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Veröffentlicht am 26.03.2021

Asiatische Spezialitäten im Südwesten Frankreichs

Die sonderbare Karriere der Frau Choi
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Wie bei jedem ihrer Romane hat mich auch hier wieder Vanderbekes ganz besondere Art zu schreiben angesprochen. Und tatsächlich spricht Vanderbeke den Leser auch immer wieder direkt an, gibt ihm das Gefühl ...

Wie bei jedem ihrer Romane hat mich auch hier wieder Vanderbekes ganz besondere Art zu schreiben angesprochen. Und tatsächlich spricht Vanderbeke den Leser auch immer wieder direkt an, gibt ihm das Gefühl schon Bescheid zu wissen, während sie ausschweifend mehrere Geschichten und Nebengeschichten zu erzählen beginnt. Man hat ständig das Gefühl, sie weicht vom Thema ab, um doch immer wieder auf den Punkt zu kommen. Keine der scheinbaren Nebengeschichten bleibt unauserzählt. Bei meiner Recherche zu dem Buch habe ich festgestellt, dass dieser Eintopf an unterschiedlichen Geschichten nicht jedem mundet, für mich macht das aber genau den Reiz des Buchs aus, ist es doch die typisch Vanderbeksche Erzählweise.

Die Geschichte spielt in einem dieser typischen, verschlafenen, kleinen Orte im Südwesten Frankreichs, wie wir sie alle aus unseren Sommerurlauben kennen, einer dieser Orte, in die sich im Winter jedoch kein Tourist verirren würde. Vanderbeke gibt dem Ort auch keinen Namen, sondern spricht immer nur von M*.
In dieses M
zieht die Koreanerin Frau Choi aus Gwangju (übrigens die sechstgrößte Stadt Südkoreas, wie ich gegoogelt habe) mit ihrem Sohn. Nun ist es ja erst einmal sowieso verwunderlich, dass sich eine Fremde in einem kleinen Ort wie M* niederlässt. Doch wenn diese Fremde dann auch noch eine Koreanerin ist, ist das geradezu exotisch. Und so kann auch keiner damit rechnen, dass genau diese neue Einwohnerin das Schicksal des Ortes verändern wird.
Zunächst einmal eröffnet sie ein koreanisches Restaurant ganz im Stil des japanischen Stararchitekten Itami Juns, das wider Erwarten sehr erfolgreich ist in einer Gegend, in der man traditionell bevorzugt Lamm mit verkochten Bohnen isst.
Das Restaurant ist jedoch nicht nur eine kulinarische und architektonische Bereicherung für den Ort, mit ihren exotischen Gerichten befreit Frau Choi auch den Sohn einer Freundin von seiner Migräne und räumt so ganz nebenbei unliebsame Mitbürger unauffällig aus dem Weg. So unauffällig, dass nicht einmal ein im Ort Urlaub machendes Forensiker-Ehepaar ihr auf die Schliche kommt, zumindest nicht so ganz ...
Aber Frau Choi sorgt nicht nur dafür, dass der kleine Ort im Südwesten Frankreichs von aller Negativität befreit wird, sie hilft dem verschlafenen Nest auch zu einem regelrechten Aufschwung.

Eine wunderbare Geschichte in Vanderbekes typischen, wunderbaren Stil geschrieben.

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Veröffentlicht am 26.03.2021

(K)eine Vorstadtidylle

Kleine Feuer überall
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Die Geschichte spielt in den 90er Jahren im etwas zu perfekten und idyllischen Shaker Heights, einem Vorort von Cleveland, in dem sogar vorgeschrieben ist, wie hoch die Grashalme im Vorgarten wachsen dürfen. ...

Die Geschichte spielt in den 90er Jahren im etwas zu perfekten und idyllischen Shaker Heights, einem Vorort von Cleveland, in dem sogar vorgeschrieben ist, wie hoch die Grashalme im Vorgarten wachsen dürfen. Hier treffen Elena Richardson und Mia Warren aufeinander, zwei Mütter die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Elena Richardson, so scheint es, hat in ihrem Leben immer alles richtig gemacht. Sie verkörpert alles, wofür Shaker Heights steht: Anwaltsgemahlin mit solidem, doch etwas langweiligem Journalistenjob bei der Lokalzeitung, perfekt geratene Kinder, zumindest größtenteils.

