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Veröffentlicht am 06.06.2021

„Ein kleines Dorf ist wie eine große Familie“

Adria mortale - Bittersüßer Tod
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Der Kriminalroman „Adria Mortale – Bittersüßer Tod“ wurde von der Autorin Brigitte Pons unter ihrem Pseudonym Margherita Giovanni verfasst.
Wir begleiten die beiden jungen Frauen Elke und Sonja, die aus ...

Der Kriminalroman „Adria Mortale – Bittersüßer Tod“ wurde von der Autorin Brigitte Pons unter ihrem Pseudonym Margherita Giovanni verfasst.
Wir begleiten die beiden jungen Frauen Elke und Sonja, die aus Deutschland zu ihrem ersten Urlaub alleine nach Italien aufbrechen und im Dorf Pesaro del Monte piccolo Catolica landen. Sie genießen den italienischen Flair des urigen Dorfes in den 50er Jahren und lernen die Bewohner nach und nach kennen. Die Idylle wird dann durch den Tod des Dorflehrers durchbrochen und plötzlich benimmt sich jeder im Dorf irgendwie verdächtig. Als Federica Pellegrini, eine Zugezogene und Besitzerin der Pension, misstrauisch wird und die Polizei einschaltet, beginnen zähe Ermittlungen, die durch persönliche Interessen der Dorfbewohner nicht gerade erleichtert werden.

Der Kriminalroman wird aus den verschiedenen Perspektiven der Dorfbewohner und -besucher erzählt, es gibt keine eindeutigen Protagonisten. Wem das Merken von Namen schwer fällt, dem sei hier empfohlen eine Liste anzulegen, da die Anzahl der handelnden Personen doch recht hoch ist.
Mir hat das aber gut gefallen, denn so erfährt man nach und nach von Geheimnissen, Motiven und möglichen Affären jedes Einzelnen, sodass man oft das Gefühl hat, dass bei der gerade beschriebenen Person etwas nicht stimmt. Dabei bleibt aber zunächst offen, ob das nun wirklich etwas mit dem Fall zu tun hat – so konnte ich die ganze Zeit über wunderbar miträtseln und haufenweise Theorien zur Täterschaft aufstellen!

Die typische Dorfstruktur wurde meiner Meinung nach sehr gut dargestellt – es herrscht ein generelles Misstrauen gegenüber „Fremden“ (so auch gegenüber Federica, obwohl die schon jahrelang dort wohnt), es gibt Klatsch und Tratsch, der sich verselbstständigt und so zu interessantesten Versionen der Wahrheit führt. Dies erleichtert dem Ermittler Lorenzo Garibaldi die Aufklärung der Tatumstände nicht gerade.
Die Charaktere haben mir sehr gut gefallen, sie waren alle auf ihre Art einzigartig, manchmal klischeehaft, aber trotzdem authentisch. Insbesondere auch die Vielzahl der liebevoll ausgestalteten Charaktere hat mir zugesagt, von sympathisch bis unausstehlich ist alles dabei.

Das Erzähltempo ist eher gemächlich und passt zum Fortgang der Ermittlungsarbeiten, die durch die sturen Dorfbewohner erschwert werden. Dabei wird es aber auf keinen Fall langweilig, denn man ist ganz drin in der italienischen Idylle, in diesem Beziehungsgefüge eines Dorfes und dem Rätseln um die Täterschaft.
Das Buch nimmt (vor allem zum Ende hin) an Fahrt auf und führt zu einer überraschenden Auflösung. Das ist meiner Meinung nach gut gelungen, da die Auflösung nachvollziehbar ist, man schon vorher Hinweise in diese Richtung hatte und das Ganze trotzdem unerwartet war. Einige falsche Fährten wurden am Ende nicht aufgeklärt. Da diese aber schlussendlich doch nichts mit dem Fall zu tun haben, fand ich das total in Ordnung.

