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Veröffentlicht am 23.06.2021

ein emotional berührender Roman zwischen Thriller und Familiengeschichte

Von hier bis zum Anfang
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Nach der Lektüre von Chris Whitakers Roman „Von hier bis zum Anfang“ bin ich froh, dass ich mich vom dem sehr pathetisch bis kitschig klingenden Klappentext nicht habe abschrecken lassen, denn ansonsten ...

Nach der Lektüre von Chris Whitakers Roman „Von hier bis zum Anfang“ bin ich froh, dass ich mich vom dem sehr pathetisch bis kitschig klingenden Klappentext nicht habe abschrecken lassen, denn ansonsten hätte ich einen außergewöhnlichen und bewegenden Roman verpasst.
Der Autor ist Brite, sein Roman spielt jedoch in Amerika in der fiktiven kalifornischen Kleinstadt Cape Haven, in der Jeder Jeden zu kennen scheint. Vor dreißig Jahren wurde der damals 15-jährige Vincent King des Mordes an der 7-jährigen Sissy Radleys angeklagt und verurteilt. Nun hat er seine Strafe abgesessen und kehrt in seine Heimatstadt zurück, doch die Menschen dort haben seine Tat weder vergessen noch vergeben sie ihm. Nur der Polizist Walker, Vincents Freund aus Kindertagen, hält weiter zu ihm. Walk ist so etwas wie die gute Seele des Ortes, versucht Frieden zwischen den Bewohnern zu halten und zu verhindern, dass sich der Ort verändert. Die Rückkehr Vincent Kings reißt alte Wunden auf, der Tod Sissy Radleys hat nicht nur Vincents Leben nachhaltig verändert.
Die Familie des Mädchens ist durch ihren Tod zerbrochen, der Vater weggezogen, die ältere Schwester Star Radley und damalige Freundin Vincent Kings leidet an Depressionen, verfällt immer wieder dem Alkohol und schafft es nicht, sich um ihre beiden Kinder Duchess und Robin zu kümmern. Walk hält ein Auge auf die kleine Familie, die Hauptlast trägt jedoch die 13-jährige Duchess, die sich rührend um ihren kleinen Bruder kümmert und sich mit ihrer schroffen Art eine Fassade geschaffen hat gegen die Anfeindung und Ablehnung ihrer Mitschüler.
Es gibt einige tragische Helden in dieser Geschichte, Walk und Duchess sind zwei davon, sie erzählen abwechselnd aus ihrer Perspektive von den Ereignissen, die Vincent Kings Rückkehr auslöst und das Leben der Radley-Kinder nachhaltig beeinflusst.
Mich hat der Stil der Erzählung beeindruckt, der mit knappen und präzisen Sätzen eine eindrucksvolle Atmosphäre und eine intensive Nähe zu den Hauptfiguren schafft. Insbesondere Duchess ist ein bemerkenswerter Charakter, sie erscheint aufgrund ihrer Lebensumstände älter als 13 Jahre, und ist in anderen Situationen wiederum ein trotziger Teenager, der seinen Platz im Leben sucht.
Vieles wirkt überspitzt, die Zahl der involvierten Personen ist sehr begrenzt, dennoch wirkt der Roman nie unglaubwürdig, die Figuren wirken im Gegenteil so real, dass man meint sie über die Straßen spazieren zu sehen und ihnen im Kopfkino zu folgen. Die Stimmung ist eher düster, dennoch gibt es ebenso ans Herz gehende Szenen wie solche zum Schmunzeln.
Vieles in der Geschichte ist nicht so, wie es zu Beginn der Geschichte scheint, der Autor überrascht den Leser immer wieder mit unerwarteten Wendungen, erst ganz zum Schluss offenbaren sich die tatsächlichen Zusammenhänge und das ganze Ausmaß der tragischen Umstände.
Für mich ist dieser Roman sowohl inhaltlich als auch sprachlich eines der Lese-Highlights des Jahres.