Auf dieses Idyll treffen Mia Warren und ihre Tochter Pearl, die bisher ein wahres Hippie-Leben geführt und an keinem Ort besonders lang verweilt haben. Ihre unkonventionelle Art zu leben zwingt die Mitglieder der Familie Richardson (manche mehr als andere), hinter die perfekte Fassade ihres Lebens zu blicken.

Gleich zu Beginn des Romans der Paukenschlag: Jemand hat das Haus der Richardsons in Brand gesteckt und Elena Richardson muss fassungslos zusehen, wie ihr perfektes Leben in Flammen aufgeht.

Stück für Stück erfahren wir bei der Lektüre des Romans, wie es dazu kam, wie sich die Schicksale der beiden Familien immer mehr verflochten haben.

Da ist Mias Tochter Pearl, die sich nach einem geordneten Leben wie dem der Richardsons sehnt und immer mehr Zeit bei ihnen verbringt. Elenas Tochter Izzy, die Rebellin, die aus dem Käfig des perfekten Vorstadtlebens ausbrechen will, fühlt sich dagegen sehr zu Mia und ihrer unkonventionellen Lebensweise hingezogen. Ein Sorgerechtsstreit zwischen einer chinesischen Einwanderin und guten Freunden der Familie Richardson spaltet nicht nur die Richardsons und Warrens, sondern ganz Shaker Heights in zwei Lager. Und dann beginnt Elena auch noch in Mias Vergangenheit zu graben. All diese mehr oder weniger unterschwelligen Konflikte kulminieren letztendlich in dem Brand, von dem wir am Anfang des Buchs erfahren haben.

Ein absolut lesenswertes Buch!

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Veröffentlicht am 26.03.2021

Spannend, beklemmend, unglaublich gut geschrieben

Der Verdacht
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Ein Roman so spannend wie ein Krimi, aber doch kein Krimi im klassischen Sinne. Ashley Audrain beschreibt in ihrem Debut, wie aus dem Traum, eine Mutter zu sein, ein Albtraum wird.
Blythe und ihr Mann ...

Ein Roman so spannend wie ein Krimi, aber doch kein Krimi im klassischen Sinne. Ashley Audrain beschreibt in ihrem Debut, wie aus dem Traum, eine Mutter zu sein, ein Albtraum wird.
Blythe und ihr Mann Fox führen, so scheint es, die perfekte Beziehung, bis ihr erstes Kind Violet zur Welt kommt. Von Anfang an beschleicht Blythe das Gefühl, dass mit Violet etwas nicht stimmt. Oder liegt es vielleicht an ihr selbst, dass sich einfach keine mütterlichen Gefühle einstellen?
Zunächst tippt man als Leser noch auf postnatale Depressionen, doch die Beziehung Blythes zu ihrer Tochter wird im Laufe der Jahre nicht besser, im Gegenteil. All die unerklärlichen Dinge, die passieren. Hat Violet damit zu tun oder verdächtigt ihre Mutter sie zu Unrecht?
Fox kann Blythes ablehnende Haltung und ihre Zweifel an der gemeinsamen Tochter nicht verstehen, vielmehr denkt er, dass sie für die Spannungen zwischen den beiden verantwortlich ist. Als Leser ist man hin- und hergerissen. Bis zum Schluss weiß man nicht, welcher Version der Geschichte man Glauben schenken soll.
Dazu trägt die besondere Erzählperspektive bei: Die Ich-Erzählerin Blythe hat alle Ereignisse, wie sie sich ihrer Meinung nach zugetragen haben, für Fox aufgeschrieben. Will sie damit nur ihre Handlungen rechtfertigen? Und überhaupt, wie zuverlässig ist ihre Erinnerung des Geschehenen? Weitere Zweifel daran, welcher Version man nun glauben soll, bekommt man, als man im Laufe der Geschichte erfährt, dass bereits Blythes Mutter und Großmutter ihre Schwierigkeiten hatten, dem Bild einer liebenden Mutter gerecht zu werden…
Ein Buch, das man, einmal angefangen, nicht mehr aus der Hand legen kann.

