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Veröffentlicht am 17.09.2020

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?

The Belles 1: Schönheit regiert
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In wunderschöner, atmosphärischer Sprache erschafft die Autorin eine glamouröse wie grausame und oberflächliche, fast schon krankhafte Gesellschaft, die einzig und allein nach Schönheit strebt. Ausgestattet ...

In wunderschöner, atmosphärischer Sprache erschafft die Autorin eine glamouröse wie grausame und oberflächliche, fast schon krankhafte Gesellschaft, die einzig und allein nach Schönheit strebt. Ausgestattet ist sie mit extremen Schönheitsidealen und verschwenderischem Lebensstil ohne jeden Sinn für reale Probleme. Ein wenig wie das Kapitol aus die Tribute von Panem oder die Aristokratie zur Zeit Ludwig XIV.
Allerdings: Die Hauptprotagonistin ist eine Schwarze Frau, ohne dass ihre Hautfarbe ihren Status oder ihre Akzeptanz beeinflusst. Hier gefällt mir auch, dass dies deutlich auf dem Cover dargestellt wird.

Der Anfang begann vielversprechend. Im Mittelteil wurde es dann jedoch langatmiger und Camelias Entscheidungen sind für mich nicht immer nachvollziehbar. Obwohl ihr von mehreren Seiten aus Warnungen ausgesprochen werden, verdrängt sie diese. Daher ist leider vorhersehbar, was geschieht.
Doch nach einem gewissen Wendepunkt nimmt die Handlung deutlich mehr Fahrt auf und sie beginnt endlich, sich mit der Grausamkeit auseinander zu setzen und sich auch stärker zu wehren. Hier konnte ich kaum aufhören und natürlich möchte ich jetzt auch den Folgeband lesen.
Camelia lebt leider sehr eingeschränkt, so ist nur wenig über die Welt außerhalb des Königshauses bekannt. Als letzten Kritikpunkt muss ich leider anmerken, dass mir der Charakter der Sophia etwas zu eindimensional gestaltet war.

Insgesamt ein gutes Jugendbuch. Es ist zwar für jüngere Leserinnen gedacht, aber ich denke, dass das Thema trotzdem auch für ältere Fantasy-Leserinnen interessant ist.

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Veröffentlicht am 17.09.2020

Eine starke Frau kämpft für ihre Unabhängigkeit

Die sieben oder acht Leben der Stella Fortuna
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Stella wächst in einem winzigen Ort in Kalabrien auf, ohne ihren Vater, nur mit ihrer Schwester, ihrem Bruder und ihrer Mutter. Es ist kein leichtes Leben, aber immer wieder beweist sie ihren unermüdlichen ...

Stella wächst in einem winzigen Ort in Kalabrien auf, ohne ihren Vater, nur mit ihrer Schwester, ihrem Bruder und ihrer Mutter. Es ist kein leichtes Leben, aber immer wieder beweist sie ihren unermüdlichen Überlebenswillen. Als die Familie nach Amerika auswandert, um ihrem Vater zu folgen, braucht sie viel Stärke, um sich gegen die Tyrannei ihrer Familie und ihres Vaters aufzulehnen. Ein Roman über Auswanderung, italienische Familien und den Kampf für die Unabhängigkeit.

Dieses Buch hat mich so unfassbar wütend gemacht. Ich hätte nicht gedacht, dass es mich so mitnehmen würde. Doch nun muss ich mit dieser Wut und der Niedergeschlagenheit fertig werden, die Stellas Lebensgeschichte in mir zurückgelassen hat.
Versteht mich nicht falsch, es war kein schlechtes Buch. Ganz im Gegenteil, tatsächlich war es ein spannender Roman, mit vielfältigen Charakteren und lebendigem angenehmen Schreibstil. Ich glaube, es war wichtig, dass diese Geschichte aufgeschrieben wurde. Mit all dem Leid, das sich darin verbarg.

Wäre ich zu einer anderen Zeit geboren worden, hätte ich womöglich Stellas Schicksal geteilt und wäre in ähnlichen Familien- und Machtstrukturen gefangen gewesen. Es hat mich tief bewegt und fassungslos gemacht. Vielleicht wäre die Geschichte ein wenig erträglicher gewesen, wenn sich nicht jeder einzelne männliche Charakter wie ein Arschloch verhalten hätte. Und wenn auch ihre Schwester, Mutter oder Freundinnen ihr wenigstens einmal zugehört hätten.

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Veröffentlicht am 23.05.2021

Wenn eine KI die Welt übernimmt

Neon Birds
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„Neon Birds“ ist der Auftakt einer Sci-Fi-Reihe, die definitiv weiter verfolgen werde. Wie immer bin ich etwas spät bei Hype-Büchern wie diesen und oft bin ich auch nicht so begeistert - aber dieses Buch ...

„Neon Birds“ ist der Auftakt einer Sci-Fi-Reihe, die definitiv weiter verfolgen werde. Wie immer bin ich etwas spät bei Hype-Büchern wie diesen und oft bin ich auch nicht so begeistert - aber dieses Buch kann ich weiterempfehlen.

