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Veröffentlicht am 13.06.2021

So hoch wie zwei Pferde

Der Ickabog
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Es war einmal ...

... ein Königreich namens Schlaraffien. Das wurde von einem schönen, blonden König namens Fred dem Furchtlosen regiert. Der war bei der Bevölkerung sehr beliebt. Allerdings war er auch ...

Es war einmal ...

... ein Königreich namens Schlaraffien. Das wurde von einem schönen, blonden König namens Fred dem Furchtlosen regiert. Der war bei der Bevölkerung sehr beliebt. Allerdings war er auch recht dumm. Und er hatte zwei Freunde, zwei mächtige Lords, die ihn berieten. Diese beiden Lords wurden immer gieriger und gieriger, und um ihre Machtpositionen zu sichern, dachten sie sich das Märchen von einem furchtbaren Ungeheuer aus, das bekämpft werden musste. Immer mehr und mehr Geld floss in ihre Taschen und das Land und die Leute wurden immer ärmer. Doch ein paar Menschen wollten nicht mehr zusehen. Ein paar standen auf und wehrten sich. Ein paar wollten die Wahrheit hören und keine Lügen mehr und aus den paar wurden immer mehr und mehr ... Und der Ickabog? Das grässliche Ungeheuer aus dem Norden war wirklich grässlich. Aber nur äußerlich. Denn innerlich war es wie jedes Ungeheuer im eigenen Herzen: Es ist genau das, was man aus ihm macht. Und wie man es füttert. Gibst du ihm Hass, wird es hassen. Gibst du ihm Liebe, wird es lieben.

Und so muss jeder, nicht nur im Königreich Schlaraffien, für sich selbst entscheiden, wie er die Ungeheuer in sich füttert.

Ich mochte das Märchen. Schön geschrieben, teilweise sogar düster und brutal wie die alten Grimmschen Geschichten, nicht so weichgespült wie von Walt Disney. Hübsche Kinderzeichnungen zu den Ereignissen. Was ich nicht mochte, war die Eindeutschung der Namen. Hört nicht auf die Erbsenprinzessinnen, die im Li-La-Laune-Land aufgewachsen sind und sich über die Grausamkeit des Buches beschweren. Kinder können das ab und echte Märchen beinhalten auch immer einen Hauch von Dunkelheit. Denn Kinder müssen lernen: Es gibt nicht nur Ungeheuer, die so aussehen. Die anderen, die, die man auf den ersten Blick nicht erkennt, die sind viel schlimmer und gefährlicher. Genau das wird hier vermittelt.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Happy End

Veröffentlicht am 27.05.2021

Oh, du lieber Augustin

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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Leopold von Herzfeldt ist ganz neu in Wien. Der ehemalige Untersuchungsrichter aus Graz macht sich gleich mal recht unbeliebt, als er an einem Tatort auftaucht und dort nach neuesten Erkenntnissen Untersuchungen ...

Leopold von Herzfeldt ist ganz neu in Wien. Der ehemalige Untersuchungsrichter aus Graz macht sich gleich mal recht unbeliebt, als er an einem Tatort auftaucht und dort nach neuesten Erkenntnissen Untersuchungen durchführt. Im Jahr 1893 und dazu noch als Jude ist das ein unerhörter Akt von Unhöflichkeit. So verwundert es auch nicht, als er erstmal aufs Abstellgleis geschoben wird. Statt einer grausig-faszinierenden Mordserie soll er den Selbstmord eines Halbbruders des berühmten Walzerkönigs Johann Strauß untersuchen. Dabei trifft er auf den kauzigen Totengräber Augustin Rothmayer vom Zentralfriedhof. Auf getrennten Wegen kommen beide einer ungeheuren Sache auf die Spur ...

Wie üblich hat sich Pötzsch einer spannenden Zeit gewidmet. Dieses Mal geht er nicht seiner Familiengeschichte mit den Henkern nach, sondern interessiert sich für einen Totengräber des 19. Jahrhunderts. Mit Rothmayer schafft er einen durchaus komplexen Charakter, dem gegenüber Herzfeldt nicht so richtig mithalten kann, wie ich finde. Herzfeldt ist nur eines - ziemlich unsympathisch. Dafür, dass er selbst nicht Anfeindungen und Herablassung gegenüberstehen möchte, macht er es selbst auch nicht viel besser, im Gegenteil. Die Fälle selbst waren spannend, wobei ich den Hauptfall quasi schon zu Beginn gelöst hatte, mir fehlte lediglich das Motiv. Trotzdem ist das eine Reihe, die ich gern weiterverfolgen werde, auch wenn sie noch nicht mit der Henkersfamilie Kuisl mithalten kann.

Veröffentlicht am 23.05.2021

Das Schweigen der Männer

Kretisches Schweigen
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Michaelis Charisteas ist Ermittler der Mordkommission von Chania auf Kreta. Jetzt im Mai schieben er und sein Partner Pavlos Koronaios eine ruhige Kugel - zumindest solange, bis im Süden der Insel zwei ...

Michaelis Charisteas ist Ermittler der Mordkommission von Chania auf Kreta. Jetzt im Mai schieben er und sein Partner Pavlos Koronaios eine ruhige Kugel - zumindest solange, bis im Süden der Insel zwei Skelette gefunden werden. Frangokastello ist dafür bekannt, dass es dort angeblich Geistererscheinungen gibt, Seelen von Freiheitskämpfern, die vor 200 Jahren dort starben. Doch die Skelette sind keine zehn Jahre alt und mit Sicherheit keine Freiheitskämpfer. Dennoch machen die Einwohner dicht, niemand spricht mit der Polizei, denn sie haben hier schon immer alles selbst geregelt. Doch Michalis wird nicht aufgeben, bis er den oder die Mörder gefasst hat.

