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Veröffentlicht am 04.04.2021

Die Ruhrpott-Saga endet mit dem besten Teil!

Eine Sehnsucht nach morgen
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Eva Völler lässt die Ruhrpott-Saga zu einem glorreichen Ende kommen. Im dritten Teil der Reihe gibt es neben viel Dramen und Spannungsverläufe auch viel Liebe und Geborgenheit. Die Figuren sind mittlerweile ...

Eva Völler lässt die Ruhrpott-Saga zu einem glorreichen Ende kommen. Im dritten Teil der Reihe gibt es neben viel Dramen und Spannungsverläufe auch viel Liebe und Geborgenheit. Die Figuren sind mittlerweile vertraut und wirken auch abgeschlossener und durchdachter als in den vorigen Bänden. Die Geschichte ist von vorne bis hinten rund. Dieses Mal liegt der Fokus der Handlung mehr auf Bärbel und ihre Liebesgeschichte. Bärbel tritt als starke, selbstbewusste Frau auf, die nicht wie im vorigen Band unbedingt einen Mann braucht, um ihr Leben zu meistern. Sie kommt auch gut allein zurecht und ist damit meine liebste Protagonistin der Reihe.

Inge und Johannes treten deutlich weniger auf als in den anderen Bänden. Dafür haben sie dennoch mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen, die eher nebenbei erwähnt werden. Johannes wirkt in diesem Teil auch deutlich älter und manchmal gar einwenig spießig. Inge hingegen hat etwas an Schwung verloren, was ich schade fand. Gerade da sie mehr über sich und ihre Geschichte erfahren hat, verblasst diese Tatsache doch etwas.

Jacobs großer Auftritt findet auch im dritten Teil seinen Platz. Er ist nicht nur schlau, sondern auch sehr engagiert und schwimmt mit der Zeit. Auf Demonstrationen und mithilfe von Flugblättern versucht er alles, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Dadurch wird die Geschichte aus dem familiären Kosmos etwas hinausgehoben und bietet mehr Hintegrund zu den geschichtlichen Umbrüchen der Zeit. Das hat mir sehr gut gefallen. Jacob erlebt neben waghalsigen Aufmärschen auch die erste Liebe.

Ich mochte diesen Band am allerliebsten von den dreien, da Bärbel und Jacob sehr spannende und vielseitige Charaktere sind, die viel mehr zu bieten hatten. Katharina und Inge ähnelten sich in vielen Punkten doch sehr, sodass die zwei ersten Bände ineinander verschwommen sind. Aber der dritte Band kommt mit einer ganz neuen Handlungsgeschichte, die noch mal alles rumgerissen hat. Das Finale der Saga hat alles etwas aufgewühlt und lässt mich nun etwas traurig zurück, da die Geschichte nun schon ein Ende nimmt. Eva Völler ist mit ihrer Ruhrpott-Saga gewachsen und die Bücher haben eine gute Entwicklung aufgenommen. Schade, dass es nun zu Ende ist.

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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 31.03.2021

Geheimnisvolle Insel mit befreiender Wirkung

Die Roseninsel
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Die Roseninsel ist ein mysteriöser Ort, der zwei ganz besondere Geschichten aufleben lässt. Zum einen lernen wir Liv kennen, die als junge Ärztin in Berlin einen Wendepunkt im Leben gegenübertritt, sodass ...

