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Veröffentlicht am 14.04.2021

Leidenschaftliche Affären

Roman d’amour
1

Die Schriftstellerin Charlotte Moire hat ihre vor langer Zeit gelebte Affäre mit einem verheirateten Mann in einem Roman verarbeitet, für den sie nun einen Literaturpreis erhalten soll. Vor der Verleihung ...

Die Schriftstellerin Charlotte Moire hat ihre vor langer Zeit gelebte Affäre mit einem verheirateten Mann in einem Roman verarbeitet, für den sie nun einen Literaturpreis erhalten soll. Vor der Verleihung bittet eine Journalistin, sie zu ihrem Werk interviewen zu dürfen. Ist diese hier beschriebene Liebesgeschichte wahr, ist sie Fiktion? Das wissen wir nicht, das ist auch nicht wirklich wichtig. Zunächst sieht es so aus, als ob die Journalistin ziemlich naiv und ohne viel Erfahrung das Gespräch führt.

Ein Buch – der Liebe gewidmet. Vordergründig ist es dieses Interview, um das sich die Geschichte spinnt. Eine Geschichte über die Liebe und das Glück, einen Partner gefunden zu haben, der einen alles bedeutet. Aber wird dieses Gefühl genauso erwidert? Frau Sittich, die Journalistin, will alles wissen - von den Romanfiguren Klara und Lew, zwei Liebenden, von denen nur einer frei ist genauso wie von ihrer Interviewten, der Autorin. Immer mehr vermengen sich die fiktiven Charaktere mit der Lebens- und Liebesgeschichte von Charlotte. Diese hat in ihrem Buch ihre eigene große Liebe verarbeitet, wird hier von der Sittich so manches Mal ganz schön aus dem Konzept gebracht.

Rund um das Interview ist ein gut austarierter Ehebruchsroman entstanden. Die Ebenen vermengen sich zu einem sehr homogenen Ganzen, da stört absolut keine Geschichte die andere. Das heimliche Liebespaar aus dem Roman genauso wenig wie Charlotte mit ihrem verheirateten Geliebten. "Gerade meine Abhängigkeit erzeugte in mir ein Freiheitsgefühl. Ich liebte und lebte wieder..." Sie leben für ihre heimliche Leidenschaft, ihre kostbare Zweisamkeit. Für gestohlene Augenblicke ist sie, die Geliebte, glücklich, hofft auf mehr. Es könnte alles genau so gewesen sein. Himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt.

Sehr lebendig, sehr poetisch und emotional lässt Sylvie Schenk ihre Leser an dem schönen Schein der ewig frischen Liebe teilhaben. Irgendwann bleibt die Erinnerung an eine aufregende, prickelnde Leidenschaft. Ein wunderbarer Roman – direkt aus dem Leben gegriffen.

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Veröffentlicht am 13.04.2021

Inmitten der Hugenottenkriege

Die Stadt der Tränen
6

„Die Stadt der Tränen“ ist Band 2 des farbenprächtigen Epos rund um das Schicksal der Hugenotten.

Wir schreiben das Jahr 1572, die Hochzeit des Hugenottenkönigs Heinrich von Navarra mit der Katholikin ...

„Die Stadt der Tränen“ ist Band 2 des farbenprächtigen Epos rund um das Schicksal der Hugenotten.

Wir schreiben das Jahr 1572, die Hochzeit des Hugenottenkönigs Heinrich von Navarra mit der Katholikin Margarete von Valois soll den lang ersehnten Frieden bringen, ganz Paris will ausgelassen feiern. Auch Minou und Piet Reydon-Joubert erhalten eine Einladung und bald sind sie mit Familie unterwegs, beziehen in Paris Quartier. Noch ahnen sie nicht, dass es in der Nacht danach zu blutigen Kämpfen kommen wird, die später als die Bartholomäumsnacht in die Annalen eingehen wird.

Obwohl ich den ersten Teil „Die brennenden Kammern“ nicht kenne, war ich schnell im Geschehen, wobei mir das Personenverzeichnis sehr gute Dienste leistete. Ebenso hilfreich waren die historischen Anmerkungen gleich zu Anfang. Kate Mosse vereint geschichtliches gekonnt mit ihren fiktiven Charakteren.

So bin ich abgetaucht ins 16. Jahrhundert, habe mit Minou und Piet meine Sympathieträger gefunden. Sie waren mir schon bald vertraut und ihre vorwitzige kleine Marta habe ich direkt ins Herz geschlossen. Deren unbefangene, durchaus wissbegierige Art bringt sie in arge Bedrängnis. Sie alle fürchten um ihr Leben, sie müssen weg, aus Paris fliehen. Da ist noch Vidal, der erbitterte Widersacher von Minou und Piet. Ein lange im Verborgenen schlummerndes Geheimnis droht ans Licht zu kommen, wodurch Vidal alle Hebel in Bewegung setzt und vor keiner noch so schändlichen Tat zurückschreckt.

