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Veröffentlicht am 18.04.2021

Gelungener Auftakt mit Inselflair

Der Kaffeegarten. Salz im Wind
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1914. Die Schwestern Matei und Elin haben in Keitum auf Sylt beim Kapitäns-Ehepaar Hansen ein gutes Zuhause gefunden, nachdem ihre Eltern bei einer Sturmflut ums Leben kamen. Als Paul Hansen stirbt, haben ...

1914. Die Schwestern Matei und Elin haben in Keitum auf Sylt beim Kapitäns-Ehepaar Hansen ein gutes Zuhause gefunden, nachdem ihre Eltern bei einer Sturmflut ums Leben kamen. Als Paul Hansen stirbt, haben alle an seinem Tod schwer zu tragen, ebenso schlimm ist allerdings auch, dass keinerlei Geld mehr da ist, da Paul in ein Unternehmen investiert hat, das bankrott ging. Gemeinsam mit Ziehmutter Anna sind sie gezwungen, ihren Lebensunterhalt irgendwie zu bestreiten, deshalb vermieten sie in dem alten Haus Zimmer an Urlauber und Künstler. Die Idee, die Gäste mit eigenen Backleckereien im dafür gestalteten Kaffeegarten zu verwöhnen, erweist sich recht schnell als erfolgreicher Schachzug. Allerdings währt das Glück über die positive Wendung nicht lang, als der Erste Weltkrieg ausbricht…
Anke Petersen hat mit „Der Kaffeegarten-Salz im Wind“ den Auftaktband ihrer neuen Kaffeegarten-Trilogie vorgelegt, die nicht nur einiges an Inselfeeling mitbringt, sondern auch mit einer gefühlvollen Geschichte unterhalten kann. Der flüssige, detaillierte und bildhafte Erzählstil lässt den Leser eine Zeitreise ins letzte Jahrhundert antreten, um sich dort im Hansen-Haushalt auf Sylt einzunisten und dessen Bewohnerinnen bei ihrem Leben auf Schritt und Tritt zu folgen und ihre jeweilige Gefühls- und Gemütslage schnell zu erfassen. Plötzlich unvermögend sind zündende Ideen gefragt, damit die drei Frauen ein Auskommen haben. Die Einrichtung des Kaffeegartens wird ebenso farbenfroh beschrieben, wie die Sylter Landschaft, die zu Strandspaziergängen einlädt, um sich den Wind um die Nase wehen zu lassen. Die Autorin hat ihre Geschichte nicht nur mit gut recherchiertem historischem Hintergrund versehen, sondern vermittelt dem Leser auch die Feinheiten des Insellebens und der dort verankerten Bewohner. Die Geschichte erstreckt sich über die Jahre 1914 bis 1918 und beinhaltet den Zeitraum des Ersten Weltkrieges, dessen Auswirkungen auch vor den Inselbewohnern nicht Halt machen, denn nicht nur die Gäste bleiben der Insel fern, auch Lebensmittelknappheit sowie der eine oder andere Verlust trifft so manchen. Gerade die zwischenmenschlichen Beziehungen untereinander werden von der Autorin sehr gut in Szene gesetzt und zeigen auf, wie schnell sich ein gutes Blatt in ein schlechtes verwandeln kann.
Die Charaktere wurden liebevoll ausgestaltet und mit individuellen Ecken und Kanten versehen, die sie dem Leser näher bringen und ein Mitbangen, Mithoffen und Mitfiebern erleichtern. Matei und Elin erscheinen wie eine eingeschworene Einheit, haben sie doch schon in jungen Jahren einen herben Schicksalsschlag verkraften müssen. Matei ist eine sympathische junge Frau, der das Leben einiges abverlangt, doch sie lässt sich nicht unterkriegen, was ihr zusätzlich Stärke verleiht. Elin dagegen wirkt oftmals optimistischer als ihre Schwester, zeitweilig ist sie aber auch noch sehr naiv, was sich im Verlauf der Handlung verwischt. Anna ist eine liebenswerte Frau, die Wärme und Herzlichkeit ausströmt und dem Leben die Stirn bietet. Aber auch die Inselbewohner tragen mit ihrer dialektgefärbten Sprache und ihren Auftritten zur Farbigkeit der Geschichte bei.
„Der Kaffeegarten-Salz im Wind“ ist ein gelungener historischer Trilogie-Auftakt vor bildhaftem Inselsetting, der schon jetzt die Neugier auf den Fortlauf der Geschichte schürt. Sehr kurzweilig und unterhaltsam zu lesen, ist hier eine Leseempfehlung mehr als verdient!

