon erlebt hat, oder nur davon gehört. Die Zeit ist nicht dauerhaft chronologisch. Wir landen mal in der Vergangenheit, der Gegenwart, um dann wieder Rückblenden einer anderen Figur zu lesen. Doch alle Zeiten und Schicksale verweben sich so miteinander, dass sich daraus ein Gesamtbild ergibt, ein verwobenes Gesamtschicksal, das sie alle miteinander verbindet in dieser Geschichte. Die ganze Geschichte braucht ein bisschen, bis sie sich entfaltet und wirkt, wenn sie es dann aber tut, dann mit voller Ladung, und wenn man dann richtig in ihr drin ist, verbinden sich am Ende alle Stränge miteinander. Und trotz, dass die Geschichte einen so in den Bann zieht, dass man sie am liebsten auf einmal lesen würde, nur um zu wissen, wie alles endet und ausgeht, so ist es auch eine Geschichte deren Abschnitte Zeit brauchen.

Wie eine Perlenkette reihen sich hier Schuld und Nichtschuld aneinander, Ereignisse, die zu anderen Ereignissen führen, die dann wiederum zu erneuerten Ereignissen führen, die jemanden schuldig sprechen. Und wer ist am Ende schuld? Bei welchem Teil der Perlenkette fangen wir an, jemandem die Schuld zuzuschieben, wenn der vielleicht gar nichts dafür kann, weil seine Schuld, die Reaktion auf eine andere Schuld ist, weil ihm etwas angetan wurde, wo ein anderer Schuld dran ist? Oder ist jeder gar so sehr für sich selbst verantwortlich, dass er jede Schuld sühnen muss? Was können aber Kinder für die Schuld ihrer Eltern, und die Eltern sind vielleicht selbst Opfer von irgendwas geworden? Gar nicht so leicht und einfach. Und überhaupt. Derjenige, der ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein. Ist nicht jeder von uns an irgendwas schuld, weil wir etwas getan haben? Mal mit minimaler, andere vielleicht mit maximaler Wirkung. Und vielleicht hilft das Buch ja auch dabei, die Welt ein bisschen weniger Schwarzweiß zu sehen, sondern auch auf die Grautöne zu achten. Zu hinterfragen, und aufzupassen. Nicht jeden gleich zu verurteilen, weil die Lage für einen klar ist, denn man weiß ja eigentlich nie, was hinter einer Sache steckt. Das Buch zeigt, wie sehr unsere Eltern uns formen, und wie sehr sie Einfluss auf unser Leben nehmen. Eines der großen Themen im Buch ist auch die Vergebung. Und es gibt eine Menge im Buch, dass vergeben werden muss, sollte, oder so scheint, dass man es nicht vergeben kann. Wir erfahren ein Intermezzo aus richtigen und falschen Entscheidungen. Das Buch ist voll von ihnen, und man steht ständig am Scheideweg von genau diesen, um sich zu überlegen, in welche Richtung man geht. Manchmal ist das gut, aber manchmal werden wir Zeuge, wie die falschen Entscheidungen getroffen werden, von denen man sich am Ende fragt, ob sie vielleicht doch richtig waren, und man sein Ziel nicht gradlinig erreicht hat, sondern mit einer Menge Umwegen und Abzweigungen.

Ich mag dieses leise sanfte im Roman, das uns nicht mit voller Gewalt auf die Handlung mit all ihren Einzelheiten stößt, damit wir es auch wirklich wahrnehmen, sondern alles Geschehene leicht berührt, und uns so Platz für die eigenen Gedanken lässt, obwohl die Handlung im Roman doch trotzdem abläuft, und Dinge geschehen. Die Szenerien sind meist nur leicht angedeutet, wir werden nicht plump darauf gestoßen, was genau passiert, und trotzdem ist der Schreibstil genau so, dass er das richtige Kopfkino bereitet, und man genau weiß, worum es geht, und was die Charaktere machen und denken.

Was im Buch wundervoll rüberkommt ist diese tiefe Sehnsucht nacheinander, die man atmosphärisch fast die ganze Zeit fühlt. Und das schon in der Zeit der Jugend von Kate und Peter. Selbst wenn sie getrennt sind, denken sie fast immer bis sehr oft aneinander, was der andere gerade tut und macht, wie es ihm geht. Das Leben was beide ohne einander zu haben leben, ist wie eine leere Hülle eines Lebens, die erst wieder mit Leben gefüllt werden kann, wenn beide sich wiederhaben. Es ist ein Schattenleben, an dem wir teilhaben. Aber vor allem zeigt das Buch auch, wie bedingungslos eine Liebe sein kann, wie selbstlos, wie sehr man gemeinsam durch gute und schlechte Zeiten gehen kann, durch Krankheiten, und selbst durch genau die Zeiten, in denen andere es miteinander nicht mehr aushalten und sich auseinanderleben.

Ich gebe zu, bei dieser Lektüre mal wieder eine Menge Tränen vergossen zu haben. In einzelnen Szenen, ob einiger Sätze, Abschnitte oder wegen der Taten der Charaktere. Tränen der Wut, Ungerechtigkeit, des Mitgefühls, der Vergebung, des Zorns, aber auch der Hoffnung und Freude. Damit bringt das Buch einen wieder mal in ein Gefühlskarussell, zeigt aber auch auf, dass das Leben nicht nur aus Freude oder Problemen besteht, sondern dass es auch die zarten Zwischentöne der Hoffnung gibt. Und dass auch in Unglücken Glück liegen kann, das man findet, und sich manchmal gar nicht so bewusst dessen ist. Dass Vergebung manchmal nötig ist. Und damit ist die Geschichte genau so bunt wie das Leben, mit all seinen Karussellumdrehungen. Es zeigt Menschlichkeit, Fehler, Zugeständnisse, aber auch, dass Liebe eines der größten Gefühle ist, das eine Menge anderes ins Abseits drängen kann, und einem Kraft gibt. Also Vorsicht, denn mit einem großen Bäm und Wow, schleicht sich das Buch dann doch ganz langsam beim Lesen in euer Herz, und eure Gehirnwindungen und Gedanken, so dass es euch nicht mehr loslässt. Zumindest war das bei mir so.