Die Roseninsel ist ein mysteriöser Ort, der zwei ganz besondere Geschichten aufleben lässt. Zum einen lernen wir Liv kennen, die als junge Ärztin in Berlin einen Wendepunkt im Leben gegenübertritt, sodass sie die Reißleine zieht und kurzer Hand ihre sieben Sachen packt, um auf der Roseninsel allein zu sein. Und genau dort können wir in Magdalenas Leben hineinschauen. Denn auch Magdalena führte es 1890 zur Roseninsel.
Anna Reitner präsentiert in ihrem Buch zwei Geschichten, die auch unabhängig voneinander gut funktioniert hätten. Livs Leben spielt in der Gegenwart und ähnelt einer romantischen Liebesgeschichte an einem wundervollen Ort. Während die Handlung um 1890 einem historischen Abenteuerroman zu entsprechen scheint. Hier erwarte uns Drama, Intrigen, Lügen und ein dunkles Geheimnis. In den Geschichten herrscht ein eigener Erzählstil. Die Gegenwartserzählung ist eher ruhiger und sorgt für ein Wohlfühlgefühl. Während man bei der vergangenen Zeiterzählung mitfiebert und manchmal gar nicht mehr aufhören kann, das Buch aus der Hand zu legen. Ich muss sogar gestehen, dass ich diese Geschichte ein wenig mehr mochte. Dennoch fand ich es interessant, wie Livs Leben dank dem Fund des Tagebuchs ein Sinn verliehen wurde. Manchmal wirkte es jedoch etwas nebensächlich. Die Handlung der Vergangenheit nimmt zwar schon Einfluss auf das Leben von Liv, aber nicht so sehr, wie ich es mir gewünscht hätte. Hier hätte Anna Reitner die Ärztin noch ein wenig mehr Forschungsgeist zuschreiben können, sodass das Auftauchen des Tagebuchs mehr in den Mittelpunkt gerückt werden könnte. Ich denke, dass man es auch bemängeln könnte, dass es sich wirklich wie zwei unabhängige Geschichten lesen könnte. Für mich jedoch war das gerade der Punkt, den ich spannend fand und der mir sehr gefallen hat. So hatte man glatt zwei Geschichten in einem Band!
Magdalena gefiel mir als Figur zum Ende hin sehr gut, als sie präsenter wurde und mehr für sich eingestanden hat. Am Anfang fand ich sie sehr devot, was mir nicht ganz verständlich gewesen ist. Aber vielleicht passt dieses Verhalten auch besser in die Zeit. Dafür war Liv komplett gegensätzlich. Sie ist eine Powerfrau, die für sich selbst eintritt und auch klar die Grenzen ziehen kann. Manchmal hätte sie aber auch mehr sich öffnen können, sodass für den/die Leser*in ihre Gefühle und Beweggründe verständlicher werden könnten. Ich habe viel Potenzial in den Figuren gesehen, die man noch hätte verfeinern können. Aber das ist ebenfalls Meckern auf höchstem Niveau.
Letztlich kann ich sagen, dass der Roman ein Buch für vergnügliche Lesestunden ist. Man kann die Welt für kurze Zeit ausblenden und sich auf die schöne Roseninsel träumen. Zudem existiert die Roseninsel tatsächlich, sodass man mit einer schnellen Suche auch noch Bilder von ihr sehen kann und sich mit der Hilfe des Buches und seiner Fantasie auf den fiktiven Spuren von Liv und Magdalena begeben kann.

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Veröffentlicht am 12.03.2021

Chrstine Drews lässt uns auf eine unglaubliche, empowernde Reise fliegen

Freiflug
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Im Roman „Freiflug“ handelt es sich um eine fiktive Geschichte der realen Pilotin Rita Maiburg, die sich bei der Lufthansa beworben hatte, aber jedoch abgelehnt wurde. Aufbauend auf dieser Geschichte breitet ...

Im Roman „Freiflug“ handelt es sich um eine fiktive Geschichte der realen Pilotin Rita Maiburg, die sich bei der Lufthansa beworben hatte, aber jedoch abgelehnt wurde. Aufbauend auf dieser Geschichte breitet Christine Drews die Geschichte der Anwältin Katharina Berners auf. Die Perspektiven wechseln zwischen Katharinas und Ritas hin und her, wobei es sich nicht um die Sicht einer Ich-Erzählerin handelt. Dennoch erfährt man die Gedanken und Gefühle der Protagonistinnen. Neben dem spannenden Fall bezüglich der Absage dreht sich die Geschichte viel mehr um die Anwältin Katharina. Wir erfahren über ihre Vergangenheit und Gegenwart deutlich mehr als über die Pilotin Rita Maiburg. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass Rita Maiburg eine eher hintergründige Rolle im Roman spielt, auch wenn wir ebenfalls in ihren Alltag eintauchen und diesen kennenlernen. Je weiter der Verlauf der Handlung geht, desto stärker fokussierte sich Drews auf die Anwältin. Ich hatte das Gefühl, dass gerade diese fiktive Figur der Autorin mehr Sicherheit gab, dadurch dass sie hier ihre Fantasie mehr Platz geben konnte, als es bei Rita Maiburg der Fall gewesen wäre. Dennoch war das für mich keineswegs schlecht, da Katharina als Anwältin in den 1970er Jahren reichlich Themen bot, die mich brennend interessierten.