Veröffentlicht am 16.04.2021

Die Vergangenheit ist da, um daraus zu lernen und nicht um darin zu leben.

Rosa - Ein Sommer in Cornwall
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Leona arbeitet als Journalistin für den Verlag ihres Vaters. Als der Verlag neue Wege gehen will mit dem Schwerpunkt auf berühmte Persönlichkeiten, sieht sich Leona der herausfordernden Aufgabe gegenüber, ...

Leona arbeitet als Journalistin für den Verlag ihres Vaters. Als der Verlag neue Wege gehen will mit dem Schwerpunkt auf berühmte Persönlichkeiten, sieht sich Leona der herausfordernden Aufgabe gegenüber, in Cornwall ein Interview mit der erfolgreichen Herz-Schmerzautorin Rosa Chiprel zu führen. Dafür muss Leona nach Cornwall reisen, obwohl sie dort nie wieder einen Fuß hinsetzen wollte. Doch die Vorwürfe ihres Vaters, der ihre beruflichen Fähigkeiten in Frage stellt, haben Leonas Gefühle verletzt und sie will ihm beweisen, dass er falsch liegt. Als das erste Zusammentreffen mit Rosa kläglich scheitert, ist Leona am Zug, alles in die Wege zu leiten, um das Interview doch noch zu bekommen. Während des Interview über Rosas eigene Geschichte, bei dem die beiden Frauen sich doch noch anfreudnen, muss Leona sich auch ihrer eigenen Vergangenheit stellen, denn in St. Ives trifft sie mit Fil auf ihre ehemalige große Liebe….
Melissa Jahn hat mit „Rosa-Ein Sommer in Cornwall“ einen kurzweiligen Debütroman vorgelegt, der dem Leser nicht nur sprichwörtlich Zutritt zu Rosamunde Pilchers Wohnzimmer gewährt, sondern lässt ihn neben einer Lebens- auch eine Schicksalsgeschichte erleben. Der locker-leichte und gefühlvolle Erzählstil bietet genau den richtigen Grundton, um den Leser an Leonas Fersen zu heften, wo ihm nicht nur Rosas Leben auf dem Präsentierteller dargeboten wird, sondern er auch von Leonas trauriger Vergangenheit sowie deren einsamen Kampf um Anerkennung und Respekt bei ihrem Vater. Während die alte Autorin Rosa mit ihren Geschichten und ihrer Lebenserfahrung glänzt, zeichnet sich Leona durch Unsicherheit, Selbstmitleid und eine gewisse Härte aus, was sich aufgrund der Gespräch mit der älteren Dame im Verlauf der Handlung langsam, aber sicher ins Gegenteil verkehrt. Auch wenn es eingangs gar nicht danach aussieht, dass Rosa und Leo etwas verbindet, so eröffnen sich dem Leser nach und nach einige Parallelen zwischen den beiden. Mit farbenfrohen Beschreibungen setzt die Autorin den landschaftlichen Reiz der Landschaft Cornwalls in Szene und lässt den Leser während der Geschichte eine Auszeit an diesem malerischen Ort genießen.
Die Charaktere sind mit menschlichen Ecken und Kanten bestückt, wirken lebendig und glaubwürdig, weshalb der Leser ihnen gerne folgt und sich sie einlässt. Rosa ist eine liebenswerte, lebenskluge, alte Dame mit einer guten Beobachtungsgabe, die in ihrem Leben so einiges erlebt hat und dies auch mit ihren Büchern an ihre Leser weitergibt. Leona wirkt nach außen selbstbeherrscht, unterkühlt mit einer gewissen Arroganz, hart und fast schon unsympathisch. Doch versteckt sie dahinter nur eine verletzte, unsichere Seele, die mit alten Dämonen kämpft und sich erst im Verlauf der Handlung langsam öffnet. Fil ist ein offener, freundlicher und smarter Kerl, der schnell das Leserherz gewinnt.
„Rosa-Ein Sommer in Cornwall“ gewährt vor malerischer Kulisse nicht nur einen interessanten Einblick in das Leben einer alten Dame, sondern unterhält recht kurzweilig auch mit Liebe, Vergangenheitsbewältigung und einigen anderen Problemen. Verdiente Empfehlung für eine gefühlvolle Geschichte und ein gelungenes Debüt.

Veröffentlicht am 13.04.2021

Rivalen

Die Perlenprinzessin. Rivalen
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1771 Hamburg. Gleich zwei junge Herren möchten die schöne Mina Thadde zur Ehefrau gewinnen, was den Vater von Mina zu einer Wette inspiriert. Sowohl Kapitän Simonsen als auch Kapitän Jörgen Mensing nehmen ...