Heutiges Rezensionslied, weil ich es passend fand:

„'Cause we were just kids when we fell in love…….not knowing what it was…..I will not give you up this time. But darling, just kiss me slow….your heart is all I own…..and in your eyes, you're holding mine.“

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Veröffentlicht am 29.11.2020

Gelitten unter Pontius Pilatus…… oder etwa doch nicht?!

Tod in Oberammergau
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Tod in Oberammergau von Xaver Maria Gwaltinger und Josef Rauch

Heute fangen wir mal mit einer sehr essentiellen Frage an, und zwar der, nach Leben und Tod, Menschlichkeit und Göttlichkeit. Es gibt das ...

Tod in Oberammergau von Xaver Maria Gwaltinger und Josef Rauch

Heute fangen wir mal mit einer sehr essentiellen Frage an, und zwar der, nach Leben und Tod, Menschlichkeit und Göttlichkeit. Es gibt das Leben vor dem Leben, das nachdem, und das dazwischen. Irgendwie. Und wieder mal beschäftige ich mich mit dem Thema Menschlichkeit. Es geht gar nicht anders. Doch anders, als bei anderen Gedankenrunden zu diesem Thema, geht es heute wirklich um Menschlichkeit an sich, und nicht darum, was es für uns alle bedeutet. Oder vielleicht doch? Denn ja, was bedeutet Menschlichkeit eigentlich? Die meisten kennen es im Zusammenhang damit, dass man menschlich agiert, den Menschen zugewandt, ihnen behilflich ist, etwas tut, das den anderen Menschen hilft und ihnen guttut, sie versteht, und einfach empathisch ist, für jede Sorte von Mensch auf dieser Welt. Es hat was mit Barmherzigkeit und Güte zu tun. Dass man nicht handelt wie ein Tyrann, und andere unterdrückt oder ihnen gar schlimmere Dinge antut. Doch was wäre, wenn Menschlichkeit hier bei meinen Überlegungen wirklich damit zusammenhängt, ob der Mensch ein Mensch ist, oder etwas Anderes? Und ich rede hier nicht von einem Fantasiewesen oder ähnlichem. Sondern, wie in früheren Völkern durch die Jahrtausende hindurch, ein Gott, und kein Mensch. Der uns bekannteste Gott UND Mensch ist Jesus. Und um den geht es auch in vorliegendem Buch. Denn wie in fast jedem Buch von Josef Rauch und Xaver Maria Gwaltinger, welches aus dieser Reihe kommt, ist es doch so, dass wir Menschsein normal finden, und das Menschsein, und das Agieren als Mensch, mehr „vergöttern“, als das „Gottsein“. Und dieses menschlich sein nimmt dabei nicht nur Bezug auf die religiösen Themen, sondern auch auf die beiden Hauptprotagonisten Emil Bär und Philipp Marlein, die sich auch hier mal wieder in all ihrem menschlichen Dasein zeigen. Und menschlich bedeutet nicht immer perfekt, sondern eben…… menschlich, mit allen menschlichen Spleens, Gewohnheiten, und Dingen, die manche an uns so sehr lieben, und andere eher verabscheuen. Sei’s drum.

Auch der Drang zu leben ist immer natürlich beim Menschen da, verständlicherweise wird das akzeptiert. Wenn ich diesem Menschsein und Leben nun aber den Namen Jesus hinzufüge, ist es wie immer erst mal merkwürdig. Wenn man behauptet Jesus war ein Mensch, und ergänzt, dass er aber sehr wohl ein charismatischer Mensch war, der liebevoll mit Menschen umging, gutmütig, tolerant und barmherzig war, und eine Lebenseinstellung hatte, die er unter anderen verbreitet hat, und das allein schon „göttlich“ genannt werden kann, dann ist trotzdem der Aufschrei gleich groß, weil man natürlich immer behaupten muss, dass Jesus Gottes Sohn auf Erden war. Kein ganz neues Konzept, wenn man zugeben darf. Wer sich mit Geschichte beschäftigt, wird das bei den Ägyptern und ihren Pharaonen finden, genauso wie bei den Griechen, deren Helden und charismatische Menschen ebenfalls von Göttern abstammen mussten, weil man sich so erklärt hat, was diese geschaffen und geschafft haben. Und ja, ist es nicht auch heute noch so, dass wir, gerade in unserer heutigen Zeit, Sänger und Schauspieler, und neuerdings auch Twitter, Instagram und Tik Tok „Stars“ vergöttern? Okay, bei letztgenannten wird es merkwürdig und echt schräg, das gebe ich zu, ist auch nicht meine Welt, aber leider ist der Lauf der Zeit wohl nicht aufzuhalten. Und so hat jede Zeit ihre „Götter“. Lasst euch also gesagt sein, dass ich Jesus als historische Gestalt mit all seinen Taten schon immer toll fand. Selbst wenn er „nur ein Mensch“ gewesen wäre. Denn Güte und Toleranz und Herzlichkeit und alle anderen positiven Dinge…… davon kann es ja wohl nie genug geben. Und vielleicht ist es schon göttlich, wenn man einen Menschen findet, der all diese Dinge verkörpert? So könnte jeder Mensch göttlich werden :). Das nur am Rande.

