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Veröffentlicht am 29.05.2021

Oldschool-Detektiv auf digitaler Schatzsuche

Montecrypto
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Privatdetektiv Ed Dante, seines Zeichens spezialisiert auf Financial Forensics, wird beauftragt, einen womöglich vorhandenen Bitcoin-Schatz des kürzlich verunglückten Unternehmers Gregory Hollister zu ...

Privatdetektiv Ed Dante, seines Zeichens spezialisiert auf Financial Forensics, wird beauftragt, einen womöglich vorhandenen Bitcoin-Schatz des kürzlich verunglückten Unternehmers Gregory Hollister zu finden. Obwohl früher selbst in der Finanzbranche tätig, hat Dante zunächst wenig Ahnung von Kryptowährungen, muss sich so manches Hintergrundwissen erst aneignen. Als ein im Internet kursierendes Video zur Jagd auf Hollisters Schatz aufruft, sind neben haufenweise Nerds auch diverse Geheimdienste hinter dem Schatz her. Bei seinen Recherchen erwacht in Dante nach und nach der Verdacht, dass deutlich mehr hinter der Sache stecken könnte - bis hin zu einem gigantischen Finanzskandal mit womöglich weitreichenden Folgen.
Dass Ed Dante zunächst wenig Ahnung von Kryptowährungen und Bezahl-Apps hat kommt dem Leser dahingehend zugute, dass man beim Lesen gemeinsam mit Ed Dante nach und nach Einblick in diese Welt erhält. Gepaart mit seinem Wissen über Finanzmärkte ergibt sich dadurch ein interessantes Thema, auf welchem der Roman basiert und das auch für Themen-Neulinge recht verständlich dargestellt wird. Dante selbst liebt Sarkasmus, Punkrock und Cocktails, von denen er im Roman so einige konsumiert. Zum Sidekick seiner Ermittlungen wird die IT-Bloggerin Mercy Mondego, welche mit ihrem Fachwissen und ihrem resolutem Auftreten die Handlung angenehm bereichert.
Der Schreibstil ist manchmal wie berichtend, teilweise durch Dantes Sichtweise etwas provokant. Die Handlung ist eine unterhaltsame Mischung aus Ermittlungsarbeit und Hintergrundwissen, die Spannung bleibt konstant hoch, auch wenn zum Ende hin der Roman ein wenig an ein James Bond Abenteuer erinnert. Ed Dante wirkt ziemlich stereotyp als sarkastischer Detektiv mit hohem Alkoholkonsum, weitere Charaktere wie vor allem Mercy Mondego bleiben leider recht blass. Zwar ist der Titel eine Anlehnung an den Graf von Monte Christo, allerdings bleibt es lediglich bei einigen Anspielungen (wie die Namen Dante und Mondego) an den Roman von Alexandre Dumas und ist keine Neuinterpretation.
Eine moderne Schatzsuche eines Oldschool-Detektivs mit Einblicken in die klassische und moderne Finanzwelt, die bis zum Schluss spannende Unterhaltung bietet.

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Veröffentlicht am 22.05.2021

Erinnerungen eines Autors

Die Katzen von Shinjuku
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Ein Autor erinnert sich zurück an die Zeit vor rund 25 Jahren, welche einen entscheidenden Wendepunkt in seinem Leben darstellte. Damals, Ende der 1980er, geriet Yamas Karriere als Fernsehautor immer mehr ...