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Veröffentlicht am 07.06.2021

großartig gelesener Krimi mit viel bayrischem Lokalkolorit

Unterm Schinder
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Andreas Föhrs Kriminalromane um Clemens Wallner und Leonhardt Kreuthner waren bislang immer ein Garant für kurzweilige Unterhaltung, auch der 9.Band mit dem Titel „Unter dem Schinder“ bildet da keine Ausnahme.
Wer ...

Andreas Föhrs Kriminalromane um Clemens Wallner und Leonhardt Kreuthner waren bislang immer ein Garant für kurzweilige Unterhaltung, auch der 9.Band mit dem Titel „Unter dem Schinder“ bildet da keine Ausnahme.
Wer die Reihe kennt, den wird es nicht wundern, dass es Leonardt Kreuthner ist, der bei einer seiner unkonventionellen Aktionen auf eine Leiche stößt. Er hatte mit seinem Kollegen Sennleithner einen fingierten Einbruch inszeniert, um seiner neuen Kollegin Lisa zu imponieren, doch statt der erwarteten Platzpatronen fliegt ihm plötzlich scharfe Munition um die Ohren. Noch dazu liegt im haus in einer Tiefkühltruhe die Leiche von Carmen Skriba, die Wallner und Staatsanwalt Tischler aus einem 2 Jahre zurück liegenden Fall bekannt ist, bei dessen Ermittlungen es um den Mord an deren Mann ging. Kann es Zufall sein, dass beide auf ähnliche Art erschossen wurden? Und wie passt es, dass für den ersten Mord ein Täter verurteilt wurde und im Gefängnis sitzt? Ein paralleler Handlungsstrang führt in die beginnenden 1990er Jahre zu einem Autohändler, der sich in Schulden verstrickt hat und es sich gleich mit mehreren Geldeintreibern verscherzt hat.
Wie immer geht es in diesen Krimis bedächtig zu, Leo Kreuthner geht seine eigenen Ermittlungswege und schafft es immer wieder selbst Clemens Wallner in seiner ruhigen Art aus der Fassung zu bringen. Für Abwechslung sorgt auch diesmal wieder Opa Manfred, der seine eigenen Vorstellungen von Moral hat und seinen Enkel zusätzlich versucht aus der Reserve zu locken.
Wie auch bei den Bänden davor habe ich mir das Hörbuch gegönnt, da meiner Meinung nach der Sprecher Michael Schwarzmaier auf grandiose Weise mit seinem Vortrag und den unterschiedlichen Stimmen, die er den Charakteren verleiht, diese zum Leben erweckt und das bayrische Lokalkolorit unterstreicht. Insbesondere Opa Manfred bekommt erst dadurch eine Extraportion Charme und ist aus der Reihe nicht wegzudenken.
Auch wenn man als Leser oder in meinem Fall Hörer eine gute Ahnung von den Zusammenhängen bekommt, ist die Geschichte spannend, abwechslungsreich und unterhaltsam. Es ist nicht der stärkste Band der Reihe, für Fans dieses speziellen Humors aber sehr zu empfehlen.

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Veröffentlicht am 20.05.2021

ein ernstes Thema, humorvoll verpackt - so gefällt mir Fitzek

Der erste letzte Tag
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Ein neues Buch von Sebastian Fitzek mit dem Untertitel „Kein Thriller“, hat mich gleich aufhorchen lassen. Er wird als Autor oft hochgelobt, mir persönlich liegt die Art seiner Thriller einfach nicht, ...

