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Veröffentlicht am 01.05.2021

Eine ganz besondere Geschichte

Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz
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„Viele Leute, die so sind wie ich, haben eine große Stirn und kleine Augen. Mein Freund Yoda zum Beispiel. Aber mir sieht man nicht an, dass ich nicht normal bin. Deshalb habe ich im Kampf die Überraschung ...

„Viele Leute, die so sind wie ich, haben eine große Stirn und kleine Augen. Mein Freund Yoda zum Beispiel. Aber mir sieht man nicht an, dass ich nicht normal bin. Deshalb habe ich im Kampf die Überraschung auf meiner Seite“
Erzählt die 21-Jährige, „Wikingerexpertin“ Zelda, die unter fetale Alkoholspektrumstörung leidet. Die Wikinger spielen in Zeldas Leben eine große Rolle. Die geben ihr den gewissen Halt, Kraft und Tagesordnung.

Sie lebt mit ihrem großen Bruder Gert in einer Gegend, wo Schlägerei und Drogenkonsum im Alltag Normalität sind. Außer ihr Bruder gehören in ihrer Sippe Gerts Exfreundin Annie, die sie AK47 nennt und ihr Freund Marxy, der sie von ganzem Herzen liebt. Von ihren Eltern hat sie kaum Erinnerungen mehr. Zwar braucht sie feste Regeln, Zeitangaben und manchmal auch Definitionen aber sie ist vollkommen glücklich und hat große Pläne mit ihr Freund. Bis Gert in schlechte Gesellschaft geriet...

Der junge Autor hat mit seinem Debütroman eine Heldin erschaffen, die man nicht nur sofort ans Herz schließt, sondern auch als großes Vorbild für unsere Gesellschaft ist. Zelda ist bewusst, dass sie „Anders“ ist, doch gerade deswegen lässt sie sich nicht einschüchtern und folgt ihr Ziel.
Was mich aber an dieses Buch sehr beeindruckt hat, ist der Schreibstil. Denn Macdonald erzählt nicht nur aus der Sicht von Zelda, er schreibt auch wie Zelda und dadurch wirkt die Story und die Figuren lebensecht.

Hinter dieses kunterbuntes Cover verbirgt sich eine ganz besondere Geschichte mit tollen Charakteren und wichtiger Botschaft. Eine klare Leseempfehlung von mir!

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Veröffentlicht am 30.04.2021

Verlorene Jahre

Was wir sehen, wenn wir lieben
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Nach einem schweren Sturz wacht Teresa im Krankenhaus auf und kann sich plötzlich nicht mehr an die letzten 5 Jahren ihres Lebens erinnern. Warum hat sie ein C auf der Hand gemalt? Was ist mit ihrem Haaren ...

Nach einem schweren Sturz wacht Teresa im Krankenhaus auf und kann sich plötzlich nicht mehr an die letzten 5 Jahren ihres Lebens erinnern. Warum hat sie ein C auf der Hand gemalt? Was ist mit ihrem Haaren passiert? Wieso wohnt sie nicht mehr bei ihrer Schwester? Wer ist der nackte Mann in ihrem Bad? Als Letztes was sie weiß, ist, dass sie ein Date mit dem besten Freund von ihrer Schwester Henry hatte und sie mit Herzklopfen von ihm verabschiedet hat. Und warum kann Henry sie heute nicht mehr leiden? Teresas Leben ist wie ein durcheinandergeratene Puzzle mit Tausenden Teilen. Stück für Stück muss sie ihr Leben wieder zusammenbauen und dabei sich selbst finden...

Es ist mein drittes Buch aus dem Federn von Kristina Moninger und wie erwartet hat sie mich wieder einmal begeistern können. Denn es ist egal, ob sie tragisch/traurige Themen eingrifft, ihr Schreibstil ist immer locker und humorvoll, sodass man beim Lesen nicht Trübsal blasen muss. Auch hier hat sie ein sensibles Thema ausgesucht, nämlich Amnesie. Wie Teresa oder ihre Familie und Bekannte mit ihrem Gedächtnisverlust umgehen ist sehr interessant zu lesen.

Sie ist eine starke Protagonistin, welche die man sofort ans Herz schließt aber nicht nur Teresa, sondern all die Charaktere sind hier liebenswert. Die sind eine von uns, nicht perfekt, haben Ecken und Kanten und eigene Last auf dem Schultern zutragen.