Ein Autor erinnert sich zurück an die Zeit vor rund 25 Jahren, welche einen entscheidenden Wendepunkt in seinem Leben darstellte. Damals, Ende der 1980er, geriet Yamas Karriere als Fernsehautor immer mehr in Schräglage und er drohte, in eine unzufriedene Zukunft abzudriften. Auf der Suche nach Zerstreuung fand er eine Bar in Tokio, in der die Gäste für sich eine Art Katzenbingo entwickelt hatten. In dieser Bar arbeitete Yume, eine verschlossene junge Frau, deren Herz an ebendiesen Katzen hing. Ihr Kennenlernen sollte das Leben beider entscheidend bestimmen.
Dem Roman ist der Hang des (fiktiven) Autors zu plakativen, überzogenen Darstellungen von Charakteren anzumerken. Ein Sammelsurium aus extravaganten Charakteren, bedenklichen Entwicklungen in der damaligen Arbeitswelt und einer langsamen Charakterentwicklung des Erzählers zeichnen einen Aussschnitt seines damaligen Lebens in Tokio, welcher Yumes Leben eher tangiert als dieses wirklich zu kreuzen. Und dennoch helfen beide sich fast schon unbemerkt gegenseitig, ihre jeweils unzufriedenen Leben zu ändern, wobei die Katzen eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Der Stil ist teils bildhaft, teils poetisch, manchmal etwas überdreht und dennoch in sich eher ruhig, vielleicht stellenweise schon etwas langatmig. Zum Schluss kehrt der Erzählende jedoch wieder in die Gegenwart zurück, um zu einem stimmigen Ende zu finden.
Eine eher ruhige Erzählung eines fiktiven Autors über einen für ihn entscheidenden Abschnitt seines früheren Lebens, mit teils poetischem, teils nachdenklichem Inhalt, die sich angenehm lesen lässt, aber keine allzu aufregenden Highlights beinhaltet.

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Veröffentlicht am 06.05.2021

Eine Reisebegleitung nach Tibet, kein Reisebericht

Der Schneeleopard
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Der französische Autor Sylvain Tesson wurde vom Naturfotografen Vincent Munier eingeladen, ihn und sein kleines Team ins Hochland Tibets zu begleiten, um dort Film- und Fotoaufnahmen des seltenen Schneeleopards ...

Der französische Autor Sylvain Tesson wurde vom Naturfotografen Vincent Munier eingeladen, ihn und sein kleines Team ins Hochland Tibets zu begleiten, um dort Film- und Fotoaufnahmen des seltenen Schneeleopards zu machen. Von dieser völlig neuen Herausforderung berichtet der Autor in diesem Buch.

„Ich selbst hatte fünfundzwanzig Jahre lang die Steppen durchmessen, ohne auch nur zehn Prozent von dem wahrzunehmen, was Munier erfasste.“ (Zitat S. 46)

Manch einer hat bereits davon gehört, manche machen es selbst, nicht jeder hat dafür Verständnis: Naturfotografen harren oftmals stundenlang still bei Wind und Wetter aus in der Hoffnung, ein besonderes Motiv vor die Linse zu bekommen. Dass man durch langes auf der Lauer liegen manchmal Dinge entdeckt, welche man durch das Hasten durch den Tag und die Welt womöglich gar nicht bemerkt hätte, wird dem Autor auf dieser Reise bewusst. Neben dem Warten sind vor allem die winterlichen Temperaturen von -20°C und kälter eine immense Herausforderung für das Team, welche durch die besondere Natur teilweise wieder wettgemacht wird.

„Die Tinte gefror, hastig brachte ich die Sätze zu Papier: „Die Abhänge geriefelt von schwarzen Maserungen, Rinnsale aus dem Tintenfass Gottes, der nach der Niederschrift der Welt seine Feder ablegt.““ (Zitat S. 73)

Das Buch ist kein reiner Reisebericht, sondern mit den Augen und den Worten eines Autoren verfasst. Die Idee ist nicht neu, auch Douglas Adams war einst mit dem Zoologen Mark Carwardine unterwegs auf der Suche nach seltenen Tieren und hat sein Buch als biologischer Nicht-Profi mit britischem Humor versehen. Britischen Humor findet man hier herkunftsbedingt nicht, vielmehr ist das Buch laienhaft mit philosophischen Gedanken durchsetzt, woran der das Team begleitende Philosoph wohl nicht ganz unbeteiligt sein mag. Ebenso zieht Tesson Parallelen zum Dàodéjīng des Lǎozǐ, welchem die Philosophie Tibets zugrunde liegt. In meinen Augen eine im Ansatz interessante gedankliche Bereicherung.

„Die Tiere sind die Hüter der Grünanlagen, in denen der Mensch Reifentreiben spielt und sich als König gebärdet.“ (Zitat S. 47)

Neben Yaks, Blauschafen und Wölfen ist das Hauptanliegen natürlich, einen der letzten, verbliebenen Schneeleoparden zu entdecken. Bei geschätzten 5000 Exemplaren, verteilt auf ein riesiges Gebiet, gleicht dies fast einem Glücksspiel. Oder man übt sich in Geduld und genauem Hinsehen.

