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Veröffentlicht am 24.10.2021

grandioser Abschluß

Die Hafenschwester (3)
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Der dritte Band der Hafenschwester setzt 1923 ein, die Hyperinflation ist auf ihrem Höhepunkt und auch in der Familie Studt wird das Geld langsam knapp. Die Ersparnisse sind aufgebraucht und die Ausbildung ...

Der dritte Band der Hafenschwester setzt 1923 ein, die Hyperinflation ist auf ihrem Höhepunkt und auch in der Familie Studt wird das Geld langsam knapp. Die Ersparnisse sind aufgebraucht und die Ausbildung der Kinder eher ungewiss. Nach der Währungsreform kommt etwas Ruhe auf, doch macht sich Rudi während seines Jurastudiums Feinde und muss daher nach Berlin wechseln. Ellas Studium ist daher nicht mehr machbar und sie arbeitet zunächst als Krankenschwester, bis sie endlich ihr Studium antreten kann. Doch dann kommen die Nationalsozialisten an die Macht und ein Studium scheint für sie unmöglich zu werden. Und als Rudi in die Fänge der SA gerät, ist es an Ferdi, der mittlerweile bei der Polizei arbeitet, ihn wieder herauszuholen. Allerdings muss er dafür Dinge tun, die seinem Gewissen nicht guttun.

Diesmal begleiten wir eher die nächste Generation der Studts durch ihr Leben. Gerade auf Ferdi liegt ein Schwerpunkt, da er als Polizeikommissar viel mit der SA, SS und Gestapo zu tun hat und so hautnah viele Unmenschlichkeiten erlebt. Er versucht so weit es geht unter dem Radar zu bleiben und im Rahmen seiner Möglichkeiten Menschen zu helfen, die es schwer haben in diesen Zeiten.

Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen. Obwohl es 700 Seiten lang ist, ist nicht eine davon langweilig. Durch die wechselnden Perspektiven wird deutlich, wie unterschiedlich die einzelnen Familienmitglieder ihre Rolle in der Familie sehen. Gerade unter den Geschwistern gibt es da einiges, was Zündstoff bietet. Ich habe mit allen mitgefiebert und gelitten und gerade Ferdi dafür bewundert, wie er es schafft in einer so schwierigen Zeit nicht unter die Räder zu kommen. Mitgelitten habe ich besonders bei den Szenen, die sich um den Feuersturm im Sommer 43 drehen. Eine wirklich harte Zeit für Hamburg und die Menschen dort. Erschreckend fand ich auch, wie sich die Menschen von den Nazis um den Finger haben wickeln lassen.

Alles in allem ein tolles Buch und am Ende war ich traurig, dass die Geschichte um die Familie Studt damit beendet ist. Im Laufe der drei Bücher sind mir doch alle sehr ans Herz gewachsen.

Von mir daher eine unbedingte Leseempfehlung, nicht nur für dieses Buch, sondern für die gesamte Trilogie.

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Veröffentlicht am 06.08.2021

tolles, berührendes Buch!

Stay away from Gretchen
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Tom Monderath ist nicht begeistert, als sich immer mehr herausstellt, dass seine Mutter Greta immer mehr der Demenz anheimfällt. Er hat doch als bekannter Nachrichtenmoderator gar keine Zeit sich um seine ...

Tom Monderath ist nicht begeistert, als sich immer mehr herausstellt, dass seine Mutter Greta immer mehr der Demenz anheimfällt. Er hat doch als bekannter Nachrichtenmoderator gar keine Zeit sich um seine Mutter zu kümmern. Nach und nach stellt sich heraus, dass Greta in ihrem Leben viel verschwiegen hat. Aus der Zeit kurz nach dem Krieg hat sie nie erzählt und jetzt stellt sich heraus, dass Gretas Depressionen, die sie lange gequält haben, einen handfesten Grund hatten.

Das Buch wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Anfangs geht es mehr um Greta, ihr Leben im Krieg in Ostpreußen und ihre Erlebnisse nach der Flucht in den jungen Jahren der Bundesrepublik. Dort lernt sie bald Bobby kennen, einen jungen schwarzen Soldaten, und verliebt sich in ihn. Doch es kommt, was kommen muss, das Schicksal schlägt zu und Greta bleibt alleine mit einem kleinen Kind zurück. Hier kommt das Schicksal der sogenannten Brown Babys ins Spiel. Diese Seite der Geschichte kannte ich noch nicht. Schrecklich, wie damals einfach über die Köpfe der Beteiligten hinweg entschieden wurde, alles immer vermeintlich zum Besten der Beteiligten. Stay away from Gretchen zeigt die Verlogenheit der deutschen Gesellschaft nach dem Krieg recht deutlich auf. Frauen, die sich mit den Besatzern einließen, hatten die ganze Schande zu tragen, die Vorteile, die diese Beziehungen gebracht haben, haben aber alle gerne mitgenommen. Hauptsache man spricht nicht darüber.

