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Veröffentlicht am 20.05.2021

ein ernstes Thema, humorvoll verpackt - so gefällt mir Fitzek

Der erste letzte Tag
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Ein neues Buch von Sebastian Fitzek mit dem Untertitel „Kein Thriller“, hat mich gleich aufhorchen lassen. Er wird als Autor oft hochgelobt, mir persönlich liegt die Art seiner Thriller einfach nicht, ...

Ein neues Buch von Sebastian Fitzek mit dem Untertitel „Kein Thriller“, hat mich gleich aufhorchen lassen. Er wird als Autor oft hochgelobt, mir persönlich liegt die Art seiner Thriller einfach nicht, die sich zu sehr an Grausamkeiten und brutalen Details weiden, ich mag es eher subtiler.
Ein humorvoller und zugleich dramatischer Roadtrip klingt dagegen interessant genug um auszutesten, ob Fitzek mich in einem anderen Genre mehr überzeugen kann. Der Titel „Der erste letzte Tag“ gibt schon einen kleinen Hinweis dazu, welches Thema im Mittelpunkt steht. Als Livius Reimann von München zurück nach Berlin reisen will, wird sein Flug aufgrund des Schneewetters abgesagt. Die verfügbaren Leihwagen sind begrenzt, so dass Livius sich für die Reise mit der jungen und extravaganten Lea von Armin zusammenschließt. Mit ihrer forschen Art schafft es Lea schnell, Livius in provokante Diskussionen zu verwickeln und ihn zu überreden, sie bei einem Experiment zu unterstützen. Wie wäre es, einen Tag so zu leben, als wenn es der letzte wäre? Ehe Livius sich versieht ist er Teil des Experiments und gerät in zum Teil absurde Situationen, die er sich nicht in seinen Träumen ausgemalt hätte.
Die Geschichte ist überspitzt, bringt in einigen Szenen zum Lachen, um einen dann im nächsten Moment mit einem Paukenschlag auf den Boden zurück zu holen oder gar die Tränen in die Augen zu treiben. Lea überrumpelt Livius immer wieder im Verlauf der reise mit ihren spontanen Einfällen und erkennt sehr schnell, wie sie ihn dazu lenken kann, bei ihren Ideen mitzumachen.
Das Buch beginnt eher verhalten, erinnert thematisch stark an Geschichten von Nicolas Sparks, gewinnt aber im Verlauf mehr an Tiefe und Originalität. Viele Dialoge lassen den flüssigen und leichten Erzählstil noch lebendiger wirken.
Ich habe das Hörbuch gehört, in dieser Fassung unterstreicht der oft sarkastisch wirkende Erzählstil Simon Jägers die Stimmung der Geschichte. Obwohl es sich dabei um eine gekürzte Fassung handelt, hatte ich diesmal nicht den Eindruck, dass etwas fehlt. Hut ab für dieses Buch, dass mich positiv überrascht hat. Fitzek hat offenbar mehr drauf, als „nur“ Thriller zu schreiben, mir gefällt es auch, dass er sich bei diesem Genrewechsel nicht wie viele andere Autoren hinter einem Pseudonym versteckt.

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Veröffentlicht am 28.04.2021

spannender Spionagethriller aus Norwegen

Der schwarze Sommer (Ein Fall für Tommy Bergmann 5)
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In Gard Sveens Thriller „Der schwarze Sommer“ ermittelt Tommy Bergman erneut in einem spannenden Spionagefall mit Bezug in die Vergangenheit.
Im Sommer 2017 wird in Oslo bei der Explosion einer Autobombe ...

