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Veröffentlicht am 08.07.2021

Kismet

Schicksal
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„Die Dämpfe hüllten sich um ihren Körper wie ein aus der Flasche gelassener Geist, und es schien, als würde sie gleich schmelzen und nur eine kleine Pfütze hinterlassen, die ihre Schwiegermutter triumphierend ...


„Die Dämpfe hüllten sich um ihren Körper wie ein aus der Flasche gelassener Geist, und es schien, als würde sie gleich schmelzen und nur eine kleine Pfütze hinterlassen, die ihre Schwiegermutter triumphierend die Treppe hinunterwischen würde.“
Seit der Lektüre von „Liebesleben“ bin ich ein großer Fan der Autorin Zeruya Shalev. In ihrem Werk thematisiert sie komplizierte Liebesbeziehungen im Staat Israel. Es geht um Narrative,um das kollektive Gedächtnis in Verbindung mit nation-building, um Schuld & Sühne.
„Schicksal“ ist jedoch kein blutleeres Manifest, geschickt verbindet Shalev das Politische mit dem Privaten, indem sie zwei Frauen in das Zentrum des Geschehens stellt: Atara ist verzweifelt, da ihr Sohn das Haus nicht mehr verlässt. Der Elitesoldat ist offenkundig traumatisiert. Auch Ataras große Liebe Alex verhält sich seltsam distanziert. Atara glaubt, dass die Schwierigkeiten in ihrem Leben unmittelbar mit ihrer diffizilen familiären Vergangenheit zusammenhängen, der Gewalttätigkeit ihres Vaters Meno konnte sich Atara nie entziehen. Daher kontaktiert sie Rachel, die erste Frau ihres Vaters. Diese hatte mit dem Patriarchen vor der Staatsgründung gegen die Engländer gekämpft. Die Begegnung mit der Ex-Guerillakämpferin soll jedoch nicht zur Lösung von Ataras Problemen beitragen…

Ataras Problematik erinnert an Ja’aras Konflikte in „Liebesleben“ – Familiengeheimnisse der Vergangenheit beeinflussen mehrere Generationen, prägen die Psyche.
„Schicksal“ ist stilistisch und sprachlich jedoch ausgereifter; es gibt mehrere Ebenen& wechselnde Perspektiven; die Problematik ist komplexer, die Erzählweise der Autorin ist bildgewaltig und kraftvoll. Shalev nimmt sich Zeit, um die Geschichte zu entfalten, daher bleiben Längen nicht aus, und man muss sich als Leser konzentrieren, um alle Nuancen zu erfassen. Mich hat die Erzählung dennoch gefesselt, ich konnte auch mein Wissen erweitern, da mir die zionistische Untergrundorganisation „Lechi“ zuvor unbekannt war. „Schicksal“ ist keine Wohlfühllektüre, Zeruya Shalev lässt vieles offen. Wie im wahren Leben gibt es in diesem Roman keine einfachen Lösungen, dies macht das Buch ganz klar zu einer 5 – Sterne – Lektüre.

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Veröffentlicht am 07.06.2021

Klare Empfehlung

Medical Cuisine
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Dr. Matthias Riedl kennt man von den „Ernährungsdocs“, Johann Lafer ist ein Spitzenkoch. Gemeinsam haben sie ein Kochbuch mit dem Titel „Medical Cuisine“ verfasst. Erschienen ist es im Gräfe ...

