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Veröffentlicht am 27.02.2021

Pokern auf Borkum

Friesenpoker. Ostfrieslandkrimi
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Zum Inhalt:
Die Profi-Pokerspielerin und Influencerin Katja wird auf dem Weg nach Borkum, wo sie an einem Poker-Turnier teilnehmen will, von einem Unbekannten bedroht. Hilfesuchend wendet sie sich an ...

Zum Inhalt:
Die Profi-Pokerspielerin und Influencerin Katja wird auf dem Weg nach Borkum, wo sie an einem Poker-Turnier teilnehmen will, von einem Unbekannten bedroht. Hilfesuchend wendet sie sich an Mona und Enno, die Katja unbürokratischen Polizeischutz gewähren. Kurz nach Beginn der Veranstaltung geschieht tatsächlich ein Mord, - doch das Opfer ist ein anderes.

Mein Eindruck:
Zum mittlerweile 19ten Mal lässt Sina Jorritsma ihr ungleiches Polizistenpaar ermitteln und bringt für dieses Buch die weite Pokerwelt nach Borkum. Und wieder ist die Liebe der Autorin zur Insel wunderbar spürbar. Fast hört man den Wind rauschen und die Kluntjes im Tee klickern. Der Kriminalfall ist deshalb nur Beiwerk, welches mit einigen falschen Fährten und (leider) vielen Ungereimtheiten ausgestattet wird, um es den Leser/innen nicht ganz einfach zu machen. Denn warum ein Sterbender ominöse Hinweise gibt, wenn er ganz genau weiß, wer für seine missliche Lage verantwortlich ist, oder sich zwei Menschen erst spinnefeind sind, um wenig später aufeinander Gelüste zu bekommen, weiß wohl nur die Autorin…. oder der steife, ostfriesische Wind…
Des Weiteren – aber das ist echte Geschmackssache – sind zu viele Charaktere erschreckend charakterschwach - manipulativ, dämlich, engstirnig, jähzornig - und zum Glück gibt es wenigstens Enno, den Fels in der Brandung, der wie ein gemütlicher Balu (auf seine Leibesfülle wird immer wieder verwiesen) die Wogen glättet.
Doch durch den durchweg lesenswerten Lokalkolorit ist „Friesenpoker“ eine amüsante Reiselektüre, - und genau so sollte es sein, wenn man sich am Strand ein passendes Buch einverleibt. Gerne auf Borkum.

Mein Fazit:
Wo ist der nächste Strandkorb?

Veröffentlicht am 31.01.2021

Zwiegespalten

Der Solist
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Zum Inhalt:
Eigentlich soll Neuhaus in der neu gegründeten Spezialeinheit zur Terrorabwehr in Berlin intern ermitteln. Zu viel ist in den Vorgängen um den Terroranschlag am Breitscheid-Platz schief gelaufen. ...

Zum Inhalt:
Eigentlich soll Neuhaus in der neu gegründeten Spezialeinheit zur Terrorabwehr in Berlin intern ermitteln. Zu viel ist in den Vorgängen um den Terroranschlag am Breitscheid-Platz schief gelaufen. Doch dann passieren zwei Morde – einer an einem Juden, einer an einer Muslimin – bei denen ein Bekennerschreiben mit Erwähnung Anis Amris auftaucht und Neuhaus wird mit der Aufklärung betraut. Dazu bekommt er die Deutsch-Türkin Grabowski zugeteilt und gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dem Grund für die Taten, - politisch und/oder religiös motiviert?