Was ich mochte:
▪️die Welt und das System dahinter mit der künstlichen Intelligenz KAMI
▪️Immer wieder gibt es zwischendurch wissenschaftliche Dokumente, Gesprächsverläufe und graphisch aufbereite Zusatzinfos - das hat es für mich sehr authentisch gemacht
▪️super spannende Handlung
▪️die Vieltfalt der Charaktere und dass auch psychische Probleme thematisiert werden

Was mich gestört hat:
▪️das Alter der Charaktere fand ich unpassend in Bezug auf ihre angebliche Lebenserfahrung und Militärpositionen
▪️einige Dialoge fand ich etwas flach und auch der Schreibstil ist eher einfach (aber bei dem Genre bin ich da nicht so wählerisch)
▪️das Ende - das war mir zu krass für einen ersten Band

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Veröffentlicht am 19.12.2020

Wahnsinn und Hass

The Grace Year
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Niemand spricht über die schrecklichen Dinge, die während des Gnadenjahres geschehen. Mädchen verschwinden. Mädchen sterben. Niemand kommt zurück, ohne vom Unaussprechlichen gezeichnet zu sein. Und dennoch ...

Niemand spricht über die schrecklichen Dinge, die während des Gnadenjahres geschehen. Mädchen verschwinden. Mädchen sterben. Niemand kommt zurück, ohne vom Unaussprechlichen gezeichnet zu sein. Und dennoch werden sie wie Puppen aufgehübscht, wenn die Frauen in die Wildnis müssen. Tierney scheint in dieser Welt die Einzige zu sein, die erkennt, was eigentlich vor sich geht. Doch auch sie ist zwischen Menschenhändlern und dem Hass der anderen Frauen gefangen. Dieser ständige Überlebenskampf treibt die Handlung voran, bis ich beinahe selbst geglaubt habe, dass nichts und niemand sie mehr retten kann. Was würdest du tun, wenn sich alle um dich herum geblendet von Lügen, Aberglaube und Wahnsinn gegeneinander wenden? Wenn du selbst nicht mehr weißt, wem du vertrauen kannst?
The Grace Year war wie ein Fiebertraum, durch den ich wie in Trance gestolpert bin, ohne zu wissen, was eigentlich vor sich ging.

Die Autorin schreibt lebendig und aufwühlend. Sie bedient sich auch einiger Horror‑Elemente, die für eine alptraumhafte Atmosphäre sorgen. Augen in der Dunkelheit, seltsame Geräusche aus dem Wald, Dinge verschwinden auf unerklärliche Weise und tauchen woanders wieder auf. Die große Erklärung des ganzen Irrsins empfand ich schlussendlich als profan. Genau das, was ich bereits sehr lange vermutet hatte und was mich daher nicht überraschen konnte. Auch hier habe ich mich gefragt, wie es jahrelang verborgen bleiben konnte, wenn es doch für mich so offensichtlich ist. Doch der Weg dorthin ist unglaublich spannend beschrieben.

Mit jeder Seite lernte ich die Frauen mehr zu hassen, die Tierney an den Rand des Todes trieben. Bis zum erlösenden Ende gelang es mir nicht, diese Sympathie wieder aufzubringen. Umso schwieriger fiel es mir daher, die Motivation der Protagonistin zu verstehen. Ihren Helfer‑Komplex, der mir bis zum Schluss unverständlich bleibt. Sie müssen es wissen, sie müssen die Wahrheit erfahren, sagt sie. Dabei haben sie doch noch nie zugehört. Vielleicht bin ich selbst auch zu zynisch, zu pessimistisch und zu nachtragend, um zu verzeihen.
Tatsächlich hat mich am meisten die Unwissenheit und Naivität der anderen weiblichen Charaktere gestört. Wer zusieht, wie andere leiden, ist nicht von Schuld befreit. Bis zum Schluss hat keiner das Bedürfnis, sich wenigstens zu entschuldigen. Lieber schweigen sie. Schweigen, das scheinbar toleriert wird. Außerdem war mir die Antagonistin zu flach und stereotyp. Ähnlich der Schulhof‑Mobberin, die sich selbst größer macht, indem sie andere unterdrückt. Auch Tierney handelt nicht so, wie ich es von ihr erwarten würde. Als Einzige hat sie gelernt, sich im Wald zurechtzufinden und auch zu angeln. Sie kann Seile knüpfen und Fallen bauen. Und dennoch verhungert sie beinahe.

Das Ende ist dann leider unbefriedigend, wenn auch trotzdem passend gewählt. Eines dieser Enden, die ich mögen sollte, weil sie voller versteckter Bedeutungen sind und mich zu Tränen rühren. Doch wegen denen ich aus dem gleichen Grund nach einer Fortsetzung verlange.
Schlussendlich ist Tierney nicht in der Lage, sich selbst zu helfen. Es sind die Männer, die sie immer wieder retten und auf deren Gnade sie angewiesen ist. Ich glaube, das ist es, was mich so sehr betrübt.

Das Buch selbst steckt jedoch trotz der Hoffnungslosigkeit voller kleiner Wunder, voller Liebe und Freundschaft. Was wir nur erreichen könnten, wenn wir anstatt gegeneinander doch einfach zusammen arbeiten würden?