Giovannis Erzählstil ist sehr bildlich, das zeigt sich u.a. im Prolog aus der Vogelperspektive, der im Epilog dann seine Entsprechung findet. Außerdem gibt es sehr viele Andeutungen des Unglücks, wie z.B. eine Begegnung mit einer schwarzen Katze. Für mich waren diese Andeutungen super eingearbeitet, sodass man es beim unaufmerksameren Lesen wahrscheinlich gar nicht wahrnimmt.

Alles in allem hat mir das Buch sehr viel Spaß gemacht. Mich haben die verschiedenen Perspektiven der Dorfbewohner und -besucher mit in eine typische Dorfstruktur und die italienische Urlaubsatmosphäre von Pesaro del Monte piccolo Catolica genommen – mit all den Vorurteilen und Gerüchten, aber auch dem Lebensgefühl und dem Flair der damaligen Zeit. So machte mir das Erwägen der verschiedensten Theorien hier besonders viel Spaß. Davon hatte ich viele, aber keine davon stellte sich als gänzlich richtig heraus.
Für mich ist „Adria Mortale – Bittersüßer Tod“ ein wunderbar gelungener Cosy Crime mit klarer Empfehlung für Leser*innen, die gerne Miträtseln und ins Italien der 50er Jahre abtauchen wollen.

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Veröffentlicht am 03.04.2021

Das Ende der Ruhrpott-Saga

Eine Sehnsucht nach morgen
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„Eine Sehnsucht nach morgen“ ist der dritte Band der Ruhrpott-Saga der Autorin Eva Völler. Für den zweiten Teil der Saga „Ein Gefühl von Hoffnung“ gewann Eva Völler 2021 den DELIA-Literaturpreis und mit ...

„Eine Sehnsucht nach morgen“ ist der dritte Band der Ruhrpott-Saga der Autorin Eva Völler. Für den zweiten Teil der Saga „Ein Gefühl von Hoffnung“ gewann Eva Völler 2021 den DELIA-Literaturpreis und mit dem dritten Band findet die Reihe nun ein Ende.

1968 kehrt Bärbel Hamburg den Rücken zu und lässt eine gescheiterte Beziehung und einen guten Job als Ärztin hinter sich. Sie zieht zurück zu ihrer Familie nach Essen und wagt dort einen Neuanfang. Hierbei begegnet sie immer wieder ihrer Vergangenheit: ihre Jugendliebe Klaus wohnt direkt nebenan und auch wenn sie enttäuscht vom Ausgang ihrer damaligen Beziehung ist, kann sie sich nicht gegen die Anziehungskraft wehren, die zwischen den beiden noch immer zu spüren ist. Klaus ist jedoch mittlerweile verheiratet und hat eine kleine Tochter.
Es geht in dem Buch aber nicht nur um Bärbel und Klaus, sondern auch um die anderen Familienmitglieder der beiden Familien. Persönliche Rückschläge, neue Liebesbeziehungen, die Wünsche und Ziele der einzelnen Charaktere werden aus verschiedenen Perspektiven dargestellt. Es geht um die Arbeit unter Tage, politisches Engagement, schulische Probleme und zwischenmenschliche Beziehungen. Immer wieder fließen Themen wie die Rolle der Frau in der damaligen Gesellschaft oder der Contergan-Skandal in die Geschichte mit ein und geben dem Ganzen Tiefe.

Anhand des Klappentexts habe ich erwartet, dass die Geschichte hauptsächlich von Bärbel und ihrer Beziehung zu Klaus handelt. Mir hat dann umso mehr gefallen, dass das Buch aus verschiedenen Perspektiven geschildert wird und die Entwicklung zwischen den beiden nur ein Handlungsstrang von vielen war. Die Handlung ist vielschichtiger und facettenreicher als ich es anfangs erwartet habe.
Die Bezüge zu den damaligen Ereignissen bringen dem Leser das Zeitgefühl und die Beweggründe der Menschen im Ruhrpott näher. Auch wenn man selbst zu der Zeit nicht gelebt hat, kann man sich sehr gut in die einzelnen Charaktere hineinversetzen und bekommt einen Eindruck vom damaligen Lebensgefühl.
Bärbel, die die Rolle der Frau in den 60ern immer wieder hinterfragt, hat mir sehr gut gefallen, da dieses Thema noch immer aktuell und wichtig ist!
So spiegelt das Buch mit seinen zahlreichen Verweisen zum Zeitgeschehen der 60er-Jahre das Zeitgefühl der Menschen im Ruhrpott anhand der Familien Wagner und Rabe wider.
Die Handlung gewinnt zum Ende hin an Tempo und es wird alles recht schnell auf den letzten Seiten aufgelöst. Hier hätte meiner Meinung nach eine etwas ausführlichere Erläuterung gut getan, denn der Rest des Buches ist ebenso ausführlich.

