Profilbild von Ritja

Ritja

Lesejury Star
offline

Ritja ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Ritja über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.05.2021

Kyoto und Sei neu entdecken

Dinge, die das Herz höher schlagen lassen
0

Wer sich an dieses Buch wagt, sollte eine Affinität zu Japan oder zu Sei
Shōnagon haben, um die vielen Details und vorallem die eingefügten Texte von Sei zu verstehen. Auch die leicht verrückte Verehrung ...

Wer sich an dieses Buch wagt, sollte eine Affinität zu Japan oder zu Sei
Shōnagon haben, um die vielen Details und vorallem die eingefügten Texte von Sei zu verstehen. Auch die leicht verrückte Verehrung von der Autorin gegenüber der Hofdame Sei muss man mit einem Augenzwinkern zu nehmen wissen.

Ich habe vor fast 10 Jahren das Kopfkissenbuch gelesen und zugegebenermaßen auch nicht alles verstanden. Mia Kankimäki gab mir nun die Möglichkeit, die Zusammenhänge besser zu verstehen, denn sie reist nach Kyoto und will Sei erforschen und ihrer Geschichte auf den Grund gehen. Vielleicht will sie aber auch einfach nur vor ihrem eigenen Leben flüchten, weil es gerade nicht so läuft, wie sie es sich erhofft hat.

Die Finnin hat einen leichten und gut zu lesenden Schreibstil, dazu noch eine gute Portion Humor und Selbstironie. Ich mochte ihre Art der Beschreibungen ganz gern. Manches Zwiegespräch mit Sei hat mich zwar ab und an die Augen rollen lassen, aber insgesamt fand ich die vielen Fakten, Daten und Geschichten aus Kyoto und von der Hofdame Sei interessant. Man lernt einiges über die japanischen Traditionen, die Tempel und die Kultur in Japan kennen. Es braucht einen langen Atem, um mit Mia Kyoto zu erkunden, aber aus meiner Sicht lohnt es sich.

Veröffentlicht am 10.05.2021

McAfee weiß den Lesenden zu überraschen und gut zu unterhalten.

Blütenschatten
0

McAfee weiß den Lesenden zu überraschen und gut zu unterhalten.

Die Londoner Kunstszene wird aus der Sicht einer Künstlerin, die stets und ständig auf ihr frühes Werk und ihre Affäre mit einem wesentlich ...

McAfee weiß den Lesenden zu überraschen und gut zu unterhalten.

Die Londoner Kunstszene wird aus der Sicht einer Künstlerin, die stets und ständig auf ihr frühes Werk und ihre Affäre mit einem wesentlich älteren Mann reduziert wird, erzählt. Sie wandelt durch London und beobachtet die Menschen. Sie kommentiert das Gesehene und besucht Orte, die sie beeinflusst haben. Dabei erfährt man immer mehr aus ihrem Leben.

Eve ist Künstlerin mit einem ausgesprochenen Faible für Blumen. Sie hat es geschafft, dass man sie schätzt und ausstellt und verkauft. Doch immer wieder ziehen andere an ihr vorbei, obwohl sie (aus ihrer Sicht) weniger leisten. Wanda ist dabei ihr ganz persönliches Hassobjekt. Aber auch an ihrer Familie hat sie einiges auszusetzen. Sie ist bissig, ironisch und hart im Urteil. Einzig ein junger Mann, nur halb so alt wie sie, kann sie besänftigen und einnehmen. Doch ist die Liebe echt?

Annalena McAfee hat einen wunderbaren Schreibstil, der mich schnell mitgenommen hat. Der Charakter, der Eve war für mich nicht ganz greifabr und doch gab es Momente, wo ich ihren Schmerz, ihre Wut verstehen konnte. Was mir gut gefallen hat, waren die zwei Seiten der Eve. Es gab nicht nur weiß oder schwarz, sondern grau in vielen Facetten. Niemand ist nur gut oder nur schlecht. Der Humor war stellenweise schwarz, aber oft passend und dadurch auch unterhaltsam. Ich mochte die Geschichte und auch das Ende fand ich sehr gelungen.

Veröffentlicht am 04.05.2021

Beeindruckende Geschichte

Wind
0

Nach dem Lesen fiel mir als erstes das Wort Respekt ein. Was für ein spannendes, aufreibendes und sehr sportliches Leben. Aber auch Respekt für seine Ex-Frau, die so vieles mitgetragen hat, ihn den Rücken ...

Nach dem Lesen fiel mir als erstes das Wort Respekt ein. Was für ein spannendes, aufreibendes und sehr sportliches Leben. Aber auch Respekt für seine Ex-Frau, die so vieles mitgetragen hat, ihn den Rücken freigehalten und die vier Kinder großgezogen hat.

Die Biografie ist faszinierend, auch wenn man kein Segler oder allgemein Sportler ist. Durch das gesamte Buch zieht sich die Willenskraft und das Durchhaltevermögen, aber auch der Egoismus, der wahrscheinlich notwendig ist, um so erfolgreich zu werden. Er beschreibt die Hürden, die Zweifel und den Willen zum Sieg, aber auch seine Niederlagen sowohl beruflich als auch privat. Man erhält einen kleinen Einblick hinter die Kulissen, wie die Vereine und Organisationen ticken, wieviel Macht Geld hat und was alles beachtet werden muss, um an einem wichtigen Wettkampf teilnehmen zu können. Auch die Weltumrundung 2008 fand ich sehr interessant. Die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Rio war hart erkämpft. Santiago Lange hatte nur ein Jahr vorher eine Krebserkrankung diagnostiziert bekommen und schaffte es durch eisernen Willen und einem starkem Team den Weg zurück an die Spitze.

