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Veröffentlicht am 02.07.2021

Tolle Idee, viele Überraschungen, aber teils auch wirr und zu zügig abgearbeitet

The Run 1: Die Prüfung der Götter
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Sari ist ein Phantom. Erst nach dem Run, den jede/r mit 18-Jahren bewältigen muss, darf sie einen Namen tragen, ihre Haut zeigen und andere Menschen berühren. Sari bereitet nicht nur sich auf den Run vor, ...

Sari ist ein Phantom. Erst nach dem Run, den jede/r mit 18-Jahren bewältigen muss, darf sie einen Namen tragen, ihre Haut zeigen und andere Menschen berühren. Sari bereitet nicht nur sich auf den Run vor, sie versucht auch ausreichend für ihren kranken Vater und ihren versteckt gehaltenen Bruder vorzusorgen. Besonders letzterem gilt ihre Sorge und sie ist bereit, bis an ihre Grenzen zu gehen, um zu ihm zurückzukehren…

Die Idee der Handlung hat mir total gut gefallen. Der Run ist spannend und die verschiedenen Aufgaben, die dabei bewältigt werden müssen, sind sehr unterschiedlich. Zudem ist das Gesellschaftsbild, das rund um die Hintergründe des Runs gesponnen wird, sehr interessant und hätte für mich gern noch ausführlicher beleuchtet werden dürfen.

Ich mochte die vielfältig ausgearbeiteten Reiche mit den unterschiedlichen Landschaften und Bewohnern. Die komplexe Geschichte mit ihren weit zurückreichenden Legenden über die Götter und Alben hat mir grundsätzlich gefallen, wobei hier und da noch weitere Erklärungen hilfreich gewesen wären. Das Setting bringt immer wieder neue Überraschungen und Hintergründe zutage. Allerdings fand ich es stellenweise gar nicht so einfach, den Überblick über die Reiche und die zugehörigen Charaktere mit ihren speziellen Eigenschaften zu behalten, wobei die im Buch enthaltende Karte zumindest einen räumlichen Überblick bietet. Hinzu kommt, dass die verschiedenen Figuren die unterschiedlichsten Gaben besitzen, wobei sich manche erst im Verlauf offenbaren und weitergegeben werden können, sodass es teilweise etwas wirr wird. Letztlich blieben für mich einige Zusammenhänge und Hintergründe offen.

Die Handlung steckt voller Wendungen. Immer wieder gibt es neue Geheimnisse, Verrat und Intrigen. Es wird immer undurchsichtiger, wer welche Absichten hat oder welche Motive vortäuscht. So weiß auch Sari oft nicht, woran sie ist und wie sie ihre Mitstreiter einschätzen soll. Sie muss etliche Enttäuschungen und Rückschläge einstecken, die die Spannung gleichzeitig erhöhen. Dabei ging allerdings alles recht rasant. Sari rauscht von einer Prüfung in die nächste, alles ging extrem schnell vonstatten, Probleme haben fast keine Zeit, tatsächlich aufzukommen. Sari erfährt Geheimnisse oder erhält Gaben, die kaum zu tragen kommen, weil sie für die nächste Aufagabe gar nicht mehr von Belang sind. Dadurch war es für mich auch schwer, wirklich mit Sari, die den Großteil der Geschichte in der Ich-Perspektive schildert, mitzufiebern und mitzuführen. Gerade ihre wechselnden Gefühlslagen waren für mich nicht immer greifbar. Nur die Liebe zu ihrem Bruder, die sich konstant durch die Geschichte zieht, kam bei mir wirklich an.

Gerade mit Sari hatte ich am Anfang ohnehin meine Schwierigkeiten. Ich fand sie recht anstrengend, sehr schwach und weinerlich, obwohl sie als das Gegenteil beschrieben wird. Im Verlauf entwickelt sie sich aber und zeigt am Ende tatsächlich eine gewisse Stärke. Sie kämpft verbissen für die, die ihr wichtig sind. Allerdings agiert sie dabei oft stolz und trotzig und bringt sich dadurch unnötig selbst in Gefahr.
Dabei gibt es ein paar schier ausweglose Situationen, die sie vergleichsweise leicht meistert.
Schade fand ich in diesem Zusammenhang auch, dass die Ereignisse am Ende sehr schnell abgehandelt wurden. Auch die Art und Weise wie der Konflikt gelöst wird, überzeugte mich nicht und fügt sich für mich nicht wirklich in den Rest der Handlung.
Ich hätte noch ein paar mehr erklärende Worte gebraucht, wie es nach den dramatischen Ereignissen weitergeht und wie sich alles zusammenfügt.