Dr. Matthias Riedl kennt man von den „Ernährungsdocs“, Johann Lafer ist ein Spitzenkoch. Gemeinsam haben sie ein Kochbuch mit dem Titel „Medical Cuisine“ verfasst. Erschienen ist es im Gräfe & Unzer Verlag, es kostet 26 Euro. Auf 264 Seiten präsentieren die Autoren auf verständliche (!) Art und Weise ihr geballtes Fachwissen.
Der erste Eindruck ist gut - mir gefällt die Größe & Haptik des Hardcovers. Beim Kochen habe ich oft im Buch geblättert, ich starre nicht gerne auf’s Handy, wenn es um Rezepte geht.
Auch inhaltlich kann „Medical Cuisine“ überzeugen. Ich bin begeistert von der klaren Gliederung. Es gibt einen Theorieteil, einen Rezeptteil, ein Register und ein Impressum („Zum Nachschlagen“). Matthias Riedl ist für die Theorie zuständig. Er beginnt mit einer kleinen Warenkunde, propagiert die Politik der kleinen Schritte und gibt einen Ausblick auf positive Effekte. Hier geht es darum, sein Ernährungsverhalten dauerhaft zu ändern. Es geht nicht um die schnellen Heilsversprechen einer Crash-Diät. Das A und O der gesunden Küche - selbst kochen, das Ersetzen von ungesunde Zutaten mit gesunden Inhaltsstoffen. Das Konzept wird sehr klar definiert – „Keine Verbote“! Das finde ich klasse, ich mag keine schwammigen Definitionen.
Johan Lafer ist für die Rezepte verantwortlich. Jedes Rezept ist mit Nährwertangaben ausgestattet, kleine Symbole bzw. Icons weisen darauf hin, ob das Gericht beispielsweise gut für die Darmgesundheit ist, dies finde ich sehr hilfreich, wenn es darum geht, einen ausgewogenen, gesunden Ernährungsplan zu erstellen. Es sind klassische Rezepte, die ohne exotische Zutaten zubereitet werden können (jeweils in einer fleischhaltigen/fleischlosen oder sogar veganen Variante), doch die Gerichte sind nicht zu simpel, auch die asiatische Küche ist Teil des Buches, es wird keine fade Kost serviert, auch wenn hier die Klassiker (wie etwa Maultaschen) in einer gesunden, „schlanken“ Version im Vordergrund stehen.
Auch die Rezeptstrukturierung ist sehr ansprechend – Salate, Suppen, Vorspeisen. Hauptgerichte. Süßes. Gelungen ist die Gliederung auch hier, es gibt keine unnötigen Fotos der Autoren, die Rezepte stehen im Fokus, ohne affige Hochglanzästhetik werden die Gerichte visualisiert. Die Zutaten wie z.B. Dinkelvollkornmehl sind gesund und schmackhaft, der Genuß kommt nicht zu kurz, dies finde ich wichtig.

Fazit:
Ich liebe dieses Kochbuch! Unter dem Motto „Die ‚artgerechte‘ Alltagsküche“ werden die Erkenntnisse der Autoren auch für Otto Normal umsetzbar. Daher spreche ich gerne eine Empfehlung aus.


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Veröffentlicht am 03.05.2021

Alvas Abenteuer in der School of Talents

School of Talents 1: Erste Stunde: Tierisch laut!
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„School of Talents 1: Erste Stunde: Tierisch laut!“ ist der Auftaktband zu einer neuen Kinderbuchreihe von Silke Schellhammer. Der zweite Band heißt „School of Talents 2: Zweite Stunde: Stromausfall!“ ...

„School of Talents 1: Erste Stunde: Tierisch laut!“ ist der Auftaktband zu einer neuen Kinderbuchreihe von Silke Schellhammer. Der zweite Band heißt „School of Talents 2: Zweite Stunde: Stromausfall!“
Das Cover ist ein „Hingucker“ & macht total Lust auf’s Lesen.
Leser und Leserinnen ab 8 Jahren dürfen gerne zugreifen.

Worum geht’s?