Ein neues Buch von Sebastian Fitzek mit dem Untertitel „Kein Thriller“, hat mich gleich aufhorchen lassen. Er wird als Autor oft hochgelobt, mir persönlich liegt die Art seiner Thriller einfach nicht, die sich zu sehr an Grausamkeiten und brutalen Details weiden, ich mag es eher subtiler.
Ein humorvoller und zugleich dramatischer Roadtrip klingt dagegen interessant genug um auszutesten, ob Fitzek mich in einem anderen Genre mehr überzeugen kann. Der Titel „Der erste letzte Tag“ gibt schon einen kleinen Hinweis dazu, welches Thema im Mittelpunkt steht. Als Livius Reimann von München zurück nach Berlin reisen will, wird sein Flug aufgrund des Schneewetters abgesagt. Die verfügbaren Leihwagen sind begrenzt, so dass Livius sich für die Reise mit der jungen und extravaganten Lea von Armin zusammenschließt. Mit ihrer forschen Art schafft es Lea schnell, Livius in provokante Diskussionen zu verwickeln und ihn zu überreden, sie bei einem Experiment zu unterstützen. Wie wäre es, einen Tag so zu leben, als wenn es der letzte wäre? Ehe Livius sich versieht ist er Teil des Experiments und gerät in zum Teil absurde Situationen, die er sich nicht in seinen Träumen ausgemalt hätte.
Die Geschichte ist überspitzt, bringt in einigen Szenen zum Lachen, um einen dann im nächsten Moment mit einem Paukenschlag auf den Boden zurück zu holen oder gar die Tränen in die Augen zu treiben. Lea überrumpelt Livius immer wieder im Verlauf der reise mit ihren spontanen Einfällen und erkennt sehr schnell, wie sie ihn dazu lenken kann, bei ihren Ideen mitzumachen.
Das Buch beginnt eher verhalten, erinnert thematisch stark an Geschichten von Nicolas Sparks, gewinnt aber im Verlauf mehr an Tiefe und Originalität. Viele Dialoge lassen den flüssigen und leichten Erzählstil noch lebendiger wirken.
Ich habe das Hörbuch gehört, in dieser Fassung unterstreicht der oft sarkastisch wirkende Erzählstil Simon Jägers die Stimmung der Geschichte. Obwohl es sich dabei um eine gekürzte Fassung handelt, hatte ich diesmal nicht den Eindruck, dass etwas fehlt. Hut ab für dieses Buch, dass mich positiv überrascht hat. Fitzek hat offenbar mehr drauf, als „nur“ Thriller zu schreiben, mir gefällt es auch, dass er sich bei diesem Genrewechsel nicht wie viele andere Autoren hinter einem Pseudonym versteckt.

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Veröffentlicht am 28.04.2021

spannender Spionagethriller aus Norwegen

Der schwarze Sommer (Ein Fall für Tommy Bergmann 5)
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In Gard Sveens Thriller „Der schwarze Sommer“ ermittelt Tommy Bergman erneut in einem spannenden Spionagefall mit Bezug in die Vergangenheit.
Im Sommer 2017 wird in Oslo bei der Explosion einer Autobombe ...

In Gard Sveens Thriller „Der schwarze Sommer“ ermittelt Tommy Bergman erneut in einem spannenden Spionagefall mit Bezug in die Vergangenheit.
Im Sommer 2017 wird in Oslo bei der Explosion einer Autobombe der ehemalige Botschafter Leif Wilberg getötet, während seine Frau Hannah spurlos verschwindet. Tommy Bergman, der unweit der Unglücksstelle wohnt, ist als einer der ersten zur Stelle und sehr betroffen von der Grausamkeit der Tat, bei der auch unschuldige Passanten getötet und schwer verletzt werden. Bergman arbeitet inzwischen für den Verfassungsschutz, wo er mit seiner Einstellung und seinen Alleingängen ähnlich aneckt, wie vorher bei der Polizei. Als er in diesem Fall ermittelt, stößt er schnell auf Ungereimtheiten, die auf ein größeres Geheimnis schließen lassen.
Der Leser folgt einerseits Thommy Bergmann und den Ermittlungen im Jahr 2017, die Zusammenhänge erschließen sich schrittweise mithilfe von Rückblenden in das Jahr 1982, als sich Leif Wilberg und seine spätere Frau Hannah in unterschiedlichen Funktionen in Beirut aufhalten. Die Stadt steckt mitten im Bürgerkrieg und wurde gerade von den Israelis besetzt, die Lage wird auch für europäische Bewohner stetig kritischer, Hannah erlebt als Krankenschwester täglich hautnah das Leid durch die Gräueltaten der verfeindeten Parteien. Dies ist der 5. Teil der Reihe um den Hauptcharakter, er ist in sich abgeschlossen, bezieht sich jedoch in einigen Teilen auf die Vergangenheit Tommy Bergmanns und seine persönliche Entwicklung. Die Geschichte ist wie schon in den Bänden zuvor komplex, die Schilderungen bisweilen schonungslos aber dabei nie überzogen brutal. Die Handlung greift tief in politische Verwicklungen auf, meine Kenntnisse reichen nicht aus, um zu beurteilen, wie weit diese der Realität entsprechen oder nahekommen, auf mich wirkt der Hintergrund jedoch gut recherchiert.
Insbesondere der in der Vergangenheit spielende Teil besitzt eine sprachliche und inhaltliche Intensität, die Bilder schafft, die man so schnell nicht wieder aus dem Kopf bekommt. Einige Entwicklungen lassen sich schnell erahnen, dennoch bleibt viel Raum für Spekulationen, unerwartete Wendungen erhöhen die Spannung. Mir hat es gut gefallen, dass die persönliche Geschichte Tommy Bergmans mit seinen oft sehr düsteren Stimmungen weniger Raum bekommen hat als in anderen Bänden.
Gard Sveen hat auch hier wieder eine packende Geschichte erzählt, vielleicht nicht der stärkste Band der Reihe aber in sich schlüssig und überzeugend.

