Profilbild von kayla

kayla

Lesejury Star
offline

kayla ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit kayla über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.03.2021

Kryptische Zeichen

Die Oxford-Morde
0

„Zwei Symbole sind weiterhin sehr ambivalent.“

Oxford 1993:
Ein argentinischer Stipendiat schreibt seine Doktorarbeit bei der Mathematik-Koryphäe Arthur Seldom. Der Erzähler („G.“ – der Autor studierte ...

„Zwei Symbole sind weiterhin sehr ambivalent.“

Oxford 1993:
Ein argentinischer Stipendiat schreibt seine Doktorarbeit bei der Mathematik-Koryphäe Arthur Seldom. Der Erzähler („G.“ – der Autor studierte selbst Mathematik in Oxford) bezieht seine Wohnung bei einer netten alten Dame namens Mrs. Eagleton. Diese wird von ihrer Mitbewohnerin/Enkelin betreut. Voller Enthusiasmus beginnt der junge Mann sein Vorhaben, und er findet schnell Anschluss im Universitätsstädtchen - bei einem Tennismatch lernt er seine spätere Freundin, die Krankenschwester Lorna, kennen. Alles könnte perfekt sein. Doch eines Tages findet er seine Vermieterin tot auf dem Sofa vor. Wer hat die alte Frau auf dem Gewissen? Hat ihr plötzlicher Tod etwas mit ihrer Tätigkeit im Zweiten Weltkrieg zu tun? Professor Seldom kannte die Vermieterin und ihre Enkelin gut. Als die Polizei die Wissenschaftler befragt, die Morde sich häufen, und der Mörder kryptische Botschaften (beziehungsweise Symbole) im Gebäude der mathematischen Fakultät hinterlässt, beschließt der Akademiker, gemeinsam mit seinem Schützling den Dingen auf den Grund zu gehen…
Da mir „Der Fall Alice im Wunderland“ so gut gefiel, musste ich auch „Die Oxford Morde“ lesen. Man kann „Die Oxford Morde“ als Auftaktband einer Reihe rund um ein akademisches Ermittlerduo betrachten.
Neben der Krimihandlung gibt es auch Einblicke in die akademische Welt und die (Mathematik)Wissenschaft. E-Mails werden ausgetauscht, Textnachrichten oder Social Media spielen noch keine Rolle. Dieser Aspekt des Krimis gefiel mir besonders gut. Die Figuren hätten jedoch ein wenig mehr Feinschliff vertragen, Feintuning gibt es erst im zweiten Band der Reihe rund um Seldom & G.
Über die teilweise sexistischen Aussagen des Ich-Erzählers habe ich mich sehr gewundert – sollte so seine Unreife betont werden oder gezeigt werden, dass auch ein kluger „Kopf“ Dummes von sich geben kann („Ihr Kittel, ein ausgesprochen dünner Stoff, spannte sich ausnehmend adrett über ihrer Brust.“)?
Der Krimi ist ein klassisches Whodunit, die Konstruktion ist nicht schlecht und durchaus raffiniert, ich hatte den Mörder jedoch schon relativ zu Beginn im Visier, meine Vermutung erwies sich am Ende auch als richtig.

Fazit:
„Die Oxford Morde“ ist ein solider Universitätsroman mit Krimielementen. Einen „Suspensekracher“ darf man jedoch nicht erwarten, obwohl es auch spannende Passagen gibt. Der Folgeband („Der Fall Alice im Wunderland“) gefiel mir besser.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.03.2021

Das Leben ist Traum

Der Zirkus von Girifalco
0


Domenico Dara wurde 1971 in Italien geboren, er wuchs in Girifalco auf. Nach „Der Postbote von Girifalco, oder: Eine kurze Geschichte über den Zufall“ legt er mit „Der Zirkus von Girifalco“ ...


Domenico Dara wurde 1971 in Italien geboren, er wuchs in Girifalco auf. Nach „Der Postbote von Girifalco, oder: Eine kurze Geschichte über den Zufall“ legt er mit „Der Zirkus von Girifalco“ den zweiten Roman vor, dessen Handlung im kleinen kalabrischen Ort angesiedelt ist.

