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Veröffentlicht am 28.06.2021

Selbstfindung statt verbotener Liebe

A Different Blue
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„A Different Blue“ ist ein Remake von „Für immer Blue“, geschrieben von Amy Harmon und nun im LYX-Verlag neu aufgelegt. Entgegen der ähnlichen Covergestaltung gehört es nicht zu einer Reihe mit „Making ...

„A Different Blue“ ist ein Remake von „Für immer Blue“, geschrieben von Amy Harmon und nun im LYX-Verlag neu aufgelegt. Entgegen der ähnlichen Covergestaltung gehört es nicht zu einer Reihe mit „Making Faces“ und „Infinity Plus One“, sondern jedes Buch ist ein Einzelband – eine angenehme Abwechslung im herrschenden Reihen-Wahn.

Protagonistin ist Blue Echohawk, vielleicht 19 Jahre alt, vielleicht auch nicht. Sie weiß nicht, wer ihre Eltern sind oder wo sie herkommt und gehört auch an der Schule nirgendwo dazu. Als ihr neuer Geschichtslehrer Darcy Wilson als Erster wirklich Interesse an ihr zeigt, beginnt Blue ihr Leben zu überdenken – und Gefühle für Darcy zu entwickeln.

Bezüglich des Inhalts direkt ein wichtiger Hinweis: Anders, als der Klappentext und das Marketing suggerieren, handelt es sich hier nicht um eine verbotene Liebesbeziehung zwischen einem Lehrer und seiner Schülerin. Es steht ganz klar Blues Selbstfindung, die Suche nach ihrer Vergangenheit und ihr Neuanfang im Mittelpunkt. Das Buch selbst hat auch einfach mehr verdient. Es braucht diesen dramatischen Aufhänger gar nicht. Auch wenn ich nach der Korrektur meiner Erwartungshaltung sehr zufrieden mit dem Buch war, könnte das die einen oder anderen Leser:innen enttäuschen.

Auf dem Cover gefällt mir die Mischung der Schriftarten sehr gut: groß, scharfkantig und klar das „BLUE“ und im Gegensatz dazu verspielt und einer Handschrift gleich „a different“. Die Farbgebung des Covers ist nicht nur wunderschön, sondern passt mit ihren vielen verschiedenen Blautönen auch exzellent zum Buchtitel und damit auch zur Protagonistin. Ich liebe es, wenn dieser perfekte Dreiklang aus Inhalt, Titel und Cover entsteht – ein großer Zusammenhang, nichts ist beliebig – da kriege ich direkt eine leichte Gänsehaut.

Amy Harmons Schreibstil fand ich ebenfalls gelungen. Zunächst war ich überrascht über den Prolog, der 1993 angesiedelt ist. Hier fühlte ich mich plötzlich wie in einem Krimi, was mich kurz verwunderte, aber danach direkt unglaublich gefesselt hat. Auf diesen Seiten schreibt die Autorin gradlinig und klar ohne schreckliche Dinge hinter schönen Worten zu verschleiern. Mit dem Sprung ins Jahr 2010 ändert sich dann auch der Schreibstil. Amy Harmon schreibt ausschließlich aus der Perspektive von Blue, was dazu führt, dass man sich gut in sie hineinversetzen kann. Ein Unterton von Melancholie, vor allem begleitend zu Blues Lebenssituation und ihrer Vergangenheit, schwingt immer mit, aber zwischendurch blitzt auch ein bisschen Humor durch. Blues rebellisches Verhalten gegenüber Darcy bringt mich zum Schmunzeln, auch wenn klar ist, dass es ein Verteidigungsmechanismus ist. Doch auch Blues Gedanken über ihre Mitschüler:innen lockern die düstere Stimmung etwas auf. Blue tut alles, um sich und ihre Gefühle vor der Welt zu verschließen. Lehrkräfte und Mitschülerinnen sollen ihr möglichst vom Leib bleiben. Sie baut keine Bindungen oder Freundschaften auf, sondern will mehr für sich bleiben. Ich habe großes Mitleid mit Blue. Vermutlich fällt es mir deswegen auch schwer, ihr unhöfliches Benehmen gegenüber Darcy zu rügen. Es ist unmöglich, zu vergessen, was man im Prolog erfahren hat und Blues Unwissen drückt mir als Leserin noch zusätzlich auf den Magen. Amy Harmon erzeugt auf wenigen Seiten direkt ein emotionales Minenfeld, das ich mit angehaltenem Atem durchquere und nur bei einigen kurzen Szenen Luft holen kann.

Darcy brennt für seinen Beruf und ist noch sehr jung. Er bringt noch einen unerschütterlichen Idealismus mit und will die Schüler:innen begeistern, aus einer Lethargie rütteln und wirklich etwas verändern. Die Resignation einiger älterer Lehrer:innen ist bei ihm noch weit entfernt. Dabei ist er sehr hartnäckig, was mir sympathisch war. Im weiteren Verlauf der Geschichte bleibt Darcy eher blass, was jedoch vor allem dem Fokus auf Blues Selbstfindung statt auf die Liebesgeschichte geschuldet ist.

Was mich etwas gestört hat, waren die zum Teil sehr großen Zeitsprünge. Wochen und Monate vergehen in wenigen Sätzen. Manche Phasen in Blues Geschichte hätte ich mir ein wenig detailreicher gewünscht. Gejubelt habe ich allerdings über das Ende des Buches: Es ist nicht übertrieben, nicht kitschig, nicht zu perfekt – was ich häufig an anderen Romanen kritisiere. Ich bin zudem froh, dass Amy Harmon nicht mehr Drama als nötig in die Geschichte eingestreut hat.

Zusammenfassend komme ich zu 4 von 5 Sternen. „A Different Blue“ ist eine bewegende Geschichte über ein junges Mädchen, was seine Familie und sich selbst sucht. Ja, es gibt eine Liebesgeschichte, aber diese steht keinesfalls im Vordergrund. Das ist jedoch absolut kein Manko. Ich hätte mir lediglich gewünscht, dass manche Szenen in Blues Leben etwas mehr Details bekommen hätten. Dieses Buch hat erneut meinen Eindruck bestätigt, dass sich Amy Harmon ganz außergewöhnlichen Geschichten widmet. Es sind keine Plots, die man schon zigfach gelesen hat und keine Klischees. Ich freu mich schon darauf, „Making Faces“ noch von meinem SUB zu befreien.

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Veröffentlicht am 19.06.2021

Erstaunliches Interview-Experiment

Was Männer nie gefragt werden
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Fränzi Kühne ist Gründerin, Geschäftsführerin und jüngste Aufsichtsrätin Deutschlands in einem börsennotierten Unternehmen. Doch was wird sie in Interviews gefragt? „Verraten Sie uns, was Sie in Ihrem ...

Fränzi Kühne ist Gründerin, Geschäftsführerin und jüngste Aufsichtsrätin Deutschlands in einem börsennotierten Unternehmen. Doch was wird sie in Interviews gefragt? „Verraten Sie uns, was Sie in Ihrem Koffer haben? Was werden Sie morgen anziehen?“, „Wie viel Zeit haben Sie noch für Ihre Kinder?“ und „Haben Ihre optischen Attribute Ihre Karriere beeinflusst?“. Fragen, die erfolgreichen Männern in Interviews nie gestellt werden. Das nahm Fränzi Kühne nun selbst in die Hand. 22 von 50 angefragten Männer haben einem Interview mit genau solchen Fragen zugestimmt. Über die teils unerwartet tiefgründigen und erstaunlichen Gespräche berichtet sie in diesem Buch, erschienen im Fischerverlag.

„Ein Arzt, ein Koch, ein Priesteranwärter“, so fängt in diesem Fall kein Witz an, sondern die Aufzählung von Fränzi Kühnes Interviewpartnern. Politiker, Unternehmer und Musiker bis hin zu Journalisten bieten ein breites Spektrum an erfolgreichen Berufstätigen aus unterschiedlichen Altersgruppen ab. Diese Bandbreite hat mir sehr gut gefallen, auch wenn die Autorin selbst nicht zögert zum Ende hin den Finger in die „Leerstellen“ ihres Buches zu legen: Alleinerziehende, Geschlechteridentität und Migrationshintergrund sind selbstverständlich wichtige Aspekte, die ebenfalls Einfluss auf die Gleichbehandlung haben. Zum Teil würden diese Analysen aber den Rahmen des Buches sprengen.

Nach ein paar einleitenden Worten, wie es zu der Idee zum Buch kam und wie sie vorgegangen ist, berichtet Fränzi Kühne nacheinander über die konkreten Fragen, die sie gestellt hat und die Antworten, die ihr darauf gegeben wurden. Nicht alle Interviewfragen finden Erwähnung und auch nicht alle Antworten, die gegeben wurden. Es handelt sich nicht um abgedruckte Interviews, wie man sie in Zeitschriften liest. Vielmehr beschreibt die Autorin auch die Gesprächssituationen oder die Körpersprache ihrer Gegenüber. Dies macht sie auf eine sehr feinfühlige Art mit viel Gespür für die Noten zwischen den Zeilen. Außerdem stellt sie die Antworten direkt gegenüber, denn so sind interessante Ähnlichkeiten oder Widersprüche direkt erkennbar. Manchmal bietet sich der direkte Verweis auf Folgefragen an, sodass wirklich eine fließende Erzählung entstehen kann.

Über die einzelnen Kapitel verteilt, stellt Fränzi Kühne ihre Interviewpartner zudem genauer vor. Sie gibt einen kurzen Abriss über deren Werdegang und erläutert bei Bedarf die aktuelle berufliche Tätigkeit. Dies hilft den Leser*innen, die Personen besser kennenzulernen und ihre Antworten in einen Kontext zu setzen. Ich verstehe auch, dass es für den Start vielleicht zu trocken gewesen wäre, die Kurzbiografien alle in einem Einstiegskapitel abzuhandeln. Es über das Buch zu verteilen, hat allerdings das Problem aufgeworfen, dass späte Biografien überhaupt keinen Einfluss mehr darauf hatten, wie ich die Antworten wahrgenommen habe. Auch habe ich die Personen zum Teil durcheinandergeworfen und keine Möglichkeit gehabt, ihre Biografien im Buch gezielt wiederzufinden.

Zusammenfassend komme ich zu 4 von 5 Sternen. Dieses Buch zeigt nochmal ganz klar auf, dass wir bei der Gleichberichtigung von berufstätigen Frauen und Männern noch lange nicht so weit sind, wie wir gerne glauben. Die Fragen haben mich zum Teil schockiert und wirklich wütend gemacht. Fränzi Kühne hat einen wichtigen Beitrag geleistet, um Augen zu öffnen und das in einem Stil, der mir das Gefühl gab, bei den Interviews selbst dabei gewesen zu sein.

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Veröffentlicht am 13.06.2021

Zögerlicher Anfang mit gutem Finale

Fly & Forget
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„Fly & Forget“ ist der erste Band von Nena Tramountanis „Soho-Love“-Trilogie aus dem Penguin-Verlag. Jeder Band erzählt voneinander unabhängig die Liebesgeschichte von einer von drei Studentinnen, die ...

„Fly & Forget“ ist der erste Band von Nena Tramountanis „Soho-Love“-Trilogie aus dem Penguin-Verlag. Jeder Band erzählt voneinander unabhängig die Liebesgeschichte von einer von drei Studentinnen, die in einer WG in London wohnen. Den Auftakt macht Liv, die nach der Trennung von ihrem Freund in die WG einzieht. Als sie ihren einzigen männlichen Mitbewohner trifft, kann sie es nicht fassen: Noah war ihr bester Freund, ihr Seelenverwandter, der sich vor drei Jahren plötzlich von ihr abgewendet hat. Als Rache für ihren Schmerz kommt ihr Auftrag für den Leitartikel für ihre Collegezeitung gerade recht: Wie man einen F**kboy bekehrt – im Selbstversuch. Die notwendige Regel, keine echten Gefühle einzubringen, sollte kein Problem darstellen. Oder doch?

Das Buch ist im Wechsel aus Livs und Noahs Perspektive geschrieben, was mir sehr gut gefallen hat, sind so die Motive der beiden viel besser nachzuvollziehen. Gerade der Zeitpunkt, als vor drei Jahren die Funkstille zwischen ihnen begann, wird auf diese Weise intensiv betrachtet.

Liv habe ich leider als eher konturlos empfunden. Außer ihrer Freude am Journalismus fehlen mir ein paar Persönlichkeitsmerkmale, um einen nachvollziehbaren Charakter in meinem Kopf entstehen zu lassen. Ihre Mitbewohnerinnen waren mir hingegen sehr sympathisch. Zu ihnen hatte ich beinahe einen besseren Draht als zu Liv selbst.

Die erste Hälfte des Romans war für mich zu zögerlich. Es dauert etwas länger, bis die Handlung anläuft und es fehlen ein paar spannende oder überraschende Highlights. Die zweite Hälfte hat mir viel besser gefallen. Wie die Schritte in Livs Plan folgen auch die Begegnungen mit Noah Schlag auf Schlag und das Gefühlchaos nimmt seinen Lauf. Abgesehen von diesem Handlungsstrang werden aber auch die Ereignisse in der Vergangenheit immer mehr aufgelöst. Hier offenbart sich eine sehr emotionale Geschichte, mit der ich so nicht gerechnet habe.

Zusammenfassend komme ich zu 4 von 5 Sternen. Vor allem die zweite Hälfte des Buches hat mich gefesselt und die emotionalen Wendungen mitgenommen. Darüber kann ich den zögerlichen Start schon fast wieder vergessen. Nur Livs Charakter hätte ich mir etwas klarer umrissen gewünscht. Band zwei („Try & Trust“) ist bereits erschienen und Band drei („Play & Pretend“) folgt am 12.07.2021. Ich könnte mir gut vorstellen, hier noch reinzuschauen, weil ich doch neugierig bin, was Livs Mitbewohnerinnen so erleben werden.

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Veröffentlicht am 06.06.2021

Über die Not in der Pflege

I'm a Nurse
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Franziska Böhler, mit Leib und Seele Krankenschwester, berichtet seit einigen Jahren auf Instagram unter anderem über ihren Alltag im Krankenhaus. Der Journalistin, ehemaligen Krankenschwester und Co-Autorin ...

Franziska Böhler, mit Leib und Seele Krankenschwester, berichtet seit einigen Jahren auf Instagram unter anderem über ihren Alltag im Krankenhaus. Der Journalistin, ehemaligen Krankenschwester und Co-Autorin Jarka Kubsova kam die Idee, ein Buch darüber zu schreiben, welches im Heyne Verlag erschienen ist.

Abgesehen von einem Vorwort und einem Plädoyer unterteilt Franziska Böhler ihre Ausführungen in drei Abschnitte - Geburt & Kindheit, Mitten im Leben und Alter & Sterben – und nimmt sich darin jeweils die speziellen Probleme der jeweiligen Lebensstation vor, von der Geburtshilfe zur Geriatrie, von der Hebamme zur Altenpflege. Sie berichtet hierbei viel von ihren eigenen Erlebnissen, privat und vor allem beruflich, aber zitiert auch immer wieder Erfahrungsberichte von Berufskolleg:innen oder Patient:innen. Das gestaltet das Lesen abwechslungsreich und es ist interessant, auch an den Erfahrungen anderer Menschen teilhaben zu können.

Zwei Dinge haben mir entschieden gefehlt: Zum einen, unterschiedliche Perspektiven. Darüber, dass in der Pflege eine untragbare Situation vorliegt, das Schiff schon lange im Sinken begriffen ist, besteht kein Zweifel. Trotzdem hat es Gründe, warum manche Veränderungen und Reformen ins Leben gerufen wurden. Diese werden für mein Empfinden allerdings viel zu wenig betrachtet. Damit hängt auch ganz eng das zweite, mir fehlende Thema zusammen: Lösungen. Für mich ist es zu pauschal, sich über das System der Abrechnung aufzuregen oder Vergangenem nachzutrauern. Es kann nur nach vorne gehen und nicht zurück und ich hätte mir mehr konstruktive Vorschläge dazu gewünscht. Das hat nicht nur eine politische oder eine Verwaltungsebene. Auch für mich ganz persönlich ist die Frage entstanden, was ich als Individuum tun kann.

Genauso verstehe ich aber auch, dass einfach viel Wut und Erschöpfung bei allen Beteiligten vorhanden ist, die es schwer machen, das Problem objektiv zu betrachten. Es ist so facettenreich und besteht aus viel mehr als nur aus einer Reform des Abrechnungssystems.

Auf der anderen Seite muss man sich aber auch klar fragen, was das Buch erreichen willl. Ein paar Tage nach Beendigung bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass Franziska Böhler vor allem eines will: Von den harten Begebenheiten in der Pflege erzählen, die Menschen wachrütteln und ein Bewusstsein für das Problem und die Betroffenen dahinter schaffen – BEVOR man selbst zum Patienten wird. Und das gelingt ihr eindringlich. Die Erlebnisse, die sie schildert, sind so eindrucksvoll und gleichzeitig so belastend. Sie treiben einem die Tränen in den Augen und die Bestürzung ins Gesicht. Wenn mich das Lesen schon so emotional auslaugt, wie geht es dann erst den Menschen, die Tag für Tag solche Dinge erleben?

Zusammenfassend komme ich zu 4 von 5 Sternen. Um Analysen der Probleme in der Pflege sowie Lösungsvorschläge zu bekommen, ist dies einfach nicht die richtige Lektüre. Und das ist vollkommen in Ordnung. Um einen Eindruck zu bekommen, was den Alltag der Pflegekräfte belastet und wie schockierend die blanke Statistik ist, wenn sie auf das echte Leben trifft, ist dieses Buch jedoch genau das Richtige.

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Veröffentlicht am 29.05.2021

Einfühlsame Geschichte, die nichts beschönigt

Inselpfade zum Glück
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„Inselpfade zum Glück“ ist der vierte Band von Susan Mallerys „Blackberry Island“-Reihe, erschienen bei Harper Collins. Der Zusammenhang in einer Reihe ist hier allerdings nur ganz dezent: Die Bücher spielen ...

„Inselpfade zum Glück“ ist der vierte Band von Susan Mallerys „Blackberry Island“-Reihe, erschienen bei Harper Collins. Der Zusammenhang in einer Reihe ist hier allerdings nur ganz dezent: Die Bücher spielen auf derselben Insel, aber Charaktere aus den Vorgängerbänden werden hier in ungefähr zwei Nebensätzen erwähnt. Das ist genug, um die Eingeweihten schmunzeln und in Erinnerungen schwelgen zu lassen, alle anderen würden vermutlich nicht mal merken, dass es sich um eine Reihe handelt, geschweige denn, dass ihnen Wissen fehlt.
Der Roman erzählt die Geschichten von drei Frauen: Kristine, Heather und Sophie. Dies geschieht allerdings nicht hintereinander, sondern parallel. Ihr Leben ist eng miteinander verwoben, denn sie sind Cousinen, die sich gegenseitig mit aller Kraft unterstützen: Kristine will ihre eigene Bäckerei eröffnen, Heather auf eigenen Beinen stehen und die Insel verlassen und Sophie nach dem Brand ihres Unternehmens einen Neuanfang starten.

Da diese Geschichten parallel erzählt werden, ist der Roman im Wechsel aus den Perspektiven der drei Frauen geschrieben. Am Anfang fiel es mir schwer, wenn ich den jeweiligen Namen las, sofort die richtige Person im Kopf zu haben, aber das legte sich schnell.

Vor allem die Schilderungen aus Kristines und Heathers Leben haben mich mitgerissen. Sophie fand ich als Person sehr anstrengend und emotional auch nicht tief genug ausgearbeitet. Es ist klar, wo ihre Probleme liegen, nachempfinden konnte ich ihr Gefühlsleben jedoch nicht. Ganz anders bei Kristine und Heather: In beiden Fällen habe ich mitgefiebert und mitgelitten, sie angefeuert und ihnen nur das Beste gewünscht. Heather ist etwas jünger, als die beiden anderen Frauen, Anfang 20, Kristine und Sophie eher Ende 30. Durch den unterschiedlichen Abschnitt, in dem sie sich in ihrem Leben befinden, haben sie natürlich auch ganz andere Sorgen, die sie beschäftigen. Susan Mallery schafft es jedoch, den Leser*innen Zugang zu allen drei Lebensentwürfen zu verschaffen. Dabei hat die Autorin keine Skrupel, auch hässliche Dinge beim Namen zu nennen. Gerade die unschönen Themen, verletzenden Gespräche und unangenehme Situationen haben mich beim Lesen gefesselt. Susan Mallery greift hier realistische Probleme auf, die ich so noch nicht aus anderen Romanen kenne. Genauso zeigt sie, dass ein klärendes Gespräch alleine häufig nun mal nicht alles lösen kann und mehr Arbeit erforderlich ist. Im Gegensatz zu dem, was viele andere Romane vermitteln, ist dies sehr viel näher an der Realität.

Bis zum Schluss war ich mir nicht sicher, wie Susan Mallery jeden der drei Handlungsstränge enden lassen würde. Ein Happy End schien immer genauso wahrscheinlich wie ein Sad End. Das hat mir sehr gut gefallen und mich dazu gebracht, immer weiter lesen zu wollen. Jede Protagonistin bekommt dann ein Ende, was meiner Meinung nach perfekt zu ihrer Situation passt.

Zusammenfassend komme ich zu 4 von 5 Sternen. Ich war begeistert, wie real sich die Charaktere und ihre Probleme angefühlt haben: als könnten sie sich tatsächlich auf einer Insel in mehreren tausend Kilometern Entfernung so abspielen. Auf einfühlsame Art schildert Susan Mallery ihre Sorgen und beschönigt dabei nichts. Lediglich eine Protagonistin war für mich nicht greifbar und hat dieses Gefühl dadurch immer wieder unterbrochen.

Ich bin und bleibe ein Fan von Blackberry Island und wäre bei jedem eventuell folgenden Band wieder dabei.

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