Es ist eine Humorvolle, gleichzeitig berührende Geschichte über Selbstfindung, Familie und Liebe, die zum Nachdenken anregt.

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Veröffentlicht am 08.04.2021

Willkommen in Bracken

Über Menschen
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Berlin/Kreuzberg 1. Corona Lockdown im Frühjahr 2020
Die 36-jährige Werbetexterin Dora braucht dringend Abstand von ihrem extrem Klimaschützer, selbsternannte Corona-Experten Freund und von durch Homeoffice ...

Berlin/Kreuzberg 1. Corona Lockdown im Frühjahr 2020
Die 36-jährige Werbetexterin Dora braucht dringend Abstand von ihrem extrem Klimaschützer, selbsternannte Corona-Experten Freund und von durch Homeoffice zu eng gewordene gemeinsame Wohnung. Sie flüchtet mit ihrer Hündin, genannt auch Jochen der Rochen, nach brandenburgischem Bracken, in das altes Haus, das sie vor Monaten heimlich gekauft hat. In 283-Köpfigen Bracken angekommen, versucht sie mit einer stumpfer Sense und Spaten ein Gemüsebeet anzulegen, doch was sie hier erwartete, ist nicht nur der sandige, trockene Boden. Nebenan wohnt der kahlgeschorene Nachbar, der sich als „Ich bin hier der Dorfnazi“ vorstellt, gegenüber wohnt ein andauernd Witze erzählender Rassist und paar Häuser weiter einer linker Künstler mit seinem AFD Wähler Freund. Wo ist die Großstädterin Dora hier überhaupt gelandet?

Nach paar gelesenen Seiten, war ich total skeptisch auf die Geschichte, denn ich kann die Begriffe wie: Corona, Lockdown, Homeoffice/Schooling nicht mehr hören, geschweige den noch lesen! Doch was Juli Zeh hier auf dem Papier gebracht hat, ist es mehr als ein „Coronatagebuch“ Die Autorin greift auf hochaktuellen Themen ein. Von Fridays for Future-Demonstrationen, Coronaleugner, Rechtsradikalismus, Homosexualität, Brexit bis zur berühmt-berüchtigten Ex-Präsidenten ist alles dabei. Langeweile gibt es hier nicht. Doch ich muss ehrlich zugeben, mir ist die Story sehr eilig geschrieben vorgekommen, deshalb ist es mir stellenweise unglaubwürdig gewirkt, denn welche Mutter lässt freiwillig ihre Tochter bei dem Unterbeobachtungsstehenden Nazi-Gewaltiger? Welche Chirurg-Tochter kennt sich mit den Gehirnkrankheiten so gut aus, sodass sie die auf der Stelle prognostizieren kann?
Klischeehaft? Mag sein, man kann über die Story einiges diskutieren, doch gerade diese fast Banalität macht das Buch erst recht lesenswert.

Mit klarer Sprache, ungeschönt, mal humorvoll, mal nüchtern nimmt Juli Zeh ihre LeserIn in einem fiktiven Dorf mit und lässt die „Mauer“ auf ihrer Art und Weise erneuert fallen. Es ist ein hoffnungsvolle Geschichte, welche mich nachdenklich zurückgelassen hat.

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Veröffentlicht am 04.04.2021

Eine lebendige Geschichte

Als wir uns die Welt versprachen
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Edna wächst bis zu ihrem 10. Lebensjahr glücklich in Südtirol auf, bis der Armut an deren Haustür kloppte. Sie überquert gemeinsam mit dem Pfarrer des Dorfes die Alpen, um bei schwäbischen Großbauern zum ...

Edna wächst bis zu ihrem 10. Lebensjahr glücklich in Südtirol auf, bis der Armut an deren Haustür kloppte. Sie überquert gemeinsam mit dem Pfarrer des Dorfes die Alpen, um bei schwäbischen Großbauern zum Arbeiten. Doch was sie dort erwartete, ist nicht nur körperliche und seelische Schmerzen, sondern ein Junge mit traurigen Augen. Jacob, ein Freund. Ihre Mut und Kraft Spende. Bis der Zweite Weltkrieg sie für immer trennte.