Historische Personen und die Ereignisse rund um die Religionskriege werden mit der fiktiven Geschichte und den Romanfiguren geschickt verwoben. Gestaunt habe ich über die doch recht weiten Reisen der damaligen Zeit, sie waren beschwerlich und nicht ganz ungefährlich. Eine durchweg bild- und sprachgewaltige Erzählweise mit sehr emotionalen Elementen bilden ein gut zu lesendes rundes Gesamtbild.

Ein unterhaltsamer Mittelalter-Roman, der unbedingt Lust auf den dritten Band macht.

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Veröffentlicht am 10.04.2021

Ein moderner Klassiker - zeitlos

Drei Sommer
1

Bereits im Jahre 1946 erschien „Drei Sommer“ von Margarita Liberaki im Original und noch heute hat dieser Klassiker der modernen griechischen Literatur nichts an seiner Kraft, seiner Aktualität eingebüßt. ...

Bereits im Jahre 1946 erschien „Drei Sommer“ von Margarita Liberaki im Original und noch heute hat dieser Klassiker der modernen griechischen Literatur nichts an seiner Kraft, seiner Aktualität eingebüßt.

Drei Schwestern leben mit ihrer Mutter Anna, ihrer Tante Tereza und ihrem Großvater auf einem Landgut nahe Athen. Drei Sommer lang begleite ich sie. Katerina, mit ihren 16 Jahren die jüngste, bringt die Familiengeschichte näher. Sie träumt von Reisen in fremde Welten, verliebt sich in David. Ihre 18jährige Schwester Infanta liebt Pferde, findet in Nikitas viel Verständnis und mehr. Dann ist da noch Maria, mit 20 Jahren die älteste, erfahrenste.

Es ist eine Reise in den Sommer, in die griechische Landschaft, all die Gerüche, die Früchte nehme ich intensiv wahr, bin so richtig abgetaucht. Mit den Menschen gehe ich zurück in eine Zeit, deren Gesellschaft sehr genau hinschaut, die toleriert aber auch verurteilt und verzeiht. Ein Blick auf das Damals, auf die Grenzen und Entfaltungsmöglichkeiten. Lässt das traditionelle Frauenbild ein selbstbestimmtes Leben zu? „Manchmal fühlt man den Drang, über ein einziges Leben hinauszugehen.“ Was für ein lebendiger Satz, voller Poesie. Es gibt immer wieder Zeiten in jeder Lebensphase, da möchte man genau das – darüber hinausgehen. Das Leben spüren in all seinen Facetten, dem altgedienten entfliehen, Neues zulassen, seinen Platz finden. Und genau diese Momente fängt Margarita Liberaki wunderbar ein, sehr dezent, zart, ja filigran. Das Leben in seiner ganzen Fülle – bittersüß zuweilen.

Ein leises Buch, wie ein Zaungast komme ich mir manchmal vor. Es sind diese alltäglichen Geschichten, die ein jeder von uns kennt, so oder so ähnlich erlebt hat. Die erste Liebe – was gibt es schöneres.

Mit der polnischen Großmutter fängt unsere Geschichte an und mit ihr schließt sich der Kreis. Ein sehr moderner Klassiker, der weibliche Entfaltungsmöglichkeiten, eigene Lebensentwürfe sehr wohl zulässt, ein selbstbestimmtes Frauenbild vermittelt. Vor 75 Jahren genauso wie heute. „Drei Sommer“ zeichnet ein gesellschaftskritisches Bild von immerwährender Gültigkeit. Alles fließt…

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Veröffentlicht am 29.03.2021

Spannender zweiter Fall

Die rote Frau
1

Im zweiten Fall des Rayoninspektors August Emmerich und seines Assistenten Ferdinand Winter bei der Abteilung Leib und Leben sind wir wieder im Wien der Nachkriegszeit (1920) und Mangel herrscht noch ...

Im zweiten Fall des Rayoninspektors August Emmerich und seines Assistenten Ferdinand Winter bei der Abteilung Leib und Leben sind wir wieder im Wien der Nachkriegszeit (1920) und Mangel herrscht noch allerorten.

Inzwischen in der Abteilung Leib und Leben angekommen, wird Emmerich von den Kollegen von den wirklichen Fällen ausgeschlossen, er und Winter werden zu niedriger Büroarbeit verdonnert. Emmerich wäre nicht er, ließe er sich von den Ermittlungen abhalten. Zumal er mitbekommt, dass seine Kollegen in einem Mordfall schnell einen Schuldigen aufgetan haben und nicht im Traum dran denken, auch nur an dessen Unschuld zu rütteln. Emmerich wird genauestens beobachtet. Die Krüppelbrigade werden er und Winter von Brühl, seinem unmittelbar Vorgesetzten, genannt.