Kaleidoskopartig entwirft der Autor die Geschichte, es scheinen kurze Episoden zu sein, Schlaglichter fallen auf die Leben der Bewohner, und doch hängt alles irgendwie zusammen, wie es im Mikrokosmos Dorf eben so ist. Es gibt skurrile Figuren, sind sie etwa Typen? Seit John Irving kennt man die speziellen Außenseiter. Es ist Daras Sprache, die besonders ist. Auch wenn manche Aussagen Widerspruch erregen. Da gibt es natürlich "unterwürfige Frauen", die man im Süden leicht "finden kann". Hausstände wie von "Sultanen". Aber dennoch liest sich das Ganze gut, oszilliert zwischen Poesie und Profanität. Auch Spuren von magischem Realismus sind enthalten.
Ich liebe die römisch – katholische Atmosphäre, welche vom Autor entworfen wird: Das Fest zu Ehren des Patronatsheiligen San Rocco steht an, das ganze Dorf fiebert diesem Ereignis entgegen, die gesamte Aufmerksamkeit ist auf diesen Feiertag gerichtet – niemand rechnet mit dem mysteriösen Zirkus, der seine Zelte in Girifalco aufschlagen und das Leben der Menschen entscheidend beeinflussen soll …

Über die Figuren habe ich mich köstlich amüsiert, aber ich habe auch mit ihnen gelitten. Unter dem Deckmantel der Homosexualität verhält sich etwa der Dorfschneider wie ein wahrer Don Juan. Die gehörnten Ehemänner ahnen gar nicht, dass er ihre Frauen verführt! Archimedu (nomen est omen) leidet hingegen unter dem Verlust seines Bruders. Beim Lesen musste ich unwillkürlich an die klassischen Elemente der griechischen Tragödie denken; der Humor kommt dennoch nicht zu kurz!
Obwohl die Figuren sehr eigen sind, kann man als Leser/in eine Verbindung zu ihnen aufbauen; trotz aller Skurrilität besitzen sie anrührende, menschliche Eigenschaften.
Nur gute Literatur kann das – den Leser berühren. Daher lohnt sich eine Lektüre des Romans, trotz gewisser Längen gelingt es Domenico Dara, eine fesselnde Erzählung zu präsentieren.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.02.2021

Gerechtigkeit für Camilla Flores

All die dunklen Lügen
0

„All die dunklen Lügen“ ist der zweite Band der Ellery-Hathaway-Reihe. Obwohl ich den ersten Band („Wie viele willst du töten“) nicht gelesen habe, hatte ich bei der Lektüre keine Verständnisschwierigkeiten, ...

„All die dunklen Lügen“ ist der zweite Band der Ellery-Hathaway-Reihe. Obwohl ich den ersten Band („Wie viele willst du töten“) nicht gelesen habe, hatte ich bei der Lektüre keine Verständnisschwierigkeiten, da die Autorin Joanna Schaffhausen alle wichtigen Informationen in Band zwei integriert. Meines Erachtens sind also keine Vorkenntnisse nötig, Band zwei kann man prima als stand alone lesen.
Worum geht’s?
Der FBI-Agent Reed Markham bittet die Polizistin Ellery Hathaway um Hilfe. Er will einen besonderen Cold Case aufklären. In den 1970er Jahren wurde seine leibliche Mutter (eine Puertoricanerin) brutal ermordet. Reed wurde als Kind vom aufstrebenden Politiker Angus Markham adoptiert, es fehlte ihm an nichts. Dennoch lässt ihm die Suche nach seinen Wurzeln keine Ruhe – wer ermordete seine Mutter? War es ein Serienmörder? Auch eine Prostituierte wurde getötet, die Ermittlungsbehörden sahen aber keinen Zusammenhang zwischen den Fällen. Hatte womöglich ein korrupter Polizist seine Finger im Spiel?
Als das Ermittlerduo beginnt, einer heißen Spur zu folgen, stößt es auf eine Mauer des Schweigens…
Der Prolog war unheimlich spannend, er bietet einen Blick in die Vergangenheit. Dann beginnt die eigentliche, lineare Erzählung. Die Protagonisten sind gut charakterisiert, man fiebert sofort mit ihnen mit. Mir waren Reed und Ellery sehr sympathisch, sie haben eine besondere Verbindung zueinander. Die restlichen Figuren sind hinreichend charakterisiert, da sie jedoch in den Hintergrund treten, bleiben sie eher blass. Eine besondere Rolle spielt Ellerys Hund „Speed Bump“.
Die Geschichte wird flüssig erzählt, es gibt keine Längen in der Handlung, und man möchte als Leser/in stets wissen, was als Nächstes geschehen wird. „All die dunklen Lügen“ ist jedoch nicht so düster und brutal, wie der Titel klingt, auch wenn es Szenen gibt, die ich als bedrückend empfunden habe. Der Roman ist solide geplottet, das pacing ist genau richtig, einen pageturner mit einem packenden Showdown darf man jedoch nicht erwarten. Die Krimi - Handlung dominiert nicht, der Fokus liegt meines Erachtens mehr auf der Beziehung der Figuren zueinander, was kein Nachteil sein muss. Die Beschreibungen sind plastisch, beim Lesen fühlte ich mich, als würde ich einen Hollywoodfilm schauen. Den Handlungsverlauf fand ich jedoch vorhersehbar, für mich gab es keine verblüffenden Wendungen oder unvorhersehbare Überraschungsmomente, was auch damit zusammenhängen kann, dass Schaffhausen jeden Konflikt im Roman relativ schnell auflöst. Allzu flach ist die Geschichte dennoch nicht. Erzähltechnisch dominieren Dialoge, das fand ich etwas gewöhnungsbedürftig. Mir ist auch nicht ganz klar, weshalb dieser zweite deutsche Teil im englischen Original der dritte Band der Reihe ist.
Fazit:
Perfekte Unterhaltung für Zwischendurch!
Trotz kleiner Mängel habe ich „All die dunklen Lügen“ gerne gelesen, daher habe ich auch den ersten Band der Reihe auf meine Leseliste gesetzt.