Fazit

Spannende Grundidee, abwechslungsreiche Handlung mit jeder Menge Überraschungen, Geheimnissen und Intrigen. Ganz überzeugen konnte mich das Buch dennoch nicht. Sari war mir am Anfang zu weinerlich, am Ende kann sie Probleme oft viel zu einfach lösen. Zwar ist die komplexe Welt mit ihren vielfältigen Legenden interessant, teilweise fiel es mir aufgrund der immer neuen Hintergründe und der vielen neuen und wechselnden Gaben aber schwer, den kompletten Überblick zu behalten. Letztlich fehlten mir einfach hier und da ein paar Erklärungen, während viele Ereignisse zu schnell abgehandelt werden.

Veröffentlicht am 02.07.2021

Zieht sich leider

Game of Blood
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Achtung: 2. Band. Rezension enthält inhaltliche Spoiler zum Vorgänger.

Das Buch (gilt zumindest fürs eBook) enthält trotz einer Vielzahl an verschiedenen Charakteren und Wesen keine Charakterübersicht ...

Achtung: 2. Band. Rezension enthält inhaltliche Spoiler zum Vorgänger.

Das Buch (gilt zumindest fürs eBook) enthält trotz einer Vielzahl an verschiedenen Charakteren und Wesen keine Charakterübersicht oder dergleichen. Auch Rückblicke auf den ersten Band sind nur ganz sparsam enthalten, sodass mir der Einstieg nur dadurch relativ problemlos gelang, dass ich den ersten Band nochmal via Hörbuch aufgefrischt hatte.

Und dennoch hatte ich teilweise sogar innerhalb der Geschichte meine Schwierigkeiten, all die Figuren, die im Verlauf zusammenkommen, und ihre Zugehörigkeiten auseinander zu halten.

Denn Lou und Reid begegnen auf ihrem Weg etlichen ganz unterschiedlichen Charakteren und interessanten Wesen. Obwohl die Vielzahl an verschiedenen Figuren einerseits spannend ist, da sie alle ihre Besonderheiten haben (wie die unterschiedlichen Arten der Hexen), fand ich es mit der Zeit etwas unübersichtlich.
Dennoch hat die komplexe Welt, die durch detaillierte Beschreibungen lebendig wird und in der es immer Neues zu entdecken gibt, ihren Reiz.

Die verschiedenen Charaktere verfolgen alle ganz eigene Absichten. Manche zeigen diese offen, einige schließen sich Lous Kampf an, andere bleiben eher undurchschaubar, sodass im Verlauf einige Geheimnisse gelüftet werden. Immer wieder kommt es zu unerwarteten Wendungen, weil neue Intrigen aufgedeckt werden. Actionreiche Kämpfe lösen sich mit grausamen Szenen und emotionalen Momenten ab.
Vorhersehbar fand ich das Geschehen dabei zu keinem Zeitpunkt, richtig fesseln konnte es mich aber dennoch irgendwann nicht mehr. Der Weg, den Lou und Reid gehen müssen, scheint endlos. Immer neue Schwierigkeiten begegnen ihnen, immer neue Umwege müssen sie gehen und kommen ihrem Ziel dabei irgendwie kaum näher. Stattdessen jagt ein Drama das nächste. Und wenn es nicht ein unerwartete Gegner ist, dann sorgen sie selbst für Drama, indem sie immer wieder die gleichen Probleme wälzen. Zwar müssen sich beide mit sich und miteinander über einige Dinge klar werden, eine richtige Entwicklung entsteht dabei für mich aber nicht. So gern ich die beiden mit ihren witzigen Kabbeleien im ersten Band hatte, gingen sie mir nun mit der Zeit doch ein wenig auf den Geist.