Drews‘ Roman spricht viele Themen bezüglich der Gleichberechtigung von Mann und Frau an. Katharina wird innerhalb der Familie ständig für ihren Beruf und ihr Singledasein kritisiert. Mit 35 Jahren galt sie bereits als alte Jungfer und erst ein Mann würde sie nach ihrer Familie vollständig machen. Hinzukommend produzierte ihr Vater als Waschmittelfabrikant sexistische Werbespots, die er selbst als konservativ bezeichnete. Damit kritisiert der Roman die Geschlechterrollen der 70er Jahre. Wobei im weiteren Verlauf deutlich wird, dass sich innerhalb der Geschichte ein kleiner Wandel in den Köpfen der Menschen vollzieht. Auch die Begründung bezüglich der Ablehnung von Rita Maiburg als Pilotin werden im Roman thematisiert, dabei war die Begründung der Anwälte vor dem Gerichtsprozess folgende: „Zudem ist es Passagieren und Kollegen nicht zumutbar […] mit einer Frau im Cockpit zu fliegen, die ihre Periode hat. In dieser Zeit ist eine Frau nicht fähig, sich zu konzentrieren. Bauch- und Rückenschmerzen beeinträchtigen ihre Leistungsfähigkeit zusätzlich.“ (S. 281-282) Damit werden Ungleichberechtigungen als notwendig argumentiert, was der Roman durchaus kritisiert.

Die Geschichte war in sich stimmig und durchaus interessant. Ich habe die Geschichte in einem Rutsch weggelesen und hätte zu weiteren Seiten nicht nein sagen können. Gerade aufgrund des Schreibstils der Autorin, der einen unverzüglich in seinen Bann gezogen hat. Ich würde zum jetzigen Zeitpunkt den Roman sogar als Jahreshighlight bezeichnen. Auch wenn der erste Eindruck des Buches vermuten lässt, dass Rita Maiburg hauptsächlich thematisiert wird, was für mich eher weniger der Fall war, muss man dennoch sagen, dass es sich lohnt diesen Roman zu lesen. Katharina Berner ist eine vielschichtige Figur, die nicht nur positiv gezeichnet wurde, sondern durchaus ihre Schwächen in mehreren Szenen durchscheinen lässt. Ich würde den Roman definitiv weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 05.08.2021

Gender und Identität

Der Tod des Vivek Oji
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Mir fehlen ein wenig die Worte, um sagen zu können, wie faszinierend Akwaeke Emezi die Geschichte von Vivek Oji aufgebaut hat. Vivek Oji ist anders als die Menschen aus seiner Umgebung. In einer klassischen ...

Mir fehlen ein wenig die Worte, um sagen zu können, wie faszinierend Akwaeke Emezi die Geschichte von Vivek Oji aufgebaut hat. Vivek Oji ist anders als die Menschen aus seiner Umgebung. In einer klassischen Geschlechterrollenstruktur der neunziger Jahre wächst Vivek in Nigeria auf. Das Denken über Geschlechter ist klar geregelt: ein Mann ist ein Mann und eine Frau ist eine Frau. In diesem engen Muster findet Vivek sich nicht zu Recht. Seine Identität lässt sich nicht durch die binäre Geschlechterordnung erklären. Mit diesem Hauptthema baut Emezi nach und nach das Leben von Vivek auf. Dabei beschäftigt der Roman sich mit Fragen zur Identität, der Geschlechterzuweisung und den Formen der Liebe.

Akwaeke Emezi ist ebenfalls non-binär. Die Figur Vivek Oji mit all seinen Gefühlen und Gedanken ist glaubwürdig und realistisch beschrieben. Wobei die Lesenden oftmals von anderen Figuren etwas über Vivek erfahren. Gerade da die Geschichte mit seinem Tod beginnt und dadurch der Vorhang über seine wahre Persönlichkeit nach und nach gelüftet wird. Denn Viveks Mutter Kavita wird fast wahnsinnig, als sie ihr totes Kind vor der Tür findet. In der Suche nach der Wahrheit über den Tod und der wirklichen Persönlichkeit von Vivek Oji erfahren wir in mehreren Rückblenden von unterschiedlichen Personen das Leben der Figur. Die Handlung zieht einen sofort in seinen Bann und lässt die 271 Seiten nur so dahinfliegen. Gerade wenn man sich mit Gender, Identität und eingefahrenen Vorstellungen beschäftigt, bietet der Roman viel Inhalt, um sich und seine Gedanken diesbezüglich weiter zu hinterfragen. Wichtig ist hierbei der Denkanstoß, den der Roman von Emezi liefert und nicht per se die Unterhaltung. Wobei auch diese nicht zu kurz kommt, da die Geschichte sich doch manchmal ähnlich wie ein Krimi liest.