Mein Eindruck:
Jan Seghers ist auch mit dieser Story ein brisantes Buch auf der Höhe des Zeitgeists gelungen, - dazu ist er ein brillanter Erzähler. Leider gibt es bei „Der Solist“ jedoch zwei gravierende Schwachpunkte: Erstens ist das Buch zu kurz und zweitens zu einseitig. Der Autor führt hier – wenn man den Klappentext liest – einen neuen, dauerhaften Ermittler ein, lässt aber bei dieser Figur sehr vieles im Unklaren und teilweise auch im Unglaublichen: Dass beispielsweise ausgerechnet Polizisten es nicht schaffen, zu ihrem eigenen Hintergrund zu recherchieren, ist Kokolores. Auch andere Charaktere bekommen nur zumeist einen zweidimensionalen Federstrich statt eines mehrfach deckenden Öl-Anstrichs verpasst. So mag vielleicht der Boden für weitere Enthüllungen in den Fortsetzungen bereitet sein, - das sollte aber ein so guter Autor wie Seghers nicht nötig haben.
Die Hauptgeschichte um einige Morde und deren Aufklärung ist rasant erzählt, macht Spaß und bietet einige Überraschungen, die zum Nachdenken anregen. Die Klammer aus Prolog und Epilog ist jedoch vorhersehbar und genau die Schippe zu viel, die den schmalen Grat zwischen berechtigter Empörung auf der einen Seite und der Abwehr betreuten Denkens auf der anderen zuschüttet. Hier könnte sich zu Recht eine große Gruppe diskreditiert fühlen.

Mein Fazit:
Zum Schluss zu viel gut gemeint

Veröffentlicht am 17.01.2021

Skandal! Moral!

Der Fall Alice im Wunderland
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Zum Inhalt:
Die Carroll-Bruderschaft ist aufgewühlt, als eine Studentin eine verschwundene Tagebuchseite des Schriftstellers findet. Schon lange wird gemunkelt, dass Carroll pädophil war und sein Interesse ...

Zum Inhalt:
Die Carroll-Bruderschaft ist aufgewühlt, als eine Studentin eine verschwundene Tagebuchseite des Schriftstellers findet. Schon lange wird gemunkelt, dass Carroll pädophil war und sein Interesse an dem realen Vorbild von Alice heutigen moralischen Maßstäben nicht genügen würde. Doch bevor sie die Seite vorlegen kann, wird auf die Studentin ein Anschlag verübt, den sie nur schwerverletzt überlebt. Bei dieser Tat bleibt es nicht und bald gibt es die erste Leiche.

Mein Eindruck:
Diese Geschichte macht es dem Leser sehr schwer, sich in ihr zurechtzufinden; lange Zeit rätselt man um Täter und Motiv, viele falsche Spuren verwirren zusätzlich. Was jedoch direkt gefällt, ist die skurrile Personenschar, die sich Martinez als Begleitung für seinen (halb-autobiografischen) Ich-Erzähler erdacht hat. Neben den schon aus dem ersten Buch bekannten Professor, Journalisten und Detektiv viele Mitglieder der fiktiven Bruderschaft und ein neuer Polizist, der sich nur barfuß durch die Stadt bewegt. Der Schreibstil ist gewohnt gradlinig, mit Gefühlen tut sich der Autor weiterhin schwer. Es plätschert an der Oberfläche, statt bedeutsam in die Tiefe zu gehen. Das größte Manko des Hörbuchs ist jedoch der Sprecher, der den Text uninspiriert und mit falscher Betonung herunterliest anstatt ihn zu interpretieren. Das, zu viele unbeantwortete Fragen und das „zweite“ über alle Maßen unglaubwürdige Ende führen trotz einer wirklich guten Aufklärung des Hauptfalls zu einer Einstufung des (Hör-)Buches als mittelmäßig. Schade eigentlich.

Mein Fazit:
Zuerst zwar schlecht gelesen, aber gut konstruiert. Zum Schluss absurd.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Sprecher
  • Erzählstil
  • Spannung
  • Cover
Veröffentlicht am 30.12.2020

Die Geister mögen das nicht

Hinter diesen Türen
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Zum Inhalt:
Eine junge Frau schreibt an einen Rechtsanwalt, weil sie zu Unrecht des Mordes an einem Kind beschuldigt wird. Sie wurde als Kindermädchen von einem reichen Architektenpaar für deren vier Töchter ...