Die kleine Alva ist traurig, weil sie sich in der Schule nicht konzentrieren kann. Ist sie eine schlechte Schülerin? So wirkt es zumindest auf ihr Umfeld.
Alva fühlt sich als Außenseiterin, bis Onkel Thomas sie ins Vertrauen zieht. Er als "Oberspinner der Familie" kann Alva gut verstehen und fragt sie, seit wann sie "Tiere versteht". Da ist Alva baff! Und es gibt sogar eine Schule für besondere Talente! Der vermeintliche Makel ist nämlich eine Gabe…

Ein tolles Buch für kleine und große Leser, mit schönen Illustrationen und einer kindgerechten Sprache. Die Kapitel sind schön kurz, Leseanfänger werden also nicht überfordert, dies finde ich wichtig. Auch die Botschaft der Geschichte ist richtig und wichtig – es gibt keine „Versager“. Man muss für die Lektüre natürlich ein Quentchen Phantasie mitbringen, dann steht dem Lesespass nichts mehr im Wege.
Alva und ihre Mitschüler - Mala kann Wasser beeinflussen, Till sich schrumpfen Jonas ist ein Gestaltwandler, Alva kann Tiere verstehen - erleben im Internat viele Abenteuer, sogar eine Schatzsuche steht an. Die Figuren sind liebevoll gestaltet, die story ist spannend und lustig. Da kommt keine Langeweile auf!

Fazit:
Internatsgeschichten sind im Kinderbuchgenre natürlich nichts Neues, diese story ist trotzdem innovativ, da die Protagonisten so besonders sind. Mit dieser Erzählung wird das Selbstwertgefühl von Kindern gestärkt und die Phantasie angeregt.

Verdiente Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 26.04.2021

Eine runde Sache

Nora Joyce und die Liebe zu den Büchern
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Irland, 1904:
Die zwanzigjährige Nora Barnacle hat es von Galway nach Dublin verschlagen, wo sie als Zimmermädchen in einem Hotel anheuert. Eines Tages begegnet sie James „Jim“ Joyce. Obwohl ...


Irland, 1904:
Die zwanzigjährige Nora Barnacle hat es von Galway nach Dublin verschlagen, wo sie als Zimmermädchen in einem Hotel anheuert. Eines Tages begegnet sie James „Jim“ Joyce. Obwohl Barnacle & Joyce aus verschiedenen sozialen Schichten stammen, verbindet sie sofort eine starke erotische Anziehungskraft. Joyce ist ein unangepasster Künstler, Nora wird zu seiner Muse, er weigert sich zunächst, sie zu heiraten. Die praktisch veranlagte Nora ist lange Zeit die Hauptverdienerin der Familie, sie folgt ihrer großen Liebe James durch ganz Europa. Zu den Stationen gehören Triest, Zürich und Pula; fern der Heimat kämpfen Nora,J ames und ihre Kinder um’s Überleben, als mittelloser Schriftsteller kann der Mann die Familie kaum ernähren, seine Anstellung als Lehrer ist nicht von Dauer. Immer ist es Nora, die einspringt, auch, als James sich dem Alkohol hingibt und sein gesundheitlicher Zustand sich rapide verschlechtert.
Die Durststrecke endet erst, als der berühmte Roman „Ulysses“ publiziert wird. Nora soll als „Molly Bloom“ in die Literaturgeschichte eingehen…

Eine süßlich – kitschige Fleißarbeit (viele Romanbiographien fallen in diese Kategorie) oder eine feministische Abhandlung darf man bei „Nora Joyce und die Liebe zu den Büchern“ nicht erwarten; der Originaltitel “Nora. A Love Story of Nora and James Joyce“ ist viel aussagekräftiger, da eine Amour fou geschildert wird. Wenn es um den körperlichen Aspekt dieser Liebesgeschichte geht, wird dieser sprachlich derb und unverblümt gezeigt.
Auch den Roman „Ulysses“, in welchem ein Tag im Leben des Leopold Bloom (der 16. Juni 1904) geschildert wird, fanden viele Kritiker „vulgär“. Daher denke ich, dass die Autorin Nuala O’Connor ganz bewusst keine blumigen Formulierungen verwendet; ihre Ich-Erzählerin Nora nimmt auch das F-Wort in den Mund. Diese Art der Darstellung ist sicher nicht jedermanns Sache.
Nuala O’Connors biographische Fiktion habe ich sehr gern gelesen, da Fakten auf unterhaltsame Art & Weise präsentiert werden, es gibt auch durchaus poetische Passagen und anrührende Szenen:
„Für Jim bin ich Irland“, sagt Nora.
O’Connors Roman ist in meinen Augen eine runde Sache, sie präsentiert am Ende der Erzählung ein Glossar der irischen Begriffe und räumt ein, manche Details zu „dramaturgischen Zwecken“ verändert zu haben. Auch die Lebenswege von Joyces Nachfahren streift sie im Anhang. Man muss also kein Anglist sein, um dieses Buch zu verstehen, da sich „Nora Joyce und die Liebe zu den Büchern“ nicht an eine rein akademische Leserschaft wendet, dieser Ansatz gefällt mir gut. Man wird „zum Weiterlesen“ animiert und kann nach der Lektüre von „Nora Joyce und die Liebe zu den Büchern“ zu einer kritischen Biographie greifen, wenn man möchte.