Der Stadtrat Fürst ist ermordet worden und der schwer Kriegsversehrte Peppi wird von Brühl alsbald in den Kerker geworfen. In Oberinspektor Gonska haben Emmerich und Winter einen Fürsprecher, der ihnen ein paar Tage verdeckte Ermittlungen gewährt. Gerechtigkeit für Peppi! Wird es ihnen gelingen, seine Unschuld zu beweisen?

Wieder bin ich mit Emmerich unterwegs. Wenn der an eine Sache glaubt, lässt er sich von niemandem aufhalten. Er greift schon mal zu nicht ganz astreinen Methoden, wenn er so nicht weiterkommt. Nicht ganz gesetzeskonform, aber auch nicht direkt daneben. Anders als seine selbstgefälligen Kollegen von Leib und Leben will er, dass der Richtige hinter Schloss und Riegel kommt. Bei seinen Kollegen hat er schon manchmal den Verdacht, dass sie in erster Linie einen Fall abschließen wollen.

Er ist schon ein Unikum, kennt er doch die Nöte der kleinen Leute ganz genau. Ein Kommissar, mit allen Wassern gewaschen, aber immer auf der richtigen Seite, so habe ich ihn schon im ersten Band kennen- und schätzen gelernt. Ecken und Kanten, das hat er, aber auch ein großes Herz. Die Autorin versetzt einen direkt in diese Zeit nach dem ersten Weltkrieg. Da ist nichts mit den goldenen Zwanziger Jahren, die Wirklichkeit der Kriegsheimkehrer, der Kriegsversehrten, wird hier gut transportiert.

Alex Beer sagt im Nachwort: „Das Kernthema des Buches ist der Krieg gegen die Minderwertigen. Die meisten von uns verknüpfen diesen Terminus mit der Zeit des Nationalsozialismus, in Wahrheit ist die Idee der Volksgesundheit aber viel älter – bereits die Spartaner im antiken Griechenland betrieben eine strenge Auslese.“

Die historische Reihe um August Emmerich ist ein Lesegenuss, den man sich unbedingt gönnen sollte.

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Veröffentlicht am 29.03.2021

Spannender Zons-Thriller im Gestern und Heute

Stummes Opfer: Thriller
1

Wir sind in Zons im Jahre 1502: Zu Bastian Mühlenberg kommen die zwei Buben von Gertrude, dem Bettelweib. Sie sind auf der Suche nach ihrer Mutter, sie ist schon länger abgängig, nirgends zu finden. Derweilen ...

Wir sind in Zons im Jahre 1502: Zu Bastian Mühlenberg kommen die zwei Buben von Gertrude, dem Bettelweib. Sie sind auf der Suche nach ihrer Mutter, sie ist schon länger abgängig, nirgends zu finden. Derweilen ist auf der Kirchen-Baustelle die Hölle los. Eine Mauer will und will nicht stehen bleiben, immer wieder stürzt sie ein. Zwei weitere Bettelweiber werden vermisst und Bastian ahnt Schreckliches.

In der Gegenwart macht Lothar Neidhardt bei der Einweihungsfeier des neuen Kreisarchivs eine grauenvolle Entdeckung: Mörtel löst sich an einer Säule, zum Vorschein kommt die Leiche eines sehr jungen Mannes, in seiner Hand die Hälfte eines Zonser Schöffensiegels. Damit nicht genug, es werden weitere Mordopfer entdeckt, ein Wettlauf mit der Zeit beginnt für den Kriminalkommissar Oliver Bergmann.

Ganz mysteriös ist zwischen den beiden Erzählsträngen immer wieder eine kurze dritte Ebene eingeflochten, die äußerst geheimnisvoll daherkommt. Wer oder was ist das? Wie hängt diese Story mit den Todesfällen zusammen?

Auch dieser mittlerweile elfte Band der auf zwei Zeitebenen spielenden Thriller-Reihe ist spannend von der ersten bis zur letzten Zeile. Ich beginne zu lesen und weiß, dass so einiges auf mich zukommen wird, freu mich drauf.

Catherine Shepherd versteht es, sehr lebendige Bilder zu schaffen. Die bedrohliche, bedrückende, ja finstere Atmosphäre der damaligen Zeit kann ich direkt spüren, wenn ich mit Bastian Mühlenberg vor gut 500 Jahren so manch unheimlichem Typen auf den Fersen bin. Da kann ich schon mal vergessen zu atmen, so sehr fesselt mich das Geschehen. Oliver schaue ich in der Gegenwart über die Schulter, dabei treffe ich auch wieder auf Emily, seine Freundin. Sie ist als Journalistin spezialisiert auf historische Themen und kann ihm so manches Mal mit ihrem Wissen weiterhelfen. Und hier wird ihre Sachkenntnis gebraucht. Das Zusammenspiel dieser beiden Erzählstränge ist sehr geschickt gemacht, die Übergänge fließend. Perfekt.

„Stummes Opfer“ ist, so wie jeder Band aus der Zons-Reihe, in sich abgeschlossen. Man muss die Vorgängerbände nicht kennen, aber warum sollte man auf diesen Lesegenuss verzichten?

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