1771 Hamburg. Gleich zwei junge Herren möchten die schöne Mina Thadde zur Ehefrau gewinnen, was den Vater von Mina zu einer Wette inspiriert. Sowohl Kapitän Simonsen als auch Kapitän Jörgen Mensing nehmen die Herausforderung an, die kostbarste Ladung aus der Karibik nach Hamburg zu bringen, um durch den Hamburger Handelsherrn Minas Hand und damit den Segen für eine Ehe zu erhalten. Das Unterfangen endet für Simonsen erfolgreich, während Jörgen bei der Überfahrt vom Pech verfolgt wurde. Als Mensing zurück in Hamburg ist, schiebt er sein Unglück mit geschickten Lügen glaubhaft Simonsen in die Schuhe und ruiniert damit nicht nur seinen Ruf als Kapitän, sondern schnappt sich trotz Niederlage Mina als Ehefrau. Doch Simonsen lässt das nicht auf sich sitzen und so hat diese unglückselige Wette weitreichende Folgen für alle Beteiligten und ihre Nachfahren…
Das Autorenduo Iny Lorentz hat mit „Die Perlenprinzessin-Rivalen“ den ersten Band ihrer neuen historischen Südsee-Saga vorgelegt, dessen Geschichte über eine Fehde zwischen zwei Reeder-Familien mehrere Generationen überspannt. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser ins Hamburg des 18. Jahrhunderts reisen, wo er nicht nur die Betriebs- und Bedeutsamkeit des Handelshafens kennenlernt, sondern erstmals auf die Protagonisten trifft. Schnell wird deutlich, dass es bei einer Ehe für die eine Seite darum ging, gesellschaftlich eine Stufe aufzusteigen und auf der anderen beruflich voranzukommen. Eine Heirat in bessere Kreise war vorrangig immer ein Geschäft, wobei die Väter ihre Töchter an den meistbietenden verschacherten, um neben finanzieller Absicherung auch ihr Ansehen zu steigern. Gut recherchiert und spannend inszeniert unterlegen die Autoren ihre Geschichte mit dem notwendigen historischen Hintergrund, während sie die Handlung über einen Zeitraum von 1771 bis 1825 ziehen, und lassen die Zeit der französischen Besatzung ebenso lebendig werden wie die Seefahrerwelt. Was als riskanter Wettstreit begann, entpuppt sich im Verlauf als Lügen- und Intrigengespinst, dass immer größere Kreise zieht und etliche Generationen gegeneinander vergiftet. Aufgrund der bildreichen Beschreibungen und der kurzweiligen Erzählweise fühlt sich der Leser schnell als Teil des Ganzen und erhält auf seinem Beobachtungsposten guten Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt sowie in das mit boshaftem Konkurrenzplänen und Intrigen gespickte Minenfeld, was ihn regelrecht an den Seiten kleben lässt, während die Szenerie vor dem inneren Auge vorbeirauscht. Mit einem Knall endet die Geschichte, um die Erwartung der Fortsetzung spannend zu gestalten.
Die Charaktere wurden mit menschlichen Ecken und Kanten ausstaffiert und lebendig in die Szenerie eingefügt. Sie wirken glaubwürdig und realistisch, so dass der Leser in ihre Fußstapfen tritt und die Verfolgung aufnimmt, um ihr Schicksal mitzuerleben und seine Sympathien gerecht zu verteilen. Simon Simonsen ist ein besonnener und ehrlicher Mann, der auf übelste Art getäuscht und verleumdet wurde, so dass sein Leumund ruiniert und seine Karriere dahin ist. Nur langsam erholt er sich davon, doch die Erfahrung lässt ihn hart werden. Jörgen Mensing ist mit wenig Ehrgefühl, umso mehr mit Missgunst und Neid ausgestattet. Er sucht nur seinen Vorteil und stürzt dafür andere ohne Rücksicht auf Verluste ins Unglück.
„Die Perlenprinzessin-Rivalen“ ist ein farbenprächtiger historischer Auftakt, der den Leser nicht nur auf eine Zeitreise einlädt, sondern zwei Familiengeschichten nebst Abenteuer, Intrigen und Schicksalsstunden nebeneinanderher erzählt. Ein unterhaltsamer Schmöker, der für kurzweilige Lektüre sorgt.