In Gard Sveens Thriller „Der schwarze Sommer“ ermittelt Tommy Bergman erneut in einem spannenden Spionagefall mit Bezug in die Vergangenheit.
Im Sommer 2017 wird in Oslo bei der Explosion einer Autobombe der ehemalige Botschafter Leif Wilberg getötet, während seine Frau Hannah spurlos verschwindet. Tommy Bergman, der unweit der Unglücksstelle wohnt, ist als einer der ersten zur Stelle und sehr betroffen von der Grausamkeit der Tat, bei der auch unschuldige Passanten getötet und schwer verletzt werden. Bergman arbeitet inzwischen für den Verfassungsschutz, wo er mit seiner Einstellung und seinen Alleingängen ähnlich aneckt, wie vorher bei der Polizei. Als er in diesem Fall ermittelt, stößt er schnell auf Ungereimtheiten, die auf ein größeres Geheimnis schließen lassen.
Der Leser folgt einerseits Thommy Bergmann und den Ermittlungen im Jahr 2017, die Zusammenhänge erschließen sich schrittweise mithilfe von Rückblenden in das Jahr 1982, als sich Leif Wilberg und seine spätere Frau Hannah in unterschiedlichen Funktionen in Beirut aufhalten. Die Stadt steckt mitten im Bürgerkrieg und wurde gerade von den Israelis besetzt, die Lage wird auch für europäische Bewohner stetig kritischer, Hannah erlebt als Krankenschwester täglich hautnah das Leid durch die Gräueltaten der verfeindeten Parteien. Dies ist der 5. Teil der Reihe um den Hauptcharakter, er ist in sich abgeschlossen, bezieht sich jedoch in einigen Teilen auf die Vergangenheit Tommy Bergmanns und seine persönliche Entwicklung. Die Geschichte ist wie schon in den Bänden zuvor komplex, die Schilderungen bisweilen schonungslos aber dabei nie überzogen brutal. Die Handlung greift tief in politische Verwicklungen auf, meine Kenntnisse reichen nicht aus, um zu beurteilen, wie weit diese der Realität entsprechen oder nahekommen, auf mich wirkt der Hintergrund jedoch gut recherchiert.
Insbesondere der in der Vergangenheit spielende Teil besitzt eine sprachliche und inhaltliche Intensität, die Bilder schafft, die man so schnell nicht wieder aus dem Kopf bekommt. Einige Entwicklungen lassen sich schnell erahnen, dennoch bleibt viel Raum für Spekulationen, unerwartete Wendungen erhöhen die Spannung. Mir hat es gut gefallen, dass die persönliche Geschichte Tommy Bergmans mit seinen oft sehr düsteren Stimmungen weniger Raum bekommen hat als in anderen Bänden.
Gard Sveen hat auch hier wieder eine packende Geschichte erzählt, vielleicht nicht der stärkste Band der Reihe aber in sich schlüssig und überzeugend.

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Veröffentlicht am 19.03.2021

spitzfindige Detektiv-Geschichte um Bitcoins und Co. mit ein paar Längen

Montecrypto
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Tom Hillenbrands neuer Thriller „Montecrypto“ erinnert im Stil sehr an seine Science-Fiction Bände „Hologrammatica“ und „Qube“, spielt aber in diesem Fall in einer näheren Zukunft und steigt tief in die ...

Tom Hillenbrands neuer Thriller „Montecrypto“ erinnert im Stil sehr an seine Science-Fiction Bände „Hologrammatica“ und „Qube“, spielt aber in diesem Fall in einer näheren Zukunft und steigt tief in die Finanzwelt ein.
Nach dem Tod des Start-Up Gründers Greg Hollister engagiert seine Schwester den Privatdetektiv Ed Dante, um dessen in Kryptowährung angelegtes Privatvermögen zu finden. Es beginnt eine Schatzsuche, die sich von den digitalen Medien geschürt bald einem Shitstorm gleich ausbreitet. Zusätzlich muss Ed Dante feststellen, dass sich außerdem Geheimdienste und zweifelhafte ausländische Gruppierungen für das Vermögen Hollisters interessieren und sich hinter dieser Schatzsuche ein ausgemachter Finanzskandal verbergen könnte.
Von Bitcoin habe ich schon gehört, Details zu dem Umgang waren mir bislang fremd: Ed Dante kennt sich als ehemaliger Wallstreetbanker zwar in der Finanzwelt aus, bei digitalen Währungen und den Geschäften um die verschiedenen Kryptowährungen hat jedoch auch er noch einiges dazuzulernen. Ein großer Teil der Geschichte dreht sich um Erklärungen zu Hintergründen der digitalen Geldflüsse und geschäftlichen Verflechtungen Greg Hollisters und seiner Kompagnons. Wer wie ich nicht vom Fach ist, dem schwirrt dabei schnell mal der Kopf, ich musste das Buch ab und an beiseite legen, weil mir die theoretischen Ausführungen zu weitschweifend waren. Die Fülle an technischen Begriffen und Ausführungen lässt auf eine akribische Recherche schließen, da das Thema sehr speziell ist und viele Erklärungen notwendig macht, kommt die Spannung etwas kurz. Es gibt einige actionreiche Szenen, von einem Thriller ist das Buch in meinen Augen weit entfernt.
Ansonsten gefällt mir Hillenbarnds Erzählstil, es gibt immer wieder auch amüsante Szenen, der typische Humor zeigt sich besonders in der Figur Ed Dantes, ein sehr spezieller und interessanter Charakter, der sich selbst nicht allzu ernst nimmt und damit die Geschichte auflockert.
Wenn man sich auf die Geschichte einlässt und am besten noch etwas Hintergrundwissen über Bitcoin mitbringt, findet man hier einen amüsanten und spitzfindigen Finanzkrimi, mir persönlich liegt die Science Fiction Welt aus Hologrammatica mehr.

