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Veröffentlicht am 25.04.2021

Die unbekannten Seiten einer Schwester

So wie du mich kennst
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Drei Wochen ist es her, dass ihre Schwester Marie in New York überfahren wurde. Nun findet sich Karla Staub mit deren Asche in ihrem Heimatdorf Unteroberheim in Unterfranken wieder. Früher verstanden sich ...

Drei Wochen ist es her, dass ihre Schwester Marie in New York überfahren wurde. Nun findet sich Karla Staub mit deren Asche in ihrem Heimatdorf Unteroberheim in Unterfranken wieder. Früher verstanden sich die zwei Frauen bestens. Doch zwischenzeitlich haben sie sich etwas aus den Augen verloren. Wer war Marie wirklich, die als Fotografin im Ausland gearbeitet hat? Karla muss feststellen, dass sie nicht alles über ihre Schwester wusste...

„So wie du mich kennst“ ist ein Roman von Anika Landsteiner.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus Kapiteln und endet mit einem Epilog. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Karla und Marie, jeweils in der Ich-Perspektive. Beide Stränge spielen zu unterschiedlichen Zeiten, sind aber gut miteinander verknüpft. Dieser Aufbau funktioniert prima.

Der Schreibstil konnte mich wieder einmal ab der ersten Seite begeistern. Er ist anschaulich, einfühlsam, atmosphärisch und auf angenehme Weise unaufgeregt. Dabei transportiert er mit wenigen Sätzen viele Bilder und Emotionen.

Im Fokus stehen die beiden Schwestern, zwei gleichsam sympathische wie authentische Protagonistinnen. Ihre Gedanken und Gefühle werden sehr gut deutlich.

Inhaltlich stellt sich die Geschichte als überraschend vielschichtig heraus. Es geht nicht nur um Tod und Verlust, Liebe und Beziehungen, Familie und Kindheitserinnerungen, sondern auch um sehr ernste Probleme. Besonders die Trauerthematik macht den Roman zudem immer wieder berührend, ohne kitschig zu sein. Die Neugier, was die Schwestern voreinander verheimlicht haben und wie es zu dem Unglück kommen konnte, verleiht der Handlung eine gewisse Spannung.

Das an ein Gemälde angelehnte Cover gefällt mir. Der Titel passt ebenfalls zur Geschichte.

Mein Fazit:
Nach „Mein italienischer Vater“ konnte mich Anika Landsteiner auch mit ihrem neuen Roman überzeugen. „So wie du mich kennst“ ist eine facettenreiche, berührende Lektüre, die zudem sprachlich gelungen ist. Schon jetzt eines meiner Lieblingsbücher 2021.

Veröffentlicht am 26.03.2021

Ein Sommer, der verändert

Der große Sommer
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Frieder, eigentlich Friedrich, Büchner hat es versemmelt. Er muss in die Nachprüfungen in den Fächern Mathe und Latein, wenn er in die zehnte Klasse versetzt werden und seinen Abschluss noch schaffen will. ...

Frieder, eigentlich Friedrich, Büchner hat es versemmelt. Er muss in die Nachprüfungen in den Fächern Mathe und Latein, wenn er in die zehnte Klasse versetzt werden und seinen Abschluss noch schaffen will. In den Sommerferien ist Lernen beim strengen Großvater angesagt. Damit fällt der Familienurlaub an der See für ihn aus. Doch zum Glück sind da noch seine jüngere Schwester Alma, sein Freund Johann und Beate Endres, das Mädchen im flaschengrünen Badeanzug. Zusammen erleben sie einen Sommer, der sein ganzes Leben prägen wird.

„Der große Sommer“ ist ein Roman von Ewald Arenz.

Meine Meinung:
Das Buch besteht aus 41 angenehm kurzen Kapiteln. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Frieder. Weder die Zeit, in der die eigentliche Geschichte spielt, noch der Ort, an dem sie angesiedelt ist, werden konkret genannt. Es handelt sich aber wohl um den Anfang der 1980er-Jahre in einer süddeutschen Stadt. Darüber hinaus gibt es kursiv gedruckte Einschübe mit Geschehnissen, die etliche Jahre später passieren.

