Eine Geschichte zum Verlieben
Jedes Jahr im Juni
Ich muss gestehen, meine Erwartungen waren zu Beginn nicht allzu hoch. Der Klappentext hat mich neugierig gemacht, aber trotzdem war ich etwas skeptisch, ob das Buch mich nicht vielleicht langweilen würde. ...
Ich muss gestehen, meine Erwartungen waren zu Beginn nicht allzu hoch. Der Klappentext hat mich neugierig gemacht, aber trotzdem war ich etwas skeptisch, ob das Buch mich nicht vielleicht langweilen würde. Aber ich wollte mich darauf einlassen. Ohne Erwartungen. Ohne Hoffnungen. Und ja, was soll ich sagen, ich bin sehr froh, dass ich mich für diese Geschichte entschieden habe, denn das Buch hat mich definitiv überzeugt. Lia Louis hat mich definitiv überzeugt!
In „Jedes Jahr im Juni“ geht es um Emmie. Emmie hat auf einem Schulball in der 11. Klasse einen Luftballon in den Himmel geschickt. Und eigentlich ist es ein Wunder, aber dieser eine Luftballon hat seinen Weg übers Meer gefunden. Zu Lucas. Lucas, der eigentlich genau wie sie aus London kommt und überdies noch am selben Tag wie Emmie Geburtstag hat. Wenn das kein Schicksal ist. Daraufhin entsteht eine innige Freundschaft zwischen Emmie und Lucas und jedes Jahr im Juni feiern sie gemeinsam ihren Geburtstag bei Lucas in Frankreich. So auch ihren 30. Und Emmie ist sich sicher: Diesmal wird er sie fragen. Diesmal wird er ihr gestehen, dass es ihm genauso geht wie ihr. Dass er genau wie Emmie mehr für sie empfindet. So wie sie für ihn. Aber was, wenn es ganz anders kommt?
Zuallererst muss ich einfach Lia Louis‘ wundervollen Schreibstil erwähnen. Nicht jeder Autorin schafft es, derart elegant Gegenwart und Vergangenheit ineinander übergehen zu lassen. Ihr gelingt es, dabei den Lesefluss kein bisschen zu stören, den Leser gleichzeitig so aber viel tiefer in die Geschichte und die langwährende Freundschaft von Emmie und Lucas eintauchen zu lassen. Und das lässt wiederum auch die gesamte Geschichte kaum oberflächlich wirken.
Dazu tragen nicht zuletzt auch die Charaktere und deren Entwicklungen im Verlauf des Buches bei.
Ich verspreche allen Leser*innen, dass sie einen ganzen Haufen Figuren in diesem Buch finden, die sie kein bisschen ausstehen können. Aber das lässt einen nur noch mehr mit Emmie mitfiebern. Und vor allem lässt es Emmie wachsen. Für mich sticht dieses Buch, was die Entwicklung Emmies Charakters angeht, extrem heraus. Ich finde es wunderschön, wie Emmie mit jeder Seite wächst und immer mehr zu der starken, reflektierten, positiven und eigenständigen Frau wird, die sie am Ende ist.
Und auch Lucas macht eine wahnsinnige Entwicklung durch. Er lernt, dass man Fehler eingestehen kann und sogar muss. Und auch wenn ich ihn eigentlich nie so richtig leiden konnte, hat er am Ende meine Zuneigung gewonnen. Er hat dazu gelernt. Sehr, sehr viel dazugelernt.
(Auf Eliot hatte ich übrigens von Anfang an einen kleinen Crush, aber mehr verrate ich nicht, das sollte man selbst lesen!)
Natürlich ist nicht alles immer perfekt und auch hier habe ich eine kleine kritische Anmerkung.
Ich fand es gut, dass die Autorin versucht hat, die Geschichte etwas tiefgründiger zu machen, indem sie ernstere Themen eingebaut hat. Allerdings kam manchmal der Eindruck auf, das wäre der einzige Grund dafür gewesen: Hauptsache, die Geschichte wird nicht zu oberflächlich. So waren ernstere Themen insgesamt oft nur angerissen, obwohl ich mir mehr davon gewünscht hätte. Bzw. wäre es vielleicht nicht verkehrt gewesen, das ein oder andere Problem wegzulassen und dafür einen anderen Konflikt weiter auszubauen und dieses Thema mehr zum Thema zu machen, anstatt Emmie einen Haufen Probleme an den Hals zu hetzen und dabei aber bei jedem nur an der Oberfläche zu kratzen.
Dennoch ist das Buch aber nun mal auch ein Liebesroman und die Liebesgeschichte soll natürlich im Vordergrund stehen und das tut sie ja auch, insofern konnte ich im Allgemeinen meist darüber hinwegsehen.
Alles in allem ist „Jedes Jahr im Juni“ also wirklich eine sehr süße und richtig schöne Liebesgeschichte, für die Lia Louis die absolut richtigen Worte findet. Dieses Buch wird auf keinen Fall das letzte sein, welches ich von ihr lesen werde!
Ach, eine letzte Sache noch, die ich einfach unbedingt loswerden möchte: Die in die Geschichte eingebauten Playlists habe ich geliebt. Wirklich sehr, sehr geliebt. Und bei jedem einzelnen hätte ich mir gewünscht, zu wissen, welches Lied hier wohl gemeint war, ich hätte sie mir nämlich am liebsten direkt angehört. Auch wenn es vielleicht besser ist, das nie zu erfahren.
Und mit diesem letzten Worten hoffe ich, euch neugierig gemacht zu haben. Diese Geschichte und diese Autorin haben eine Chance verdient!