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Veröffentlicht am 27.02.2017

Vielschichtige Familiengeschichte mit gut gehüteten Geheimnissen

Meer des Schweigens
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Ein Geheimnis, eine Lüge und eine Rache sind grob gefasst nach Angabe des Klappentextes die Zutaten zum Buch „Meer des Schweigens“, dem Debütroman der gebürtigen Deutschen, heute aber in Namibia wohnenden ...

Ein Geheimnis, eine Lüge und eine Rache sind grob gefasst nach Angabe des Klappentextes die Zutaten zum Buch „Meer des Schweigens“, dem Debütroman der gebürtigen Deutschen, heute aber in Namibia wohnenden Iris Grädler. Wie auf dem Coverbild ziehen über einem kleinen Küstenort Cornwalls dunkle Wolken auf, als zuerst ein toter Hund und drei Tage später eine männliche Leiche, die in eine Plane gewickelt ist, angeschwemmt werden. Für den zuständigen Detective Inspector Collin Brown ist es der erste Mordfall seit er sich vor einigen Jahren von Southhampton an die Küste versetzen ließ. Entsprechend ungewohnt für die Teammitglieder ist die Vorgehensweise, da sie eher an beschaulich vonstattengehende Ermittlungen gewöhnt sind. Doch die Bewohner befürchten weitere Morde und drängen auf eine schnelle Aufklärung. Diese Sorge fand ich etwas zu übertrieben dargestellt. Aber zunächst sieht es so aus als ob das Meer sein Geheimnis nicht preisgeben will, wer der Tote ist und warum er ermordet wurde.

Die Erzählung besteht aus drei Erzählsträngen, die parallel verlaufen und zu denen die Autorin ohne festen Rhythmus wechselt. Neben den Mordermittlungen lernt der Leser Elisabeth kennen, die aus Australien nach Southhampton zur Beerdigung ihres Bruders Anthony gereist ist, mit dem sie zuletzt vor 20 Jahren Kontakt hatte. Warum das so, offenbart sich im Laufe des Romans. Anthonys beste Freundin und Exfrau Martha zweifelt den attestierten natürlichen Tod von ihm an.

In einer dritten Geschichte geht es um den gutsituierten, allein stehenden Frührentner Elroy Smitton und Su, die mit ihrer Tochter in einer Wohnung auf seinem Grundstück lebt. Su hat bisher wenig Glück gehabt und sieht es nun als ihre Aufgabe sich nebenher ein wenig um Elroy zu kümmern mit der Hoffnung auf eine Beziehung. Argwöhnisch und misstrauisch beobachtet sie, dass Elroy eine andere Frau kennenlernt, der er offensichtlich sehr zugeneigt ist. Unterbrochen werden die Handlungen von insgesamt zehn Geboten, die jedoch mit den allgemein Bekannten der Bibel wenig zu tun haben, sondern stattdessen einem kranken Geist zuzuordnen sein können. Der Zusammenhang wird wie so vieles es ganz zum Ende hin begreifbar.

Diese drei Erzählungen stehen zunächst ohne Zusammenhang nebeneinander bevor die erste Verknüpfungspunkt erscheint. Iris Grädler widmet sich den einzelnen Figuren ihrer Geschichte sehr ausführlich. Es entsteht jeweils eine facettenreiche Charakterisierung, die dem Leser interessante Persönlichkeiten näher bringen. Ihnen ist meistens bereits viel Unbill im Leben widerfahren. Manches mal blickt sie dabei auch unter die Oberfläche der Gesellschaft. Der Leser könnte nun aufgrund der ausführlichen Schilderungen begreifen, warum die Personen so und nicht anders handeln, wenn die Autorin nicht die wohldosierten Hintergrundinformationen erst nach und nach offenlegen würde, so dass sich auf der Suche nach weiteren Fakten ein schnelles Weiterlesen lohnt. Das trägt zum Spannungserhalt bei. Überhaupt bleibt der Spannungsbogen bis zum Schluss bestehen, flacht aber mittig durch allzu weite Ausschweifungen etwas ab. Eine der Geschichten wird unerwartet erst zum Ende hin weiter- und mit den anderen beiden Erzählungen zusammengeführt.

Ebenso wie die Personen vermag die Autorin die Umgebung so ausführlich zu beschreiben, dass man sich diese sehr gut vorstellen kann. Irritierend war jedoch eine Dienstreise Collins nach Manchester, also in den Norden Englands, in deren Zusammenhang aber mehrmals von Schotten und Schottland gesprochen wurde. Etwas übertrieben fand ich die Sorge der Bewohner des Küstenstädtchens in Hinsicht auf weitere Morde.

