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Veröffentlicht am 14.04.2021

Eine dramatische Familiengeschichte

Geteilte Träume
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Imgke erfährt im Jahr 1992 zufällig kurz vor ihrem Abitur in Ost-Berlin, dass ihre vermeintlichen Eltern nicht ihre leiblichen Eltern sind und macht sich daraufhin auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter. ...

Imgke erfährt im Jahr 1992 zufällig kurz vor ihrem Abitur in Ost-Berlin, dass ihre vermeintlichen Eltern nicht ihre leiblichen Eltern sind und macht sich daraufhin auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter. Dadurch erfährt sie von verschiedenen Familienmitgliedern, was es bedeutete im politischen System der DDR aufzuwachsen. Angefangen vom Einmarsch der Russen und der Kollektivierung des Landes, dem Mauerbau und Fluchtversuchen, brutale Haftbedingungen, über Einschränkungen bei der Berufswahl, Bespitzelung und auch Spitzeltätigkeiten bis hin zur Kinderbetreuung zu DDR-Zeiten. Dabei werden, je nach Sichtweise des jeweiligen Familienmitgliedes, auch positive Aspekte des Lebens in der DDR thematisiert. Gleichzeitig spielt natürlich auch das Thema Familie und Zusammengehörigkeit eine große Rolle, da Ingke nun zwischen ihren vermeintlichen Eltern und ihrer leiblichen Familie hin und her gerissen ist.

Ich fand den Roman, nachdem ich anfangs noch etwas mit den vielen Personen und ihren Geschichten überfordert war, was sich schnell gab, sehr fesselnd und wichtig. Ich selbst bin im Westen aufgewachsen und war nur als Kind zu Besuch in der DDR und habe so natürlich nicht viel vom Leben dort mitbekommen. Daher war es für mich sehr beeindruckend mit Hilfe der verschiedenen Personen und ihren, teilweise auch zwiespältigen, Erfahrungen mitzuerleben, was es bedeutete in diesem politischen System zu leben und welche sehr brutalen Konsequenzen es haben konnte, wenn man sich in bestimmten Punkten nicht anpasste. Gleichzeitig lernt man aber auch Personen kennen, denen es recht gut gelang, sich und andere nicht zu verraten, indem sie sich mit allem bestmöglich arrangierten, sodass der Roman sehr vielschichtig ist. Auf jeden Fall merkt man deutlich, dass Ulla Mothes gründlich für ihre Geschichte recherchiert hat und auch der Schreibstil ist sehr anschaulich und gut lesbar, wenn auch nicht allzu gefühlsbetont.

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Veröffentlicht am 08.04.2021

Gelungener Abschluss der Ruhrpott Trilogie

Eine Sehnsucht nach morgen
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Der dritte und letzte Teil der "Ruhrpott-Saga" spielt Ende der 60er Jahre. Bärbel hat mittlerweile ihr Medizinstudium abgebrochen und kehrt nach einer unglücklichen Beziehung Hals über Kopf zurück zu ihrer ...

Der dritte und letzte Teil der "Ruhrpott-Saga" spielt Ende der 60er Jahre. Bärbel hat mittlerweile ihr Medizinstudium abgebrochen und kehrt nach einer unglücklichen Beziehung Hals über Kopf zurück zu ihrer Familie, wo ihr natürlich auch ihre Jugendliebe Klaus wieder über den Weg läuft. Ihre große Schwester führt ihren eigenen Buchladen und wünscht sich ein Kind mit ihrer großen Liebe Johannes und ihr kleiner Bruder Jakob demonstriert gegen Springer und bekommt Probleme in der Schule. Außerdem wohnt nach Oma Mines Tod nun Tante Clärchen, eine entfernte Verwandte mit im Haus und schmeißt den Haushalt.

Ich habe mich sehr über das "Wiedersehen" mit der Familie gefreut und darüber, mitverfolgen zu dürfen, wie es mit ihnen weiterging. Jeder ist auf seine Weise sympathisch und vor allem wirken sie sehr authentisch. Es war interessant, in die 60er Jahre abzutauchen, wo einiges noch etwas anders lief als heute. Der Schreibstil der Autorin war auch diesmal wieder angenehm lesbar und die Handlung fesselnd. Nun bin ich etwas traurig, dass die Geschichte nun endgültig zu Ende ist.

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Veröffentlicht am 04.04.2021

Eine große Liebe

Fritz und Emma
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Die Journalistin Marie zieht 2018 mit ihrem Mann Jakob nach Oberkirchbach, einem kleinen verschlafenen Dorf in der Pfalz, weit weg von jeder größeren Stadt, weil dieser dort seine erste Pfarrstelle antritt. ...