„Überlebende wovon?“, fragte ich.
„Von der Ausbreitung des Menschen“, sagte Marie. (Zitat S. 85)


Ohne zu spoilern kann ich sagen: Ja, sie sehen mehrfach einen Schneeleoparden. Im Buch selbst sind allerdings nur zwei Fotos in s/w abgedruckt, ein Bildband mit Reisejournal ist jedoch erhältlich.
Neben all den Worten des Lobes folgt meinerseits auch Kritik: Mir ist der Autor ein paar mal zu häufig gedanklich in private Erinnerungen abgeschweift, welche ich weder als relevant noch als bereichernd empfand. Welche Frau ihm einst warum den Laufpass gegeben hat muss ich nicht in allen Einzelheiten wissen. Mag sein, das einem beim Warten in Eiseskälte auch solche Dinge durch den Kopf gehen, aber was interessiert mich das als Leser? Derlei Dinge hätten zugunsten von mehr Eindrücken und Erlebnissen oder besonderen Details der Reise gestrichen werden können.

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Veröffentlicht am 26.04.2021

Wieviel Recht auf Leben würdest Du einem Klon zugestehen?

I am Elektra
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Nachdem Klon Isabel in „Becoming Elektra“ erfolgreich den Platz der verunglückten Elektra Hamilton eingenommen hat, erwacht die Totgeglaubte nun. Allerdings nicht nur mit einem Mordskater, sondern auch ...

Nachdem Klon Isabel in „Becoming Elektra“ erfolgreich den Platz der verunglückten Elektra Hamilton eingenommen hat, erwacht die Totgeglaubte nun. Allerdings nicht nur mit einem Mordskater, sondern auch in einem fremden Körper. Dem Körper von Kelsey, Isabels Zwillingsschwester. Neben deren körperlichen Narben scheint jedoch auch ihr Geist weiterhin zu existieren - in demselben Körper. Zudem stellt sich das Problem, dass nur eine Elektra nach außen hin existieren darf. Welche perfiden Pläne verfolgt Priamos Hamilton?
Bereits der erste Band war hochgradig aufwühlend. Wer diesen nicht gelesen hat oder das Gelesene auffrischen möchte findet am Ende des Buches eine sehr gute Zusammenfassung der bisherigen Geschehnisse.
Diemal wird im Wechsel aus den Perspektiven von Elektra und Kelsey erzählt, zwei Personen, welche um ein und denselben Körper kämpfen. Auf diese Erkenntnis reagieren die beiden jungen Frauen sehr unterschiedlich, vor allem im Laufe der Zeit, was der Autor meiner Meinung nach recht gut dargestellt hat. Auch Isabels Rolle als Elektra-Ersatz nehmen beide höchst unterschiedlich auf. Ebenso entsteht somit für Isabels Verlobten Phillip und Elektras Bruder Hektor eine höchst komplizierte Situation - darf man jemanden opfern, um das Leben eines anderen zu retten? Oder lassen sich beide, Elektra und Kelsey, retten? Zudem schwebt über allem die große ethische Frage, ob Klone wie Menschen behandelt werden sollten oder nicht. Und durch weitere Pläne, welche Familienoberhaupt Priamos bereits im Geheimen bereit hält, stehen schon bald tatsächlich Leben auf dem Spiel.
Eine sehr gute Idee, die Thematik des ersten Bandes über die Rechte der Klone erneut aufzugreifen, zumal es bisher zu keiner zufriedenstellenden Lösung gekommen ist. Der Kniff diesmal ist es, dass man als Leser schnell vor dem Problem steht, wem der beiden Charaktere man den einen Körper zusprechen möchte oder muss, denn auf Dauer sind zwei Charaktere in einem Körper einfach keine Lösung. Hierzu ist natürlich erforderlich, dass man zu beiden Charakteren eine gewisse Bindung aufbaut, um beiden ein Weiterleben zu gönnen. Leider ist Christian Handel das mit Elektra bei mir nicht gelungen, ich empfand diese Person als stark naiv, selbstsüchtig und selbstzerstörerisch, so dass ich sie ohne weiteres ihrem natürlichen Schicksal überlassen wollte, welches ihr ohne Einwirken des Vaters, also einem Seelentransfer in Kelseys Körper, zustand. Das empfand ich als vertane Chance und somit als schade - hätte ich Elektra auf irgendeine Weise gemocht, hätte mich das Buch durch den inneren Konflikt, sie nicht sterben lassen zu wollen, deutlich mehr bewegt. Mag ein anderer Leser vielleicht anders empfinden. Zudem kam mir ihre Mutter etwas zu kurz, für die Elektra nur Abneigung übrig hat, obwohl sich bereits im ersten Band zeigte, dass sie gar nicht zu den Bösen gehört. Sieger der Herzen ist für mich hingegen der Bruder Elektras, Hektor, welcher eindeutig zwischen den Stühlen steht, jede der Elektra-Klone bzw. das Original retten möchte, aber einfach nicht die Möglichkeiten dazu hat. Ein sehr gelungener Nebencharakter, der im Lauf des Romans ein wenig über sich hinauswächst.
Stilistisch bewundere ich die Detailverliebtheit des Autors, welche auch diesen Roman wieder sehr lebendig wirken lässt, als wäre ich mit dabei. Selbst kleine futuristische Erfindungen der Zukunft sind wieder gekonnt mit eingebaut, besonders die Idee mit den Lavafischen gefiel mir sehr - lasst euch überraschen.
Eine sehr gelungene Fortsetzung rund um das brisante Thema des Klonens, wenn auch in meinen Augen mit ein paar Abstrichen, da mich Elektras Charakter zu kalt ließ, um mich auch diesmal wieder seelisch aufzuwühlen. Davon abgesehen dennoch nicht minder spannend.