„Meer des Schweigens“ ist ein Kriminalroman, aber auch eine vielschichtige Familiengeschichte mit gut gehüteten Geheimnissen. Immer im Hinterkopf blieb mir die im Klappentext erwähnte Rache, die denn am Ende als Handlungsmotiv die Erzählungen miteinander verbindet und das Buch zu einem lesenswerten und unterhaltsamen Buch macht.

Veröffentlicht am 27.02.2017

Kurzweiliger Zeitvertreib

Ein Ja im Sommer
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Es ist Mai und die Hochzeitssaison hat begonnen. In Savannah (Georgia/USA) betreibt Cara, Mitte 30, ein Blumengeschäft. Zwar ist sie keine gelernte Floristin, hat sich aber durch ihre kreativen Ideen einen ...

Es ist Mai und die Hochzeitssaison hat begonnen. In Savannah (Georgia/USA) betreibt Cara, Mitte 30, ein Blumengeschäft. Zwar ist sie keine gelernte Floristin, hat sich aber durch ihre kreativen Ideen einen guten Ruf erarbeitet. Seit ihrer Scheidung vor etwa einem Jahr ist sie keine Beziehung mehr ein. Ihr Hund Poppy und ihre Arbeit füllen ihren Tag aus. Damit sie das Geschäft von der Vorbesitzerin übernehmen konnte, hat sie sich Geld von ihrem Vater geliehen und nun drängt dieser sie zur Rückgabe. Eine große zu planende Heirat Anfang Juli könnte ihre finanziellen Sorgen beheben, doch die Konkurrenz schläft nicht und intrigiert an unerwarteten Stellen. Außerdem nimmt der Restaurator Jack ihren Hund, der weggelaufen ist, mit zu sich nach Hause und gibt ihn Cara gegenüber als seinen eigenen Hund aus. Cara versteht die Welt nicht mehr! Wenn nur dieser Jack nicht so gut aussehen und so einen Charme besitzen würde!

„Ein Ja im Sommer“ von Mary Kay Andrews ist der passende Titel zum Buch in dem von einer ganzen Reihe Hochzeiten die Rede ist. Im Detail beschreibt die Autorin Sträuße, Gestecke und weitere Blumenarrangements in rauschenden oder gedeckten Farben, immer aufeinander abgestimmt durch Caras Blick für Details und ihr künstlerisches Geschick. Diese Farbenpracht bildet den Hintergrund für die Probleme mit denen sich die Protagonistin auseinandersetzt. Doch die sympathische Cara gibt nicht auf und lernt, auf ihre eigenen Fähigkeiten zu vertrauen. Mir scheinen einige Handlungen von ihr und anderen rechtlich gesehen nicht immer einwandfrei, sie steigern jedoch den Unterhaltungswert. Unerwartete Wendungen geben dem Buch seine Würze. Die Schilderungen der Verhaltensweisen von kurz vor ihrer Heirat stehenden Brautpaaren sind erheiternd.

Der Roman liest sich locker-leicht. Er ist ein netter Zeitvertreib zum Abschalten vom Alltag ohne großen Tiefgang, eine Empfehlung für alle Liebesromanleser und vor allem für alle Fans der Autorin.

Veröffentlicht am 27.02.2017

Ein Kriminalfall, nachdenklich stimmende Storys, blasse Liebesgeschichte

Mit jedem neuen Tag
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Der Journalist Andrew wird auf seiner morgendlichen Joggingrunde von einer unbekannten Person angegriffen. Ein vorsätzlich geführter, geübter Messerstich lässt ihm wenig Zeit ärztliche Hilfe in Anspruch ...

Der Journalist Andrew wird auf seiner morgendlichen Joggingrunde von einer unbekannten Person angegriffen. Ein vorsätzlich geführter, geübter Messerstich lässt ihm wenig Zeit ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Doch Andrew erhält wunderbarerweise vom Leben eine zweite Chance und wacht nach einer Bewusstlosigkeit zwei Monate vor dem Angriff, in seiner Vergangenheit wieder auf.

Am Beginn seines Buchs „Mit jedem neuen Tag“ schildert Marc Levy zunächst den Überfall. Die eigentliche Erzählung beginnt dann damit, dass Andrew eine Freundin aus Jugendzeiten wiedertrifft. Valery ist zwar in einer Beziehung, aber beide zieht es zueinander hin, so dass Andrew beschließt, ihr einen Heiratsantrag zu machen. Noch vor der Hochzeit lernt er eine andere Frau kennen, in die er sich verliebt. Seine Gefühle kann er nicht gänzlich unterdrücken und so gesteht er sie seiner Frau am Abend der Heirat, woraufhin sie ihn verlässt.