Die Journalistin Marie zieht 2018 mit ihrem Mann Jakob nach Oberkirchbach, einem kleinen verschlafenen Dorf in der Pfalz, weit weg von jeder größeren Stadt, weil dieser dort seine erste Pfarrstelle antritt. Jakob freut sich auf seine Arbeit und ist bereit, sich auf das Leben als Dorfpfarrer voll einzulassen, aber Marie fällt es schwer, sich in Oberkirchbach einzuleben, zumal es dort keine Arbeit in ihrem Beruf für sie gibt. Nachdem das Pfarrerehepaar aber in die Vorbereitungen des Dorfjubiläums mit einbezogen wird, ist Maries Ehrgeiz geweckt, zumindest wieder für mehr Leben im Ort zu sorgen und auch die Bewohner des Neubaugebietes am Ortsrand einzubeziehen. Außerdem lernt sie die beiden 92-jährigen Fritz und Emma kennen, die sich anscheinend bis auf's Blut hassen, obwohl sie am gleichen Tag geboren wurden und von Anfang an eng befreundet und bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg sogar ein Paar waren. Maries Ehrgeiz ist geweckt, mehr darüber herauszufinden, was damals passiert ist und die beiden wieder zu versöhnen.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Ich mag es, dass er auf verschiedenen Zeitebenen zwischen der Vergangenheit von Fritz und Emma und der aktuellen Zeit wechselt. Sowohl die beiden alten Protagonist:innen als auch Marie und Jakob sind mir sehr ans Herz gewachsen. Marie ist nicht die klassische Pfarrersfrau, wie Luther sie sich wohl gewünscht hätte, sondern sie will beruflich ihren eigenen Weg gehen und nicht darauf reduziert werden, die Ehefrau des Dorfpfarrers zu sein. Aber, sie liebt Jakob sehr und bewundert ihn für seine Leidenschaft, mit der er alles tut. Dennoch verzweifelt sie an den Rahmenbedingungen, die dessen Tätigkeit mit sich bringt und dem Leben in einem kleinen Dorf, aus dem das Leben immer mehr verschwindet, weil die Jungen für die Arbeit wegziehen und die Menschen in den Neubaugebieten am Ortsrand nicht wirklich dazu gehören. Somit ist der Roman auch in gewisser Weise ein Gesellschaftsportrait. Aber Marie gibt nicht so schnell auf. Auf jeden Fall bietet der Roman eine gute Portion Tiefgang, ist zugleich aber auch sehr gut lesbar. Die Autorin schreibt sehr anschaulich und lebendig und man kann sich sehr gut in die Hauptfiguren hineinversetzen.

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Veröffentlicht am 27.03.2021

Angriff des Killer-Heilbutts?

Der weiße Heilbutt
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Der weiße Heilbutt ist der neunte Band der humorvollen Krimireihe um den Dorfpolizisten Thies Detlefsen und seine Fredenbüller Freunde. Diesmal befinden sie sich auf Amrum, wo sie eigentlich Urlaub machen ...

Der weiße Heilbutt ist der neunte Band der humorvollen Krimireihe um den Dorfpolizisten Thies Detlefsen und seine Fredenbüller Freunde. Diesmal befinden sie sich auf Amrum, wo sie eigentlich Urlaub machen wollen, aber ein riesiger weißer Fisch in Strandnähe und ein abgetrennter Fuß am Strand lassen sie nicht so recht zur Ruhe kommen und Thies und Nicole beginnen ganz offiziell mit den Ermittlungen.

Der Krimi ist humorvoll geschrieben und nimmt so manchen aktuellen Trend auf die Schippe. Zugleich fehlt aber auch eine Dosis Ernsthaftigkeit nicht, in dem beispielsweise Investoren angesprochen werden, die ohne Rücksicht auf die Natur und die Bewohner Luxushotels auf den Nordseeinseln errichten wollen. Die Spannung bleibt fast bis zum Schluss erhalten und die Protagonisten sind gewohnt liebenswert. Auch der Lokalkolorit kommt nicht zu kurz und am liebsten möchte man mit nach Amrum reisen und Tage am Strand verbringen und abends leckere Fischgerichte essen.

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Veröffentlicht am 22.03.2021

Vergangenheit und Gegenwart

Stay away from Gretchen
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Tom Monderath, 45 Jahre alt und mehr oder weniger überzeugter Junggeselle ist ein bekannter Nachrichtensprecher. Seine Mutter Gretchen, 84, lebt wie er nach Abstechern ins Ausland auch wieder, in Köln. ...

Tom Monderath, 45 Jahre alt und mehr oder weniger überzeugter Junggeselle ist ein bekannter Nachrichtensprecher. Seine Mutter Gretchen, 84, lebt wie er nach Abstechern ins Ausland auch wieder, in Köln. Es häufen sich jedoch die Zeichen, dass sie langsam geistig abbaut und dement wird, immer wieder kommt es zu mehr oder weniger gefährlichen Vorfällen. Dies führt dazu, dass Tom quasi gezwungenermaßen mehr Zeit als bisher mit seiner Mutter verbringt und so auch auf immer mehr Spuren aus deren Kindheit und Jugend in Ostpreußen und nach der Flucht vor den Russen in Heidelberg stößt. Ab und an gelingt es ihm auch, ihr Erinnerungen aus dieser Zeit zu entlocken, aber bei einem bestimmten Punkt macht sie dicht und sein journalistischer Ehrgeiz ist geweckt, mehr über die Vergangenheit seiner Mutter und die Rolle des großen, dunkelhäutigen amerikanischen Soldaten zu erfahren. Zeitgleich steckt Europa mitten in der großen "Flüchtlingswelle" und es kommt vermehrt zu Protesten gegen die Aufnahme von weiteren Asylsuchenden, zum Beispiel in Heidenau, und Tom ist durch seine Arbeit besonders mit der Thematik konfrontiert.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Ich mag Bücher, die auf mehreren Zeitebenen zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit wechseln. Hier ist dies besonders gut gelungen, indem der Leser immer wieder automatisch Parallelen zwischen den Flüchtlingen aus Ostpreußen am Ende des Zweiten Weltkrieges und jenen aus Syrien heute sieht. Immer wieder werden echte gesellschaftliche Ereignisse in die Handlung einbezogen und dem Leser so wieder ins Gedächtnis gerufen.
Und auch die Geschichte des 45 jährigen Sohnes, der damit klar kommen muss, dass seine Mutter langsam dement wird, ihr so aber auch nahe wie nie zuvor kommt und manch ihrer Verhaltensweisen in seiner Kindheit nun besser versteht, ist eine sehr wichtige und berührende.
Der Schreibstil der Autorin hat mir ebenfalls sehr gut gefallen.

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