Fast 80 Jahre später entdeckt Edna in einer Zeitschrift ein Bericht mit Jacobs Bild. Ab da an konnte keine die liebenswerte Dame bremsen. Mit ihrem Papagei Emil im Gepäck, zu Fuß, mit Bus und Bahn, macht sie sich auf dem Weg aus Castelbello/Italien. Ihr Ziel: Ravensburg/Deutschland.

Mit ihrem klare, einfühlsame, humorvolle und vor allem bildhafte Schreibstil hat mich die Autorin mit ihrem Debütroman auf eine Wanderung mitgenommen, welche ich sehr genossen habe. Eine Reise, die mich gleichzeitig zu tiefst berührt und zum Lachen gebracht hat. Wo ich mit Edna in der Vergangenheit mitgelitten hab, in der Gegenwart wollte ich sie einfach huckepack nehmen und sie durch den Wald tragen.

„Schwabenkinder“... einer der schwer verdaulichste Kapitel in der Deutschgeschichte. Obwohl die Story stellenweise recht unglaubwürdig war, ist es Romina Casagrande mit diesem Werk sehr gut gelungen, einige der damaligen Kinder eine Stimme zugeben.

Eine lebendige, mitreißende Geschichte welche mich mit wunderbaren Lesestunden beschert hat.

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Veröffentlicht am 28.03.2021

Sprachgewaltig, aufwühlend, facettenreich

Das Licht ist hier viel heller
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Ein ehemals berühmt-berüchtigte Schriftsteller: „Es ist 11.23 Uhr, und Wenger versucht, sich zu Sturm der Liebe einen runterzuholen“ S.5
Doch seine Erektion lässt ihm in Stich und in seinem Leben läuft ...

Ein ehemals berühmt-berüchtigte Schriftsteller: „Es ist 11.23 Uhr, und Wenger versucht, sich zu Sturm der Liebe einen runterzuholen“ S.5
Doch seine Erektion lässt ihm in Stich und in seinem Leben läuft einiges nicht mehr, wie es mal war. Nach Jahren Rampenlicht, viele Bestseller und Skandale verlässt seine Frau ihm für einen jüngeren Sportfreak, seine Kinder hassen ihm und seine Bücher sind Ladenhüter. Im Selbstmitleid suhlend, gammelt Wenger in seiner Junggesellenbude, lässt sich von seiner Schwester bekochen. Bis er eines Tages Briefe von einer fremden Frau erhält, die nicht für ihn bestimmt sind. Briefe; die voll mit Wut, Schmerz, Liebe und Hass beladen sind. Wenger öffnet und liest sie und auf einmal weist er, worüber er schreiben will. Doch er weiß nicht, dass seine 18-jährige Tochter Zoey, dieselben Briefe liest und denselben Schmerz und dieselbe Wut spürt, wie die geheimnisvolle Verfasserin.

Ein Buch voll mit Schmerz, Wut, Liebe und Hoffnung. Eine Geschichte, die mich als Mutter extrem wütend gemacht hat. Wie kann man als Eltern von Jugendlichen so Blind und Selbstsüchtig sein? Wie kann man eigene Kinder ignorieren oder die für sich selbst vorteilhaften Zwecken benutzen wollen?

Erzählt wird die Geschichte aus Zoeys und Wengers Sicht, wobei ich am liebsten Wangers „gepuderten Nase“ eine einhauen wollte, war Zoey für mich die Heldin. Obwohl sie sehr arrogant und selbstbewusst herüberkommt, waren ihre Gefühle, Ängste, Wünsche und Liebe ergreifen Nah. Besonders ihre Liebe und Beschützerinstinkt gegenüber ihrem Bruder hat mich tief berührt. Zwischen beiden Perspektivenwechseln kommen die Poesie geladenen Briefe, die mich stellenweise zu Tränen gerührt hat.

Schlagfertig, nicht schönt, frech und emphatisch schreibt Mareike Fallwickl über eine entzweite Familie, Alltagssexismus und über die Emanzipation von ein junges Mädchen. Sie spricht über den trostlosen Literaturbetrieb, um die AutorInnen gern einen großen Bogen machen und mehr oder minder gibt sie einen Seitenhieb an den BloggerInnen ab, was mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat.

Absolute Leseempfehlung von mir!

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