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Veröffentlicht am 26.04.2021

Zu schön, um fertig zu sein

Colorado Nights
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In dem Buch geht es um die Grundschullehrerin Hanna, die nach einer gescheiterten Ehe den zwielichtigen Geschäftsmann Jordan kennenlernt. Im Grunde geht es darum, ob sie sich auf ihn einlassen und ihm ...

In dem Buch geht es um die Grundschullehrerin Hanna, die nach einer gescheiterten Ehe den zwielichtigen Geschäftsmann Jordan kennenlernt. Im Grunde geht es darum, ob sie sich auf ihn einlassen und ihm vertrauen möchte. Durch viele Irrungen und Wirrungen wird ihr Vertrauen in ihn immer wieder getestet.

Das Positive möchte ich zuerst erwähnen. Ich habe das Buch an einem Nachmittag und Abend flüssig weggelesen. Wenn ihr also etwas leichte Unterhaltung für einen Sonntagnachmittag sucht, liegt ihr mit diesem Buch richtig. Es ist nicht kompliziert zu lesen und gut zu verstehen. Auch die Protagonisten und Nebencharaktere fand ich sympathisch, ich hätte sie gerne näher kennen gelernt. Die Szenerie am Fuße der Rocky Mountains ist vielversprechend und eine Gegend, in die ich mich gerne hineinversetzt habe.

Bei genauerem Hinsehen habe ich allerdings einige Punkte, die mich nicht überzeugt haben. Obwohl ich die Charaktere grundsätzlich mag, sind sie fast alle zu flach geraten. Hanna als Protagonistin ist besser ausgearbeitet, aber alle anderen wirken eher wie Kulisse. Besonders gestört hat mich hierbei, dass Jordan behauptet, Hanna sei „die faszinierendste Frau, die er seit Langem kennengelernt“ habe, allerdings wird nie gesagt warum. Hanna behauptet standhaft, sie sei langweilig und genauso standhaft und häufig behauptet Jordan das Gegenteil, ohne EINMAL zu begründen oder zu erklären, was genau er denn an ihr so faszinierend findet. Und ehrlich gesagt, wird das aus dem Plot auch dem Leser nicht wirklich klar. Keine Frage, Hanna ist sympathisch, aber es gibt meiner Meinung nicht viel besonderes an ihr. Man erfährt nichts über ihre Kindheit, oder Hobbys abseits von ihrem Job. Ähnlich flach sind auch die anderen Charaktere geworden, Nadja, sowie Jordans Geschwister und Eltern, werden eigentlich nur wenig geschickt eingesetzt, um die Handlung in die richtige Richtung zu schubsen.
Auch die Handlung ist bei näherer Betrachtung ziemlich löchrig und die Stimmungen und Handlungen der Personen sind teilweise richtig unlogisch. Viele Themen werden nur angerissen und danach nie richtig rund abgeschlossen. Dadurch wirkt die Geschichte wie eine Aneinanderreihung einzelner Szenen und nicht nach einem runden, schlüssigen Handlungsablauf. Ich möchte hier nur einige Beispiele nennen, also nicht weiterlesen, wenn ihr nicht gespoilert werden wollt!
Zu Beginn vermuten sowohl Hanna, als auch Jordan, dass ihre erste Begegnung nicht zufällig war, sondern sie aufeinander angesetzt wurden. Hier böte sich ein toller Spannungsbogen, der später nochmal zu einem Missverständnis und Konflikten führen könnte, aber die Tatsache wird später fast nicht mehr erwähnt.
Nach ihrem ersten Date, dass Hanna als komplett missglückt betrachtet, fühlt sie sich von Jordan fallen gelassen, weil er sich knapp 2 Wochen nicht bei ihr meldet. Sie wusste schon zuvor nicht, ob sie sich wirklich auf ihn einlassen soll und betrachtet das Experiment als gescheitert, bevor es überhaupt richtig begonnen hat. Er kommt dann noch einmal zu ihr ins Klassenzimmer und will mit ihr reden, aber sie ist abweisend. Sie klären das Missverständnis auch nicht, beide sind sauer aufeinander. Dann plötzlich wird Hanna von Männern verfolgt und flüchtet sich zu Jordan. (Er weiß auf einmal, was passiert ist, ohne dass Hanna ihm davon erzählt. Aber das wundert Hanna überhaupt nicht. Noch so ein Punkt, der nicht logisch ist). Sie haben einen Streit über ein anderes Thema und am nächsten Tag versöhnen sie sich und Jordan fragt „Wir sind also noch zusammen?“ Dabei WAREN sie ja nie zusammen!! Sie hatten ein Date, das sie auch noch schlecht fand und auf einmal waren die beiden ein Paar? Das ergibt für mich keinen Sinn.
Später wird Hanna von Jordans Bruder „entführt“, weil seine und Jordans Mutter mit ihr sprechen bzw. sie kennenlernen möchte. Das Gespräch verläuft sehr schlecht, die Mutter ist sehr unhöflich, Hanna möchte sich das nicht bieten lassen und geht. Beziehungsweise möchte sie gehen, aber Jordan (der sie inzwischen nach ihrer „Entführung“ gefunden hat), lässt sie nicht gehen. Aber anstatt dieses wirklich problematische Gespräch zu besprechen und den Konflikt zwischen Freundin und Mutter zu klären, macht Jordan sich in einem Gespräch halb über sie lustig, behauptet, seine Mutter hätte sie testen wollen und damit ist das Verhalten auf einmal in Ordnung. Da hatte ich nur noch Fragezeichen im Kopf.
Insgesamt werden in dem Roman viele vielversprechende Erzählstränge angefangen, die aber nicht befriedigend zu Ende gedacht werden. Es gibt auch noch einen entführten Jungen, der eigentlich gefunden werden soll, aber am Ende der Geschichte komplett vergessen ist. Das war fast das Traurigste an dem Buch. Außerdem gibt es noch einen Exmann, der sie zurück möchte. Zufälligerweise ist Jordan gerade dabei, die Firma, für die der Exmann arbeitet, zu zerstören, aber auch das wird nicht weiter ausgearbeitet. Dann gibt es da noch die Assistentin des Exmanns, mit der er Hanna betrogen hat. Über das gesamte Buch spielt sie so gut wie keine Rolle, am Ende verübt sie aber einen Anschlag auf Hannas Leben. Für den Leser quasi aus dem Nichts.

Zum Fazit; das Buch hat tolle Anlagen und lässt sich, wenn man unkritisch ist, super flüssig weglesen. Aber ich finde es fast traurig, dass die Geschichte keine Chance bekommen hat, sich zu entwickeln. Sie wirkt wie ein Brot, dass nur halb gebacken wurde. Ein bisschen mehr Zeit und Mühe und man hätte eine wirklich tolle Geschichte entwickeln können. Sogar über mehrere Bäde, da so viele Handlungsstränge und Konflikte angerissen werden. So wirkt es für mich leider ein wenig unreif.

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