Hinzu kommt, dass ich irgendwie dachte, das Buch wäre ein Dilogieabschluss (war es im letzten Jahr nicht als Dilogie angekündigt?). Das dachte ich zumindest auch noch etwa 30 Seiten vor Schluss, wo auch wirklich ein Ende problemlos möglich gewesen wäre. Stattdessen dreht die Autorin die Ereignisse aber so, dass die Figuren noch wieder einen – in meinen Augen unnötigen – Umweg gehen müssen. Dabei gibt es neue fantastische Entwicklungen, von denen ich noch nicht weiß, wie ich sie in der Welt der Hexen und Werwölfe einordnen soll. Ob die Charaktere dann im Finale auch tatsächlich ans Ziel kommen? Das bleibt wohl abzuwarten…

Fazit

Detailliert ausgearbeitet Welt mit vielseitigen Wesen und facettenreichen Figuren. Zwar ist diese Vielfalt spannend, allerdings fand ich die Menge an Namen und Charakteren mit der Zeit unübersichtlich. Lou und Reid stehen viele Gefahren und Abenteuer bevor – ein Problem jagt das nächste, sodass die Handlung zwar immer wieder unerwartete Wendungen nimmt, ich sie aber dennoch irgendwann als langatmig empfand, da es einfach nicht so recht vorangeht. Dass Lou und Reid sich dann gedanklich und auch miteinander immer wieder im Kreis drehen, hat den Eindruck leider noch verstärkt.
Band 1 hat mir definitiv besser gefallen.

Veröffentlicht am 02.05.2021

Interessante Idee, deren Umsetzung mich nicht völlig überzeugt

Fair Play
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Den Klappentext fand ich total interessant und auch die Idee der App, die hier entworfen wird, ist super spannend. Dennoch konnte mich die Geschichte nicht vollständig überzeugen.

Für ein Umweltprojekt ...

Den Klappentext fand ich total interessant und auch die Idee der App, die hier entworfen wird, ist super spannend. Dennoch konnte mich die Geschichte nicht vollständig überzeugen.

Für ein Umweltprojekt entwerfen Schüler/innen eine App, die ihr persönliches Energie-Tageskonto aufzeichnet. Dabei geht es um die Art, wie die Kids sich fortbewegen, womit sie ihre Freizeit verbringen oder welche Lebensmittel sie zu sich nehmen. Wird das Kontingent überschritten, wechselt ein Icon von grün auf rot, was für alle Nutzer sichtbar ist. Dabei greift die App alle möglichen Daten ab, von Bewegungsdaten bis zur Spracherkennung. Ziel ist es, dass möglichst viele Nutzer ihren täglichen Bedarf nicht überschreiten, damit das Gesamtkonto in grünen Bereich bleibt und somit die Umwelt geschont wird.

Erzählt wird die Geschichte aus vier verschiedenen Perspektiven. Die vier Schülerinnen und Schüler haben ganz unterschiedliche Antriebe, bei dem Projekt mitzuwirken. In ihrem Leben spielen natürlich viele Themen eine Rolle, sodass der Umweltaspekt oft nur nebenbei mitschwingt, während die Teenager, die jeweils in der Ich-Perspektive berichten, über ihr Schulleben, ihre Social Media-Aktivitäten, Familie und Verliebtheit erzählen.
Neben Umweltschutz werden auch Mobbing und Gruppenzwang behandelt. Denn je länger das Projekt läuft, desto unkontrollierter entwickelt es sich und spaltet die Schülerschaft in zwei Lager, die sich gegenseitig anfeinden. Fair Player gegen Foul Player. Aber was ist noch fair…?

Der Klappentext und das erste Kapitel geben bereits einen Hinweis, was am Ende passiert, sodass der Schluss nicht völlig überraschend kommt.
Die Geschichte hat einige spannende Momente, während das Geschehen durch die vielen Alltagsschilderungen an anderen Stellen relativ ruhig vor sich hin plätschert. Im Verlauf gibt es einige Wendungen, Intrigen und Geheimnisse, da die App öffentliche Aufmerksamkeit erreicht, sodass plötzlich auch noch andere Parteien mitmischen möchten.