Während sein Privatleben im Aufruhr ist, recherchiert Andrew für einen neuen großen Artikel über eine unglaubliche Geschichte, die sich in Argentinien in den 70er Jahren zugetragen hat. Erst kurz vorher hat er einen Skandal aufgedeckt, der ihn nach China führte. Besonders ein Kollege neidet ihm seinen Erfolg. Mit seiner zweiten Chance erhält er nun die Gelegenheit in seinem Privatleben zu vermeiden, Valerys Gefühle zu verletzen und gleichzeitig bei seinen Recherchen zu verhindern dem Gegner ins Visier zu geraten, denn in diesem Bereich vermutet er seinen Attentäter. Valery, seine Freunde und Kollegen hält er für ungeeignet, die Tat vollbracht zu haben oder täuscht er sich in dieser Ansicht?

„Mit jedem neuen Tag“ schreibt Andrew auf sein Notizheft in dem er Rechercheergebnisse festhält, als ihm die zweite Chance gegeben wird. Denn ihm wird bald klar, dass er durch wenige Abweichungen in seinem eigenen Verhalten durchaus eine Änderung in seinem Umfeld hervorrufen kann und so kommt er mit jedem neuen Tag der Lösung des Falls näher. Im vorliegenden Roman steht die Liebe weniger im Vordergrund, sondern die Aufklärung des Überfalls. Dabei konfrontiert der Autor den Leser mit zwei ungeheuerlichen Ereignissen der Geschichte.

Mit den Charakteren des Romans konnte ich mich im Laufe der Erzählung nicht anfreunden. Andrew war mir als Figur zu flattrig in Bezug auf seine Liebe, zu schnell wendete er sich von Valery ab nachdem er die andere Frau kennengelernt hatte, zu bedacht ist er darauf, Karriere zu machen. Aber auch Valery konnte mir nicht sympathisch werden, vielleicht war ihr Verhalten während ihrer Jugendzeit Andrew gegenüber dabei ausschlaggebend.

Die Gestaltung des Covers finde ich zu allgemein, es führte mich weder zum Titel noch zum Inhalt. Der Schreibstil von Marc Levy war leicht und flüssig zu lesen. Gerade auf den ersten Seiten entwickelte sich die Geschichte rasch weiter und wartete mit einer überraschenden Lösung auf. Ich war von den Themen im Buch betroffen. Sie machen den Leser nachdenklich und werden mir sicher in Erinnerung bleiben. Ich empfehle dieses Buch Lesern, die gerne Thriller mit Liebesgeschichte im Hintergrund lesen.

Veröffentlicht am 27.02.2017

Erwartungen ans Leben enden mit körperlichen und seelischen Blessuren

Ellbogen
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Hazal begegnete ich im Roman „Ellbogen“, dem Debüt von Fatma Aydemir zum ersten Mal zwei Tage vor ihrem 18. Geburtstag. Doch die für sie damit verbundene Volljährigkeit wird für die junge Türkin kaum Änderungen ...

Hazal begegnete ich im Roman „Ellbogen“, dem Debüt von Fatma Aydemir zum ersten Mal zwei Tage vor ihrem 18. Geburtstag. Doch die für sie damit verbundene Volljährigkeit wird für die junge Türkin kaum Änderungen in ihrem Leben bringen, denn in der Familie hat sie sich weiter dem Diktat der Eltern zu beugen. Sie geht auf eine berufsvorbereitende Schule und jobbt in der Bäckerei ihres Onkels, die auf dem Papier ihrer Mutter gehört. Ihr Vater ist Taxifahrer, ihre Mutter arbeitet selber nur gelegentlich in der Bäckerei, was ihr genügend Zeit gibt, den nötigen Respekt gegenüber den Eltern bei Hazal einzufordern. Wird der Vater wütend scheut er nicht davor zurück, Hazal zu bestrafen. Aber längst liebt ihre Mutter ihren Vater nicht mehr, hat ihn vielleicht nie geliebt, denn die Ehe wurde arrangiert. Für ein eigenständiges Leben fühlt Hazals Mutter sich nicht bereit und auch finanziell ist sie von ihrem Mann abhängig.

