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Veröffentlicht am 10.12.2020

Die verlorenen Seiten

Der Fall Alice im Wunderland
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Noch immer weilt der argentinische Doktorand, dessen Vorname mit einem G beginnt, in England. Und wieder sucht er Rat bei Professor Arthur Seldom und kommt so in Berührung mit der Lewis-Carroll-Bruderschaft, ...

Noch immer weilt der argentinische Doktorand, dessen Vorname mit einem G beginnt, in England. Und wieder sucht er Rat bei Professor Arthur Seldom und kommt so in Berührung mit der Lewis-Carroll-Bruderschaft, deren Mitglied Seldom ist. Seldoms ehemalige Studentin Kirsten Hill ist zufällig auf einen Hinweis zu Carrolls Tagebüchern gestoßen, der als verschollen galt. Die junge Frau ist sehr aufgeregt, denn dieser Hinweis lässt Lewis Carrolls Wirken in einem anderen Licht erscheinen. Seldom und sein Doktorand wollen Kirsten überzeugen, dass sie sie an ihrem Wissen teilhaben lässt.

Zum zweiten Mal haben Arthur Seldom und sein Doktorand und Chronist es mit einem ungewöhnlichen Fall zu tun, den sie nur mit logischem Denken lösen können. Die Lewis-Carroll-Bruderschaft will die Tagebücher des bekannten Autors neu auflegen. Schwebt Kirsten nach ihrer Entdeckung vielleicht in Gefahr. Die Bruderschaft ist jedenfalls in Aufruhr, schließlich muss sie möglicherweise ihr Bild des Autors überdenken. Die Mitglieder wollen Kirsten Hill überzeugen, ihr Wissen zu offenbaren. Hill jedoch will etwas eigenes veröffentlichen. Als es zu Todesfällen kommt, wird die Situation immer brenzliger. Seldom und der Doktorand suchen nach den entscheidenden Spuren.

Um Lewis Carrolls Buch „Alice im Wunderland“ und sein frühes Interesse an Fotografie spinnt der Autor eine ungewöhnliche Kriminalgeschichte. Professor Arthur Seldom und sein Doktorand versuchen sich gegenseitig zu überflügeln mit ihren logischen Gedankengängen. Dass es dabei für die Leser sehr interessant und spannend wird, ist keine Frage. Man erfährt mehr über Carrolls vielschichtige Persönlichkeit und auch einiges über die skurrile britische Gesellschaft, in der eine Bruderschaft sich der Forschung über den Autor verschrieben hat. In eher ruhiger Weise verläuft die Handlung, fesselt aber dennoch. Immer neue Geheimnisse gilt es zu entdecken und Rätsel zu lösen. Seldom und sein Doktorand bilden ein überzeugendes und sympathisches Team.

Veröffentlicht am 06.12.2020

Rockstar

Die Hornisse (Tom-Babylon-Serie 3)
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Brad Galloway spielt auf der Waldbühne, die Menge jubelt. Der Musiker wird jedoch durch eine junge Frau aus dem Konzept gebracht, die ihm einen Umschlag überreicht. Wenig später wird Galloway tot aufgefunden ...

Brad Galloway spielt auf der Waldbühne, die Menge jubelt. Der Musiker wird jedoch durch eine junge Frau aus dem Konzept gebracht, die ihm einen Umschlag überreicht. Wenig später wird Galloway tot aufgefunden und Kommissar Tom Babylon übernimmt. Wer kann etwas gegen den bekannten Rockstar gehabt haben? In seinem direkten Umfeld scheint niemand ein Motiv zu haben. Aber wer war die Frau auf der Bühne? Schnell stellt sich heraus, dass der Ursprung der Tat in der Vergangenheit liegen muss. Doch wessen Vergangenheit gemeint ist, lässt sich nicht so schnell klären. Allerdings könnte Tom Babylon persönlicher betroffen sein als er sich vorstellen kann.

Gemeinsam mit der Psychologin Sita Johanns ermittelt Kommissar Tom Babylon für das Berliner LKA in seinem dritten Fall. Und im Musikermilieu war wirklich nicht mit so einem Mord zu rechnen. Zwar hatte Brad Galloway das eine oder andere Geheimnis. Das hatte allerdings mehr mit seinem unsteten Leben als Rockstar zu tun. Da würde man jedoch nicht unbedingt ein Motiv vermuten. Oder würde ein gehörnter Liebhaber oder Ehemann so einen Mord begehen? Und auch in seinem Privatleben kommt Tom Babylon an einen Wendepunkt. Sein Verhältnis zu seinem Vater ist eigentlich schon angespannt seit seine Mutter in den letzten Monaten des Bestehens der DDR verstorben ist.

