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Veröffentlicht am 14.02.2021

"Der Möbelpacker"

Söder
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„Die andere Biographie“ heißt es im Titel – ja, in der Tat, sie ist anders. Schon was den Umfang betrifft. Ein dünnes Büchlein hat Anna Clauss hier vorgelegt, schnell und leicht lesbar, auch für Menschen ...


„Die andere Biographie“ heißt es im Titel – ja, in der Tat, sie ist anders. Schon was den Umfang betrifft. Ein dünnes Büchlein hat Anna Clauss hier vorgelegt, schnell und leicht lesbar, auch für Menschen wie ich, die sich nicht sehr bewandert fühlen im Labyrinth politischer Richtungen und Selbstdarstellungen. Als gebürtige Nürnbergerin war ich jedoch durchaus interessiert, mehr über Dr. Markus Söder zu erfahren, sozusagen von Franke zu Fränkin und von Steinbock zu Steinböckin.

Anna Clauss hat einen erfrischenden, kurzweiligen Schreibstil. Sie hat Spaß an spitzer Feder. Pfiffig, witzig, keck und pointiert berichtet sie von ihren eigenen Beobachtungen, was Markus Söder betrifft. Sie ist kritisch, ja, aber dabei immer fair. Sie schaut und hört ganz genau hin und entdeckt das Wesentliche hinter dem Belanglosen.

Ich persönlich als politischer Laie habe viel profitiert von der Lektüre, weil die Autorin mir Zusammenhänge näher brachte, die ich bislang nie wahrgenommen hatte und worauf ich nun viel aufmerksamer achte. Und ja, natürlich hat sie mir auch einen Dr. Markus Söder ein wenig näher gebracht, vielleicht zwar nicht den Menschen Markus mit seinen Emotionen, aber doch den Politiker Dr. Söder mit dem, was ihn treibt. Liebenswert ist er wohl nicht. Und „menscheln“ kann er nicht. Nettigkeiten sind nicht sein Ding. Aber er packt an, manchmal auch an falscher Stelle, aber ein „Möbelpacker“ ist mir dennoch viel sympathischer als einer, der am Rand steht und zögerliche Reden hält. Markus Söder ist ehrgeizig und fleißig. (Ja, das kenne ich, so sind fränkische Steinböcke.) Er ist perfektionistisch und überlässt möglichst nichts dem Zufall. Man schätzt ihn, aber man mag ihn nicht. Offensichtlich mag die Autorin ihn auch nicht, aber sie achtet ihn. Dass der gewiefte Taktiker die Wandlung vom „Wadlbeißer“ zum „Lebensminister“ vollzogen hat, lässt mit Spannung auf seinen weiteren Weg schauen. Zuzutrauen ist ihm (fast) alles.

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Veröffentlicht am 08.02.2021

Sympathisch, glaubwürdig und ansteckend

Homefarming
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Wenn eine prominente Persönlichkeit ein Sachbuch auf den Markt bringt, bin ich meist eher misstrauisch, weil sich der Verlag durch den bekannten Namen einen Verkaufsschub erhofft und oftmals das Buch ...

Wenn eine prominente Persönlichkeit ein Sachbuch auf den Markt bringt, bin ich meist eher misstrauisch, weil sich der Verlag durch den bekannten Namen einen Verkaufsschub erhofft und oftmals das Buch dann inhaltlich enttäuscht. Doch bei diesem Buch erwies sich mein Misstrauen als nicht angebracht. Judith Rakers, Tagesschau-Sprecherin, Talkshow-Moderatorin und Gesicht zahlreicher TV-Reportagen, hat sich daran gemacht, ihren Traum von einem Selbstversorger-Garten zu verwirklichen, und das ganz ohne Sachkenntnis und ohne „grünen Daumen“. Und tatsächlich ist daraus ein Buch entstanden, das Freude weckt. Freude an der Natur, an Selbstversorgung, und ja, tatsächlich Freude an Gartenarbeit, egal ob man viel oder wenig Platz hat, um etwas wachsen zu lassen. Und es ist ein Buch entstanden, geschrieben für alle Anfänger. Aber auch Gartenerfahrene werden garantiert noch etwas Neues entdecken! Denn was gibt es Schöneres, als knackfrisches Obst und Gemüse zu ernten, ohne dass es Chemikalien ausgesetzt war oder Hunderte von Kilometer durch die Gegend gekarrt wurde.

