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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.02.2021

Meine erste Bekanntschaft mit Rabbi Klein

Der böse Trieb
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2021
Dieser Band, mittlerweile der sechste um den Zürcher Rabbi, war mein erster, somit ist meine Bekanntschaft mit ihm auch sehr frisch. Rabbi Klein ist ein ungewöhnlicher Typ, der zuhört. Und der einen ...

2021
Dieser Band, mittlerweile der sechste um den Zürcher Rabbi, war mein erster, somit ist meine Bekanntschaft mit ihm auch sehr frisch. Rabbi Klein ist ein ungewöhnlicher Typ, der zuhört. Und der einen ganz speziellen Blick auf seine Mitmenschen richtet.

Hier geht es um einen jüdischen Zahnarzt, nämlich Viktor Ehrenreich, der schon seit einigen Jahren immer wieder, einemal im Jahr, zu einem vertraulichen Gespräch zu ihm kommt. Nun ist er in seinem eigenen Haus ermordet aufgefunden worden. Seine Witwe Sonja ist sich sicher, dass der Schuldige der Sohn eines Patienten war, dem er eine Wiedergutmachung verweigert hat. Doch auch sie selbst hatte nicht das beste Verhältnis zu ihrem Mann, da er sein Leben nicht ihrem schon an Fanatismus grenzenden Kinderwunsch nicht unterordnen wollte. Oder gibt es hier andere Möglichkeiten.

Ich habe mich mit diesem Buch - das in wunderschöner Aufmachung im Kampa Verlag erschienen ist - etwas schwer getan. Diese ganze jüdische Gemeinschaft, sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland, wurde aus meiner Sicht eher schwerfällig vermittelt. Und ich habe schon etliche Bücher zu dem Thema gelesen, wo das kein Problem war. Auch wenn Rabbi Klein ohne Frage eine charismatische Gestalt ist - er lenkt nicht genug ab vom Bild der Frauen in diesem Roman, das aus meiner Sicht nicht gerade zeitgemäß ist. Diese sind - außer einer Forscherin, die aber nicht sehr weiblich wirkt - ausgesprochen abhängig von ihren Männern. Ein weiteres Problem hatte ich mit den zahlreichen jiddischen Begriffen, von denen einige übersetzt waren, andere wieder nicht. Und das waren keineswegs Wörter bzw. Redewendungen, die in aller Munde sind.

Schade, dass ich dadurch der spannenden Geschichte nicht so gebannt folgen konnte wie von mir angestrebt!

Veröffentlicht am 12.02.2021

Victoria heißt Sieg

Aufgetaucht
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Und doch erlebt dieses Mädchen im Alter von elf Jahren eine ungeheure Niederlage ihres Körpers, der sie für vier Jahre komplett im Stich lässt. Ihre beiden Drillingsbrüder entwickeln sich normal weiter, ...

Und doch erlebt dieses Mädchen im Alter von elf Jahren eine ungeheure Niederlage ihres Körpers, der sie für vier Jahre komplett im Stich lässt. Ihre beiden Drillingsbrüder entwickeln sich normal weiter, doch Victoria kann sich auf einmal nicht mehr bewegen, nicht sprechen - gar nichts mehr!

Doch ihr Bewusstsein funktioniert wie gehabt und sie erlebt mit, wie schnell die Ärzte resignieren. Und nicht nur das - sie wird in Heil- und Pflegeeinrichtungen auch gequält - man stelle sich vor, dort, wo ihr geholfen werden müsste!

Doch Victoria kämpft und zwar auf Gedeih und Verderb im wahrsten Sinne des Wortes. Von diesem Kampf wird ihr ganzes Buch getragen und ich freue mich sehr, dass sie gewonnen hat, dass sie in ihren Körper zurück gefunden hat und mehr noch - sie ist wieder eins mit ihm in jeder Hinsicht, sie hat Siege errungen, von denen anderen Menschen nur träumen.

Ein Buch, das ich mit sehr gemischten Gefühlen las. Wenn ich jemanden kennen würde, der einen solchen Kampf oder ähnliches verloren hat, würde ich alles tun, das er "Aufgetaucht" nicht in die Finger bekommt. Denn es könnte ihn unheimlich frustrieren , ihm ein Bewusstsein eigener Unfähigkeit vermitteln. Denn hier gilt nur eines: nämlich Sieg!

Veröffentlicht am 08.02.2021

Susan - mitten aus dem Leben

Sempre Susan
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Susan Sontag - eine ebenso imposante wie anstrengende Person. Das kommt rüber in diesem sehr persönlichen Werk der Autorin Sigrid Nunez über diese unvergessene Amerikanerin. Und ein bisschen bleibt bei ...