Veröffentlicht am 11.04.2021

Die Strippenzieherin im Hintergrund

Lady Churchill
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Die aus gutem Hause stammende Clementine Hozier trifft 1906 bei einem Bankett auf den politisch ambitionierten Winston Churchill. Doch erst zwei Jahre später intensiviert sich ihre Beziehung. Für seine ...

Die aus gutem Hause stammende Clementine Hozier trifft 1906 bei einem Bankett auf den politisch ambitionierten Winston Churchill. Doch erst zwei Jahre später intensiviert sich ihre Beziehung. Für seine weitere politische Karriere brauchte Churchill eine Ehefrau, so heirateten Clementine und er 1908 und wurden mit fünf Kindern gesegnet. Clementine war außerordentlich vielseitig interessiert und hielt ihrem Ehemann eher den Rücken frei, als die Zeit ihren Kindern zu opfern. Sie war eine sehr engagierte Verfechterin des Frauenwahlrechts, was in ihrer Ehe sicherlich einige Schwierigkeiten hervorgerufen hat, da Churchill diesem erst sehr skeptisch gegenübertrat, sich aber dann der Meinung seiner Frau anschloss. Clementine Churchill setzte sich für viele wohltätige Organisationen ein und pushte ihren Mann politisch immer mehr nach vorn, dem aufgrund von Depressionen oftmals die Kraft dazu fehlte.
Marie Benedict wendet sich in ihrem neuen Buch „Lady Churchill“ erneut einer starken Frauenpersönlichkeit zu, die in der Öffentlichkeit kaum Erwähnung findet, jedoch mit ihrem starken Willen und viel Engagement nicht nur das Leben des britischen Premierministers Winston Churchill prägte, sondern seine politischen Entscheidungen und damit die Geschicke des Landes entscheidend mittrug. Mit flüssigem, bildhaftem Erzählstil lässt Benedict den Leser ins vergangene Jahrhundert reisen, wo er durch spielerisch miteinander verknüpfte biografische Fakten und fiktive Elemente eine energische Frau kennenlernt, die sich als hervorragende Strippenzieherin erweist. Geschrieben aus Clementines Perspektive hat der Leser schnell das Gefühl, ihrem eigenen Wortlaut zu lauschen und die Ereignisse vor dem inneren Auge vorüberziehen zu sehen. Die Autorin hat akribisch recherchiert und lässt den historischen Hintergrund sowie politische Entscheidungen und Ereignisse wie selbstverständlich in ihre Handlung miteinfließen, um ein vollständiges Bild zu projizieren. Clementine Churchill war in erster Linie die Beraterin ihres Mannes und erst dann Ehefrau und Mutter, was ihr oft genug ein schlechtes Gewissen bereitet hat, aber keinesfalls ein Umdenken forcierte. Benedict schafft es auf ihre ganz eigene Art, dem Leser nicht nur Einblick in das politische Wirken des Ehepaares zu vermitteln, sondern lässt auch den Blick durchs Schlüsselloch zu, um die enge Beziehung zwischen Winston und Clementine sowie deren oftmals schwierigen Phasen genau mitverfolgen zu können.
Ihren Charakteren hat Benedict mit menschlichen Ecken und Kanten ausgestattet, die auf den Leser sowohl authentisch als auch glaubwürdig wirken und ihm die Möglichkeit geben, sie genau kennenzulernen. Clementine ist eine vielseitig interessiert und gebildete Frau, die sich für die Dinge engagiert, die ihr am Herzen lagen. Dabei nahm sie oft kein Blatt vor den Mund, was ihr nicht immer Sympathien einbrachte. Clementine ist durchaus energisch und treibt nicht nur die politische Karriere ihres Mannes voran, sondern bringt sich selbst in vielen wohltätigen Organisationen tatkräftig mit ein. Winston ist ein Mann, der neben seinem politischen Engagement durchaus auch eine feinsinnige und künstlerische Seite hatte. Nebenbei hat er sich als Schriftsteller, Journalist und Maler einen Namen gemacht.
„Lady Churchill“ ist ein unterhaltsamer historischer Roman über eine außergewöhnliche Frau. Die akribische Recherche der Autorin, verknüpft mit fiktiven Elementen, zahlt sich hier gut aus. Bis heute wird Winston Churchill verehrt, hat 1953 sogar den Nobelpreis für Literatur erhalten. Doch all seine Erfolge wären wohl ohne seine im Hintergrund agierende Ehefrau Clementine kaum möglich gewesen. Eine interessante Persönlichkeit, die sich kennenzulernen lohnt. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 10.04.2021

Hüte Dich vor Deinen Wünschen, sie könnten in Erfüllung gehen...