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.02.2021

Eine starke Frau

Katharina von Aragón (Die Tudor-Königinnen 1)
0

1. Katharina von Aragón: Die wahre Königin (Die Tudor-Königinnen 1)
2. Anne Boleyn: Die Mutter der Königin (Die Tudor-Königinnen 2)

Heinrich VIII war lange eine dominierende Figur in der populärwissenschaftlichen ...

1. Katharina von Aragón: Die wahre Königin (Die Tudor-Königinnen 1)
2. Anne Boleyn: Die Mutter der Königin (Die Tudor-Königinnen 2)

Heinrich VIII war lange eine dominierende Figur in der populärwissenschaftlichen Darstellung & in der Unterhaltungsliteratur. In den Film – und Serienadaptionen waren es ferner Anne Boleyn und Jane Seymour, die in den Fokus gerückt wurden, etwa in der Serie „The Tudors“ oder im Film „Die Schwester der Königin“.

Im Jahr 2019 stand endlich auch einmal König Heinrichs erste Frau Katharina im Mittelpunkt, in der TV – Serie „The Spanish Princess“ (nach einer Vorlage von Philippa Gregory, die auch „Die Schwester der Königin“ verfasste).
Grund genug, Alison Weirs biographischen Roman „Katharina von Aragon: Die wahre Königin“ zu lesen.
Es ist der erste Band der Tudor- Königinnen -Reihe. Der historische Roman ist formal in drei Teile gegliedert, dann gibt es noch den Anhang mit den dramatis personae und einer Zeittafel. Den Anhang fand ich besonders interessant, auch der im Buch enthaltene Stammbaum ist für ein historisches Thema unverzichtbar. Da die Autorin eigentlich Geschichtslehrerin ist, kann man eine saubere Recherche erwarten, obwohl das Ganze natürlich in gewisser Weise dem Genre „Biographische Fiktion“ zuzuordnen ist.
Katharinas Lebensweg wird beschrieben, die spanische Prinzessin wird zur Königin von England und ist, im Nachhinein betrachtet, die „wahre Königin“, auch wenn ihr Ehemann sie auf grausame Art und Weise verstoßen soll. Alison Weir gelingt das Kunststück, Katharina von Aragon auch für eine nicht-akademische Leserschaft greifbar zu machen.
1501 setzt Katharina den Fuß auf englischen Boden. Eigentlich ist sie Prinz Arthur versprochen, dieser verstirbt jedoch. Daher wird sie mit dem Thronerben Prinz Heinrich verlobt und verheiratet. Doch es soll keine glückliche Ehe werden.
Als Leser/in fühlt man mit Katharina. Sie wird als starke, tiefgläubige, prinzipientreue Frau porträtiert. „Die wahre Königin“ ist ideal, um sich der historischen Figur zu nähern. Alison Weirs Stil (bzw. die deutsche Übersetzung) war jedoch nicht immer mein Fall, weswegen ich einen Stern abziehe. Ich finde es jedoch gut, dass die Autorin keine Ich-Erzählerin auftreten lässt & sich so nicht wilden Spekulationen hingibt (wie es andere Autorinnen, die mit historischen Versatzstücken arbeiten, manchmal tun).
Der Roman ist insgesamt eine „runde Sache“, aufgrund gewisser Längen muss man bei der Lektüre jedoch „am Ball bleiben“.
Viel zu lange stand die Protagonistin im Schatten ihres berüchtigten Ehemannes, Alison Weir bringt Katharina buchstäblich an’s Licht und sie verleiht der Tudor – Königin die Würde und Anerkennung, die sie verdient.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.01.2021