Letztlich finde ich sowohl die App als auch das Ende des Buches nicht ganz ausgereift. Innerhalb der App-Umsetzung gab es für mich einige Unstimmigkeiten.
Und das Ende habe ich als unpassend empfunden. Zum einen wird hier plötzlich unnötig die Moralkeule geschwungen, zum anderen passiert etwas sehr Extremes, was für mich nicht nötig gewesen wäre und letztlich auch nur bedingt zum Rest der Geschichte und der eigentlichen Thematik passt.

Ungünstig finde ich auch die langen englischen E-Mails, die unübersetzt bleiben und deren grober Inhalt hinterher nur in einem kurzen Satz zusammengefügt wird.

Fazit

Über die Gedanken, die sich die Jugendlichen um ihren Verbrauch machen, gibt es Anregungen, das eigene Handeln zu überdenken und ein wenig Input, wie sich bestimmte Lebensmittel oder das Streamen von Serien auf unser aller Umweltkonto auswirken.
Letztlich konnte mich die Geschichte weder komplett fesseln noch vollständig überzeugen. Die Schicksale der vier sehr unterschiedlichen Jugendlichen sind nicht uninteressant, allerdings wirkt das Geschehen teilweise konstruiert und ich empfand die ganze App als nicht ganz stimmig. Auch das Ende, das mir zu extrem daherkommt, überzeugt mich nicht.

Veröffentlicht am 19.04.2021

interessante Fakten, leider sehr trocken verpackt

Die Erfindung von Alice im Wunderland
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Alice im Wunderland gehört zu den wohl bekanntesten Kinderbüchern. Ich habe das Buch vor Jahren auf Englisch gelesen und verschiedene Verfilmungen gesehen, würde mich aber nicht als größten Alice-Fan bezeichnen.

Anlässlich ...

Alice im Wunderland gehört zu den wohl bekanntesten Kinderbüchern. Ich habe das Buch vor Jahren auf Englisch gelesen und verschiedene Verfilmungen gesehen, würde mich aber nicht als größten Alice-Fan bezeichnen.

Anlässlich des 150. Geburtstages der Geschichte befasst sich Peter Hunt mit den Hintergründen zur Entstehung der verschiedenen Alice-Geschichten und ihren Veränderungen von der ersten, für ein Kind geschriebenen Version zur später veröffentlichten und weltweit bekannten Kinderbuchausgabe.

Viele dieser Hintergrundinformationen sind recht spannend. Hunt beschreibt Eckpunkte aus Lewis Carrolls Leben (eigentlich Charles Lutwidge Dodgson, der Name wird auch durchgängig verwendet), die ihn beim Schreiben beeinflusst haben. Es werden reale Personen und Begebenheiten aufgezeigt, die in die Geschichte eingeflossen sein könnten. Ebenso werden die Bezüge zur damaligen Literatur und zum Zeitgeschehen hergestellt.
Dabei beruft sich Hunt auf verschiedene Quellen: Briefe und Tagebucheinträge Carrolls, Zeitzeugenberichte, Interviews, die beteiligte Personen Jahre später gegeben haben und Literaturverweise. Es gibt aber auch ganz viele Spekulationen, wie der Autor selbst zugibt: Versuche, Szenen aus Alice im Wunderland eine politische Bedeutsamkeit zu geben, die sie möglicherweise gar nicht hatte. So bleibt es letztlich schwer zu sagen, welche der verrückten Figuren wirklich eine satirische Karikatur realer Persönlichkeiten aus Carolls Umfeld oder Zeit gewesen sein mag. Und auch, was im Kopf des Autors tatsächlich vorging, wenn er beispielsweise seine Faszination für Zahlen in die Erzählung einfließen lässt, kann nur gemutmaßt werden.

Dabei zeigt Hunt auf, wie vielschichtig Alice interpretiert werden kann. Zu zahlreichen Szenen führt er Bezüge und Deutungsmöglichkeiten an, die aufzeigen, wie komplex die Kindergeschichte daherkommt und dass sie eben nicht nur eine bunte, wilde Erzählung für die Kleinsten ist.

So interessant manche Fakten auch sind, geht mir das Buch an anderen Stellen unnötig ins Detail. So werden beispielsweise zahlreiche „bekannte Persönlichkeiten“ aufgezählt, die Hobbyfotograf Caroll irgendwann mal vor der Linse hatte.