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Veröffentlicht am 19.03.2021

spitzfindige Detektiv-Geschichte um Bitcoins und Co. mit ein paar Längen

Montecrypto
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Tom Hillenbrands neuer Thriller „Montecrypto“ erinnert im Stil sehr an seine Science-Fiction Bände „Hologrammatica“ und „Qube“, spielt aber in diesem Fall in einer näheren Zukunft und steigt tief in die ...

Tom Hillenbrands neuer Thriller „Montecrypto“ erinnert im Stil sehr an seine Science-Fiction Bände „Hologrammatica“ und „Qube“, spielt aber in diesem Fall in einer näheren Zukunft und steigt tief in die Finanzwelt ein.
Nach dem Tod des Start-Up Gründers Greg Hollister engagiert seine Schwester den Privatdetektiv Ed Dante, um dessen in Kryptowährung angelegtes Privatvermögen zu finden. Es beginnt eine Schatzsuche, die sich von den digitalen Medien geschürt bald einem Shitstorm gleich ausbreitet. Zusätzlich muss Ed Dante feststellen, dass sich außerdem Geheimdienste und zweifelhafte ausländische Gruppierungen für das Vermögen Hollisters interessieren und sich hinter dieser Schatzsuche ein ausgemachter Finanzskandal verbergen könnte.
Von Bitcoin habe ich schon gehört, Details zu dem Umgang waren mir bislang fremd: Ed Dante kennt sich als ehemaliger Wallstreetbanker zwar in der Finanzwelt aus, bei digitalen Währungen und den Geschäften um die verschiedenen Kryptowährungen hat jedoch auch er noch einiges dazuzulernen. Ein großer Teil der Geschichte dreht sich um Erklärungen zu Hintergründen der digitalen Geldflüsse und geschäftlichen Verflechtungen Greg Hollisters und seiner Kompagnons. Wer wie ich nicht vom Fach ist, dem schwirrt dabei schnell mal der Kopf, ich musste das Buch ab und an beiseite legen, weil mir die theoretischen Ausführungen zu weitschweifend waren. Die Fülle an technischen Begriffen und Ausführungen lässt auf eine akribische Recherche schließen, da das Thema sehr speziell ist und viele Erklärungen notwendig macht, kommt die Spannung etwas kurz. Es gibt einige actionreiche Szenen, von einem Thriller ist das Buch in meinen Augen weit entfernt.
Ansonsten gefällt mir Hillenbarnds Erzählstil, es gibt immer wieder auch amüsante Szenen, der typische Humor zeigt sich besonders in der Figur Ed Dantes, ein sehr spezieller und interessanter Charakter, der sich selbst nicht allzu ernst nimmt und damit die Geschichte auflockert.
Wenn man sich auf die Geschichte einlässt und am besten noch etwas Hintergrundwissen über Bitcoin mitbringt, findet man hier einen amüsanten und spitzfindigen Finanzkrimi, mir persönlich liegt die Science Fiction Welt aus Hologrammatica mehr.

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