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Veröffentlicht am 06.04.2021

O'Connor vs Doyle

Der Abstinent
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„Neun Monate sind inzwischen vergangen, seit er aus Dublin hierher versetzt wurde, und er hat sich an die Sitten seiner englischen Kollegen gewöhnt. Ständig machen sie ihre Witze, sticheln, lassen nichts ...


„Neun Monate sind inzwischen vergangen, seit er aus Dublin hierher versetzt wurde, und er hat sich an die Sitten seiner englischen Kollegen gewöhnt. Ständig machen sie ihre Witze, sticheln, lassen nichts unversucht, um ihn zu provozieren. Oberflächlich sind sie freundlich, aber hinter dem Grinsen und Gelächter spürt er Misstrauen. “

1867, Manchester:
Ein Polizist wird ermordet- es werden drei irische Rebellen hingerichtet, deren Ziel es war, der englischen Fremdherrschaft den Garaus zu machen. Der britisch – irische Konflikt hat spätestens seit der katastrophalen „Great Famine“ seinen Höhepunkt erreicht. Die Briten fürchten die Rache der Fenier. Constable James O’Connor aus Dublin soll als Kenner der Szene Licht in’s Dunkel von Manchester bringen. Seit dem Tod seiner Frau ist er trockener Alkoholiker, doch er ist stark rückfallgefährdet. Die Bigotterie der Engländer überrascht ihn nicht wirklich, doch nie hätte er damit gerechnet, dass ausgerechnet der amerikanische Ire (und Kriegsveteran) Stephen Doyle sein ärgster Feind werden würde…

„Der Abstinent“ ist ein unheimlich spannender historischer Roman; die Beschreibungen des Autors sind plastisch und eindringlich, er beschwört den Dreck & den Gestank einer Industriestadt im neunzehnten Jahrhundert herauf. „Noir“ in Reinform! Die Erzählweise ist ruhig und reduziert, und doch gelingt es McGuire, in wenigen Worten eine beklemmende und düstere Atmosphäre zu evozieren. Obwohl er mit seinem Krimi keine akkurate Chronik der „Troubles“ präsentiert, gelingt es ihm, die kriegsähnlichen Zustände präzise abzubilden, ohne in Schwarzweißmalerei zu verfallen. O`Connor setzt Spitzel ein, um die irische Community auszuhorchen, er möchte für Recht und Ordnung sorgen, glaubt er an die Gültigkeit von Gesetzen?
Strebt Stephen Doyle wirklich nach Gerechtigkeit, oder ist das Töten seit seiner Teilnahme am Amerikanischen Bürgerkrieg schlicht eine Selbstverständlichkeit für ihn?
Loyalität und Verrat, Armut, Perspektivlosigkeit, toxische Männlichkeit, Schuld & Sühne: Ian McGuires Roman ist kein “Stoff“ für Zwischendurch und erst recht keine Wohlfühllektüre.
Der Autor präsentiert mit „Der Abstinent“ ein packendes Psychogramm und einen lesenswerten historischen Thriller mit einem überraschenden Ende. Trotz gewisser Längen in der Erzählung habe ich den Krimi regelrecht „verschlungen“.

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