Ich habe mir schon früher immer gedacht, wie praktisch es wäre, wenn man Verbündete hätte, die mitspielen, wenn man der ganzen Welt seinen eigenen Tod vorspielen will, oder müsste, weil es sonst so gefährlich für einen werden könnte, dass man….ironischer Weise…umgebracht werden würde. Nehmen wir also mal an, Jesus wäre als Aufrührer des politischen Hochverrats verurteilt worden, von Menschen die seine Lehre nicht geteilt hätten, den Pharisäern, dann wäre es doch ein toller Trick gewesen, ihnen vorzuspielen, er sei tot. Somit hätten sie ihre Ruhe und ihren Frieden zurück, weil der Aufrührer der neuen Religion aus dem Weg wäre, und wären zufrieden. Weil er nicht wiederkommen würde. Während Jesus ein neues Leben anfängt, ganz weit weg. Dort, wo später Elvis, oder gar Kurt Cobain auch ein neues Leben angefangen haben. Pardon. Das will ich mir zumindest manchmal vorstellen. So wie bei ganz vielen anderen auch. Denn irgendwo auf der Welt gibt es ein Resort für neue Lebensanfänge, und das schon ziemlich lange. Okay, nein, das dann vielleicht doch nicht. Auch wenn die Vorstellung schön wäre, sie dort alle zusammen zu wissen. Was das alles mit dem Buch zu tun hat? Na, das müsst ihr selbst herausfinden. Aber eine kleine Zusammenfassung gibt es.

Die Geschichte des Buches:

Die Morde die stattfinden gibt es diesmal gleich am Anfang, was auch nötig ist, denn so kommt der Schock sofort, und macht die Geschichte zu einer persönlichen für Philipp und Emil, da sie die beiden Opfer, zwei Damen auf einem Jesusseminar in einem Kloster, kurz vorher noch recht gut kennengelernt haben. Und wir als Leser auch. Was das Ganze gleich zu Anfang an, zumindest an meiner, Sentimentalitätsgrenze kratzen lässt. Denn die Opfer wurden einem, wenngleich nur kurz gekannt, sofort sympathisch. Und wie es immer so ist, gerät der unter Tatverdacht, der die letzte Nacht mit dem Opfer verbracht hat. Hier mit beiden Opfern. Philipp und Emil geraten also unter Mordverdacht, und müssen sich diesmal aus genau dieser Schlinge des Verdachtes herauswinden. Also tun sie das, was wohl jeder tun würde. Sie flüchten :D. Ob die Flucht gut geht, ob sie ihnen gelingt, ob sie die wahren Mörder finden, und wie viele Leichen den Weg der beiden noch pflastern, das ist die Geschichte, die es von euch zu entdecken gibt. Denn ich habe sie ja bereits in meinem Kopf :D. Alles endet im Oberammergaushowdown, und alten Bekannten der ersten Bände begegnen wir wohl auch, selbst, wenn wir diese namentlich nicht kennen. Oder sie Jesus heißen, und uns somit bekannt sind.

Cover:

Alle Bände haben eine Besonderheit, die sich auf den Inhalt bezieht, und wahrlich irgendwo zu besichtigen ist. So auch dieses Cover, das Bezug nimmt auf Jesus, und damit der Kreuzigungsgeschichte, die hier eine besondere Rolle spielt. Wer sich insgesamt für Lüftlmalerei interessiert, wird diese Art der Malerei vielleicht sogar kennen.

Fazit und Gedankenallerlei:

Wenn wir es mit Müttern und Vätern, und dann mit Beziehungen zu tun haben, so folgt nun das Buch …Richtig….des Kindes aus der Beziehung. In diesem Falle das Leben von Jesus, Sohn von Maria und…äh…..einem Vater eben. Wenn wir also das Buch des Nachkommen haben, so müssen wir uns natürlich auch um das Hauptthema kümmern. Das Leben. Es entsteht, wird gelebt, und ist irgendwann vorbei. Doch auch bei Jesus? Dieser starb am Kreuz, sagt uns die Bibel, und zwar in seinen 30 er Lebensjahren. Wie schön, hätte ich es gefunden, wenn Jesus nach der Kreuzigung weitergelebt hätte. Und zwar nicht in jenem Land, wo auch andere Berühmtheiten…..äh…. natürlich noch heute leben. Sondern einfach zu seiner Zeit. Als Mann außer Gefahr und ohne Verfolgungen. Vielleicht gar mit seiner Gefährtin und seiner Familie. Seufz. Ich habe schon wieder das Happy End vor Augen. Aber die Bibel macht mir wieder einen Strich durch die Rechnung. Da geht es um eine Kreuzigung, eine sehr grausame Todesmethode, und natürlich, das Leben danach, das aber nicht körperlich ist, sondern aufgefahren im Himmel zur rechten Gottes. Vielleicht ist es also nicht immer nur die Frage nach Menschlichkeit ODER Göttlichkeit, die uns umtreiben sollte, sondern viel mehr, ob nicht in wahrer Menschlichkeit die wahre Göttlichkeit liegt. Denn was ist göttlich? Ich müsste lügen, wenn ich unter diesen Bereich nicht meine menschlich gebackenen Plätzchen fallen lassen würde…..zu deren Herstellung ich gleich aufbrechen werde, das nur am Rande.

Das Buch ist kürzer als sonst mit knapp über 280 Seiten fast schon, wie ein kleines Zwischenspiel ob der anderen Bände, die viel länger sind. Trotzdem hat es seine Geschichte erzählt, und ich habe mich wieder heimisch in der Geschichte gefühlt. Denn man verbringt ja gerne auch wenig Zeit mit Freunden, statt gar keiner. Und so ist es auch mit Philipp Marlein und Emil Bär. Man nimmt, was man kriegt :D an Zeit mit den beiden. Bär und Marlein kappeln sich diesmal mehr, diese Plänkelei untereinander, die manchmal ruppig derb rüberkommt, zeugt aber von einem Hintergrundwissen der Figuren, und davon, wie sie eben nun mal miteinander umgehen. Und dem Wissen, dass beide nun mal so sind, wie sie sind, und sich wohl trotzdem gerne haben und schätzen. Es scheint fast wie der Abschluss einer Tetralogie. Doch das Ende ist offen. Wer sagt uns, dass nicht noch irgendeine Thematik gefunden wird, um die sich Bär und Marlein kümmern müssen? Alles ist offen. Und manchmal muss man sich wohl einfach gedulden, und hoffen, dass noch ein Band erscheint.