Zu Beginn fragt man sich wie hier verschiedene Handlungsstränge zusammenwirken sollen. Doch je weiter man liest desto mehr Einsicht gewinnt man und desto spannender wird es. Überhaupt mag man diesen packenden Thriller nach einer Weile nicht mehr aus der Hand legen. Als Unterhaltungslektüre ist dieser Roman sehr ausgefeilt und es werden interessante zeitgeschichtliche Themen mit einem aktuellen Geschehen verquickt. Ein Teil der deutsch-deutschen Vergangenheit wird packend aufgearbeitet und mal wieder kann man erfahren, wie wenig man mitunter den eigenen Vater kennt. Dazu kommt der Todesfall, mit dem einiges ausgelöst wird, das für Babylon nicht leicht zu verarbeiten ist, welches den Leser allerdings ausgesprochen fesselt.

Veröffentlicht am 05.12.2020

Flüsterwind

Der Todesspieler
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Er ist ein Spurenleser und Jäger, seine Fähigkeiten setzt er ein, um Menschen zu helfen. Zum Beispiel bei der Suche nach vermissten Personen. Colter Shaw ist mit der Natur verbunden und ein versierter ...

Er ist ein Spurenleser und Jäger, seine Fähigkeiten setzt er ein, um Menschen zu helfen. Zum Beispiel bei der Suche nach vermissten Personen. Colter Shaw ist mit der Natur verbunden und ein versierter Kämpfer. Obwohl er ein Einzelgänger ist, hat er doch ein Netzwerk von Unterstützern. Wer Colter Shaw wirklich ist, weiß allerdings keiner so genau. Denen, die ihn um Hilfe bitten, ist das auch egal. Shaw gelingt es, die Studentin Sophie Mulliner zu finden und zu befreien. Um die Belohnung geht es ihm eigentlich nicht, wichtiger ist es ihm, die junge Frau wohlbehalten nach hause zu bringen.

Mit Colter Shaw lässt der Autor einen neuen Akteur die Bühne betreten. Dabei ist Shaw keiner der üblichen Detektive. Zwar arbeitet er mit der Polizei zusammen, wenn aber die Beamten keinen Ermittlungsansatz sehen, fängt Shaws Tätigkeit mitunter erst an. Er analysiert die Situation und schätzt sie ein und danach entscheidet er ruhig und überlegt, wie er vorgehen will. Seine spezielle Art verdankt er der Art wie er aufgewachsen ist. Seine Eltern sind aus Berkeley in die Einöde gezogen als Colter erst vier Jahre alt war. In seinem ersten Fall ahnt Colter Shaw nicht, in was er hineingeraten ist als er mit der Suche nach Sophie beginnt.

Zu Beginn muss man sich etwas mit Colter Shaw anfreunden, denn er erscheint doch etwas unterkühlt, um nicht zu sagen hart. Je mehr man allerdings von seiner Vergangenheit erfährt, desto besser versteht man sein Handeln und desto sympathischer wird er. Sein erster Fall führt in die Welt der Videospiele. Eine Welt, die man mit leichtem Unverständnis, aber gebanntem Interesse bestaunt, wenn man selbst kein Spieler ist. Toll, wie Shaw die Situationen genau durchdenkt und zu schlüssigen Lösungen kommt. Jeffery Deaver wäre allerdings nicht Jeffery Deaver, wenn er für seine Leser nicht einige Überraschungen im Angebot hätte. So zeichnet sich Colter Shaw auch durch die Größe aus, zu erkennen, wann er falsch liegt und nach einem neuen Ansatz suchen muss. Dabei gibt es neben dem Fall eine ausgesprochen spannende Rahmenhandlung, die sicherlich dazu beiträgt, den Wunsch nach mehr von Colter Shaw zu stärken. Ein gelungener Reihenbeginn von einem versierten Autor, der es versteht, die Leser zu fesseln.

Veröffentlicht am 29.11.2020

Symbole

Die Oxford-Morde
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Nach dem Studium bekommt der junge Doktorand aus Argentinien die Gelegenheit seine Studien in Oxford fortzusetzen. Dort fühlt er sich gut aufgenommen, die Professorin hat ihm ein kleines Apartment bei ...

Nach dem Studium bekommt der junge Doktorand aus Argentinien die Gelegenheit seine Studien in Oxford fortzusetzen. Dort fühlt er sich gut aufgenommen, die Professorin hat ihm ein kleines Apartment bei den Eagletons besorgt. Die kleine Familie besteht aus der freundlichen Großmutter und ihrer Enkelin. Mrs. Eagleton liebt Scrabble und auch der junge Doktorand wird bald auf ein Spiel eingeladen. Doch schon kurz nach seiner Ankunft findet er Großmutter Eagleton tot auf. Dass er den großen Mathematiker Seldom vorher auf der Türschwelle der Eagletons getroffen hat, ist nur ein schwacher Trost. Als Seldom jedoch eine geheimnisvolle Nachricht erhält, bekommt der Todesfall etwas Besonderes.