Zum Inhalt:
Eine junge Frau schreibt an einen Rechtsanwalt, weil sie zu Unrecht des Mordes an einem Kind beschuldigt wird. Sie wurde als Kindermädchen von einem reichen Architektenpaar für deren vier Töchter engagiert, welches sich in der schottischen Einöde ein Traumhaus mit Smart-Steuerung gebaut hat. Ein wunderbarer Job mit einem exorbitanten Gehalt. Seltsam nur, dass die Vorgängerinnen so schnell das Handtuch geworfen haben. Und dann passieren auch ihr unerklärliche Dinge und die Kinder verhalten sich äußerst merkwürdig und teilen ihr mit „Die Geister mögen das nicht“.

Mein Eindruck:
Ruth Ware hat bis ein paar Seiten vor Schluss eine wunderbar spannende Geschichte entwickelt, die man nicht aus der Hand zu nehmen vermag. Sie baut interessante Wendungen ein, die Angst der Protagonistin ist spürbar, die Leser/innen wünschen sich, dass der angeschriebene Star-Anwalt der Delinquentin zu ihrem Recht verhilft.
Doch dann überrascht die Autorin mit einem Schluss, der einen absolut sprachlos vor diesem Ende sitzen lässt. Und dadurch setzt das Gehirn wieder ein und man denkt sich: Warum verhalten sich sämtliche Erwachsenen entweder selten dämlich oder so undurchsichtig wie in einem Daphne du Maurier Thriller? Und ist es wirklich möglich, in einem so ausdifferenziert überwachten Haus die Taten auszuführen, die zu den dauernden Kindermädchen-Wechseln, zur Traumatisierung der Kinder und letztendlich zum Tod des Mädchens geführt haben? Nein, ist es nicht und das führt die ganze, konstruierte Geschichte letztendlich ad Absurdum. Wohlgemerkt, - wäre das Ende nicht so hanebüchen und unbefriedigend, würde man einfach über diese Umstände hinwegsehen, denn Ruth Ware schreibt eindringlich und nimmt einen dadurch gefangen. Aber so bleiben nur 3 von 5 Sternen für eine grandiose Enttäuschung zum Schluss.

Mein Fazit:
Als Tiger gesprungen, um als Bettvorleger zu enden

Veröffentlicht am 12.12.2020

Sehr übertrieben

Als die Nacht begann
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Zum Inhalt:
Als kurz nach einer jungen Frau ein Mann erschossen wird, stellt sich dem Berliner Kommissar Jan Tommen und seiner Clique die Frage, ob der Schütze wahllos mordet oder ein Motiv dafür hat, ...

Zum Inhalt:
Als kurz nach einer jungen Frau ein Mann erschossen wird, stellt sich dem Berliner Kommissar Jan Tommen und seiner Clique die Frage, ob der Schütze wahllos mordet oder ein Motiv dafür hat, genau diese Menschen umzubringen.

Mein Eindruck:
„Als die Nacht begann“ ist das siebte Buch einer Reihe und es ist klüger, sich an die Reihenfolge zu halten, denn der Autor bietet weder Rückblenden noch Beziehungserklärungen an. So muss man akzeptieren, dass in der Berliner Polizei eher unkonventionell und nicht nur am Rande der Legalität ermittelt wird; dieses mit Kenntnis und Unterstützung des Vorgesetzten und der Staatsanwaltschaft. Tommens Freunde gehören nicht alle zur Polizei, seine Clique besteht dabei aus zwei weiteren Männern und einer Frau, alle superlässig, politisch korrekt (PoC und homosexuell vertreten) und absolute Knaller auf ihrem Gebiet. Auch sonst ist die Geschichte wenig glaubhaft, macht aber dennoch einigen Spaß. Deshalb sieht man gerne über die hanebüchenen Verhaltensweisen und übertriebene Coolness im Umgang miteinander hinweg.
Hartungs Stil ist ähnlich wie sein Thriller: Hart, ungeschönt, schnell. Gut gefällt die Klammer, die Prolog und Epilog bilden, - nicht nur zur Einführung und Abschluss eines Buches, sondern auch inhaltlich aufeinander abgestimmt.


Mein Fazit:
James Bond ist ein Berliner