Wir haben natürlich auch in diesem Buch wieder unsere Ortsbeschreibungen von Flecken auf der Landkarte in Deutschland, wo sich diverse Dinge befinden. Doch diesmal sind diese gar nicht mit einer Thematik verbunden. So wie in den anderen Büchern. Wir haben hier querbeet Wallfahrtsorte von Maria, welche von Jesus, Legendenstätten des Pontius Pilatus……. Eigentlich alles quer die Bibel durch. Auch das ist anders, aber es gefällt mir sehr gut, weil die Zusammenhänge natürlich trotzdem gegeben sind, da alles immer zusammenhängt und im gemeinsamem Fluss ist. Die Geburt, das Leben, der Tod. Die Mutter, der Vater, der Verurteiler zum Tode. Alles hängt zusammen. Und an manchen Wallfahrtsorten der Erscheinungen, kommt es einem, wie ein großes biblisches Familientreffen vor, an dessen Ort sich nach Jahrtausenden alle treffen.

Einige Stellen nehmen Bezug auf die Vorgängerbände, es ist aber vollkommen okay, das Buch als Einzelband zu lesen, man würde es auch so verstehen. Mehr Spaß macht es allerdings, wenn man die ganze Geschichte rund um das Kennenlernen von Marlein und Bär kennt, denn so bekommt man die Entwicklung nicht nur der beiden Figuren mit, sondern auch die von deren Freundschaft. Und nach und nach, und mit jedem Band gewöhnt man sich dann auch an diese derbe Ausdrucksweise der Protagonisten, und gewinnt das Ganze sogar irgendwie lieb. Es ist ein bisschen wie ein kleiner emotionaler Rückblick in die Geschehnisse der vorherigen drei Bände, und die Thematiken, mit denen sich die Geschichten befasst haben. Denn auch, wenn alles erwähnt wird, und wir uns so die anderen Bände vorstellen können, oder sie eben auch lesen, so hängt einfach alles mit allem zusammen, wenn es um bestimmte Figuren aus der Bibel geht. Es ist fast ein bisschen so, als ob die Ereignisse und Themen in den Vorgängerbänden dazu geführt haben, nun auf dieses Ereignis hinzulaufen. Wir erkennen Ähnlichkeiten im Aufbau der Romane und Geschichten der vorherigen Bände, auch wenn die Thematik eine neue ist, und doch mit den anderen zusammenhängend. Was ganz einfach dran liegt, dass Maria, Josef, Maria Magdalena immer noch um eine Person ergänzt werden müssen. Nämlich Jesus. Die Geschichten überschneiden sich immer, anders geht es ja gar nicht. Die Ähnlichkeiten, dass es wieder eine Theorie gibt, die die Grundfesten der Religion erschüttern kann, und dass Marlein und Bär durch die regionale kleine Weltgeschichte reisen, das bringt eher ein Gefühl der Geborgenheit in mir hervor, was aber auch daran liegen mag, dass ich alle drei Vorgänger kenne, und jedes Rückkehren zu den beiden so etwas ist, wie das Zurückkommen zu alten Freunden. Es ist fast schon erstaunlich, wie sich dieser Band in die unterschwelligen Thematiken der Vorgänger einreiht. Hatten wir es vorher mit der Mutter, dem Vater, der Liebe in einer Beziehung zu tun, so kommt nun das Thema, was mit allem überschrieben werden kann. Denn ja, Mütter und Väter und Beziehungen zwischen Menschen….. das ist das Leben. Und um Leben geht es hier irgendwie natürlich auch.

Irgendwie läuft alles diesmal rückwärts ab, was es aber nicht unspannender macht. Der Aufbau war bekannt, und trotzdem irgendwie ganz anders. Persönlicher für Marlein und Bär. Erst der Mord, dann die Recherchen, und weitere Morde. Ich kann es mir nicht erklären, aber im Buch weht diesmal ein Wind der Andersartigkeit, ein kleiner Hauch, der das Ganze etwas ernster und persönlicher macht, aber trotzdem Altes und Gewohntes beibehält, wenn es um Humor geht, oder darum, dass die beiden Ermittler mehr Glück als Verstand haben (oder Glück und Verstand im Zusammenschluss). Diesmal haben wir definitiv mehr Krimi als Landschaftsbeschreibung, wobei das natürlich nie ganz fehlen darf, und auch hier wieder vorkommt. Sogar so weit, dass wir uns wieder einige Dinge im Internet anschauen wollen, um automatisch Bilder im Kopf zu haben, und zu vergleichen, ob die Beschreibungen stimmen. Es gibt mehr Tote, mehr Morde, mehr Flucht. Und trotzdem erkennt man das Ganze noch als das, was es ist. Nämlich ein Bär/Marlein Buch, das an völlig anderen Orten spielt, als seine Vorgänger, und sich trotzdem in deren Dunstkreis und Umgebung befindet. Das Buch ist kein Tatsachenbericht, oder eine Beschreibung der genauen Ereignisse rund um die Festspiele, und als solchen sollte man es auch gar nicht ansehen. Ja, wir befinden uns in Oberammergau zur Zeit der Festspiele. Und natürlich sind diese wunderbar, und für viele ein großes Ereignis. Auch wähnen sich vielleicht einige in Erinnerungen, wenn sie darüber lesen. Vielleicht ist dies hier der Fall, vielleicht aber auch nicht. Denn wer Marlein und Bär als Ermittler kennt, die sie ja eigentlich gar nicht sind, der weiß, dass es zur Festspielzeit in Oberammergau so abgeht, wie es normal wahrscheinlich eher nicht abgeht. Aber wieso eigentlich nicht? :D. Nein Spaß. Mir sind die Dinge zumindest noch nie so passiert, wie sie den beiden immer passieren. Aber genau das macht den Reiz an den Büchern aus. Dass die Situationen absurd komisch sind, und wir mit den beiden etwas erleben, abseits der Normalität. Und deswegen sollte man die Romane nicht ZU ernst nehmen, und das, obwohl sie von den Thematiken meist ernste unterschwellige Töne und Botschaften haben, die eingekleidet werden von dem Marleinchen und Bärischen Humor im Buch, der wohl vielleicht auch irgendwie der Humor der beiden Autoren ist. Wer weiß das schon?! :D. Hier muss ich natürlich auch die künstlerische Freiheit sehen, die in vielen Geschichten eine Rolle spielt, und die Ereignisse nicht verunglimpft, sondern sie viel mehr erwähnt, und in eine fiktiv ausgedachte Geschichte reinsteckt.