Besonders begeistert hat mich der unaufgeregte, aber atmosphärisch starke Schreibstil. Gut gefallen haben mir vor allem die treffenden Vergleiche und schönen Sprachbilder, die für ein eindrucksvolles Kopfkino sorgen.

Gelungen ist auch die Darstellung der Figuren, die psychologische Tiefe besitzen und realitätsnah wirken. Zwar kann ich mich nicht mit Frieder, dem Protagonisten, identifizieren. Trotzdem lassen sich seine Gedanken und Gefühle sehr gut nachvollziehen, sodass ich seine Geschichte gerne verfolgt habe.

Inhaltlich deckt der Roman die großen Themen des Lebens ab, mit denen Frieder bei seinem Erwachsenwerden konfrontiert wird: Freundschaft und Angst, Respekt und Vertrauen, Liebe und Tod. An vielen Stellen wird deutlich, dass nicht nur Fiktion, sondern auch autobiografische Aspekte des Autors eingeflossen sind, die die Geschichte sehr authentisch machen.

Trotz der leisen Töne und des gemächlichen Erzähltempos kommt beim Lesen keine Langeweile auf. Auf mehr als 300 Seiten schafft es der Roman, mehrfach zu überraschen.

Die unaufdringliche und zugleich liebevolle Gestaltung der gebundenen Ausgabe spricht mich sehr an. Sowohl die Farbgebung als auch das Motiv sind wohl überlegt und passen gut zum Inhalt. Der prägnante Titel ist treffend formuliert.

Mein Fazit:
Mit seinem Roman „Der große Sommer“ hat mich Ewald Arenz auf ganzer Linie überzeugt. Eine empfehlenswerte Lektüre, die mich neugierig auf seine anderen Werke macht.

Veröffentlicht am 24.03.2021

Ein Neubeginn auf Hirta

Sehnsucht nach St. Kilda
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Großbritannien im Jahr 2005: Nach dem Tod ihres Mannes Josh ist die Londonerin Rachel Morrison alleinerziehende Mutter eines siebenjährigen Sohnes, Sam. Mehrere Schicksalsschläge hat sie hinter sich und ...

Großbritannien im Jahr 2005: Nach dem Tod ihres Mannes Josh ist die Londonerin Rachel Morrison alleinerziehende Mutter eines siebenjährigen Sohnes, Sam. Mehrere Schicksalsschläge hat sie hinter sich und sucht nun eine Zuflucht auf der Hebriden-Insel St. Kilda. Dort hat früher ihre Großmutter Annie gelebt. Vor rund 90 Jahren haben die letzten Einwohner jedoch das schöne Fleckchen Erde verlassen und sind aufs Festland gegangen. Mit anderen Helfern soll Rachel Gebäude für den National Trust instand setzen. Wird sie dort ihre Wurzeln und ein neues Glück finden?

„Sehnsucht nach St. Kilda“ ist der dritte Teil einer Romanreihe von Isabel Morland zu den Äußeren Hebriden.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 40 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Vorangestellt ist ein Prolog. Es gibt zwei Erzählebenen: Einmal begleiten wir Rachel in der jüngeren Vergangenheit, ein anderes Mal Annie vor mehr als 90 Jahren. Dieser Aufbau funktioniert sehr gut.

Der Schreibstil ist gewohnt anschaulich, einfühlsam, atmosphärisch und warmherzig. Gelungene Beschreibungen lassen das tolle Setting der Geschichte lebhaft vor dem geistigen Auge erscheinen und lösen Fernweh aus. Zwar gehört das Buch zu einer Romanreihe. Allerdings lassen sich die drei Geschichten völlig unabhängig voneinander lesen und ohne Vorkenntnisse verstehen.

Rachel habe ich als sehr sympathische Protagonistin empfunden. Sie wirkt authentisch. In ihre Gedanken und Emotionen konnte ich mich gut einfühlen. Auch die übrigen Charaktere sind interessant.