Mich hat das Buch sehr mitgenommen, Gretas Schicksal ist mir sehr nahegegangen. Tom dagegen fand ich fast durchgehend unerträglich arrogant und ich-bezogen. An viele Ecken war er nur schwer zu ertragen. Aber gerade hier zeigt sich wohl das, was man auch generationenübergreifende Traumata nennt. Tom ist Bindungsunfähig, da seine Mutter nach den Erlebnissen nie wieder jemanden richtig an sich herangelassen hat, um nicht noch einmal jemand geliebten zu verlieren.

Das Thema Demenz und die Auswirkungen auf den Alltag einer Familie haben auch einen gewichtigen Anteil an diesem Buch. Greta lässt mit fortschreitender Demenz auch immer mehr hinter ihre Mauern schauen und überrascht ihren Sohn.

Und auch die Flüchtlingskrise und die Parallelen zu dem, was hier nach dem letzten Krieg passiert ist, spielen eine große Rolle. Tom berichtet immer wieder aus dem Umfeld der Kanzlerin und die Geschichte in der Gegenwart spielt im 2015, genau zum Höhepunkt der Krise.

Dieses Buch ist definitiv eines meiner Jahreshighlights, ich bin schon lange nicht mehr so berührt und mitgenommen worden. Der Autorin gelingt es ihre Leser von der ersten bis zur letzten Seite mitzunehmen und dabei ganz viel unterschiedliche Themen zu beleuchten. Von mir daher eine unbedingte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 13.07.2021

unglaublich spannender Spionageroman

Die fremde Spionin
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Ria wurde mit 10 Jahren aus ihrer Familie gerissen und an systemtreuen Eltern als Pflegekind gegeben. Sie kann diese Trennung bis heute nicht verwinden. Als sie daher vom BND angesprochen wird, ob sie ...

Ria wurde mit 10 Jahren aus ihrer Familie gerissen und an systemtreuen Eltern als Pflegekind gegeben. Sie kann diese Trennung bis heute nicht verwinden. Als sie daher vom BND angesprochen wird, ob sie bereit wäre zu spionieren, stimmt sie dem zu. Allerdings ist ihr nicht bewusst, dass sie dabei immer mehr zwischen die Fronten gerät. Sie gerät schnell in das Visier von Stasi und KGB und nur der Gedanke daran, ihre Schwester wiederzufinden lässt sie an ihren Plänen festhalten

Das Buch spielt in den Monaten vor dem Mauerbau 1961 in Berlin. Der Leser taucht ein in die Welt der Spionage und Gegenspionage, die spannender nicht sein könnte. Auch wenn man vieles zum Mauerbau ja vielleicht schon kennt, ist es doch unglaublich spannend wie die geheimen Pläne der DDR-Führung tatsächlich umgesetzt wurden. Titus Müller beschränkt sich dabei nicht nur auf die Handlung rund um Ria, sondern lässt hier auch wahre Begebenheiten mit einfließen, die die Geschichte noch besser verständlich machen. So haben Erich Honecker und John F. Kennedy ihre Auftritte und man merkt, wie sehr das deutsche Volk auf beiden Seiten doch ein Spielball der Weltmächte war.

Ich fand das Buch unglaublich spannend und lebendig geschrieben. Man fiebert immer um Ria, ob und wie sie ihren Verfolgern entkommen kann. Und hofft doch ein bisschen, dass sie den Mauerbau vielleicht doch verhindern kann. Auch wenn man weiß, dass das sicher nicht der Fall sein wird. Die Mischung aus fiktiver Geschichte und wahrer Begebenheiten war für mich sehr gelungen. So lernt man ganz nebenbei noch etwas über die politischen Verhältnisse der damaligen Zeit. Was ich auch hervorragend gelungen fand, war die differenzierte Darstellung der Geheimdienstler. Da ist keiner nur gut oder nur böse, alle haben ihre Schattenseiten, aber auch eben sehr menschliche Züge, auch wenn sich das nicht immer mit ihrer Tätigkeit verbinden lässt.

Ich kann das Buch nur empfehlen und freue mich auf die Fortsetzung, die nächstes Jahr erscheinen wird.