Mit „Eine Sehnsucht nach morgen“ gibt Eva Völler dem Leser das Gefühl ein Teil der Familie Wagner und der 60er Jahre zu sein. Die Charaktere und deren Geschichten sind authentisch und liebevoll aufgebaut und man bekommt einen detailreichen Einblick in die damalige Zeit.
Lesenswert für jeden, der mehr über die 60er im Ruhrpott erfahren oder diese wieder aufleben lassen möchte!

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Veröffentlicht am 01.05.2021

Vieles halb und nichts ganz

Mord auf Provenzalisch
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Das Autorenduo Serena Kent schafft mit „Mord auf provenzalisch“ die Fortsetzung zum ersten Band „Tod in Saint Merlot“.
Penny, die in die Provence ausgewandert ist, wird auf einer Vernissage Zeugin eines ...

Das Autorenduo Serena Kent schafft mit „Mord auf provenzalisch“ die Fortsetzung zum ersten Band „Tod in Saint Merlot“.
Penny, die in die Provence ausgewandert ist, wird auf einer Vernissage Zeugin eines Zusammenbruchs von einem der Künstler. Als Penny vom späteren Tod von diesem erfährt, stürzt sie sich in ihre privaten Ermittlungen und befragt die Dorfbewohner, um dem Täter auf die Schliche zu kommen. Dabei gibt es immer wieder Abstecher in die nähere Umgebung: Städte, Landschaften und Kulinarik spielen eine wichtige Rolle!

Die Ermittlungen spielten bei dem ganzen Drumherum leider eine eher untergeordnete Rolle und auch wenn ich einen Cosy Crime erwartet habe, ging es mir doch anfangs viel zu gemächlich zu. Das erste Drittel des Buches erschien mir wie eine Einleitung. Dann nahm die Geschichte ein bisschen Tempo auf und auf den letzten Seiten ging alles plötzlich so schnell, dass ich einige Stellen zweimal lesen musste. Trotzdem sind viele Fragen offen geblieben und auch die Logik der Handlung hat sich mir am Ende nicht erschlossen.
Einige Handlungsstränge waren meiner Meinung nach auch überflüssig. Sie halfen weder bei der Täterfindung noch brachten sie die sonstige Geschichte voran. Gewünscht hätte ich mir mehr Szenen oder Infos zu den Ermittlungen der örtlichen Polizei, sodass die beiden voneinander profitieren oder vielleicht ein Wettkampf um die Auflösung entsteht.
Die Charaktere wirkten auf mich eher flach. Viele Personen sind mir bis zum Ende hin ein Rätsel geblieben und ich konnte mit ihnen nicht so viel anfangen. Selbst mit Penny bin ich nicht wirklich warm geworden, obwohl sie mir von den Charakteren am Besten gefiel.
Das Buch ließ sich vom Schreibstil recht flüssig lesen und wer die Handlung nicht so sehr hinterfragt und sich mit schönen Städte-, Landschafts- und Essensbeschreibungen (teils auf französisch) in die Provence träumen möchte, liegt mit diesem Buch wahrscheinlich nicht so falsch.

Mich konnte das Buch leider nicht überzeugen. Die Charaktere sind mir am Ende genauso fremd wie am Anfang und das sehr unterschiedliche Erzähltempo trägt leider nicht zur Verständlichkeit der Handlung bei. Die Lücken in der Endauflösung sind für mich der größte Störfaktor und ließen mich unzufrieden zurück.

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