Mit ihren Freundinnen, alle mit Migrationshintergrund, hat Hazal geplant, in der ersten Nacht ihrer Volljährigkeit einen ganz bestimmten angesagten Club aufzusuchen, natürlich ohne dass ihre Eltern davon erfahren sollen. Doch dann kommen die Planungen für ihre geheime Party zwei Tage vorher ins Stocken. Als sie es endlich bis zum Eingang des Clubs geschafft haben, lässt sie der Türsteher nicht rein. Die drei Mädchen sind am Boden zerstört, die Stimmung ist entsprechend aufgeladen und dann fühlen sie sich auf der Heimfahrt von einer eher als harmlos einzustufenden Person derart provoziert, dass es zum Äußersten, Undenkbaren kommt. Hazal erscheint der einzige Ausweg die Flucht nach Istanbul zu einem zehn Jahre älteren alleinstehenden Mann den sie nur aus dem Chat im Internet kennt.

Fatma Aydemir lässt in dem ersten der drei Teile des Buchs ihre Protagonistin aus ihrem Alltag erzählen in einem in ihrem Umfeld üblichen und realistischen Slang. Hineingeworfen in eine für Hazal sehr unangenehme Situation konnte ich sie gleich dabei kennenlernen wie sie alles daran setzt, sich durch Mitleid und Lügen herauszuwinden. Das wurde ihr bereits als Kind von ihrer Mutter so beigebracht. Die junge Frau erklärt im weiteren Verlauf der Geschichte, dass es immer darum geht, allen ein erfolgreiches Leben vorzuspielen. Gelingt das nicht, darf auch mal ein Selbstmordversuch vorgetäuscht werden. Bei all dem findet sie nicht zu ihrer eigenen Identität. Jeden Schritt den sie geht wird durch Regeln und Verbote gelenkt. Jede Abweichung von den Erwartungen der anderen an ihre eigene Person endet mit emotionalen und körperlichen Blessuren, die angewendeten Ellbogenschläge lauern überall.

Hazal als Figur ist keine Sympathieträgerin. Obwohl ihre Tante Semra, die anders lebt als die übrigen Familienmitglieder ihr als Vorbild dienen könnte eifert sie ihr nicht nach und sie scheint auch nicht aktiv nach Wegen für eine beruflich erfolgversprechende Zukunft zu suchen. Es sind die kleinen Momente und Erinnerungen und die Ausweglosigkeit die die Protagonistin für sich und ihre Freundinnen sieht die den Roman so erschreckend machen.

Der erste Teil endet abrupt, in den beiden folgenden begleitete ich Hazal nach Istanbul. Obwohl ihr sicher immer wieder gesagt wurde, dass man sich auf keinen Fall auf unbekannte Männer einlässt, ist sie zu ihrer Internetbekanntschaft gefahren und in seine Wohnung eingezogen, wobei sie von Beginn an weiß, dass er vermutlich eine Gegenleistung verlangen wird. Hazal ist natürlich durch die vorangegangenen Ereignisse aufgelöst, verwirrt und verzweifelt, doch auf mich wirkte sie manches Mal auch reichlich unbeholfen und unwissend. Schnell war sie immer bereit, ihre Mitmenschen zu attribuieren. Da gab es die Syrerin und den Studenten, die sie persönlich nicht kannte und diese dennoch als solche benennen konnte, nur um irgendwann später dann selbst die Frage aufzuwerfen, ob man die Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft einer Person ansieht.

Führte mich der erste Teil noch in eine deutsche Subkultur die ich so persönlich nicht kannte, so folgte ich der Protagonistin in die türkische Hauptstadt um sie dort im Überlebenskampf wiederzufinden, dem sie doch eigentlich entrinnen wollte. In Form einiger Freunde drängt sich nun das aktuelle politische Geschehen in die Erzählung, was für Hazal aber nur neue Ängste bringt. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Gegenheiten erfolgt nicht weiter.

Ich habe auf eine Lösung für die Probleme von Hazal gehofft, was meine Lesegeschwindigkeit vorangetrieben hat. Mir war klar, dass ihre unfassbare Tat ihr Leben in erheblichem Maße verändert hat. „Ellbogen“ gab mir auf beängstigende Weise eine realistische Darstellung und eine mögliche Erklärung der Hintergründe für die immer wieder sich ereignenden gewalttätiger Übergriffe von Jugendlichen, ein Buch das beängstigend ist und so wichtig für das Verstehen.

Veröffentlicht am 20.02.2017

Junge Protagonistin geht förmlich über Leichen um ihren Vater zu finden

Cruelty: Ab jetzt kämpfst du allein
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Beim Thriller „Cruelty“ von Scott Bergstrom ist der Titel Programm, denn die Geschichte beinhaltet einige grausam anmutende Szenen. Wer also Gewaltanwendung bei kriminellen Handlungen nicht mag, für den ...