Wir haben es hier mit einem eher ruhigen, soliden Krimi zu tun. Er zeichnet sich dadurch aus, dass man das Gefühl hat, der Autor weiß, worüber er schreibt. Er erzählt über Land und Leute, als hätte er das kretische Gefühl mit der Muttermilch eingesogen. Action erhält man erst zum Schluss ein wenig, aber darum geht es hier auch nicht. Man erhält Einblicke in die Struktur des Zusammenlebens und nicht immer hat mir gefallen, was ich erfuhr, ganz besonders was gewisse Machtverhältnisse angeht. Eine interessante Sommerlektüre, allerdings eine, die ich mit einer Warnung versehe: Wer sowieso schon immer Probleme hat, sich Namen von Charakteren zu merken, wird hier wohl nicht glücklich werden, und ich rate diesen Leuten eher davon ab, nach dem Buch zu greifen. Den restlichen Krimilesern hingegen kann ich es durchaus empfehlen.

Veröffentlicht am 19.05.2021

Gesund essen

Heilsam kochen mit Ayurveda
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Ich mag Kochbücher, ich mag Essen und ich mag es, diese beiden Leidenschaften zu verbinden und dabei möglicherweise noch etwas Neues zu lernen. Deshalb war ich an dem Buch von Dr. Grönemeyer (das ist der ...

Ich mag Kochbücher, ich mag Essen und ich mag es, diese beiden Leidenschaften zu verbinden und dabei möglicherweise noch etwas Neues zu lernen. Deshalb war ich an dem Buch von Dr. Grönemeyer (das ist der mit der Medizin, nicht der mit der Musik) sehr interessiert.

Zu Beginn gibt es eine Einführung in Ayurveda. Das ist - genau wie vegane Lebensweise - kein Trend, sondern eine Einstellung. Nicht für die Hipsters der Welt, sondern für diejenigen, die auf sich achten wollen, die schon gut und gern essen, dabei aber auch sowohl auf ihre Gesundheit als auch die Natur Wert legen. Das fand ich schon mal gut.

Weniger gefallen hat mir dann auf Dauer, dass Ayurveda irgendwann schon beinahe esoterisch wurde. Wer sich auf Ayurveda einlässt, so kam es beinahe rüber, könne Krankheiten bekämpfen oder vorbeugen, Selbstheilungskräfte aktivieren, ja sogar da Erfolg haben, wo es mit herkömmlicher Medizin nicht mehr weitergeht. Und genau das sind Aussagen, die ich immer relativ grenzwertig finde, besonders wenn dann auch noch von Schwingungen die Rede ist.

Das Essen bzw. diejenigen Rezepte, die ich ausprobiert habe, entpuppte sich als durchweg lecker und manchmal überraschend. Mein Lieblingsessen war dabei ein ganz einfaches (die sind übrigens alle gut und leicht herzustellen), nämlich kross gebratener Blumenkohl. Von daher bekommt der Rezeptteil meine vollste Empfehlung, die Einführung ist mir persönlich zu ausführlich und ein bisschen zu esoterisch - wen das nicht stört, der hat ein rundum gelungenes Buch in der Hand.

Veröffentlicht am 18.03.2021

Mit Schnurrbart, Charme und Melone

Tinte & Siegel
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Al MacBharrais ist ein liebenswürdiger, älterer Schotte mit Schnurrbart und Druckerei. Ersterer dient der Würde und des guten Aussehens, zweiteres als Tarnung für die Arbeit, die er tatsächlich erledigt. ...

Al MacBharrais ist ein liebenswürdiger, älterer Schotte mit Schnurrbart und Druckerei. Ersterer dient der Würde und des guten Aussehens, zweiteres als Tarnung für die Arbeit, die er tatsächlich erledigt. Und die ist alles andere als harmlos, ist er doch ein Siegelmagier, der dafür verantwortlich ist, dass Pantheons und andere Gefilde das tun, was sie sollen: auf ihrer Seite bleiben oder sich wenigstens anmelden, wenn sie die Erde besuchen. Doch dann passiert das Unfassbare: Gordie, der Lehrling von Al, stirbt. Seltsamerweise ist er nicht der erste Lehrling, der unter Als Mentorship das Zeitliche segnete, doch auf jeden Fall war er der Umtriebigste. Und plötzlich hat der liebenswürdige, ältere Schotte alle Hände voll zu tun, nicht nur die Feenwesen in den Griff zu bekommen, sondern sich auch vor neugierigen Polizisten zu schützen und sogar der CIA Einhalt zu gebieten.

Von Hearne kenne ich nur den kurzen Band, in dem Oberon, der Hund des Eisernen Druiden, aus dem Nähkästchen plaudert. Das war ganz nett, konnte mich jedoch nicht wirklich so fesseln, dass ich unbedingt die Abenteuer von Atticus hätte lesen wollen. Vielleicht war das ein Fehler. Zumindest die Dinge, um die sich Al MacBharrais hier kümmert, waren äußerst unterhaltsam, spannend und hatte genau den Pfiff an CIA-Bashing, den ich mag. Außerdem scheint Hearne das Thema Menschenhandel am Herzen zu liegen, was hier zwar manchmal etwas deplatziert wirkte, ihn aber sympathisch macht. Die Erlebnisse und Sprüche von Al konnten mich jedenfalls durchaus mitnehmen, auch wenn mir die Siegelmagie auf Dauer ein bisschen zu mächtig ist. Zwar ist Al trotzdem immer mal wieder verletzt worden, das lag jedoch eher an seinem Alter oder einer Fehleinschätzung der Situation. Rausreißen konnten das die Sympathieträger der handelnden Personen und das lässige Jonglieren mit Pantheons und Feenwesen. Ich hoffe, ein zweiter Band folgt demnächst.