Vielleicht war Jesus Geburt auch eine Art Hoffnung für die Menschen, und er eine Art Hoffnungsträger, für Menschen die aus einer Zeit herausgeführt werden wollten, in der sie in Dunkelheit und Unzufriedenheit gelebt haben. Ähnlich der Zeit, in der ein bestimmter Ex Präsident an der Macht war, die Natur und Umwelt zugrunde geht, oder eine Pandemie herrscht hüsterchen. Denn Hoffnung zu haben ist etwas sehr Wichtiges.

Heutiges Rezilied, weil „nur„ Menschsein auch etwas Gutes sein kann:

„Take a look in the mirror….and what do you see. Do you see it clearer…or are you deceived…..in what you believe?
'Cause I'm only human after all…..You're only human after all…..Don't put the blame on me.“

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Veröffentlicht am 17.11.2020

Wenn der Winzerfluch einen ereilt, sollte man schnell ins real märchenhafte Elwenfels flüchten. Alla hopp!

Winzerfluch
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Winzerfluch – Ein Elwenfels Krimi von Britta und Christian Habekost

Just wanderte ich im Pfälzer Wald. War ich beim ersten Teil der Elwenfels Krimis noch darauf bedacht, im Internet zu recherchieren, ...

Winzerfluch – Ein Elwenfels Krimi von Britta und Christian Habekost

Just wanderte ich im Pfälzer Wald. War ich beim ersten Teil der Elwenfels Krimis noch darauf bedacht, im Internet zu recherchieren, um Elwenfels auf Karten zu finden, so bin ich nun zum Angriff übergegangen. Nein, keine Angst liebes Elwenfels, ich werde dich ja eh nicht finden, und lasse euch eure Geheimnisse, und den Willen, dass ihr anscheinend nicht gefunden werden wollt. Aber das Durchwandern des Pfälzerwaldes, das war trotzdem schön. Es war herbstlich, bunt, voller Blätter, mit Ausblicken auf Wälder und Weinlagen, kleine Dörfer, und vor allen Dingen Felsen, die bekletterbar waren, und einem noch schönere Ausblicke gezeigt haben (auf noch mehr Bäume und Wälder und bunte Blätter und Weinlagen :D). Was ich eigentlich sagen will: Was des Autors Recherchereise ist, das ist meine Rezensionsrecherchereise. Irgendwie muss ich das, was im Buch so toll beschrieben ist, und mich in Teil 1 beeindruckt hat, doch mit eigenen Augen sehen. Und zwar nicht nur das mir alt bekannte, sondern die Tiefe des Pfälzer Waldes, statt nur die Ränder. Mich begleitende Menschen behaupten ja, ich hätte mich merkwürdig verhalten, weil im Unterholz Geräusche waren. Und auch wenn ich eine Menge Sonnenschein, Natur, freundliche Menschen (der momentan wohl wichtigste Wunsch, den man mitgeben kann: unn bleiwen xund, gell!), natürlich Elwetritsche :D, und die für den Herbst so typischen „Keschde“ (na, jetzt ratet doch mal) gefunden habe, so blieb mir Elwenfels mal wieder verborgen. Zum Glück aber nicht im Buch. Und so wie Carlos Herb nach Elwenfels zurückfindet, so habe ich es hiermit auch getan. Liebes Elwenfels, unsere gemeinsame Buchreise geht in die zweite Runde. Aber das letzte Mal im Pfälzer Wald wandern war ich ganz sicher nicht. Ich werde wiederkommen! Dich nicht unbedingt suchen. Wahrscheinlich gar nicht finden. Und doch irgendwie. Denn ein Stück von dir, liebes Elwenfels, das habe ich in einigen der Menschen auf meiner kleinen Tour entdeckt :). Nun ist aber mal gut. Worum geht es diesmal im Buch? Alla donn…

Die Inhaltsangabe halte ich diesmal kurz:

Alles andere muss man lesen, erleben, auf sich einwirken lassen. Carlos Herb, Privatdetektiv aus Hamburg, fühlt eine tiefe Sehnsucht nach Elwenfels. Sei es durch Schicksal, oder der Zauberei des Ortes geschuldet, landet er bald auch wieder dort, wo er ein paar Monate vorher sein erstes Abenteuer erlebt hat, um einen Auftrag zu lösen. Doch diesmal ist alles anders. Die Stimmung hat sich merklich geändert. Das Geschehen in Elwenfels wird persönlicher. Nicht nur für Carlos, auch für Elwenfels selbst. Denn ein Bewohner wird tot aufgefunden. Tatsächlich ein Mord. Jemand aus der Dorfgemeinschaft wird für diesen Tod verantwortlich gemacht. Und dann ist da noch die Gefahr, die von Menschen ausgeht, die sich ganz plötzlich im Wald um Elwenfels herumtreiben, Fremde, und eine Frau ohne Namen, die ganz urplötzlich auftaucht. Was hat das alles miteinander zu tun? Hat es das überhaupt? Und vor allen Dingen: Kann Carlos den Elwenfelsern helfen, all die Rätsel um den Mord, und die Probleme zu lösen, und somit ihr Held sein? Wie erwähnt, dies ist das Geheimnis des Buches, und es wird euch offenbart, wenn ihr seiner Geschichte zuhört. Einer Geschichte, die zu euch spricht, und euch an seine Orte entführt…….Und gegen einen Fluch muss Carlos auch noch ankämpfen. Buh! :D

Cover und Titel….

