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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.03.2021

Amore

Limoncellolügen
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An den schönen Gardasee schickt Gudrun Grägel ihre Leser zusammen mit der begnadeten Köchin Doro, die ihrer Freundin zur Hilfe eilen muss, weil in der Familienpension in Limone der Hauptkoch wegen Armbruchs ...

An den schönen Gardasee schickt Gudrun Grägel ihre Leser zusammen mit der begnadeten Köchin Doro, die ihrer Freundin zur Hilfe eilen muss, weil in der Familienpension in Limone der Hauptkoch wegen Armbruchs ausfällt. Sie wuppt den Laden mit leichter Hand, auch nachdem es einige Aufregung um eine Leiche im Swimmingpool gibt, kurze Zeit später der Hilfskoch spurlos verschwindet und auch die schwangere Tochter des Hauses das Weite sucht.

Von der Atmosphäre her ist der Krimi einfach schön, sommerlich leicht und sehr italienisch. Es gibt geheimnisvolle Männer in schwarzen Limousinen, die bedrohlich wirken, aber auch eine sehr temperamentvolle Diva, die mal in ihre Schranken gewiesen werden muss. Das Familienoberhaupt entspricht voll dem Klischee als strenger und uneinsichtiger Vater, der noch nicht recht in der heutigen Zeit angekommen ist und der seine Tochter eher als Investitionsobjekt statt als selbstständige junge Frau ansieht.

Sehr schön ist es, wenn man nach der Lektüre auf die ganzen köstlichen Rezepte stößt, die Doro täglich in der Küche wie mit Links zubereitet hat.

Doro ist eigentlich ein ganz nette Mädel, aber sie hätte bei mir einen besseren Eindruck hinterlassen, wenn man nicht ständig ihren oberflächlichen, manchmal sogar leicht dümmlichen Gedankengängen ausgesetzt wäre. Immerhin kann sie mit ihrer couragierten Art hinter all die Geheimnisse kommen, ja sogar positiv auf den Familienfrieden der Hotelbesitzer einwirken, aber dennoch sorgt sie bei mir für einen leichten Punkteabzug.

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Portugiesische Verjährung

Die Mauern von Porto
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Hier dieser Krimi ist anders aufgebaut als normalerweise. Man kennt den Täter, der vor vielen, vielen Jahren zwei Frauen getötet und in einem verlassenen Haus in der historischen Altstadt von Porto eingemauert ...

Hier dieser Krimi ist anders aufgebaut als normalerweise. Man kennt den Täter, der vor vielen, vielen Jahren zwei Frauen getötet und in einem verlassenen Haus in der historischen Altstadt von Porto eingemauert hat und der auch nicht vor weiteren Gewalttaten zurückschreckt, um sein ehrbares Ansehen zu schützen.

Die Spannung liegt darin, wie es dem Team rund um Inspektor Fonseca gelingt, diesen respektablen Mann, Vorsitzender einer sozialen Einrichtung, zu demaskieren und zu überführen. Die Schwierigkeit liegt vor allem im portugiesischen Rechtssystem, das Mord nach schon nur 15 Jahren verjähren lässt.

Fonsecas Truppe ist um Tété erweitert worden, eine Polizistin aus Lissabon mit angolanischen Wurzeln, die es nicht mehr ertragen konnte, sich an der allgegenwärtigen Korruption die Zähne auszubeißen und lieber in der Provinz an der Basis ermitteln will. Sie bringt frischen Wind und eine andere Denkweise mit ins Team und trägt wesentlich zum Aufklärungserfolg bei.

Das zauberhafte Flair der alten Hafenstadt kommt voll zur Geltung. Wer Porto kennt, wird sich besonders bei den Teamtreffen in den Restaurants an die dortige Atmosphäre erinnern.

An die Vorgehensweise des Autors, den Mörder direkt als Täter einzuführen, muss man sich erst gewöhnen. Dadurch schreitet die Handlung gemächlich voran, Actionszenen sucht man hier vergebens. Das Augenmerk liegt eher auf den Menschen und ihren Schicksalen. Hier vor allem auf Marcia, der tablettenabhängigen Nichte des Mörders, die um ihr Leben fürchten muss, weil sie zu viel weiß.

Mir hat das Buch gut gefallen und ich werde gerne weitere Romane mit Fonseca lesen. 

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Charakterstudie

Söder
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Als Hauptkritikpunkt möchte ich anmerken, dass eine Biografie für mich etwas anderes bedeutet als das hier vorliegende Buch. Äußerst oberflächlich werden die Lebenseckdaten von Markus Söder gestreift und ...

Als Hauptkritikpunkt möchte ich anmerken, dass eine Biografie für mich etwas anderes bedeutet als das hier vorliegende Buch. Äußerst oberflächlich werden die Lebenseckdaten von Markus Söder gestreift und mit einigen seiner Vorlieben und Charaktereigenschaften garniert. Insgesamt wird vielmehr die unermüdliche, filigrane Taktik eines erfolgreichen Politikers ausgeleuchtet, der fast immer ein sicheres Gespür für den richtigen Ort und das richtige Handeln hat, um sich gekonnt in Szene zu setzen. Wenn er einmal daneben greift, dann lernt er schneller daraus als eine KI.

