Profilbild von Dajobama

Dajobama

Lesejury Star
online

Dajobama ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Dajobama über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.02.2021

Von Schimpansen und Menschen

Sprich mit mir
0

Sprich mit mir – T.C. Boyle
Boyle schafft es immer wieder, seine Leser in „unvorstellbare“ Situationen zu entführen. Durch seinen eingängigen Schreibstil gelingt das problemlos. Auch hier widmet er sich ...

Sprich mit mir – T.C. Boyle
Boyle schafft es immer wieder, seine Leser in „unvorstellbare“ Situationen zu entführen. Durch seinen eingängigen Schreibstil gelingt das problemlos. Auch hier widmet er sich wieder tiefpsychologischen Themen, verpackt in eine ungewöhnliche, fesselnde Geschichte.
„Wo verläuft die Grenze des menschlichen Bewusstseins – und sind uns Tiere ähnlicher, als wir vermuten?“ Zitat Buchrücken. Wie schon in „Die Terranauten“ verarbeitet Boyle ein tatsächliches Experiment aus den 70er Jahren. Und natürlich ist auch dieses zum Scheitern verurteilt.

Es ist ein groß angelegtes Experiment mit einem Schimpansen „Sam“, der bereits als Baby von dem Forscher Guy adoptiert wird und wie ein „Menschenbaby“ erzogen wird. Später erhält er dabei Hilfe von Aimee, einer schüchternen Studentin. Es geht in erster Linie um die Erforschung des Spracherwerbs. Tatsächlich kann Sam seine Zieheltern verstehen und mit Hilfe von Gebärdensprache antworten. Absichtlich soll der Schimpanse sich selbst als Mensch fühlen. Das mutet beim Lesen teils grotesk an, lässt sich doch mit zunehmenden Alter keineswegs verleugnen, dass es sich bei Sam um ein wildes Tier handelt, das nur allzu leicht außer Kontrolle gerät. Dem Leser dämmert es schnell, dass es geradezu verantwortungslos ist, was diese Leute treiben. Sowohl den Menschen im Umfeld gegenüber, noch viel mehr jedoch Sam gegenüber. Denn klar ist, dieses Schimpansenkind, das sich als Menschenkind fühlt und so behandelt wird, wird dieses Leben nicht sehr lange führen können. Und was dann?
Diese unverrückbare Tatsache wird von Guy und Aimee, sowie all den anderen Helfern immer wieder erfolgreich verdrängt. Zumindest Aimee ist dennoch durchaus eine Sympathieträgerin. Eine Einzelgängerin, die sich auf den ersten Blick in Sam verliebt und ihn unter keinen Umständen aufgeben will. Niemals. In der Hinsicht ist sie kompromisslos. Dieses Gespann Sam – Aimee ist ein herzzerreißendes Gespann, dem man gerne auf allerlei Abenteuern folgt.
Hilfreich sind zudem die vielen Kapitel, in denen Sam zu Wort kommt. So kann man sich noch besser in ihn hineinversetzen und vor allem auch sehen, wie nahe er einem menschlichen Bewusstsein kommt.
Sprachlich finde ich Boyle – wie immer – gut, aber nicht herausragend. Es lässt sich flüssig lesen, konzentriert sich jedoch vielmehr auf den Inhalt. Und dieser liefert hier ein weiteres Mal viel Stoff zum Nachdenken. Die von mir so deutlich empfundene Kritik an Experimenten mit Menschenaffen, an dem Versuch, einen Schimpansen zum Sprechen zu bringen, grundsätzlich an nicht artgerechter Haltung – diese Kritik wird im Roman leider nicht ganz so deutlich. Ich gehe stark davon aus, dass Boyle, genau das mit dieser Geschichte sagen will, er fehlen mir persönlich ein paar klare Spitzen und eine deutliche Stellungnahme. In erster Linie sehe ich dieses Buch als Unterhaltungsroman. Über die Hintergründe kann man sich wunderbar Gedanken machen, muss man aber vermutlich nicht.
Sehr unterhaltsam, sehr Horizont erweiternd, sehr lesenswert.
4 Sterne

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.02.2021

Süßes Kinderbuch mit Naturbezug

Hüterin des Waldes 1: Hannas Geheimnis
0

Hüterin des Waldes, Hannas Geheimnis – Mona Larch

Hanna zieht mit ihren Eltern in das alte Haus ihrer verstorbenen Großmutter Hilda. Kaum angekommen, wartet bereits die erste Herausforderung auf sie: ...

Hüterin des Waldes, Hannas Geheimnis – Mona Larch

Hanna zieht mit ihren Eltern in das alte Haus ihrer verstorbenen Großmutter Hilda. Kaum angekommen, wartet bereits die erste Herausforderung auf sie: ein Vogel mit einem verletzten Flügel! Zum Glück taucht das sprechende Wiesel Flitz auf und weiht Hanna ein, in ihre neue Aufgabe als Hüterin des Waldes….