Passen mal wieder herrlich zur Reihe. Das Geheimnis des Fluchs gilt es zu ergründen, und das Cover ist so schön weinselig, dass man beinahe meinen könnte, dass es nur darum geht. Aber man irrt, und in Elwenfels verbirgt sich so viel mehr, als ein paar Leute, die dem Wein zusprechen, und pfälzisch reden.

Fazit und Gedankenallerlei:

Alla, ich wollt‘s ja nur gesagt haben, dass dieser zweite Teil der Elwenfelsreihe mit unseren Sehnsüchten spielt. Unsere? Naja, erstmal natürlich meine. Die Aussicht darauf, mit dem Buch wieder in die Landschaft rund um Elwenfels eintauchen zu dürfen, weckt meine Sehnsucht. Und diese wird im Buch sogar befriedigt, denn tadaa, irgendwie lande ich ja in Elwenfels. Ebenso wie Carlos, der genauso wie ich sehnsüchtelt. Nur eben in Männer Manier. Die Sehnsucht nach Natur, dem Entfliehen der Anonymität der Großstadt Hamburg, des allzu anonymen Lebens dort, dem Fehlen der Herzlichkeit…. Kurz gesagt, die Sehnsucht nach all den Dingen, die Elwenfels so ausmachen, fließt durch alle Zeilen hindurch. Und so manchen Leser ereilt diese Sehnsucht auch. Ebenfalls spielt das Buch mit unseren Wünschen, auch den Lebenswünschen, dem Glück, das wir im Leben haben sollten, und ob wir unser Leben so verbringen, wie wir es wollen. Oder gezwungen werden, es so zu verbringen, wie andere es für richtig halten. Man spürt diese ganzen Dinge natürlich schon im ersten Band der Reihe, Rebenopfer. Aber, wenn wir genau lesen, dann merken wir, dass dieser Teil ernster und tiefer ist, in all seinem Sein. Doch keine Angst. Die Freunde des Humors kommen niemals zu kurz. Es ist nur so, dass die Fragen nach Lebensglück hier nochmal präsenter sind. Carlos wird in Teil 1 in die Situation Elwenfels hineingeschmissen, und hat sie erlebt. Er hatte Zeit Dinge zu hinterfragen, und ist auf den Trichter gekommen, ohne Elwenfels unglücklicher zu sein, als mit. Und natürlich ist er da im Buch nicht der einzige. Das Buch ist ein Potpourri aus Glück haben, glücklich sein, unglücklich sein, das Glück verloren zu haben, das Glück an einem Ort zu finden, oder in Menschen. Und…. dass sogar Unglück dazu führen kann, Glück zu empfinden, so dass es auf einmal unseren Weg kreuzt. Denn ja. Im Buch zeigt sich ungemein gut, wie sehr man Heimweh haben kann, und zwar nicht nach dem Ort, an dem man wohnt, sondern nach dem Ort, an den uns unsere Seele und unsere Sehnsucht zieht.

Wieder wird die Hamburger Nussschale um Carlos Herb geknackt, und im Inneren finden wir dann seine Sehnsucht, seine Leidenschaft wieder, die er sich im ersten Teil so schön angeeignet hat, nämlich die für Elwenfels. Und ich kann ihn verstehen. Auch meine hessische Nussschale wurde geknackt, und irgendwas in meinem Inneren wurde ersetzt durch pfälzisches Gedankengut. Zumindest manchmal und teilweise. Hier werden einem irgendwie bunte und lebendige Farben und Bilder in den Kopf gemalt, so dass man sich mittendrin in Landschaft, Handlung, der Gemeinschaft und dem Getümmel mitten in, um, und um Elwenfels herum befindet. Was sich auch in den lebendigen Charakteren spiegelt. Das Schöne an Elwenfels ist ja, dass es sich nicht unterordnet, nicht geordnet ist, und doch in sich selbst geordnet. Versteht man das? Es ist, trotz der eigenen Ordnung des Dorfes ein heilloses und lebendiges Tohuwabohu, das nur so von Lebenslust zeugt, und das, trotz, dass meist ein Verbrechen nebenher gelöst wird, zu welchem Carlos dann aus Hamburg meist angelockt wird. Vielleicht folgt er auch einfach dem Ruf von Elwenfels, oder seinem Schicksal. Der Krimi fängt diesmal früh an. Wir sind gleich in ihm gefangen. Sofort anfänglich passiert der Mord. Nun muss nur noch herausgefunden werden, was dieser bedeutet. Aber zum Glück ist Carlos ja Privatdetektiv. Und hiermit schlägt das Schicksal schon wieder zu. Das Schicksal, der Himmel, oder Elwenfels selbst… beinahe meint man, irgendeine der drei Institutionen hätte Carlos wieder zurück gelockt, damit sich alles fügt. Schicksalsfügung, dieses Schicksal, das durch den ganzen Roman weht, und dessen Zahnrädchen ineinandergreifen. Irgendwie mystisch, mit nur einem Bein in der Realität stehend. Die leicht düstere Atmosphäre am Anfang bleibt, ist aber nicht unangenehm. Man fühlt mit der Elwenfelsbevölkerung. Wenn sie traurig sind, ist man es auch, wenn sie nicht weiterwissen, weiß man ebenfalls nicht weiter, und lassen sie ihren Humor frei, dann lacht man mit ihnen.