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Veröffentlicht am 08.06.2022

Inspirierend!

Marokko
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Wenn ich auf der Suche nach besonderen Bildbänden im Bereich Kunst, Design und Architektur bin, schmökere ich als Erstes auf den Seiten des Prestel-Verlags. Zuletzt haben mich zwei japanische Leporello-Ausgaben ...

Wenn ich auf der Suche nach besonderen Bildbänden im Bereich Kunst, Design und Architektur bin, schmökere ich als Erstes auf den Seiten des Prestel-Verlags. Zuletzt haben mich zwei japanische Leporello-Ausgaben des Verlags begeistert. Diesmal waren mir der Titel „Marokko – Interior, Design, Inspiration“ und das in verschiedenen Blau- und Türkistönen gehaltene Titelbild ins Auge gefallen. Getreu dem Motto unseres Blogs „diewelterlesen“ beschloss ich also, dem faszinierenden nordafrikanischen Land einen Besuch abzustatten. Diesmal nicht nur literarisch, sondern auch in Bildern. Und so begann meine Entdeckungsreise, die mich von Tanger gegenüber der spanischen Küste über Marrakesch im Landesinneren bis ins Atlasgebirge führten. Der Fokus dieses wunderbaren Bildbandes liegt jedoch ganz besonders auf dem Schaffen einer neuen Generation von Designerinnen und Innenarchitektinnen. Bilder der Umgebung werden nur im Kontext interessanter Häuser, Gärten und deren Einrichtung gezeigt. Sicherlich handelt es sich nicht um Wohnträume, die ein jeder sich einfach mal so erfüllen kann und auch die vorgestellten Hotels sind vermutlich nicht für jedermanns Budget. Vielmehr lädt der Bildband zum Träumen ein, inspiriert und weckt den Wunsch, dieses spannende Land einmal selbst zu besuchen.
Ein traumhaftes Buch, das ich zum Für-Sich-Selbst-Kaufen oder Verschenken sehr empfehlen kann!

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Veröffentlicht am 26.03.2021

Viel Lärm um nichts in Italien

Viel Lärm um Chiozza
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Viel Lärm in Chiozza - der deutsche Titel erinnert nicht von ungefähr an Shakespeares Viel Lärm um nichts. Das Gezanke der Einwohner Chiozzas wird im Grunde nur von Nichtigkeiten verursacht, und zwar vor ...

Viel Lärm in Chiozza - der deutsche Titel erinnert nicht von ungefähr an Shakespeares Viel Lärm um nichts. Das Gezanke der Einwohner Chiozzas wird im Grunde nur von Nichtigkeiten verursacht, und zwar vor allem, weil in dem kleinen Fischerdorf ein eklatantes Ungleichgewicht an Männern und Frauen herrscht und die heiratswilligen Frauen schauen müssen, dass sie einen Mann abbekommen. Und so geraten diese auch gleich im ersten Akt in einen heftigen Streit, während sie beim Klöppeln (Wer kennt sie nicht, die hübschen Spitzendeckchen, für die Burano so bekannt ist.) darauf warten, dass die Männer vom Fischen zurückkommen. Es werden Ansprüche auf bestimmte Männer gestellt, die Reihenfolge beim Heiraten muss eingehalten werden und überhaupt muss man erst einmal durch das Tragen eines Jungfernrocks anzeigen, dass man überhaupt auf dem Heiratsmarkt zur Verfügung steht. Als die Männer dann mit ihrem Fang an Land kommen, werden sie schnell in den Streit hineingezogen. Wie dies alles dann, genauso wie es sich für eine Komödie gehört, doch noch zu einem guten Ende kommt, ist eigentlich schon die ganze Handlung. Eine kurze, unterhaltsame Geschichte, die man in ein, zwei Stunden gelesen hat.

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