Die Autorin gehört erwiesenermaßen nicht zum Söderfanclub. Das merkt man an ihren wohlplatzierten Spitzen. Noch häufiger jedoch schimmert die Anerkennung für seine Leistungen durch, für seine Erfolge beruhend auf Beharrlichkeit und außerordentlichem Fleiß.

Ich habe mich für 4 Lesesterne entschieden, weil der Unterhaltungswert groß ist. Anna Clauß macht aus drögen Fakten einen leicht verständlichen Roman. Leider ist es irgendwie ein Buch zwischen den Genres: keine richtige Biografie, keine politischen Abhandlung, kein Unterhaltungsroman, sondern von allem etwas.

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Veröffentlicht am 23.02.2021

Mehr als ein Trauma

Kein Entkommen
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Katja Sand, alleinerziehend, Mordermittlerin in München, muss wohl als junge Frau ein traumatisches Erlebnis gehabt haben, das sie absolut bindungsunfähig gemacht hat. Sie kann sich keinem Menschen öffnen ...


Katja Sand, alleinerziehend, Mordermittlerin in München, muss wohl als junge Frau ein traumatisches Erlebnis gehabt haben, das sie absolut bindungsunfähig gemacht hat. Sie kann sich keinem Menschen öffnen und darunter leidet die Beziehung zu den ihr nahestehenden Personen, allen voran ihre Mutter und ihre pubertierende Tochter.

Zwei interessante Fälle tun sich vor ihr auf. Unabhängig voneinander begehen zwei ehemalige Marinesoldaten Selbstmord, indem sie ihre persönlichsten Traumata nachstellen. Katja sieht den Zusammenhang, doch die Marineleitung und das Verteidigungsministerium erzwingen den Stop der Ermittlung. Katja findet einen neuen, erfolgreichen Ermittlungsansatz, nachdem sie ein Buch über Traumata gelesen hat.

Bis zu dem Punkt, an dem sich die Ermittlerin als Amateurpsychologin betätigt, ist der Krimi für mich ein klarer Anwärter auf 5 Lesesterne. Leider sinkt das Spannungslevel genau da rapide, weil sich der Autor zu sehr in psychologische Gedankengänge und plumpe Psychospielchen verliert.

Ansonsten ist die Handlungsidee bestechend und hat mich sehr neugierig auf dieses Buch gemacht. Katja als Hauptfigur wird gut dargestellt als zerrissene Persönlichkeit, die nicht aus ihrer Haut heraus kann. Auch die Schwierigkeiten mit ihrer Tochter sind sehr realistisch. Wenn man zwischen den Zeilen liest, gewinnt man auch schnell einen Eindruck, worin Katjas Trauma besteht. Sie sollte sich wirklich professionelle Hilfe suchen, damit sie ihre Beziehungen ordnen kann.

"Trauma" ist ein grundsolider Krimi, der sich gut lesen lässt.

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Veröffentlicht am 14.02.2021

Benachteiligung

Kim Jiyoung, geboren 1982
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Kim Jiyoung steht exemplarisch für die gegenwärtige Generation junger beruftätiger Frauen in Südkorea. Sie hat eine sehr gute Ausbildung inklusive Universitätsabschluss genossen, und nach einigen Schwierigkeiten ...

Kim Jiyoung steht exemplarisch für die gegenwärtige Generation junger beruftätiger Frauen in Südkorea. Sie hat eine sehr gute Ausbildung inklusive Universitätsabschluss genossen, und nach einigen Schwierigkeiten auch eine gute Stelle gefunden. Ihr Lebensweg zeugt in einer Tour von der Benachteiligung von Frauen in einem Land, das man als Europäer als modern und aufgeschlossen empfindet. Familien wünschen sich einen männlichen Stammhalter. Jungen werden in allen Bereichen, sei es in der Familie, in der Schule, Ausbildung oder später im Beruf deutlich bevorzugt. Ihnen fallen Job und Karriere fast in den Schoss bei deutlich besserer Bezahlung. Haushalt und Kindererziehung dagegen bleiben fast vollständig die Domäne der Frauen, egal wie sehr sie beruflich gefordert sind.

Im Fall von Kim Jiyoung mündet der Spagat von Anspruch und Wirklichkeit nach der Geburt einer Tochter (ein Sohn wäre natürlich wünschenswerter gewesen) in eine Wochenbettdepression, die in einer Psychose endet.

Mir hätte es besser gefallen, wenn man einen persönlicheren Bezug zu den Protagonisten bekommen hätte. Die Distanz bleibt aufgrund des trockenen Erzählstils sehr groß. Dazu kommt, dass weite Passagen sich wie ein mit Statistiken gespicktes Sachbuch lesen.

Natürlich finde ich es interessant, wie sich das Leben in anderen Ländern gestaltet, aber wie schlecht es tatsächlich um die Gleichberechtigung in Südkorea bestellt ist, werde ich nicht nur nach der Lektüre eines einzelnen Werkes beurteilen. Die Koreanerinnen, die mir in meinem Leben begegnet sind, machten einen ganz ausgeglichenen Eindruck. Natürlich werden sie sich fern der Heimat auch befreiter gefühlt haben.

In diesem Buch überwiegt der Informationsgehalt den Unterhaltungswert, was für mich zu einem leichten Punkteabzug geführt hat.

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