Inhaltlich geht es einerseits um eine Liebesgeschichte, die gefühlvoll, aber ohne Kitsch erzählt wird. Darüber hinaus spielen andererseits einige weitere Themen eine Rolle, die die Geschichte facettenreich und tiefgründig machen.

Auf fast 400 Seiten konnte mich der Roman nicht nur immer wieder unterhalten und berühren, sondern mir auch allerhand Wissenswertes über die abgeschiedene Inselgruppe vor Schottland vermitteln. Dass die Autorin dort selbst einmal war und darüber umfassend recherchiert hat, zeigt sich anhand der beigefügten Bibliographie, der Erläuterungen im Nachwort und natürlich auch der Schilderungen im Roman selbst.

Das Cover fügt sich prima in die Reihe ein und ist erneut sehr hübsch geworden. Der Titel lädt zum Träumen ein.

Mein Fazit:
Zum wiederholten Mal bin ich mit Isabel Morland äußerst gerne auf die Äußeren Hebriden gereist. Mit „Sehnsucht nach St.Kilda“ ist ihr ein empfehlenswerten Abschluss der dreiteiligen Reihe gelungen, der mich in mehrfacher Hinsicht überzeugt hat.

Veröffentlicht am 21.02.2021

Ein neues Abenteuer für Aleydis

Die Rache des Lombarden
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Köln im Jahre 1424: Für Aleydis de Bruinker, die Witwe des ermordeten Lombarden Nicolai Golatti, geht es turbulent weiter. Sie hat es zu tun mit Betrugsversuchen in ihrer Wechselstube, übermütigen Verehrern ...

Köln im Jahre 1424: Für Aleydis de Bruinker, die Witwe des ermordeten Lombarden Nicolai Golatti, geht es turbulent weiter. Sie hat es zu tun mit Betrugsversuchen in ihrer Wechselstube, übermütigen Verehrern und dem kriminellen Erbe ihres verstorbenen Mannes. Obwohl sie auch ohne Gewaltrichter Vinzenz van Cleve gut zurechtkommt, ist dieser der jungen Frau durchaus hilfreich. Dann aber werden auch noch ihre Mündel Marlein und Ursel entführt. Aleydis möchte die Mädchen um jeden Preis zurückbekommen…

„Die Rache des Lombarden“ ist der finale Band der Lombarden-Trilogie.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 24 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Eingeleitet wird die Geschichte mit einem Prolog. Erzählt wird vorwiegend aus der Perspektive von Aleydis und Vinzenz. Dieser Aufbau funktioniert prima.

Der Schreibstil ist gewohnt anschaulich. Gelungene Beschreibungen und viel wörtliche Rede machen das Geschehen lebendig. Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht. Etwas unglücklich ist das Marketing des Verlags, das Buch nicht als dritten Band einer Reihe auszuweisen. Der Roman ist zwar auch als Einzelband verständlich. Es lohnt sich allerdings, zuerst die beiden ersten Teile zu lesen.

Wieder einmal stehen Aleydis und Vinzenz im Vordergrund. Zwei Protagonisten, die zugleich sympathisch sind, aber durch ihre Ecken und Kanten authentisch wirken. Ihre Gedanken lassen sich sehr gut nachvollziehen. Auch die Nebenfiguren sind interessant ausgestaltet. Ein Personenverzeichnis hilft bei der Orientierung.

Trotz der mehr als 400 Seiten bleibt der Roman kurzweilig, unterhaltsam und spannend wie ein Krimi. Die Geschichte ist dabei durchweg schlüssig. Dass eine Frage am Ende bewusst noch offen ist, hat mich nicht gestört.

Inhaltlich geht es nicht nur darum, dass ein Fall zu lösen beziehungsweise ein Abenteuer zu bestehen ist, was die Entführung der Mädchen betrifft, sondern es wird auch die persönliche Geschichte von Aleydis und Vinzenz fortgeführt.

Dem Roman ist immer wieder anzumerken, dass die Autorin viel Recherche betrieben hat und sich im mittelalterlichen Köln gut auskennt. Nebenbei konnte ich so erneut Wissenswertes aus der Historie erfahren. Die abgebildete Stadtkarte ist ein hilfreiches Extra.