„Der Tod des Vivek Oji“ ist sprachlich ganz großartig. Übersetzt wurde er von Anabelle Assaf, die einen wundervollen deutschen Text liefert. Für Personen, die gerne beim Lesen gefordert werden und sich mit den Themen Gender und Identität beschäftigen möchten, macht mit Akwaeke Emezis Roman nichts falsch.

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Veröffentlicht am 07.07.2021

Tines Abenteuer geht weiter!

Die Insel der Wünsche - Gezeiten des Glücks
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Der zweite Band der „Insel der Wünsche“-Reihe ist turbulent, aufregend und voller Krisen. Dieses Mal begleiten wir Tines Leben in den ersten zwanzig Jahren des 20. Jahrhunderts. Nach dem unerwarteten Ende ...

Der zweite Band der „Insel der Wünsche“-Reihe ist turbulent, aufregend und voller Krisen. Dieses Mal begleiten wir Tines Leben in den ersten zwanzig Jahren des 20. Jahrhunderts. Nach dem unerwarteten Ende vom ersten Band muss Tine sich nun eigenständig um eine gesicherte Existenz auf Helgoland kümmern. Dabei begegnen ihr einige Hindernisse und Probleme, die sie meistern muss. Doch als wäre das alles nicht aufregend genug, verändert sich der Charakter der Insel langsam, und die Zeit, in der sie lebt, wird zunehmend durch militärische Strategien bestimmt.

Im zweiten Band bleibt Anna Jessen ihrem schnellen und zeitüberspringendem Erzählstil treu. Manchmal habe ich mir mehr tiefere und längere Gespräche oder Szenen gewünscht. Oftmals wird einfach erzählt, was geschehen ist, anstatt es zu zeigen. Persönlich mag ich es mehr, die Leben der Figuren mitzuerleben und selbst zu erfahren, was geschah. Doch irgendwie gefiel mir der Stil von Jessen dennoch. Dadurch, dass die Leser*innen eine Zusammenfassung der Ereignisse bekommen, wirkt die Erzählung wie eine Geschichte, die von einem oder einer Bekannten erzählt wurde. Die näher beschriebenen Szenen werden somit hervorgehoben und die Wichtigkeit dieser Momente verdeutlicht. Das ist definitiv eine andere Art der Erzählweise, die ganz erfrischend sein kann. Und gerade da unglaublich viel in diesen 575 Seiten geschieht, ist es doch sinnvoll, die Erlebnisse manchmal nur zu erwähnen.

Die Figuren werden durch den Schreibstil einem nicht ganz vertraut, aber bekannt. Nach und nach lernt man mehr über sie kennen und freut sich, wenn sie öfter in der Geschichte auftauchen. Große Gefühle erwachten trotz der auch intensiven und schrecklichen Szenen nicht wirklich beim Lesen, da eine gewisse Distanz durch die Erzählweise gewahrt wird. Das finde ich etwas schade. Dennoch tut es dem Lesespaß keinen Abbruch und man kann die Geschichte trotzdem sehr gut lesen.

Mir gefiel der zweite Band besser als der erste. Das mag auch daran liegen, dass mir die Figuren und ihre Hintergrundgeschichte vertrauter sind. Einige Punkte fand ich besonders spannend, wie zum Beispiel die Erwähnung von den Prostituierten und wie sie lebten. Das hätte von mir aus viel mehr Platz in der Geschichte haben könnten. Gerade dieser Punkt der Geschichte ist mir noch relativ unbekannt und hatte mich daher interessiert.

Alles in allem ist die Reihe eine gute, solide Erzählung, die Freude beim Lesen bringt und sich gut in einigen Tagen durchlesen lässt. Ich bin gespannt, wie der dritte Teil wird.

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