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Veröffentlicht am 18.04.2021

Von Hoffnung und Hilfsbereitschaft

Echo Mountain
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Ellies Familie versucht, sich in der Wildnis des Echo Mountain ein neues Leben aufzubauen, nachdem der große Börsencrash ihnen alles genommen hat. Das Leben ist hart, und nachdem ihr Vater durch einen ...

Ellies Familie versucht, sich in der Wildnis des Echo Mountain ein neues Leben aufzubauen, nachdem der große Börsencrash ihnen alles genommen hat. Das Leben ist hart, und nachdem ihr Vater durch einen Unfall ins Koma fällt glauben alle fälschlicherweise, dies sei Ellies Schuld. Mit ihrem noch kindlichen Verständnis der Welt versucht das naturliebende Mädchen, ihren Vater auf aussergewöhnliche Weise zu heilen - und zieht damit erst recht den Zorn ihrer Familie auf sich. Bei ihren Streifzügen durch die Wildnis lernt sie noch weitere Bewohner des Berges kennen - und von ihnen weiteres Heilwissen.
Manchmal muss nicht nur der Körper geheilt werden, sondern auch die Seele. So ließe sich dieses Buch recht gut beschreiben. Während einige Personen hier körperlich versorgt werden müssen, machen Leid und Trauer andere Menschen krank wie z. B. Ellies Familie, die nach und nach dem Mädchen das Leben immer schwerer machen. Besonders die ältere Schwester empfand ich als erschreckend, die plötzlich meinte, ihrer jüngeren Schwester gegenüber erzieherische Maßnahmen ergreifen zu müssen, obwohl sie selbst ihre eigenen Fehler machte. Wobei Ellies erste Heilansätze, zugegebenermaßen, manchmal wirklich stark gewöhnungsbedürftig sind, wenn auch aus kindlicher Sicht wiederum verständlich.
Neben falschen Vorwürfen, Leid und Vorurteilen spielen im Buch Vertrauen, Hoffnung und Hilfsbereitschaft eine große Rolle. Ein wenig zuviel wurden mir ein paar blutige und eiternde Details einer Verletzung, die hätt ich jetzt nicht gebraucht, zumal diese Thematik einen großen, wenn auch zugegebenermaßen wichtigen Teil des Romans einnimmt. Auch waren mir gewisse Heilansätze der jungen Ellie etwas zu gewagt. Die zwischenmenschliche Entwicklung innerhalb der eigenen Familie sowie der Familie, welche später hinzukommt, war dafür glaubhaft und recht bewegend.

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