Susan Sontag - eine ebenso imposante wie anstrengende Person. Das kommt rüber in diesem sehr persönlichen Werk der Autorin Sigrid Nunez über diese unvergessene Amerikanerin. Und ein bisschen bleibt bei mir der Eindruck, das auch Sigrid Nunez sich damit unvergessen machen, über sich als Person einen bleibenden, ewigen Eindruck hinterlassen. Es ist durchaus stellenweise spannend und eindringlich, aber aus meiner Sicht ein wenig so geschrieben wie eine Art Tagebuch. Die großen Worte einer erfolgreichen Schriftstellerin - Nunez meine ich - fehlen hier. Ein eher beiläufiges, stellenweise nicht uninteressantes Werk, das Eindrücke von Susan Sontag als einer recht kapriziösen Person hinterlässt - ich muss sagen, sehr viel Neues oder Besonderes hat dieser persönliche Bericht nicht gebracht.

Veröffentlicht am 18.01.2021

Eher ein Krimi

Trauma – Kein Entkommen
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als ein Thriller ist dieser erste Fall der Münchner Ermittlerin Katja Sand, die dabei ist, sich sowohl gegenüber ihrem Vorgesetzten als auch ihrem Assistenten zu positionieren, so mein Eindruck. Jedenfalls ...

als ein Thriller ist dieser erste Fall der Münchner Ermittlerin Katja Sand, die dabei ist, sich sowohl gegenüber ihrem Vorgesetzten als auch ihrem Assistenten zu positionieren, so mein Eindruck. Jedenfalls gerät sie an zwei Tote, von denen einer im See ertrunken, der andere im Kühlschrank erstickt ist.

Bei beiden käme Suizid in Frage, doch Katja ist überzeugt, dass das nicht zutrifft. Die Spur führt auf ein Marineschiff und auf eine dort vergewaltigte und gefolterte junge Frau. Wie hängt das alles zusammen, kann es überhaupt passen oder gibt es doch noch ein paar Umwege?

Insgesamt ein gefälliger Krimi, allerdings mit ein paar Längen. Trotzdem, das Team aus Katja Sand und ihrem Assistenten Rudi Dorfmüller scheint sympathisch, auch wenn es sich noch ein wenig genauer positionieren müsste.

Wie auch die Handlung - auch wenn es nicht unspannend war, gelang es Autor Christoph Wortberg leider nicht, mich durchgehend am Ball zu halten, dass merke ich daran, dass ich bereits kurz nach Abschluss der Lektüre beginne, bestimmte Details zu vergessen....

Veröffentlicht am 03.01.2021

Das Schlimmste und das Beste

Erinnerungen aus Glas
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Hier begegnen sich Kindheitsfreunde in den Niederlanden unter schwierigsten Bedingungen wieder. Sie haben sich sehr von einander entfernt, Eliese hat ihre Freunde Josie und vor allem Samuel enttäuscht, ...

Hier begegnen sich Kindheitsfreunde in den Niederlanden unter schwierigsten Bedingungen wieder. Sie haben sich sehr von einander entfernt, Eliese hat ihre Freunde Josie und vor allem Samuel enttäuscht, indem sie ein Versprechen gebrochen und sich einem anderen Mann zugewandt hat. Und doch finden Eliese und Josie wieder zueinander, als es darum geht, Kinder - Juden wie sie selbst - vor dem Konzentrationslager und damit vor dem sicheren Tod zu bewahren.

Auf einer zweiten Erzählebene begegnet uns die junge Ava in der Gegenwart, eine Außenseiterin in der eigenen Familie. Auch, wenn hier eine große Liebe entsteht und Ava auch in anderer Hinsicht über sich selbst hinauswächst, empfinde ich ihn im Vergleich zur Vergangenheit als deutlich weniger eindringlich. Es herrscht ein gewisses Chaos und die Auflösung erfolgt aus meiner Sicht zu glatt.

Ja, in diesem Roman, der erstaunlicherweise auf wahren Begebenheiten basiert - erstaunlich, weil vieles so widersprüchlich und/oder unglaublich ist, dass man es kaum fassen kann, kommt das Schlimmste, aber auch das Beste im Menschen zum Vorschein. Ich hätte nicht geglaubt, dass Menschen so kaltblütig, so zynisch sein können. Auf der anderen Seite ist es aber noch viel erstaunlicher, wieviel Gutes ein Mensch - und noch mehr viele Menschen zusammen - unter allerschwierigsten Bedingungen und größten Opfern zustande bringen können.

Schade nur, dass das alles in einem recht chaotischen Stil erzählt wird, es hätte noch weitaus eindringlicher präsentiert werden können, als es ohnehin schon der Fall ist!