Überhaupt empfinde ich das Buch insgesamt als unnötig kompliziert geschrieben. Es wirkt, als hätte der Autor oder zumindest die Übersetzerin versucht, sich an dem Sprachstil Carrolls zu orientieren. So gibt es die ein oder andere Formulierung, die ungewöhnlich oder einfach altertümlich klingt.
Und auch sonst liest sich das Buch leider wenig flüssig. Es ist eine wissenschaftliche Abhandlung mit vielen langen, stark verschachtelten Sätzen – selbst in Klammern gesetzte Einschübe reichen teils über mehrere Zeilen. Hinzu kommen die vielen Verweise und Quellenangaben, wodurch das Buch wie eine wissenschaftlicher Aufsatz wirkt, der mehr auf Faktenwiedergabe bzw. Interpreationsversuche abziehlt als auf die Unterhaltung der Leser/innen.

Erschwerend hinzu kommt, dass viele der Werke der englischen Literatur, seien es Kinderbücher, Gedichte oder ähnliches, die hier benannt und (übersetzt) zitiert werden, mir unbekannt waren, sodass ich nicht alle Anspielungen auf die Literatur der Zeit vollständig nachvollziehen konnte.

Gut gefallen hat mir die Aufmachung des Buches. Neben Fotografien von Personen aus dem Umfeld Carrolls, gibt es diverse Illustrationen, Karikaturen und Alice-Zeichnungen, beispielsweise aus der ersten Kinderbuchausgabe. Auch Skizzen von Carroll selbst sind vorhanden.

Fazit

Die Abhandlung über die Entstehung Alice-Bücher ist nicht uninteressant, für mich aber doch mit vielen wilden Interpretationen und unnötig komplizierten Formulierungen überladen. Sich innerhalb der Alice-Bücher ein wenig auszukennen, hilft auf jeden Fall, um all die Anspielungen und Spekulationen zu verstehen. Sich zusätzlich in der englischen Literatur dieser Zeit auszukennen, hilft vermutlich noch besser, um alles einzuordnen.
Wirklich spannend fand ich, wie Carroll sich von der vorherrschenden Kinderbuchliteratur der Zeit, die hier als „Schreckenswarnungen“ bezeichnet werden, abhebt. Und auch die Bezüge zur echten Alice fand ich sehr interessant. Die Aufmachung mit den vielen Alice-Zeichnungen sowie Fotos und Karikaturen der Zeit finde ich gelungen.
Insgesamt habe ich mich mit dem Buch, das so vollgestopft mit spekulativem Wissen, das in eine komplizierte, veraltet wirkende Sprache verpackt wurde, aber schwergetan. Dass es sich um eine Übersetzung handelt, trägt vermutlich seinen Teil dazu bei, dass es sprachlich für mich etwas unrund wurde. Gerade auch die Übersetzung (alter) englischer Gedichte ist verständlicherweise immer etwas schwierig und hat einfach eine ganz andere Wirkung.

Veröffentlicht am 18.03.2021

bleibt mir zu oberflächlich und unreflektiert

Fürchtet uns, wir sind die Zukunft
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Der 18-jährige Theo ist ein begnadeter Klavierspieler, der kürzlich einen der begehrten Plätze an einer angesehenen Kunstakademie ergattert hat.
An der Schule erwarten ihn nicht nur harter Unterricht, ...

Der 18-jährige Theo ist ein begnadeter Klavierspieler, der kürzlich einen der begehrten Plätze an einer angesehenen Kunstakademie ergattert hat.
An der Schule erwarten ihn nicht nur harter Unterricht, sondern auch Mitstudenten, die sich gegen die Strukturen der Akademie auflehnen. Besonders Aida, die Anführerin der ZUKUNFT fasziniert ihn und plötzlich ist das Studium viel weniger wichtig…

Der Klappentext hat mich direkt angesprochen, doch die Geschichte konnte mich leider nicht überzeugen.