Das Buch ist voller versteckter Botschaften, die ich als Metapher ansehe, über die es sich lohnt nachzudenken. Zum Beispiel darüber, was echte Freundschaft und Loyalität bedeutet, wenn man ein Team sein soll, und in Wirklichkeit gar keines ist, und sich nicht mag. Die Leute, die eigentlich für die Welt Beschützer sind, sind die eigentliche Bedrohung. Und harmlose Geheimnisse sollen aufgedeckt werden, während die wirklich wichtigen und schlimmen unter einem Deckmantel des Schweigens versinken. Alles ein wenig ungerecht, aber mit einem Hauch dessen, was wohl wirklich in der Welt abläuft. Dieses kleine Dorf gegen die Bedrohung, das ist wie ein Spiegelbild der großen Gesellschaft, die sich Menschheit nennt, und wie sehr diese manchmal in Ungleichgewicht ist, trotz, dass sie es doch eigentlich nicht sein sollte ob unserer vielen Regelungen und der Toleranz, die vorherrschen sollte. Und vielleicht ist das Buch auch unterlegt von einem unterschwelligen Suchen und Finden, von etwas, das man im Leben sucht, das man findet, und der Frage, ob man es festhalten will, und kann, ob man den Mut dazu hat, und ob man für jemanden einfach mal der Held ist. Im Buch findet man mehrere Beispiele für all das.

Die Mischung aus poetischer Schreibweise und Sprache, den humorigen Stellen, der Mundart, der Vielfältigkeit, dem leicht mystischen Hauch, und den Krimielementen ist auch hier mal wieder super gelungen, weswegen man sich gar nicht traut, einfach nur zu sagen, es sei ein Krimi, weil die Geschichte so viel mehr ist. Zusätzlich finden wir in diesem Band kleine Easter Eggs, die auf Serien, Filme, Musik, oder weltberühmte Bücher hindeuten. Etwas, das ich schon immer geliebt habe. Es gibt im Buch viele kleine Szenen, Sätze und Abschnitte, die alleinstehend schon kleine Kunstwerke sind, sowohl literarisch, sprachlich, von der humorigen Seite aus gesehen, oder atmosphärisch, weil sie einen einfangen. Alles zusammenhängend ist also schwer zu beschreiben, weil das Buch nur so von Vielfältigkeit strotzt, und nicht in eine Genreschublade reingequetscht werden kann. Ich glaube ich hatte es in meiner Rezension zum ersten Teil vergessen zu erwähnen, und das, trotz, dass ich es eine wundervolle Idee fand. Jedes Kapitel im Buch (sowohl Band 1 und 2) hat nämlich eine Beschreibung dessen, was im Kapitel passieren wird, ohne uns zu viel zu verraten. Nur kleine Zweizeiler, manchmal nur ein Satz, vielsagend und kreativ, aber auch spannungsaufbauend, und meist zum Schmunzeln.

Die Geschichte im Buch ist persönlicher für alle Charaktere, weil es um etwas geht, was allen am Herzen liegt, und alle angeht. Die Sicherheit ist in Gefahr. Und auch den Unterschied zwischen der friedlichen Welt von Elwenfels, und den Großstädten drumherum, und in der Welt, ist zu spüren. Diese Weltfremde, die man Elwenfels zuschreibt, nur, weil dort alles etwas traditioneller läuft, ohne Übertechnisierung, ohne Verwaltung, die jeden Tag darauf pocht, dass Regeln eingehalten werden. Man muss diesen Lebensstil einfach lieben.

Wenn eine völlig moderne Welt auf eine trifft, die damit nichts zu tun haben will, und trotzdem glücklicher im Leben ist, dann kann das auch Gefahr bedeuten. Die Gefahren der modernen Welt, der Moderne. Elwenfels lebt ein wenig unter dem Radar, und zwar aller. Die Leute haben ihre Geheimnisse, die nicht entdeckt werden sollen. Und im Grunde genommen leben wir Menschen ja eher in einer Welt, in der es Gang und Gebe ist, dass jedes Geheimnis offengelegt, und aufgedeckt wird. Verwaltungen, Obrigkeiten, Behörden, Versicherungen, Ämter. Vielleicht ist es deshalb auch so wichtig, dass Elwenfels unter dem Radar all dieser Dinge bleibt, um sich dort wohlzufühlen. Ebenso haben wir den Vergleich von Großstädten, Fabrikgebäuden, modernen Bürogebäuden, großen Banken, überfüllten Straßen mit Autos, Lärm, und unzählbare Menschen gegen die Ruhe und Geborgenheit eines Dorfes. Das fühlt sich an wie Nachhausekommen, obwohl man gar nicht dort lebt. Die Elwenfelser akzeptieren einen, wie man ist, schränken einen nicht ein, verurteilen einen nicht, wenn man einen Spleen hat, oder verrückte Dinge tut oder denkt. Doch Owacht. Dies alles passiert auch nur, wenn man sie in Ruhe ihr Ding machen lässt, und Sie wiederum akzeptiert, mit all ihrem Tun. Als Leser fühlt man sich trotzdem unweigerlich irgendwie von ihnen akzeptiert, und alles fühlt sich vertraut an. Wie merkwürdig. Sogar durch das Buch durch. Das rede ich mir zumindest gerne ein. Denn sie lassen mich ja teilhaben an all ihren Erlebnissen und Geheimnissen. Was ich an den Elwenfelsern liebe, das ist ihre Loyalität untereinander. Sie sind füreinander da, und lassen sich gegenseitig nicht im Stich, und zwar niemals. Ebenso mag ich dieses unterschwellige in ihren schlagfertigen Kommentaren. Höchst gebildete sehen diese kleine Akzentuierung vielleicht nicht, aber ich finde es wundervoll, dass unter diesem Dialekt, so viel Weisheit schlummert, dass diese selbst von manch anderen Leuten nicht wahrgenommen wird, da sie das Gesagte nicht verstehen. Die Weisheiten zeugen von einem einfachen und glücklichen Leben, und dass es so scheint, dass andere Menschen es sich manchmal selbst viel zu schwer in ihrer eigenen Welt machen, wenn sie nach strikten Verhaltensregeln und Verwaltungsformen leben. Denn hier kommt es wie überall auf das Maß der Dinge an. Vielleicht ist es genau dieses Gefühl, was Elwenfels ausstrahlt. Das Gefühl der Freiheit. Ein ganz besonderer Krimi, denn Elwenfels strahlt Ruhe, Einkehr, Besinnung darauf, was wichtig im Leben ist, aus. Und dass die Großstadt mit all ihrer Anonymität nicht immer glücklich macht. Elwenfels ist Entschleunigung und Wohlfühlmomente. Und JA…… dies alles kann in einem Krimi vorkommen und widerspricht sich nicht. Die leichte und lockere Atmosphäre, die Heimeligkeit gibt sich hier die Klinke in die Hand mit einem Verbrechen. Humor, und Satire arbeiten Hand in Hand mit dem Versuch, dieses Verbrechen aufzulösen. Und es geht gar kein Weg daran vorbei, nicht wenigstens fast dauerhaft zu schmunzeln, wenn gar sogar manchmal laut aufzulachen, einfach der Szenerien wegen. Trotz, dass die Geschichte einen ernsten Hintergrund hat, weil jemand stirbt. Und mindestens genauso viel Tiefe, die einen zum Nachdenken anregt. Sei es über die Lebensart der Elwenfelser, oder das eigene Leben, und wie zufrieden oder unzufrieden wir damit sind. Ob wir nicht manchmal die Notbremse ziehen müssen, um innezuhalten, und nachzudenken, ob wir wirklich glücklich sind, dort wo wir uns befinden. Oder ob Glücklichsein auch mit einem bestimmten Ort zusammenhängen kann, oder gar Personen, die sich dort befinden. Und, ob diese „Fremde“ uns nicht mehr Heimat geben kann, als ….. naja unser Zuhause… das vielleicht gar keine Heimat mehr ist. Was mir super gut gefällt ist, dass wir diesmal die Nebencharaktere besser kennenlernen, uns mehr in sie hineinversetzen können, in ihre Denkweisen und die Gefühlswelt. Auch die aus Band 1, die wir nicht so gut kennengelernt haben, die sind nun an der Reihe, und wir erfahren Dinge aus Gegenwart und Vergangenheit der Elwenfelser.