Emily, Vera & Lynn

Der silberne Elefant
0

Der Eisele Verlag könnte bald zu meinen Lieblingsverlagen gehören. „Der silberne Elefant“ von Jemma Wayne ist nach „Wenn Du mich heute wieder fragen würdest“ bereits das zweite Buch aus dem Verlagsprogramm, ...

Der Eisele Verlag könnte bald zu meinen Lieblingsverlagen gehören. „Der silberne Elefant“ von Jemma Wayne ist nach „Wenn Du mich heute wieder fragen würdest“ bereits das zweite Buch aus dem Verlagsprogramm, das Aufsehen erregen wird.
Es ist doch so: Es gibt Romane, die man liest & vergisst. Dann gibt es Geschichten, die lange im Gedächtnis bleiben.
„Der Silberne Elefant“ ist so ein Buch. Drei Frauenschicksale werden präsentiert, einer der Handlungsorte ist London. Emily, Vera und Lynn müssen ihre Traumata verarbeiten.
Emilys Name lautet eigentlich Emilienne. Obwohl in ihrer Heimat Französisch als Amtssprache mittlerweile abgeschafft worden ist, ist ihr Name doch ein Beleg für die Frankophonie Ruandas. Mit dem neuen Namen möchte sich Emilienne quasi neu erfinden: Sie hat den Genozid in Ruanda überlebt. Die Hutu - Mehrheit hatte 1994 Angehörige der Tutsi – Minderheit auf grausame Weise ermordet. Mit diesen Dingen beschäftigt man sich in der „westlich-zivilisierten“ Welt nicht gern. Srebrenica, Ruanda – was geht’s uns an?
Ich finde es wichtig, dass Jemma Wayne dieses schwierige Thema aufgreift und dieses mit einer weiblichen Protagonistin verknüpft. Viel zu oft werden Frauen als sozusagen selbstverständlicher „Kollateralschaden“ in Kriegen präsentiert. Andererseits hat das Ganze aber irgendwie ein „Geschmäckle“: Kulturelle Aneignung lässt grüßen. Wir werden Zeugen von Emilys posttraumatischer Belastungsstörung. „Der silberne Elefant“ ist daher keine Wohlfühllektüre, aber eine Geschichte, die mit Tiefgang überzeugen kann und von nuanciert ausgearbeiteten Figuren getragen wird: Die Handlung ist daher eher character driven und weniger plot driven.
Lynn ist eine todkranke Frau, Vera ist ihre Schwiegertochter in spe. Vera möchte ein gottgefälliges, christliches Leben zu führen, im Prinzip ist dies jedoch ein Zugeständnis an die Religiosität ihres Verlobten, außerdem versucht sie, den Dämonen ihrer Vergangenheit zu entfliehen. Emily ist Lynns Pflegerin, diese hadert ihrerseits sehr stark mit den verpassten Chancen ihres Lebens.
Die drei Frauen haben unterschiedliche Erfahrungen gemacht, und doch haben sie eines gemeinsam: Sie müssen die prägenden Erlebnisse verarbeiten und diese irgendwie in ihre Biographien integrieren, um nicht am Erlebten zu zerbrechen.
„Der Silberne Elefant“ ist Jemma Waynes Debut. Meist gelingt es der Autorin, die Klischeeklippen zu umschiffen, auch das offene Ende trägt dazu bei. Der Roman ist jedoch kein Buch „für Zwischendurch“, man muss als Leser/in „am Ball bleiben“. Doch es lohnt sich!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere