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Veröffentlicht am 20.06.2021

Erntezeit

Vom Ende eines Sommers
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Mit vierzehn steht Edie Mather an der Grenze zur Erwachsenen. Sie lebt im ländlichen England des Jahres 1933 mit ihrer Familie auf einem Pachthof. Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Leben nicht leichter ...

Mit vierzehn steht Edie Mather an der Grenze zur Erwachsenen. Sie lebt im ländlichen England des Jahres 1933 mit ihrer Familie auf einem Pachthof. Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Leben nicht leichter und der Ertrag aus der Ernte immer geringer. Schon ist ein Hof in der Gegend verlassen, weil der Pächter seine Schulden nicht mehr begleichen konnte. In diesem Sommer kommt die Städterin Connie FitzAllen, um über das Landleben zu berichten. Sie will das Althergebrachte erhalten. Die Leute im Dorf sind dazu geteilter Meinung, die einen stehen Veränderungen als Notwendigkeit offen gegenüber, die anderen liegen eher auf Connies Linie.

Edie war schon immer ein Mädchen mit viel Phantasie. Seit ihre Schwester verheiratet ist und nicht mehr daheim wohnt fühlt Edie sich einsam. Unter den anderen Schulmädchen hat sie keine Freundin. Zwar interessiert sich ein Nachbarsohn für sie, aber das ist wohl noch nicht Edies Ding. Da kommt Connie, die Edie wie eine gleichaltrige Freundin behandelt, gerade richtig. Edie blüht förmlich auf, wenn sie Connie ihr Land zeigen kann und vom Leben hier erzählt. Das karge, aber auch schöne Leben, gerade jetzt im Sommer, die Ernte. Doch Edie bekommt auch die finanziellen Sorgen der Eltern mit. Sollte sie irgendwo in Stellung gehen?

Die Stimmung der Naturbilder, das beschwerliche, aber auch zufrieden stellende entschleunigte Landleben ist in diesem Roman so gut eingefangen, dass man die Sommerwärme zu spüren meint, den Duft des Getreides zu erhaschen scheint. Schwieriger zu greifen Edies Persönlichkeit, die wohl eher aus Sicht der 1930 etwas absonderlich erscheint. Connie dagegen könnte einen mit ihrer zugewandten, freundlichen Art täuschen, wenn sie nicht einige diskriminierende Äußerungen tätigte, mit denen sie sich entlarvt. Ein englisches Sittengemälde der ländlichen 1930er, in dem die Umbrüche der Zeit deutlich werden, aber auch die Rückwärtsgewandtheit, die damals noch herrschte. Doch verliert sich der Roman auch etwas, da die schönen Naturbilder nicht jede Wendung auffangen können, die für den Leser unnachvollziehbar bleibt. Dass Connies und Ihrer Kameraden krude Ideen in England letztlich nicht verfangen haben, hat sich für das Land als Glück erwiesen. Es sollte eine Warnung, eine Mahnung sein und auch eine Hoffnung. Auch wenn man den Eindruck bekommt, dem Roman fehle es ein wenig an echtem Geschehen, so ist der Ton der 1930er doch bestens getroffen.

Veröffentlicht am 11.06.2021

Art Crime

Caravaggios Schatten
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Nach einem Ehemaligentreffen besucht der Kunstdetektiv Rupert von Schleewitz seinen alten Freund Alban in Potsdam. Gemeinsam besuchen sie eine Gemäldegalerie, wo Alban unvermittelt auf eines der Kunstwerke ...

Nach einem Ehemaligentreffen besucht der Kunstdetektiv Rupert von Schleewitz seinen alten Freund Alban in Potsdam. Gemeinsam besuchen sie eine Gemäldegalerie, wo Alban unvermittelt auf eines der Kunstwerke einsticht. Entsetzen, doch Rupert kann die Polizei überzeugen, dass er nichts damit zu tun hat. Als das Gemälde von Caravaggio zur Restauration gebracht werden soll, wird es schon auf dem Weg dorthin gestohlen. Neben der Polizei ermittelt auch Rupert von Schleewitz. Mit Hilfe eines Mäzens kann er jedoch einen anderen Ansatz währen. Er lässt verbreiten, es bestehe die Möglichkeit das Gemälde auszulösen. Und schon bald gibt es eine ungewöhnliche Kontaktaufnahme.

Im zweiten Fall für die Kunstdetektei von Schleewitz geht es um ein Bild „Der ungläubige Thomas“ von Michelangelo Merisi da Caravaggio. Rupert von Schleewitz und seine beiden Mitstreiter Klara und Max machen sich bald an die Arbeit. Haben die beiden Vorfälle, die Beschädigung und der Raub, etwas miteinander zu tun? Leider gibt Alban Posselt keinerlei Auskunft, die Detektive sind also auf ihre eigenen Spürnasen angewiesen. Sie beschäftigen sich eingehend mit dem Bild, dessen Spur auch in Ruperts Vergangenheit zu führen scheint. Gleichzeitig versuchen sie mit den Räubern Kontakt aufzunehmen, um das große Kunstwerk möglichst wiederzubeschaffen.

Zwar weist dieser Kriminalroman im Kunstmilieu kleine Schwächen auf, aber dennoch weckt er zum einen Interesse an einem herausragenden Künstler mit seinen aufwühlenden Bildern und zum anderen bietet er auch spannende Handlungsansätze. Die mögliche Verknüpfung zu von Schleewitz’ Vergangenheit lädt einem beim Lesen zum Miträtseln ein, man versucht selbst zu entschlüsseln, welche spektakulären Hintergründe es geben könnte. Wahrscheinlich schießt die Phantasie auch mal übers Ziel hinaus. So hat man sich wohlmöglich selbst ein Bein gestellt, wenn einen eine Entwicklung vielleicht etwas flach vorkommt. Was aber sehr glaubwürdig und fesselnd ist, wie das Betrachten dieses dramatischen Bildes unerwartete Reaktionen auslöst. Auch wenn der Chef sich etwas mehr öffnen könnte, so wirkt hier ein sympathisches Team zusammen, das den Lesern sicherlich noch einiges über Kunst beibringen kann.

Veröffentlicht am 10.06.2021

Vier Freunde

Der Donnerstagsmordclub (Die Mordclub-Serie 1)
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Sie sind vier Freunde, die offen sind für Neues, fast zwangsläufig, könnte man sagen, denn sie leben in einer vornehmen Seniorensiedlung. Jeden Donnerstag treffen sie sich, um über alte ungelöste Fälle ...

Sie sind vier Freunde, die offen sind für Neues, fast zwangsläufig, könnte man sagen, denn sie leben in einer vornehmen Seniorensiedlung. Jeden Donnerstag treffen sie sich, um über alte ungelöste Fälle der ehemaligen Polizistin Penny zu diskutieren. Leider kann Penny selbst nicht mehr an den Treffen teilnehmen, da sie ins Pflegeheim umziehen musste. Dafür wurde Joyce, die früher als Krankenschwester gearbeitet hat, eingeladen. Da wird ganz in der Nähe ein Bauunternehmer tot aufgefunden und mit einem Mal haben die Vier einen echten Fall. Wobei die aktive Polizei nicht ganz so begeistert über die Einmischung ist, sich aber irgendwie nicht gegen die Hilfe der wackeren Hobby-Detektive behaupten kann.

In Ihrem ersten Fall erweisen sich die Donnerstagsermittler als gewitzt und als sympathische Hilfe für PC Donna de Freitas. Zwei ältere Damen, zwei ältere Herren, die in ihrem Leben einiges erlebt haben. Man sollte also nicht meinen, dass das Leben mit Pensionsbeginn einfach aufhört. Ein wenig haben sie es selbst in der Hand und diese Vier machen das Beste daraus. Als Team ergänzen sie sich bestens. Ron, ehemaliger Gewerkschafter, Elizabeth, mit mysteriöser Vergangenheit. Ibrahim, ehemaliger Psychiater und Joyce, die Neue. Welche Aufregung in ihrem Leben, ein echter Fall. Nun können sie zeigen, was sie drauf haben.

Wie schön zu lesen, dass ältere Menschen mit wachem Geist am Leben teilnehmen. Diese gehobene Siedlung für Ruheständler mit Fitness, Gesundheits- und Wellness, mit Sprach- und Diskussionsrunden ist schon etwas Besonderes. Dazu die redlichen Beamten Donna und Chris, die schnell begreifen, dass sie den Alten durchaus vertrauen können. Eine tolle Idee, die neugierig macht, auch wenn im Nachhinein der Funke nicht vollständig überspringt. Zu behäbig wirkt das Ganze manchmal. Als wären die älteren Herrschaften doch vom Leben abgehängt und mit einem depressiven Zug im Gesicht und Herz. Sehr schön dagegen, wie die vier liebenswerten Ermittler aktiv bleiben und gewiefte Methoden entwickeln, die sie sowohl der Lösung des Falles näher bringen als auch ihre Weltzugewandheit erhalten. Akribisch und hartnäckig bohren sie, bis sämtliche Rätsel gelöst sind und sie sich auch den nächsten Donnerstag freuen können.

Veröffentlicht am 27.05.2021

Segelcamp

Mörderisches Ufer
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Kommissar Thomas Andreasson ist zur Polizei zurückgekehrt. Seine Frau Pernilla hat einen verantwortungsvolle Position übernommen. Die Konstellation tut ihrer Ehe nicht nur gut. Als aus einen Sommercamp, ...

Kommissar Thomas Andreasson ist zur Polizei zurückgekehrt. Seine Frau Pernilla hat einen verantwortungsvolle Position übernommen. Die Konstellation tut ihrer Ehe nicht nur gut. Als aus einen Sommercamp, in dem die Kinder segeln lernen sollen, ein Kind verschwindet, muss Thomas sich auf seinen Job konzentrieren. Gerade bei solch einem Fall denkt er auch immer an seine eigene Tochter. Die Staatsanwältin Nora und gute Freundin von Thomas bereitet sich auf einen Prozess vor, durch den sie auf eine Beförderung hoffen darf. Doch es läuft nicht so wie es eigentlich sicher geglaubt schien. Auch privat ist Nora angespannt, denn Jonas musste kurzfristig für einen Kollegen einspringen. So kurz vor der Hochzeit keine gute Idee.

In diesem achten Band der Reihe um Thomas Andreasson läuft es privat nicht so rund. Thomas hinterfragt seine Ehe, seine Frau scheint nur noch für die Arbeit zu leben. Und auch Nora ist etwas frustriert, so kurz vor der Hochzeit sollte Jonas nicht als Pilot durch die Welt jetten. Sie befürchtet wirklich, er könne es nicht schaffen, pünktlich zurück zu sein. Doch auch die jeweiligen Fälle, die Nora und Thomas beschäftigen, erweisen sich als brisant. Wieso ändert ein wichtiger Zeuge plötzlich seine Aussage? Und was ist in diesem Ferienlager los, dass kurz nacheinander zwei Kinder verschwinden?

Wollte man nach dem vorherigen Band der Reihe, den man gelesen hat, nicht wieder eine so lange Pause einlegen und hat dies auch geschafft, ist man doch diesem Roman nicht ganz so zufrieden. Vielleicht liegt es auch daran, dass man die Verfilmung dieses Romans gesehen hat und somit mitunter der Gedanke aufkommt, das kenn ich schon. Etwas, was jeder selbst entscheiden muss, doch diese Leserin liest lieber erst und schaut dann. Was auch nicht so ihr Fall ist, wenn die Protagonisten im Privatleben allzu viel auszustehen haben, aber auch das ist Geschmacksache. Hat man sich damit arrangiert, ist der Fall schließlich spannend und sehr geschickt aufgebaut. Viveca Sten versteht es einfach, ihre Leser zu packen.

Veröffentlicht am 26.05.2021

Das Duell

Der Abstinent
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James O’Connor wurde von Dublin nach Manchester geschickt, um unter den irischen Untergrundkämpfern zu ermitteln. Im November 1867 werden drei der Fenians hingerichtet, obwohl O’Connor davor gewarnt hat. ...

James O’Connor wurde von Dublin nach Manchester geschickt, um unter den irischen Untergrundkämpfern zu ermitteln. Im November 1867 werden drei der Fenians hingerichtet, obwohl O’Connor davor gewarnt hat. Die Toten könnten zu Märtyrern werden und die Fenians könnten Rache nehmen. Schon bald darauf verbreitet sich die Nachricht, ein Amerikaner namens Doyle sei in Manchester aufgetaucht, um die Sache der Iren zu unterstützen. O’Connor, eigentlich ein ehrenhafter Polizist gerät auf eine gewisse Art zwischen die Fronten. Er arbeitet zwar für die englische Polizei, ist aber doch ein irischer Fremdkörper auf der Wache geblieben.

O’Connors schwache Position wächst sich zu einer Gefahr für ihn selbst aus. Zwar hat er es geschafft einige Spitzel unter den Iren zu rekrutieren, aber ob ihre Informationen immer hilfreich sind, ist manchmal fraglich. Kurz nach der Hinrichtung fliegen seine Informanten jedoch auf und werden selbst getötet. Etwas hilflos muss James O’Connor nun die Entwicklungen abwarten. Wobei die Ankunft des Amerikaners nichts Gutes verheißt. Als ebenfalls aus Amerika der Neffe O’Connors anreist, bietet sich möglicherweise eine Chance. Zunächst ist O’Connor strikt dagegen, seinen Neffen Michael Sullivan einzusetzen. Aber was sonst kann getan werden?

Mit prägnanten, klar umrissenen Worten versteht es der Autor ein Bild von der Situation der Iren Mitte des 19. Jahrhunderts zu zeichnen. Gleichzeitig schildert er die Auseinandersetzung der beiden Hauptpersonen O’Connor und Doyle. O’Connor, der Polizist, scheint dabei für das Gute zu stehen, während Doyle als ehemaliger Soldat und gnadenloser Kämpfer, noch nicht einmal ein Vorbild für eine verständliche Rebellion sein kann. Die beiden Kontrahenten werden nicht nachlassen. Während die zweite Hälfte des Romans eine überraschende Wendung nimmt, die mitunter wie ein Abweichen vom Thema wirken kann, bietet die erste Hälfte eine fesselnde Beschreibung der erbitterten Feindschaft zwischen Engländern und Iren. Man kann sich hinein fühlen in diesen O’Connor, der nach einem privaten Verlust in diese Position gesteckt wurde, in der er nirgends richtig hingehört. Auch wenn man sich zunächst etwas an die Ausdrucksweise des Autors gewöhnen muss, so beginnt man nach einiger Zeit die kargen Beschreibungen als gerade phantasieanregend zu genießen.