Judith Rakers gelingt es durch ihre erfrischende, sehr persönliche und ansteckend fröhliche Erzählweise, uns an ihrem eigenen Weg zur Selbstversorgerin teilhaben zu lassen. Angesteckt wurde sie offensichtlich von dem Selbstversorger und Botaniker Wolf-Dieter Storl. Und tatsächlich: Auch der blutigste Anfänger kann sich von Judith Rakers an die Hand nehmen lassen und ohne jegliches Wissen beginnen, um erste eigene Erfolgserlebnisse zu erfahren. Dabei bekommt der Leser nicht nur Anregungen für einen „normalen“ Garten, sondern auch für Terrassen und Balkone sind viele Tipps umsetzbar. Ja sogar wer nur eine Fensterbank zur Verfügung hat, kann sich von Judith Rakers anstecken lassen. Mein persönliches und glücklicherweise sehr ausführliches Lieblingskapitel ist „Aufs Huhn gekommen“, denn ich teile die Erfahrungen und die Liebe zu Hühnern mit Judith Rakers voll und ganz. Wer dieses Kapitel aufmerksam liest, wird übrigens niemals mehr Billigeier aus dem Discounter kaufen! Am Schluss des Buches finden sich einige Rezepte, schnell und einfach nachzukochen. Aber was wären all die vielen Mut machenden Informationen, wenn nicht eine Fülle von genialen Fotos den Inhalt zum Leben erwecken würde. Also rundum ein geglücktes, schön gestaltetes Mutmach-Buch für alle, die gerade in diesen Zeiten ein neues Bewusstsein entwickeln für das Thema Selbstversorgung.

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Veröffentlicht am 07.02.2021

Anrührende Geschichte über Geschwisterliebe

Ziemlich beste Brüder
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Ein wunderschönes, anrührendes Bilderbuch für die Kleinsten ist „Ziemlich beste Brüder“ aus dem von mir so überaus geschätzten Coppenrath Verlag, ein liebevolles Lehrstück für Geschwisterliebe.

In der ...


Ein wunderschönes, anrührendes Bilderbuch für die Kleinsten ist „Ziemlich beste Brüder“ aus dem von mir so überaus geschätzten Coppenrath Verlag, ein liebevolles Lehrstück für Geschwisterliebe.

In der Hasenwelt geht es so zu wie im Menschenleben. Max, der ältere Bruder, will noch schlafen, aber sein nervig-zappeliger kleiner Bruder Mika schafft Unruhe. Mika ist nämlich grenzenlos überzeugt von sich und hält sich für den Größten und Stärksten auf der Welt. Er bettelt um eine Mutprobe. Um Ruhe zu bekommen, schickt Max schließlich den umtriebigen Bruder fort zu einem Abenteuer. Er soll einen Pfirsich stibitzen, wobei er sich vorsehen soll vor der bösen Katze. Und sofort macht sich Mika begeistert auf den Weg. Doch da packt den älteren Bruder der Schreck. Was ist, wenn Mika unterwegs etwas passiert? – Was dann an Aufregendem geschieht, müsst ihr unbedingt selber lesen und schauen…

Nicht nur die wunderbar liebevolle Geschichte begeistert mich. Auch die großformatigen Illustrationen sprechen Kinder und Erwachsene ganz direkt an. Sie sind kitschfrei, sehr farbintensiv und vor allen Dingen in ihrer Einfachheit enorm ausdrucksstark. Hat man je einen gewaltigeren bedrohlichen Bär gesehen? Oder ein Hasenkind, das so verspielt und lebensfroh die Welt entdeckt?
Erzählt wird die Geschichte von Max und Mika in Reimen. Zwar sind diese Reime nicht auf Anhieb eingängig, erst nach mehrfachem Lesen bzw. Vorlesen prägen sie sich ein. Aber sie erzählen sehr direkt und lautmalerisch davon, wie der ältere Bruder Verantwortung für den Kleineren übernimmt und so dieser nicht nur Unterstützung, sondern Verständnis, Schutz und Geborgenheit findet.

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Veröffentlicht am 01.02.2021

Welch ein ungewöhnliches Buch!

Der Ruf des Schamanen
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Wir befinden uns im von Not und großer Armut geprägten Peru der Achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Laila, 13-jährige Tochter wohlhabender Eltern, ist unheilbar krank. Die genetisch bedingte Krankheit ...