Eine ganz süße Geschichte um das Mädchen Hanna und deren Verbundenheit zur Natur und den Tieren des Waldes. Hanna muss sich den Tieren gegenüber erst einmal als würdig erweisen. Und nebenbei alles vor ihren Eltern geheim halten, die von nichts wissen. Dabei wird es natürlich auch spannend, aber nie zu sehr. Dieses Buch enthält zudem viele interessante Informationen zu den Pflanzen und Tieren im Wald. Hanna weiß schon einiges, muss aber noch viel lernen. Wiesel Flitz hilft ihr natürlich gerne dabei!

Durch die relativ große Schrift und die vielen schönen Illustrationen ist dieses Buch geeignet für kleine Leser ab 2./3. Klasse.

Eine wunderbare Geschichte und der Auftakt einer neuen Reihe. Sehr empfehlenswert! 4 Sterne

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.01.2021

Lied der Geister

Das Lied der Arktis
0

Das Lied der Arktis  - Berengere Cournut

Sieben Jahre lang hat die Autorin sich mit der Lebensweise und den Mythen der Inuit in der Arktis beschäftigt. Das merkt man, denn dieser Roman vermittelt ein ...

Das Lied der Arktis  - Berengere Cournut

Sieben Jahre lang hat die Autorin sich mit der Lebensweise und den Mythen der Inuit in der Arktis beschäftigt. Das merkt man, denn dieser Roman vermittelt ein ganz besonderes, sehr exotisches und fremdes Lebensgefühl. Berengere Counut erzählt nicht nur von den indigenen Einwohnern dieser lebensfeindlichen Landschaft, sie verschmilzt regelrecht damit. Alles, Schreibstil, Erzählweise, viele Lieder, sind sehr besonders und geben dem Leser einen intensiven, atmospärischen Einblick in eine andere Welt.

Das Mädchen Uqsuralik ist noch recht jung, als sie durch das Brechen einer Eisscholle von ihrer Familie getrennt wird. Fortan muss sie selbst in einer absolut lebensfeindlichen Umgebung zurecht kommen. Sie lebt mit der Natur und verschiedenen Geistern, den Mythen der Inuit. Schließlich trifft sie auch wieder auf andere Menschen, was allerdings nicht nur Vorteile mit sich bringt.

Uqsuralik erzählt in der Ich-Form von ihrem Leben. Sie nimmt den Leser mit in eine exotisch-fremde Welt. Es ist ein gänzlich anderes Denken, das diese indigenen Völker antreibt. Sie kämpfen ständig ums Überleben und trotz ihrer sehr naturverbundenen Lebensweise, erklären sie sich vieles zwischen Leben und Tod mit dem Einfluss von Geistern und Seelen. Sie glauben an Wiedergeburt und etliches mehr. Das ist wirklich hochinteressant und wird hier sehr atmosphärisch dargestellt. Immer wieder unterbrochen und verstärkt durch Lieder, die die Figuren selbst texten und darbieten.

Zweifellos eine wertvolle Darstellung einer fast komplett unbekannten, doch so interessanten Kultur. Gerade die mythische Seite war mir bisher gänzlich fremd, obwohl sie scheinbar das Leben dieser Menschen unheimlich stark beeinflusst. Ich finde es gut, dass die Autorin das entsprechend in ihren Roman eingewoben hat. Mir persönlich wurde es allerdings irgendwann etwas zu viel, das ist aber eine sehr subjektive Empfindung. Ich mag diese Dinge leider so gar nicht und recht oft driftete die Handlung für mich zu stark in eine spirituelle Richtung ab, mit der ich nichts anfangen konnte. Aber natürlich sehe ich durchaus ein, dass diese Mythen und Geisterglauben/Aberglauben zu dieser Kultur dazugehören und damit auch in diesen Roman.

Ansonsten habe ich die Lektüre sehr genossen und vergebe 4 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.12.2020

Tiger und Menschen

Tiger
0

Tiger – Polly Clark
Es ist schon mal ein total spannendes Thema, das sich die Autorin hier ausgesucht hat: die letzten Amur-Tiger in der russischen Taiga. Die Wildheit und Faszination dieser vom Aussterben ...