Der Professor und sein Lehrling ermitteln, eine klassische Krimiausgangslage, die nicht unbedingt neu ist, die aber immer wieder einen Reiz bietet. Welches Geheimnis umgibt den Tod der alten Frau, die an den Rollstuhl gefesselt war. Was hat die Nachricht zu bedeuten, die der Professor erhalten hat. Da sich die beiden Ermittler in Logiker- und Mathematikerkreisen bewegen, wollen sie ihre Gedanken und Vermutungen auch logisch und mathematisch angehen. Die Nachricht könnte bedeuten, dass der Täter mit ihnen kommunizieren will. Das jedoch deutet darauf, dass der Mord an der alten Dame viellicht die erste Tat war, aber vermutlich nicht die letzte.

Auch wenn man selbst nicht so viel von Mathematik versteht, ist dieser Roman sehr ansprechend und spannend. Einige Begriffe werden im Roman selbst oder auch in dem kleinen Glossar am Ende des Buches erklärt. Vielleicht ist die Handlung ein Beispiel für Ockhams Rasiermesser, dies wäre sie dann aber sehr ansprechend und doch so verwickelt, dass man den Überlegungen der Hobby-Detektive, die mit der Polizei zusammenarbeiten dürfen, gerne folgt. Dabei bleiben die Persönlichkeiten des Doktoranden und seines Professors angenehm im Hintergrund. Mehr geht es um das Konstrukt der Todesfälle, mit denen die geheimnisvollen Nachrichten verbunden sind. Und so kommt dieser klassische Kriminalroman gleichzeitig ruhig und fesselnd daher. Kann es einen perfekten Mord überhaupt geben? Man wüsste es nur, wenn bekannt wäre, wie viel Morde unentdeckt bleiben. Ein Ding der Unmöglichkeit. In diesem ansprechenden Roman lässt sich hervorragend über die Möglichkeiten grübeln.

Veröffentlicht am 28.11.2020

Das ist der Punk

Morduntersuchungskommission: Der Fall Melchior Nikoleit
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Sie haben von den Sex Pistols gehört und einigen anderen und sie denken, machen wir es doch auch so. Der Punk drückt etwas aus, nicht nur im Westen. Auch in der DDR des Jahres 1985 kann der Punk leben. ...

Sie haben von den Sex Pistols gehört und einigen anderen und sie denken, machen wir es doch auch so. Der Punk drückt etwas aus, nicht nur im Westen. Auch in der DDR des Jahres 1985 kann der Punk leben. Doch die noch ungeformte Gruppe junger Leute verliert einen der ihren. Melchior Nikoleit wird ermordet aufgefunden. Otto Castrup und seine Kollegen von der Morduntersuchungskommission werden beauftragt, herauszufinden, wieso der junge Mann umgebracht wurde. Bei seinem Vater handelt es sich um einen Händler, der auch Geschäfte mit dem Westen macht.

In diesem zweiten Fall um die Morduntersuchungskommission bekommt es Oberleutnant Otto Castrup wieder mit einem Fall zu tun, der auf den ersten Blick unverständlich wirkt. Wieso hätte jemand diesem jungen Menschen umbringen wollen. Dass dieser Gefallen an einer westlichen Musikrichtung fand, kann irgendwie nicht der Grund sein. Selbst wenn der Staat seine Bürger gerne bis ins Kleinste lenken möchte, kann so eine Vorliebe doch nicht mehr als leichte Repressalien hervorrufen. Oder hat es etwas damit zu tun, dass Melchior Nikoleit von der Stasi angesprochen wurde? Doch nicht nur der Fall, von dem Castrup langsam das Gefühl bekommt, auch die Ermittlung wird von anderer Seite beeinflusst, beschäftigt Otto, auch in seiner Familie hat er mit Problemen zu kämpfen.

So wie manchmal eine Hörbuchinterpretation einem Roman etwas Besonderes geben kann, so kann manchmal auch eine Printausgabe mehr überzeugen. In der gedruckten Fassung kann man sich die verschiedenen Perspektiven sehr gut vor Augen führen. Man bekommt einen Einblick in die Polizeiarbeit in der DDR, der sehr authentisch wirkt. In einem Staat, in dem es eigentlich keine Verbrechen geben konnte, weil der Staat an sich ideal war, müssen doch schlimme Taten aufgeklärt und Täter ihrer Strafe zugeführt werden. Mühsam tasten die Ermittler sich voran, um am Schluss etwas plötzlich vor einem Ende zu stehen, dass wenig Aufklärung bietet. Hier kann eine Fortsetzung eigentlich nur direkt ansetzen, um dem Leser ein Gefühl der Vollständigkeit zu geben. Davon abgesehen besticht dieser Krimi mit seiner Unaufgeregtheit und der mit großem Geschick eingeflochtenen immer gegenwärtigen politischen Komponente.