Das hübsche Cover hat einen hohen Wiedererkennungswert und passt gut in die Reihe, obwohl die Gestaltung der drei Teile leider nicht in jedem Detail einheitlich ist. Der Titel ist auch dieses Mal treffend formuliert.

Mein Fazit:
Mit „Die Rache des Lombarden“ liefert Petra Schier einen gelungenen Abschlussband der Reihe um Aleydis de Bruinker ab, der nicht nur eingefleischten Fans historischer Literatur gefallen dürfte. Der empfehlenswerte Roman hat mich in mehrfacher Hinsicht überzeugt.

Veröffentlicht am 09.12.2020

Die Verschwundenen des Bürgerkriegs

Ein Lied für die Vermissten
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Mit seiner Großmutter Yara kehrt Amin Elmaalouf 1994 als Jugendlicher zurück in den Libanon - zwölf Jahre, nachdem er nach dem Tod seiner Eltern nach Deutschland gegangen ist. Wieder in Beirut verbringt ...

Mit seiner Großmutter Yara kehrt Amin Elmaalouf 1994 als Jugendlicher zurück in den Libanon - zwölf Jahre, nachdem er nach dem Tod seiner Eltern nach Deutschland gegangen ist. Wieder in Beirut verbringt er viel Zeit mit dem gleichaltrigen Jafar, der ihm ein guter Freund wird. Dann aber passieren mysteriöse Dinge: Menschen verschwinden, das Café der Großmutter muss schließen, er wird verleugnet. Eine Spurensuche beginnt...

„Ein Lied für die Vermissten“ ist ein Roman von Pierre Jarawan.

Meine Meinung:
Der Roman beginnt mit einer Art Vorwort oder Prolog („Yeki Bud. Yeki Nabud“). Daran schließen sich drei Teile an, „Strophen“ genannt, die wiederum aus 30 Kapiteln bestehen. Zum Schluss folgt eine Art Gesprächsprotokoll. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Amin - allerdings nicht chronologisch, sondern mit Zeitsprüngen und zum Teil etwas bruchstückhaft, was beim Leser Konzentration erfordert, die sich jedoch lohnt.

Besonders begeistert mich der atmosphärische, bildstarke und stellenweise poetische Erzählstil, der den Leser in eine fremde Welt entführt. Immer wieder beweist der Autor, dass er mit Sprache trefflich umgehen kann. Daher hat mich auch keineswegs gestört, dass teilweise ausschweifend erzählt wird und die Handlung manchmal nur langsam voranschreitet.

Amin ist ein Charakter, zu dem ich nicht auf Anhieb einen Zugang gefunden habe. Allerdings wirkt er authentisch und nicht unsympathisch.

Gereizt haben mich an der Geschichte das Setting sowie die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe. So geht es um den libanesischen Bürgerkrieg, mit dem ich mich bis dato nicht beschäftigt hatte, und den Arabischen Frühling. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Nachbemerkung des Autors, der ergänzende Infos zu den damaligen Geschehnissen liefert und darin seine fundierte Recherche belegt.

Auch ansonsten ist der Roman tiefgründig, facettenreich und vielschichtig. Freundschaft, Familie, Krieg, Verlust, Heimat und Identität sind nur einige der weiteren Themen. Dabei regt die Geschichte zum Nachdenken an und berührt.

Ich habe den Roman vorwiegend als ungekürzte Lesung gehört. Bei dem Hörbuch zeigt sich, dass der Autor mit seiner angenehmen Stimme auch als Sprecher einen tollen Job macht.

Das Cover, das prima zur Geschichte passt, gefällt mir ausgesprochen gut. Auch der Titel ist eine gelungene Wahl.

Mein Fazit:
„Ein Lied für die Vermissten“ von Pierre Jarawan ist eine besondere Lektüre, die es dem Leser zwar nicht immer einfach macht, aber nichtsdestotrotz ein empfehlenswerter Roman ist, der mich in mehrfacher Hinsicht überzeugt hat.