Für die Leute, die überhaupt gar nicht wissen, von was ich die ganze Zeit rede, wenn ich Elwenfels erwähne: Dies ist der Ort der Handlung in der Pfalz. Erfunden, aber nicht unreal. Denn so ähnlich spielt es sich dort ab, und Ähnlichkeiten zu Menschen, Brauchtum, Lebensart und Humor sind sichtbar, bzw. lesbar. Wir befinden uns also in der Gegend des Pfälzer Waldes, irgendwo dort, wo nicht allzu viele Menschen hinkommen. Winzerfluch ist Teil 2 der Elwenfels – Krimi Reihe. Als Einzelband lesbar, ABER wenn ihr alles vollkommen verstehen wollt, alle Zusammenhänge kennen möchtet, und wissen wollt, welche Vergangenheit die Protagonisten miteinander teilen, würde ich euch raten, den ersten Teil „Rebenopfer“ vorher zu lesen. Ihr habt keinen Nachteil ohne, aber definitiv mehr Spaß MIT den Vorkenntnissen. Es ist wie Nachhausekommen, nicht nur ins Buch und in diese wunderschöne Gegend, sondern auch zu alten Bekannten, die einen wieder freudig empfangen. Denn genau so fühlt es sich an, wenn man wieder ins Buch abtaucht. Und noch etwas sei gesagt: Rebenopfer und Winzerfluch sind überarbeitete Neuausgaben im Piper Verlag, die vorher schon mal veröffentlicht wurden. Das nur am Rande, für die, die denken, es sei eine völlig neue Geschichte. Aber Hurra, Band 3 und 4 steht schon für Anfang 2021 in den Startlöchern.

Es ist ja auch so, dass man die Habekostchen Bücher meist gar nicht in eine 5 Sterne Bewertung packen kann, da diese bei den Büchern nicht ausreicht, und ihnen manchmal nicht gerecht wird, da schon allein die poetische Schreibweise so wunderbar ist, dass sie mit den anderen Elementen kleine Kopfexplosionen bereitet. Und das im positiven Sinne. Der Winzerfluch hat nach dem sanften Kennenlernen des Rebenopfers richtig an allem aufgenommen, was man Fahrt nennen kann. Und das, obwohl Band 1 mir schon super gefallen hat. Band 1 war das Kennenlernen, nun sind wir mittendrin im Geschehen, und alles ist persönlicher und tiefer. Da das Rebenopfer 5 Sterne bekommen hat, muss ich hier wohl oder übel 6…. Oder ein paar mehr geben. Zumindest in meinem Kopf.

Und weil das Heldentum in allen möglichen Formen im Buch vor – und nicht zu kurz kommt, und sich in seiner eigenen elwenfelsischen besonderen Weise offenbart, die nicht immer was mit dem klassischen Sinne dessen zu tun hat, finde ich, es sollte einfach mal erwähnt werden. Sowohl für Heldenliebhaber, als auch für diejenigen, die damit normal nicht so viel anfangen können.

Das heutige Rezensionslied. Tjaja. Ich kann nix dafür. Mein Kopf bestimmt diese ja immer. Und auch wenn die Frauen von Elwenfels tough sind, und Frauen allgemein genau dies sein sollten, so ist es doch auch ab und an mal schön, auf einen Helden oder Ritter zu stoßen. Und Helden gibt es in diesem Buch wohl wahrlich:

„I need a hero…..I'm holding out for a hero till the end of the night………He's gotta be strong, and he's gotta be fast………..and he's gotta be fresh from the fight.
I need a hero………….I'm holding out for a hero till the morning light…….He's gotta be sure, and it's gotta be soon, and he's gotta be larger than life.“

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