Wir befinden uns im von Not und großer Armut geprägten Peru der Achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Laila, 13-jährige Tochter wohlhabender Eltern, ist unheilbar krank. Die genetisch bedingte Krankheit wird ihr zunächst das Augenlicht rauben, dann fortschreitend den Körper zerstören bis zum unabwendbaren Tod. Als sie durch ein uraltes Tagebuch von einem Schamanen erfährt, der im tiefsten Amazonas leben soll und dessen besondere Kräfte dank einer besonderen Blüte ihr vielleicht Heilung bringen könnten, wagt sie die abenteuerliche und außerordentlich gefährliche Reise in den magischen Urwald, in Begleitung ihres Freundes El Rato

Schon äußerlich besticht dieses besondere Buch. Unglaublich faszinierend ist seine typographische Gestaltung. Da verschwimmen zum Beispiel an den Zeilenrändern die Buchstaben – ganz so, wie sich Lailas zunehmende Erblindung durch Einschränkung des Gesichtsfeldes zeigt. Oder die Buchstaben verlassen die gerade Ordnung der Zeilen und rotten sich willkürlich zusammen in die wilden Zacken eines Hirnstrombildes während eines epileptischen Anfalles. Dies sind nur einige wenige Beispiele, auf welch kreative Weise das Buch gestaltet ist.
Geschrieben ist das Buch durchaus anspruchsvoll. Es wird aus wechselnden Perspektiven erzählt, dankenswerter Weise immer chronologisch, deshalb lässt sich die Handlung ohne Schwierigkeiten oder Verwirrung verfolgen. Zwar handel es sich vordergründig um einen spannenden, fesselnden Abenteuerroman. Aber gleichzeitig befasst sich das Buch auch altersgerecht mit schwierigen Themen, ob es sozial, historisch oder kulturell um das Peru des vorigen Jahrhunderts geht, oder wenn es um magisches Denken, um Leben und Tod, um Freundschaft und Liebe geht. Sowohl gefühlvoll als auch packend lässt uns der Autor Anteil nehmen an der seelisch-psychischen Entwicklung der beiden so unterschiedlichen Charaktere Laila und El Rato, vergleichbar mit dem Thema in vielen Märchen, in denen der Held auszieht und durch viele Prüfungen gehen muss, um gereift und erstarkt zurückzukehren.

Ein rundum unfassbar gut gelungenes Buch, nicht nur für junge Leser, das von Anfang bis Ende fesselnd erzählt bis hin zum ungewöhnlichen Finale. Absolut lesens- und anschauenswert!

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Veröffentlicht am 24.01.2021

Ein raffinierter und durchgängig spannender Justiz-Krimi

Die siebte Zeugin
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Die beiden Autoren sind hochverdiente Fachleute als Strafverteidiger und Rechtsmediziner. Ein Glücksfall, dass die beiden zusammengefunden haben, um eine neue Reihe an Justiz-Krimis ins Leben zu rufen, ...


Die beiden Autoren sind hochverdiente Fachleute als Strafverteidiger und Rechtsmediziner. Ein Glücksfall, dass die beiden zusammengefunden haben, um eine neue Reihe an Justiz-Krimis ins Leben zu rufen, in denen einerseits ihr gebündeltes Wissen einfließt, andererseits ihre Lust am Schreiben gekonnt zum Tragen kommt. Ich habe den hier vorliegenden ersten Band mit großer Freude gelesen und erwarte gespannt weitere Fortsetzungen.

An einem ganz normalen Sonntagmorgen schwingt sich Nikolas Nölting, von Beruf ein ganz normaler Beamter in der Stadtverwaltung, auf sein Fahrrad, um zum Bäcker zu fahren. Doch kaum hat er die Bäckerei betreten, schießt er wie aus dem Nichts heraus wild um sich, tötet einen Mann und verletzt zwei weitere Ladenkunden. Anschließend lässt er sich bereitwillig festnehmen und schweigt. Unbegreiflich und sinnlos, was da geschehen ist. Rocco Eberhardt, ein aufstrebender Strafverteidiger, steht vor einem Rätsel. Doch Dr. Justus Jarmer, der Rechtsmediziner, macht eine Entdeckung, die dem Fall eine neue Wendung gibt und mitten hineinführt in den Sumpf von Clan-Kriminalität und Geldwäsche, aber auch mitten hinein in die Gefahr.

Ich habe das Buch sehr, sehr gerne gelesen. Die kurzen Lesekapitel sind sehr leserfreundlich. Sie schaffen es, aus immer wieder anderen Perspektiven die Tat und deren Vorgeschichte zu beleuchten. Die klare, schnörkellose Erzählweise und die nachvollziehbar geschilderten Persönlichkeiten der handelnden Personen verstärken noch zusätzlich die gute Lesbarkeit des Buches. Ein Justiz-Krimi könnte unter Umständen ziemlich dröge geraten. Doch meine anfängliche Skepsis zerschlug sich beim Lesen sofort. Von der ersten Seite an hat das Buch eine kontinuierliche Spannung, die den Leser vorantreibt. Welch geniale Wendung die Geschichte am Ende nimmt, muss man unbedingt selbst lesen.

Fazit: Ein Justiz-Krimi, gekonnt geschrieben, mit Raffinesse, permanenter Spannung und fundiertem Sachwissen. Sehr empfehlenswert!

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