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Veröffentlicht am 14.03.2021

spannender Krimiauftakt mit Luft nach oben

Leichenblume
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Braucht die Lesewelt noch eine neue Thriller-Reihe? Vermutlich nicht, bei skandinavischer Spannungsliteratur kann ich trotzdem selten nein sagen, erst Recht nicht, wenn wie in diesem Fall der Auftakt „Leichenblume“ ...

Braucht die Lesewelt noch eine neue Thriller-Reihe? Vermutlich nicht, bei skandinavischer Spannungsliteratur kann ich trotzdem selten nein sagen, erst Recht nicht, wenn wie in diesem Fall der Auftakt „Leichenblume“ der Autorin Anne Mette Hancock laut Werbung sogar Jo Nesbø und Jussi Adler-Olsen den Rang abläuft.
Die Geschichte spielt in Kopenhagen, Hauptfigur ist die Journalistin Heloise Kaldan, die sehr überrascht ist, als sie Briefe bekommt von einer mutmaßlichen Mörderin, die sich seit ihrer brutalen Tat vor einigen Jahren auf der Flucht befindet. Zudem enthalten die Briefe Details aus Heloise Leben, die eigentlich niemand außer ihr wissen dürfte. Was will Anna Kiel mit ihren mysteriösen Briefen Heloise mitteilen? Sie beginnt, Nachforschungen zu dem alten Fall anzustellen und in Annas Umfeld zu recherchieren. Zur selben Zeit erhält Kommissar Erik Schäfer Hinweise über Anna Kiel und nimmt neue Ermittlungen auf. Als ein weiterer Mord geschieht und Heloise mit Schäfer zusammentrifft, muss sie sich entscheiden, ob sie mit der Polizei zusammen arbeiten oder ihre eigene Story verfolgen will.
Die Geschichte ist spanend und wendungsreich, als Thriller würde ich ihn jedoch nicht einstufen, an die Intensität und Komplexität von Nesbø und Adler-Olsen kommt zumindest dieser Auftaktband nicht heran. Allerdings ist die Kombination aus journalistischen und kriminologischen Ermittlungen vielversprechend und sorgt für einen abwechslungsreichen Verlauf. Das Thema um Pädophilie und Selbstjustiz ist brisant, der Leser wird immer wieder auf falsche Fährten gelockt. Die Autorin lässt den Leser an vielen Stellen über die Zusammenhänge mitspekulieren, versucht aber etwas zu oft, Spannung zu erzeugen, in dem sie Tatsachen unausgesprochen lässt. In meinen Augen werden die Hauptthemen zu oberflächlich abgehandelt, da könnte man mehr einsteigen und Spannung erzeugen.
Die Hauptfiguren wirken authentisch und sind interessante Charaktere, allerdings sind es eher die Nebenfiguren, die polarisieren und beim Lesen starke Gefühle hervorrufen. Heloise und Schäfer wirken dagegen eher blass, andererseits bleibt so Potential zur weiteren Entwicklung in folgenden Bänden.
Der Vergleich mit Nesbø und Adler-Olsen ist aus meiner Sicht etwas unfair und weckt zu hohe Erwartungen, für sich genommen und eher als Krimi betrachtet, bietet dieser Auftaktband spannende Unterhaltung und weckt Lust auf mehr.