Beim Thriller „Cruelty“ von Scott Bergstrom ist der Titel Programm, denn die Geschichte beinhaltet einige grausam anmutende Szenen. Wer also Gewaltanwendung bei kriminellen Handlungen nicht mag, für den ist dieses Buch nicht geeignet. In kräftigem Orange macht nicht nur der Titel auf dem Cover, sondern auch der in gleicher Farbe eingefärbte Buchschnitt auf sich Thriller aufmerksam. Diese Farbe habe ich direkt mit Gefahr in Verbindung gebracht vor der ich gewarnt werden sollte. Auch der düstere Untertitel „Ab jetzt kämpfst du allein“ erzeugte in mir bereits bei der Betrachtung des Buchs ein beklemmendes Gefühl.

Gwendolyn Bloom ist 17 Jahre alt und lebt momentan in New York. Ihre Mutter ist vor zehn Jahren gestorben. Mit ihrem Stiefvater, der als Politoffizier bei der UN beschäftigt ist, lebt sie irgendwo auf der Welt jeweils über einen längeren Zeitraum dort, wo er gerade beschäftigt ist. Am Tag nach seinem Geburtstag fliegt er aus beruflichen Gründen zu einem Kurzaufenthalt nach Paris. Noch am gleichen Abend stehen plötzlich zwei Special Agents des Diplomatischen Sicherheitsdienstes vor ihrer Haustür und teilen ihr das Verschwinden ihres Vaters mit. Erst auf diese Weise erfährt sie, dass er ein Spion der CIA ist. Weitere Tage vergehen und die rechtschaffene Schwester ihrer Mutter reist an, um sich um sie zu kümmern. Doch je mehr Zeit vergeht, desto weniger traut Gwendolyn dem Geheimdienst zu, ihren Vater zu finden. Der einzige Anhaltspunkt von dem aus sie ihre eigene Suche aufnehmen kann ist ein altes Taschenbuch, das ihr Vater bei einem Nachbarn kurz vor seiner Abreise deponiert hat. Doch mit unglaublichem Spürsinn gelingt es ihr, die Fährte aufzunehmen. Ihr Nachbar, früher selber für einen Geheimdienst tätig, vermittelt ihr einen Kontakt in Paris, der versucht sie physisch und psychisch auf potentielle Gefahren bei ihrer Suche vorzubereiten. Doch das was dann folgt hat Gwendolyn nicht in ihren schlimmsten Träumen vorausgesehen. Es ist eine Welt voller Gewalt zur Durchsetzung eigener Interessen die aus dem Handel mit Drogen, Menschen und Waffen bestehen.

Das Buch ist im Präsens geschrieben und so kamen mir die Gefahren in die die Protagonisten gerät noch gegenwärtiger vor. Gwendolyn verändert sich als recht junger Charakter in der feindlichen Welt der Geheimdienste sehr schnell. Auch in der Presse erfahre ich immer wieder von Radikalisierungen Jugendlicher bei denen ich staune, wie rasch das möglich ist. Scott Bergstrom beschreibt seine Hauptfigur als groß und kräftig. Eher untypisch für diesen Körperbau trainiert Gwen mehrmals wöchentlich an Sportgeräten auf hohem Niveau. Es ist also annähernd realistisch, wenn sie sich nach ihrer Vorbereitung in Paris erwachsenen Männern kämpferisch entgegenstellt. Sie spricht mehrere Sprachen und steht durch ihre Auslandsaufenthalte an der Seite ihres Vaters anderen Kulturen sensibel und offen gegenüber. Auch das Glück und der Zufall kommen ihr bei ihrer Mission häufiger entgegen. Allerdings fand ich es weniger glaubwürdig, dass sie die mentale Kraft besitzt den Level der Gewaltanwendung so anhaltend hoch zu halten und wörtlich über Leichen zu gehen um ihren Vater zu retten, der sie lebenslang über seine Tätigkeit belogen und immer wieder zu alleinigen Reisen aufgebrochen ist, ohne für ihre Sicherheit zu sorgen.

Nach einer eher ruhigen Einführung in die Welt von Gwendolyn beginnt die Spannung mit der Entführung des Vaters. Auch wenn die Protagonistin im Mittelteil auf der Stelle zu treten scheint konnte ich eine gewisse Erwartung weiteren Nervenkitzels nicht leugnen und ich wurde nicht enttäuscht. Zum Schluss bereitete der Autor mir ein furioses Finale. Das Ende deutet auf eine Fortsetzung hin. Wer mit Gewalt in Thrillern klar kommt und sich die Reife einer noch jungen Frau vorstellen kann, wird dieses Buch mögen und sich von der anhaltenden Spannung mitreißen lassen.