Aussicht auf Sternschnuppen
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Obwohl mit einem altmodischen Namen ausgestattet, ist die 36-jährige Helga recht glücklich mit ihrem Münchner Leben, denn im Job läuft alles glatt und ihr langjähriger Freund Giuseppe macht ihr hoffentlich ...

Obwohl mit einem altmodischen Namen ausgestattet, ist die 36-jährige Helga recht glücklich mit ihrem Münchner Leben, denn im Job läuft alles glatt und ihr langjähriger Freund Giuseppe macht ihr hoffentlich bald einen Heiratsantrag. Doch auf den muss sie wohl noch länger warten, denn als eines Morgens Giuseppes Handy eine SMS signalisiert, fällt Helga fast vom Glauben ab. Tatsächlich ist die Nachricht sehr persönlich und lässt vermuten, dass Giuseppe zweigleisig fährt. Um sich Gewissheit zu verschaffen, will Helga ihn auf einer angeblichen Geschäftsreise nach Italien nachstellen. Ein Flug ist aufgrund eines aktiven Vulkans nicht zu bekommen, so bleibt als Option nur noch ein Mietwagen. Allerdings muss sie diesen mit einem nervigen, kettenrauchenden, arroganten Schauspieler namens Nils Schönebeck teilen und eine Fahrgemeinschaft bilden. So geht es für das unfreiwillige Duo Richtung Italien, was sich als recht abenteuerliches Unterfangen entpuppt…
Katrin Koppold hat mit „Aussicht auf Sternschnuppen“ einen amüsanten, unterhaltsamen Roman vorgelegt, der zwei Protagonisten wie Feuer und Wasser eine ungewöhnliche Reise erleben lässt und den Leser als Beifahrer dazu einlädt. Der locker-flockige und humorvolle Erzählstil lässt den Leser schnell zu Helga und Nils in den Wagen hüpfen, um Teil dieses Abenteuers zu werden und dieses ungewöhnliche Duo Infernale näher kennenzulernen. Schon Helgas Gefühlschaos beim Anblick der SMS ist nachvollziehbar, obwohl man ja eigentlich nicht auf dem Handy des Partners rumschnüffeln sollte. Wer jetzt denkt: Geschieht Dir recht!, der hat die Rechnung ohne Helga gemacht. Ihr Elan, die Strapaze dieser Reise auf sich zu nehmen, ist bewundernswert, zumal sie als Vegetarierin und bekennende Zigarettenabstinenzlerin sich all diesem aussetzt. Denn Nils ist das genaue Gegenteil, ein recht arroganter Fatzke mit Dauerkippe im Mund, der sich gerne in seinem Bekanntheitsgrad sonnen möchte, was bei Helga so gar nicht klappt. Die Dialoge sind dementsprechend auch spritzig und bringen die Lachmuskeln in Position. Doch irgendwie schafft es diese ungleiche Fahrgemeinschaft, alle möglichen und unmöglichen Widrigkeiten zu umrunden und zu überstehen, wobei man als Leser am Ende irgendwie völlig erschöpft ist und sich denkt „Endlich ist es vorüber“, womit allerdings nicht der Unterhaltungswert dieser Geschichte geschmälert werden soll. Einiges ist vorhersehbar, aber auch so manche Überraschung hält dieser Roadtrip bereit.
Ihre Charaktere hat die Autorin treffsicher ausgewählt, denn mit ihren menschlichen Macken, ihrem Handeln und Tun entstammen sie dem täglichen Leben und der Leser kommt ihnen schnell näher. Helga wirkt auf Außenstehende bestimmt genauso dröge wie ihr Name, doch sie ist liebenswert, manchmal etwas zickig und chaotisch, ansonsten eher bodenständig und pragmatisch und vor allem mit Humor gesegnet. Gegenspieler Nils ist eher ein Miesepeter mit Dauerfluppe im Hals, der nach Anerkennung heischt und sich sehr wichtig nimmt. Jedoch kann er auch ganz anders, lässt Hilfsbereitschaft und Herz erkennen, wenn auch nicht immer freiwillig. Lydia ist eine ältere Dame, die all ihren Mut zusammenrauft hat, um dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen.
„Aussicht auf Sternschnuppen“ ist die ideale Urlaubslektüre, denn dieser unfreiwillige Roadtrip hat alles, was man unter Urlaub versteht: nervige Mitreisende, neue Bekanntschaften, aufregende Reiseetappen, spritzige Gespräche. Und das alles vor herrlicher toskanischer Kulisse. Auf jeden Fall ist es eine recht unvergessliche Reise, die gut unterhält. Verdiente Leseempfehlung!