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Veröffentlicht am 19.12.2020

Zu jung für diese Welt

Legend (Band 1) - Fallender Himmel
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„Legend“ reiht sich nahtlos zwischen den YA‑Dystopien der letzten Jahre ein, findet seinen Platz zwischen „Hungerspiele“, „Die Rebellion der Maddie“, „Die Bestimmung“ oder „Die Auswahl“. Wer nach einem ...

„Legend“ reiht sich nahtlos zwischen den YA‑Dystopien der letzten Jahre ein, findet seinen Platz zwischen „Hungerspiele“, „Die Rebellion der Maddie“, „Die Bestimmung“ oder „Die Auswahl“. Wer nach einem Buch mit ähnlichem Setting sucht, wird mit Legend gut unterhalten, auch wenn das Buch nicht aus der Masse heraussticht. Die Handlung erschien mir zum Ende etwas zu überhastet, zu simpel konstruiert. Auch die Beziehung der beiden Protagonisten hätte für meinen Geschmack durchaus etwas glaubhafter dargestellt werden können. Aber insgesamt liest sich das Buch sehr flüssig und angenehm. Marie Lu hat einige Wendungen eingebaut, die mich überraschen konnten.

June und Day leben in einer hochmodernen Welt, stehen sich jedoch als Gegner gegenüber. Sie wurde vom System bevorzugt, er nur ausgenutzt und misshandelt. Die Handlung erinnert etwas an Romeo und Julia, denn wie soll es anders kommen, hier werden Feinde zu Liebenden. Zeitweise war das gut umgesetzt, an anderen Stellen nahmen die Dialoge eher kitschige Züge an.
Die Gesellschaft, in der die Protagonisten aufwachsen, ist ungerecht und gestört. Mitleid ist hier ein Fremdwort. Immer wieder werden Stadtteile von Seuchen befallen, doch Impfstoff und Medikamente kann sich nicht jeder leisten. Ein diktatorischer Elektor regiert und lässt Aufstände oder Demonstrationen mit Gewalt niederschlagen. Selbst kleine Kinder werden totgeprügelt und Hinrichtungen sind wie Reality TV. Wer sich gegen die Obrigkeit wendet, stirbt. Auf die eine oder andere qualvolle Weise. Sehr interessant fand ich die vielen Verwicklungen und Verschwörungen, die im Hintergrund dieses Systems abliefen und die nach und nach ans Licht kommen. Insbesondere vor dem Hintergrund der derzeitigen Pandemie, wobei man natürlich nie vergessen sollte, dass das Buch nur Fiktion ist.

Größter Kritikpunkt meinerseits ist jedoch das unpassende Verhältnis vom Alter der Protagonisten und deren Rolle in der Geschichte. June und Day sind beide erst 15, übernehmen jedoch die Aufgaben und die Verantwortung von Erwachsenen. Erklärt wird dies durch ihre besonderen Begabungen. Dich mir erscheint es dennoch unlogisch, dass einer so jungen Frau die Verantwortung für Militär‑Missionen übertragen wird oder dass ein einzelner Junge Militärstützpunkte sabotieren kann.
Ich hatte das Gefühl, dass mit zunehmender Spannung und Ereignisdichte etwas an Tiefe verloren ging. Konnte mich am Anfang noch überzeugen, wie die Atmosphäre und die Welt beschrieben werden, hasteten June und Day so sehr voran, dass mir dieser Aspekt am Ende zu kurz kam. Gleichzeitig erschienen mir die letzten Ereignisse zu einfach, fast schon enttäuschend einfach. Probleme werden mit Leichtigkeit beseitigt. Junes Strategien gehen auf. Hilfe kommt fast immer genau dann, wenn sie auch erwartet wird. Nun, es ist ein Jugendbuch und ich schätze, ich bin wohl einfach schon zu viel Tragik von anderen Büchern gewöhnt, dass mich ein beinahe Happy End wie dieses nicht mehr zufriedenstellt. Insbesondere, wie die Beziehung zwischen Day und June dargestellt wird, war mir doch etwas zu übertrieben romantisch. Ich glaube durchaus an Insta‑Love, aber trotzdem konnte ich die Anziehungskraft zwischen ihnen nicht immer nachvollziehen.

Von allen Charakteren habe ich June besonders ins Herz geschlossen. Ihre abgeklärte, berechnende Art fand ich sehr erfrischend. Ich mochte, wie sie sich innerhalb des Buches entwickelt hat, ich konnte ihren inneren Kampf sehr gut nachempfinden. Leider stirbt zu Anfang bereits ein Charakter, den ich sehr interessant fand. Alle anderen, inklusive Day wirkten auf mich noch etwas unnahbar ‑ aber es gibt ja noch zwei weitere Bände, in denen die Autorin ihnen mehr Tiefe geben kann. Positiv hervorheben möchte ich auch, dass die Protagonisten beide nicht‑weiß sind. Day hat mongolische und June indische Vorfahren.

Insgesamt ein solider Einstieg mit kleineren Kritikpunkten.

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