Es ist eine beeindruckende Geschichte, die aufzeigt, was man erreichen kann, wenn man für etwas brennt und dies unbedingt erreichen möchte. Jedoch zeigt diese Biografie auch die Schattenseiten dieses Ehrgeizes.

Veröffentlicht am 16.04.2021

DDR in den 50iger Jahre

Roter Rabe. Ein Fall für Max Heller
0

Wie viel weiß man über die DDR der 50er Jahre? Ich muss gestehen: wenig. Das Wenige, was ich weiß, habe ich mir angelesen oder in Dokumentationen gesehen. Selbst im Geschichtsunterricht wurde das Kapitel ...

Wie viel weiß man über die DDR der 50er Jahre? Ich muss gestehen: wenig. Das Wenige, was ich weiß, habe ich mir angelesen oder in Dokumentationen gesehen. Selbst im Geschichtsunterricht wurde das Kapitel der deutschen Geschichte übersprungen. Deshalb war ich neugierig auf diesen Max Heller Krimi. Frank Goldammer ist bekannt dafür, dass er sehr gut recheriert und stets versucht nah an der Realität zu schreiben. Dieses Gefühl "nah an der Realität" hatte ich beim Hören des Buches die ganze Zeit.

Natürlich steht der Krimi im Mittelpunkt, aber der Autor beschreibt sehr genau die Stadt Dresden, die Umstände und die Unruhe der Menschen. Er lässt Heller immer wieder ins Zweifeln kommen und er bringt ihn an seine Grenzen. Seine Frau Karin ist in den Westen gereist, um den Sohn zu besuchen. Er ist mit der Ziehtochter und der verwirrten alten Nachbarin zurückgeblieben. Keine leichte Situation, da immer die Angst aufkommt, dass Karin nicht wiederkommen wird.

Der Fall ist diesmal sehr ausschweifend und mit vielen kleinen Nebenspielplätzen. Es kommen recht zügig ein paar Tote zusammen und man muss aufpassen, dass man den roten Faden nicht verliert. Für mich war der vierte Fall nicht ganz so stark wie die Vorgängerkrimis. Zu viele Personen und zu viele Verwicklungen machten es mir schwer der Geschichte zu folgen. Obwohl das Hörbuch wieder sehr gut von Heikko Deutschmann vorgelesen wurde, konnte mich der Fall nicht ganz so sehr mitreißen. Dafür fand ich die Beschreibungen der Menschen und der Gesamtsituation sowie der privaten Gedanken und Sorgen von Max Heller sehr gut.

Wer die Reihe nicht kennt und sie hören möchte, sollte mit dem ersten Fall starten, da man sonst die Beziehungen der Charaketere nicht so gut nachvollziehen kann.

Veröffentlicht am 07.04.2021

Wunderbare Mischung aus Lebensgeschichte und Naturfakten

Großstadtgewächs
0

Dieses Buch hat mich überrascht. Es passt in keine Schublade. Immer wenn man denkt, dahin passt es jetzt, gibt es einen kleinen inhaltlichen Schlenker und die Schublade springt wieder auf. Es ist ein Roman. ...

Dieses Buch hat mich überrascht. Es passt in keine Schublade. Immer wenn man denkt, dahin passt es jetzt, gibt es einen kleinen inhaltlichen Schlenker und die Schublade springt wieder auf. Es ist ein Roman. Das passt.

Aber es ist kein so richtiger biografischer Roman, obwohl die Autorin aus ihrem Leben erzählt. Alice Vincent beschreibt ihre Zeit als Mittzwanzigerin mit Freund, Eigentumswohnung und festen Job. Sie lebt in London und arbeitet als Redakteurin bei einer britischen Zeitung. Dabei ist sie mehr oder weniger glücklich. Eigentlich sollte sie zufrieden sein, da sie es geschafft hat. Einen festen Job bei der Zeitung.

Es ist keine so richtige Liebegeschichte, obwohl die Autorin von ihrer schmerzhaften Trennung und dem Neustart berichtet. Ihre gewohnten Abläufe werden zerstört, ihr Alltag durcheinander gewirbelt und der Mann an ihrer Seite ist weg. Einfach so. Das muss sie verarbeiten und sich aus ihrer Komfortzone herausbewegen.

Es ist kein Gartenbuch, obwohl hier ganz viele tolle Pflanzen und Naturfakten beschrieben und näher vorgestellt werden. Alice Vincent sucht Halt, Ruhe und Hoffnung und findet sie auf ihrem Balkon. Ihre Pflanzen geben ihr Hoffnung, denn sie kommen trotz schlechten Bedingungen, wenig Pflege und wenig Wissen seitens der Autorin immer wieder und blühen und treiben aus. Sie entdeckt die Parks und die Grünflächen der Stadt. Dabei geht sie auf einzelne Parkanlagen ein, erzählt von deren Entstehung und welche Pflanzen von wem aus welchem Land eingeführt worden. Viel Geschichte und viele interessante Pflanzenfakten gibt es auf diesen Seiten.

Es ist kein Achtsamkeitsroman, obwohl die Autorin von ihren Fluchten in der Natur und ihren Miniauszeiten mit den Pflanzen erzählt. Das Entschleunigen, die Gartenarbeit und die ehrenamtliche Tätigkeit bringen sie zurück, zu sich selbst und zu neunem Mut und Kraft. Ihr wird klar, was wirklich zählt und wagt immer mehr und lernt loszulassen und sich den unbequemen Gedanken zu stellen.

Am Ende klappte ich das Buch zu und stellte fest: es ist ein wunderbarer und gut zu lesender Roman, der es schafft, alles miteinander zu verbinden. Eine gute Mischung aus Lebensgeschichte und Naturfakten. Ich wurde gut unterhalten, habe einiges dazugelernt und hatte ein paar schöne Lesestunden.