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Veröffentlicht am 19.02.2021

Wäre ein anderes Leben wirklich besser?

Die Mitternachtsbibliothek
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In seinem aktuellen Roman „Die Mitternachtsbibliothek“ setzt sich Matt Haig erneut mit dem Thema Depressionen auseinander, das ihm aus eigener Erfahrung sehr am Herzen liegt.
Nora Seed ist Mitte dreißig, ...

In seinem aktuellen Roman „Die Mitternachtsbibliothek“ setzt sich Matt Haig erneut mit dem Thema Depressionen auseinander, das ihm aus eigener Erfahrung sehr am Herzen liegt.
Nora Seed ist Mitte dreißig, als sie in ihrem leben einen Tiefpunkt erreicht. Nach vielen privaten Tiefschlägen gehen ihre sozialen Kontakte gegen Null, ihr Job wurde ihr gekündigt, und dann wird auch noch am selben Tag ihr Kater Voltaire tot am Straßenrand aufgefunden. Es ist kurz vor Mitternacht, als Nora beschließt zu sterben und sich unversehens statt im Jenseits in einer scheinbar unendlichen Bibliothek wieder findet. In der Mitternachtsbibliothek stehen nicht nur die Zeiger der Uhren still, auch die Bücher dort sind etwas besonderes. Sie erzählen die Variationen von Noras Leben, die möglich geworden wären, wenn sie andere Entscheidungen getroffen hätte. Nun bekommt Nora die Möglichkeit herauszufinden, welche Entscheidungen sie bedauert. Jedes Buch führt sie in eine andere parallele Welt, in der sie in ihr Alter Ego schlüpfen und erfahren kann, ob sich dieser Lebensweg für sie besser anfühlt.
Die Idee hinter diesem Buch ist ebenso zauberhaft wie seine Umsetzung. Vermutlich wird jeder Mensch schon einmal eine Entscheidung bereut haben oder sich gefragt haben, wie sein Leben anders hätte verlaufen können.
Der Einstieg in die Geschichte ist düster, Noras depressive Gedanken sind schwer zu ertragen, sie ertrinkt in Selbstmitleid und scheint sich kein selbst Glück zu gönnen. In der Mitternachtsbibliothek wird sie gezwungen, sich mit sich selbst und ihrem Leben auseinander zu setzen. Hier liegt für mich einer der Haken der Geschichte, denn durch die Bücher wird Nora in eine andere Version ihres Lebens versetzt, muss sich dort in einer fremden Umgebung zurecht finden, weiß nicht, wie sich ihr anderes Ich in dieser Welt verhält, und mit wem es Umgang hat. Das sind stressige Situationen, in denen man aus meiner Sicht nicht wirklich empfinden kann, ob man sich in diesem Umfeld wohl fühlt.
Dennoch ist der Gedanke reizvoll erleben zu dürfen, was einem im Leben entgangen ist, sowohl im positiven als auch im negativen Sinn. Auch Nora wird schnell klar, dass anders nicht unbedingt besser sein muss. Im Vergleich zu diesen unzähligen Möglichkeiten lernt sie nach und nach zu schätzen, was sie in ihrem eigenen Leben hat. Nora verfügt über viele Talente, die sie nicht ausgelebt hat, hier sehe ich eine weitere Schwäche des Romans. Ihre Figur verfügt über sehr viel Potential, was hier zu interessanten Geschichten führt, es dem Leser aber schwer macht, sich in ihr wieder zu finden.
Insgesamt ist dies ein Buch, das Mut macht, man selbst zu sein mit allen Stärken und Schwächen, sich auf das Wesentliche zu besinnen, das uns ausmacht. Der Roman enthält viele philosophische Gedanken und das nicht nur, weil Nora Philosophie liebt und studiert hat. Die Sprache bleibt dennoch einfach, die Geschichte ist bildhaft und sehr lebendig erzählt und lässt dennoch Raum für eigene Gedanken.
Anette Frier vermittelt bei der Hörbuchfassung sehr authentisch Noras unterschiedliche Stimmungen und lässt die Geschichte lebendig werden.

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