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Veröffentlicht am 04.06.2021

ein wunderbares Buch!

Die Träume der Bienen
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Sila lebt als Künstlerin in Berlin, als sie erfährt, dass sie im Oderbruch einen alten Hof geerbt hat. Der Hof, auf dem sie aufgewachsen ist, bis sie mit ihrer Mutter in den Westen flüchtete. Unentschlossen ...

Sila lebt als Künstlerin in Berlin, als sie erfährt, dass sie im Oderbruch einen alten Hof geerbt hat. Der Hof, auf dem sie aufgewachsen ist, bis sie mit ihrer Mutter in den Westen flüchtete. Unentschlossen fährt sie dort hin erinnert sich an die Gespenster der Vergangenheit und merkt auf einmal, wie gut es ihr tut, in der Natur zu arbeiten und sich um den Garten zu kümmern.

Lexi lebt unter anderem auf Fehmarn, wo sie einen Garten geerbt hat. Ihr größter Wunsch ist aber eigentlich ein größerer Garten, wo sie Projekte mit ihren Schülern machen könnte, Feste feiern und Menschen an die Natur heranführen. Durch ihren Blog lernen sich Lexi und Sila kennen und sie besuchen sich gegenseitig.

Patricia Koelle ist wieder ein wunderbarer Wellnessroman für die Seele gelungen. Man spürt ihre Liebe zur Natur und zu allem was da kreucht und fleucht. Als Leser möchte man sofort in ihre Gärten kommen, sich dort umsehen und vielleicht ein kleines Stück mit nach Hause nehmen. In diesem Buch habe ich mir auch eine Anregung herausgepickt und werde die Filzpflanztröge, die Lexi auf Fehmarn nutzt einmal in meinem Garten ausprobieren.

Ich habe das Buch wieder verschlungen und freue mich sehr, dass es im Herbst noch einen weiteren Roman zu den Inselgärten geben wird. Für mich sind diese Bücher so etwas wie ein kleiner Urlaub. Von daher kann ich das Buch nur empfehlen, wie alle anderen Bücher von Patricia Koelle auch!

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Veröffentlicht am 09.05.2021

einfühlsamer Roman

Bernsteinsommer
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Christina führt ein kleines Bistro in Frankfurt, lebt gerade in Scheidung von ihrem Mann und ihr Papa leidet unter Alzheimer und lebt mittlerweile im Heim. Dann gibt es auch noch einen Wasserschaden in ...

Christina führt ein kleines Bistro in Frankfurt, lebt gerade in Scheidung von ihrem Mann und ihr Papa leidet unter Alzheimer und lebt mittlerweile im Heim. Dann gibt es auch noch einen Wasserschaden in ihrem Bistro und alles läuft scheinbar schief. Doch wie ihr Vater immer sagt: „Das Leben ist ungerecht, aber nicht immer zu deinen Ungunsten“.

Da ihr Mann eine schnelle Scheidung will, findet er sie finanziell ab, es findet sich ein neuer Standort für ihr Café und auch in der Liebe läuft es endlich rund, mit Lukas, einem ehemaligen Kollegen ihres Vaters.

Als Christina bei den Malereien ihres Vaters unbekannte Bilder entdeckt, ist ihre Neugierde geweckt. Sie nimmt Kontakt mit der entfernten Verwandtschaft auf Rügen auf und findet dort einiges über die Vergangenheit ihrer Familie heraus.

Anne Barns gelingt es auch hier Christines Geschichte in ihre Romanwelt mit einzubinden. Die Verwandtschaft auf Rügen ist Thea, die beste Freundin von Anni, die wir aus „Drei Schwestern am Meer“ und „Eisblumenwinter“ kennen. Auch ihre Enkelinnen Pia und Jana haben einen Auftritt.

Das Buch ist wirklich wieder ein Wohlfühlroman. Die Schicksalsschläge bleiben nicht aus, werden aber hingenommen und überwunden und oft entsteht etwas Besseres daraus. Auch der Umgang der Familie mit der Krankheit des Vaters ist toll beschrieben, da hat alles Hand und Fuß. Das Wiedersehen mit den Rügenern war schön, ich mag solche Referenzen zu anderen Büchern immer gerne. Lustig fand ich auch den Cameo Auftritt der Autorin Susanne Oswald (Der kleine Strickladen in den Highlands), die sich auf Hiddensee mit ihren Autorinnen-Freundinnen trifft.

Alles in allem war es wieder ein absolut tolles Leseerlebnis, das mir den Muttertag versüßt hat.

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