Das Buch liest sich sehr zügig, den Schreibstil fand ich angenehm. Theo ist der Ich-Erzähler der Geschichte und schildert seine Erlebnisse an der Akademie und seine Gedanken rund um die Ereignisse mit der ZUKUNFT.
Dabei habe ich Theo sein Handeln aber leider oft nicht abgenommen. Ich habe mich immer wieder gefragt, ob er hinter dem steht, was er tut bzw. wozu er sich anstiften lässt, oder ob er aus Verliebtheit treudoof jeden Unsinn mitmachen würde.
Auf jeden Fall sucht er noch nach seinem Weg und seinen Zielen für sein Leben. Leider hinterfragt er das zweifelhafte Vorgehen der ZUKUNFT dabei nicht.

Die Gruppe von Studenten, die sich DIE ZUKUNFT nennt, prangert verschiedene Missstände an. Kritisiert werden zum Beispiel die Machtstrukturen der Schule, die aus Profitgründen einen fragwürdigen Geldgeber duldet, obwohl hinter vorgehaltener Hand über dessen Schandtaten gesprochen wird. Aber es geht auch ganz allgemein um die Manipulation und Abstumpfung der Menschen durch Wirtschaft und Medien. Sie begehren dagegen auf, von der Schule und der Gesellschaft zu passiven Regelbefolgern getrimmt zu werden, die ihre Freiheiten und ihre Menschlichkeit verlieren.

Wichtige Gedanken. Aber um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen, tun sie allerlei Illegales. Randalieren, Sachbeschädigung, Diebstahl, Einbruch. Die Liste ihrer (Straf-)Taten ist lang.
Und das meiste davon bleibt nicht nur unreflektiert, sondern auch unkommentiert. Es gibt keinerlei Konsequenzen und auch keine Informationen, ob Menschen ihre Botschaften in Form von beschmierten Wänden oder umdekorierten Kaufhäusern wahrgenommen haben.
Dabei versteht es Aida (die ich aus verschiedenen Gründen wenig sympathisch fand und die mir im Verlauf sogar noch unsympathischer wurde), ihre Mitverschwörer durch dramatische Reden anzustacheln.

Letztlich kratzt das ganze Thema für mich nur an der Oberfläche und eine tatsächliche Entwicklung findet nicht statt. Die Gruppe tut etwas. Theo geht zur Uni. Oder geht nicht, weil er nachts irgendwo einbricht und am Tag entsprechend müde ist. Neue Aktion, neue Rede, die die Taten rechtfertigen soll. Bisschen Schulleben dazwischen. Wichtige Probleme werden nur angeschnitten und in den entscheidenden Momenten nicht weiter verfolgt.
Zwar fand ich das Buch nicht langweilig, aber ich bleibe nach dem Lesen eher enttäuscht zurück, zumal am Schluss so ziemlich alles offen gelassen wird. Man bekommt nur eine Ahnung davon, dass in Theo ein Entwicklungsprozess eingesetzt hat und er seine Zukunft anders gestalten möchte… Für mich wäre es nun erst interessant geworden, so viele wichtige Punkte sowie die Frage, wie all diese Ereignisse nun auf verschiedenen Ebenen nachwirken, bleiben offen.

Interessant fand ich hingegen die Akademie an sich – sowohl von ihrem Aufbau mit den verschiedenen Übungsräumen, als auch mit ihren unterschiedlichen Lehrkräften. Dabei sticht besonders ein Lehrer heraus, der Theo in seiner Leidenschaft für die Musik (die toll beschrieben ist, wenn er sich dafür mal Zeit nimmt) unterstützt und mit ungewöhnlichen Lehrmethoden inspiriert.

Fazit

Wichtige Gedanken fragwürdig hervorgebracht. Um ihre Botschaft zu vermitteln, wählt die ZUKUNFT ausschließlich kriminelle Wege. Dabei haben ihre Taten aber anscheinend keinerlei Konsequenz und werden von den Ausführenden auch nicht kritisch hinterfragt. Protagonist Theo kommt für mich leider zu oft als verliebter Trottel rüber, der nur bedingt hinter den Ansichten der ZUKUNFT steht, sich aber wunderbar selbst manipulieren lässt. Am Ende bleibt die Zukunft sehr offen…

Es werden ganz knapp 3 Sterne, da es einige Punkte in der Geschichte gab, die ich mochte. Allerdings wäre noch viel mehr möglich gewesen…