Tiger – Polly Clark
Es ist schon mal ein total spannendes Thema, das sich die Autorin hier ausgesucht hat: die letzten Amur-Tiger in der russischen Taiga. Die Wildheit und Faszination dieser vom Aussterben bedrohten Tiere bringt Polly Clark hier auch wirklich gelungen rüber. Sie bietet eine völlig neue Sichtweise auf diese wilden Tiere in Not.
Die Geschichte ist über drei Handlungsstränge aufgebaut, roter Faden sind dabei immer die Tiger. So lernt der Leser als erstes Frieda kennen. Eine Tierwärterin, ursprünglich für die Bonobos zuständig, die schließlich über Umwege bei den Amur-Tigern landet. Frieda ist eine zerstörte Persönlichkeit mit diversen Problemen und Abhängigkeiten. Es liest sich toll, nur schade, dass man plötzlich ganz unvermittelt aus der Handlung gerissen wird.
Von England springt die Handlung nun ganz ohne Vorwarnung nach Sibirien zu Tomas. Auch hier wieder eine spannende Geschichte, ein tragisches Schicksal und die Tiger. Und dann noch Teil 3, wir lernen Edit kennen, eine indigene Frau aus einem Dorf im Südosten Sibiriens. Das war mir nun fast eine Geschichte zu viel. Auch das ist wunderbar erzählt, insbesondere der mythische Umgang mit den Tigern wird hier behandelt. Der Leser hat aber sehr lange überhaupt keine Ahnung, wie diese drei Handlungssträngen mit unterschiedlichen Personen und Tigern zusammenkommen sollen.
Keine Frage, Polly Clark schafft das. Ein großer literarischer Wurf ist es allerdings meiner Meinung nach nicht. Eher spannende Unterhaltungsliteratur, die sich durchaus mal wiederholt. Über etliche Seiten wird beispielsweise eine Episode doppelt erzählt. Erst aus der Sicht eines Menschen, schließlich aus der Sicht eines Tigers. Das hat durchaus etwas für sich, doch weiß man bereits was kommen wird und die Geschichte büßt etwas an Spannung ein.
Ansonsten hab ich diesen Roman aber wirklich gerne gelesen. Die Tiger sind wirklich faszinierend, die Liebe der Autorin zu diesen Tieren klingt immer wieder deutlich durch. Die Personen waren mir insgesamt etwas zu problembelastet, die Schnitte in der Handlung waren mir zu extrem. Dennoch gibt es von mir insgesamt noch 4 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.11.2020

Forschung in der Antarktis

Tiefenzone
0

Tiefenzone – Andreas J. Schulte
Bereits das Setting dieses Wissenschaftsthrillers klingt vielversprechend: eine Forschungsstation (Terra Nova II) in der eisigen Wildnis der Antarktis. Eine Gruppe Journalisten, ...

Tiefenzone – Andreas J. Schulte
Bereits das Setting dieses Wissenschaftsthrillers klingt vielversprechend: eine Forschungsstation (Terra Nova II) in der eisigen Wildnis der Antarktis. Eine Gruppe Journalisten, darunter die eigentlichen Protagonisten Julia und George, sollen bei der Verkündung einer Sensation der wissenschaftlichen Forschung dabei sein. Doch es dauert nicht lange und die ersten seltsamen Zufälle häufen sich, bis es zum großen Showdown kommt.
Insbesondere die Lebensfeindlichkeit der Antarktis fand ich sehr gut beschrieben. Eine Wärmflasche schadet hier nicht zum Lesen. Wer allerdings mit durchgängiger atemloser Spannung (Thriller) rechnet, könnte enttäuscht werden. Über weite Teile liest sich dieses Werk nämlich vielmehr wie ein Abenteuerroman in der Kälte. Wirkliche Hochspannung kommt erst gegen Ende auf. Mir persönlich kam das ganz gelegen, ich mag es etwas ruhiger.
Die Protagonisten fand ich sehr gut ausgearbeitet, mit Ecken und Kanten und mit Vergangenheit. So kann man sich schnell identifizieren und voll auf die Geschichte einlassen. Dass ein Techtelmechtel dabei von Anfang an vorhersehbar war, naja, war in Ordnung für mich.
Ein spannender Plot, sehr gut recherchiert, sympathische Protagonisten, mit denen man mitfiebern kann. Darüber hinaus legt der Autor aber ganz offensichtlich Wert darauf, schwierige Fragen unserer Zeit auf den Tisch zu bringen. So geht es um die Arbeit der Journalisten an sich. Immer auf der Suche nach der besten Schlagzeile vergisst der ein oder andere den menschlichen Aspekt. Es darf dabei nicht unerwähnt bleiben, dass der Autor selbst Radio- und Fernsehjournalist ist, mit den Schwerpunkten Wissenschaft und Technik. Er weiß also wovon er schreibt und das merkt man.
Ein weiteres wichtiges Thema dieses Buches ist, wie weit der Mensch gehen darf im Namen der Forschung. Wie hoch ist dabei der Schutz der Antarktis einzuordnen? Eine schwierige Frage, die man kaum umfassend beantworten kann.
Es sind spannende Themen, die der Autor hier anspricht, atemberaubend verpackt. Dieser Wissenschaftsthriller hat mich sehr gut unterhalten und konnte mich zum Nachdenken anregen. 4 Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere