Schuld ist nicht vererbbar, Schuldgefühle aber schon
AmonDer Titel ist verstörend, aber wenn man Jennifer Teeges Geschichte und die ihrer Vorfahren erfährt, wird der Satz nachvollziehbar.
Die Autorin schreibt hier über ihr eigenes Schicksal. Im Alter von vier ...
Der Titel ist verstörend, aber wenn man Jennifer Teeges Geschichte und die ihrer Vorfahren erfährt, wird der Satz nachvollziehbar.
Die Autorin schreibt hier über ihr eigenes Schicksal. Im Alter von vier Wochen wurde sie von ihrer Mutter ins Kinderheim gebracht und kam mit drei Jahren zu einer Pflegefamilie, die sie einige Jahre später adoptierte. Obwohl ihre Adoptiveltern und deren leibliche Söhne das Mädchen liebevoll bei sich aufnahmen und sie so eine glückliche Kindheit verbringen konnte, hatte sie immer das Gefühl, ihr würde etwas fehlen, denn die Vergangenheit, ihre Wurzeln, lagen im Dunkeln. Sie ist schon 38, hat mittlerweile selbst eine Familie gegründet, als ihr durch Zufall ein Buch in die Hände fällt. Bestürzt stellt sie fest, dass dieses Buch von ihrer leiblichen Mutter geschrieben wurde, zu der sie seit ihrer frühen Kindheit keinen Kontakt mehr hatte.
Als sie dieses Buch liest, fällt mir einem Schlag ihre Welt in Scherben, denn sie erfährt, dass ihr Großvater Amon Göth, der „Schlächter von Płaszów“, der Kommandant des gleichnamigen Konzentrationslagers war. Für Jennifer Teege beginnt ein schmerzhafter Verarbeitungsprozess. Nie und nimmer kann sie sich und ihr eigenes Leben, ihre Werte und Vorstellungen, mit der Person Amon Göth zusammenbringen. Es fällt ihr auch schwer, sich anderen Menschen in ihrer Umgebung zu öffnen, denn sie befürchtet, die Taten ihres Großvaters fallen auf sie selbst zurück. Schuld ist nicht vererbbar, Schuldgefühle aber sehr wohl. Vermutlich kann man nicht annähernd nachempfinden, was in Jennifer Teege vorging, wie sie sich gefühlt hat. Ganz besonders belastend empfindet es die Autorin, dass ihre Großmutter, die sie noch gekannt und geliebt hat, von den Taten wusste, denn sie lebte damals mit Amon Göth in der Villa gleich neben dem Lager in Plaszów.
Wie sie mit diesem furchtbaren Wissen fertig wird, wie es ihr weiteres Leben verändert und wie ihre Adoptivfamilie und ihre Freunde damit umgehen, das alles erzählt Jennifer Teege in diesem Buch, das erschüttert und berührt zugleich.