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Veröffentlicht am 16.07.2021

Ende einer Ausstellung

Fälschung à la Provence
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Die Provence ist nicht nur für kulinarische Genüsse bekannt, auch der Kunstkenner kommt seine Kosten. Picassos letzte Wohnstätte, das Schloss Vauvenargues, öffnete für einige Woche seine Türe für Besucher ...

Die Provence ist nicht nur für kulinarische Genüsse bekannt, auch der Kunstkenner kommt seine Kosten. Picassos letzte Wohnstätte, das Schloss Vauvenargues, öffnete für einige Woche seine Türe für Besucher und hat Leihgaben aus aller Welt für eine Ausstellung versammelt. Am letzten Tag wird die ausgewiesene Picasso-Kennerin und Kunsthistorikerin Donia erstochen aufgefunden. Über ihr ein leerer Nagel und das Bild „Femmes au chat assise dans un fauteuil“ liegt neben der Toten. Ein versuchter Kunstdiebstahl?

Pascal Chevrier lebt und arbeitet in der Provence als einfacher Gendarm, ein Rückschritt nach seiner Tätigkeit bei der Pariser Police nationale. Aber das wird durch die neu gewonnene Lebensqualität mehr als aufgewogen. Außerdem arbeitet er mit seiner Erfahrung sehr gut mit den sonst eher konkurrierenden Beamten zusammen. Dieser Fall fordert ihn heraus, nicht nur weil seine Gefühle für die Kollegin Audrey von der Police nationale mehr als kollegial sind.

Dieser Krimi entführt seine Leser in die Welt der Künstler, Museen und Galeristen. Dabei trifft Pascal auf jede Menge sehr exzentrischer Personen, die ihm alle ein verdächtig erscheinen. Donia selbst verbarg eine ganze Menge Geheimnisse, die sich dem Polizisten er sehr langsam erschließen. Er muss sich in die Kunstszene einfühlen, erfährt viel über den erhitzten Markt, Auktionen und Fälschungen.

Aber trotzdem lässt der Autor Pascal Zeit für sein Hobby, der guten provenzalischen Küche. Kulinarik und Wein spielt eine große Rolle und das fließt eben auch in das Buch ein. Ich finde, das gehört dazu und würde wohl viel von der Atmosphäre vermissen, würde das fehlen.

Es geht bei mir immer das Kopfkino an, wenn sich Pascal mit einem Glas Wein an einem Bistrotisch niederlässt oder die Menükarte mit besonderen Spezialitäten studiert.

Ich fand die Exkursionen in die Kunstwelt sehr interessant und wissenswert, bei den Protagonisten, besonders den Frauenfiguren, war mir manchmal zu viel Exzentrik im Spiel. Ich konnte sie mir nicht unbedingt aus Fleisch und Blut vorstellen.

Die Lösung des Falls war für Pascal eine Herausforderung und er wird sein Büro in der Mairie in Zukunft immer mit einem Blick auf den Wandschmuck betreten.

Ein schöner Provence-Krimi mit viel Atmosphäre.

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Veröffentlicht am 12.07.2021

Nestbau

Familie ist, wenn man trotzdem lacht
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Vier Personen in einer 3-Zimmer-Wohnung, das ist ein bisschen eng, vor allem wenn die Kinder größer werden. Aber in Hamburg eine größere und noch bezahlbare Wohnung zu finden, stellt Steffi vor ungeahnte ...

Vier Personen in einer 3-Zimmer-Wohnung, das ist ein bisschen eng, vor allem wenn die Kinder größer werden. Aber in Hamburg eine größere und noch bezahlbare Wohnung zu finden, stellt Steffi vor ungeahnte Probleme. Als sie ihrer Freundin Helen von ihren Erfahrungen mit dubiosen Maklern erzählt, wittert Helen sofort eine interessante Story. Als Journalistin hat sie ein Gespür für aktuelle Themen. Ihre Geschichte schlägt ein, der Leserzuspruch ist enorm. So meldet sich auch Flora, die nun als Witwe in einem viel zu großen Haus mit riesigem Renovierungsstau lebt. Wäre es nicht ideal, die Zwei zusammenzubringen?

Wiebke Busch hat sich für ihren heiteren Familienroman ein aktuelles Thema ausgesucht. Wer kennt nicht die Wohnungssituation in den Städten, besonders in angesagten Vierteln. Neben der Wohnungssuche gibt es noch jede Menge Irrungen und Wirrungen im Beziehungssektor. Helen ist alleinerziehend, aber freundschaftlich mit dem Vater ihrer Tochter verbunden. Steffi wünscht sich mehr Familiengemeinsamkeit mit ihrem Mann, der leider seinen Beruf über die Familie stellt. Flora dagegen spürt immer mehr das Alter und die Einsamkeit. Dazu gibt es noch ein Geheimnis aus der Vergangenheit. Ein bunter Strauß aus Themen – und für mich gleichzeitig auch die Schwäche des Romans.

Ich hatte einige Male das Gefühl, dass die Autorin alles in einer Geschichte unterbringen wollte und so nehmen Helens Suche nach einem neuen Traummann und Floras Sehnsucht nach Enkeln auch bald einen Hauptteil der Geschichte ein. Weil aber alles so leicht und humorvoll, auch mit Situationswitz erzählt wird, bleibt der Roman immer kurzweilig und unterhaltsam.

Sympathische Protagonisten und lebendige, bildhafte Dialoge machen das Lesen zu einem harmlosen Vergnügen.

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Veröffentlicht am 28.06.2021

Unterwegs

Happy Road
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Was ist das größere Wagnis: eine monatelange Reise im umgebauten VW quer durch Mitteleuropa bis in den hohen Norden oder sich auf eine Gemeinsamkeit auf engstem Raum mit einem Menschen einzulassen, den ...

Was ist das größere Wagnis: eine monatelange Reise im umgebauten VW quer durch Mitteleuropa bis in den hohen Norden oder sich auf eine Gemeinsamkeit auf engstem Raum mit einem Menschen einzulassen, den man erst kurz kennt?

Sarah lebt in Berlin, ist Pressereferentin eines Abgeordneten und lernt Mathias aus Österreich kennen, Skilehrer und Elektriker und eigentlich das genaue Gegenteil zu ihr. Doch gegen alle Bedenken siegt die Lust auf das „Vanlife“, eine Reise quer durch Europa, antizyklisch um den hohen Norden im Winter kennenzulernen.

Sarah und Mathias nehmen den Leser mit auf ihre Reise, die manchmal abenteuerlich, manchmal sehr komisch und immer ein Blick auf die Menschen ist. Es macht Spaß sich auf diese Reise einzulassen, besonders wenn man weiß, dass man selbst eine solche Reise nur noch im Buch machen kann. Ich habe die Geschichten sehr genossen, mich manchmal gewundert und immer wieder über die interessanten Begegnungen mit den Einheimischen gefreut. Die Offenheit, die den Reisenden begegnet, ist einfach nur schön. Mathias mit seinem bodenständigen Dialekt sorgt auch immer wieder für Bodenhaftung

Das Leben auf engstem Raum, oft unter widrigen Wetterbedingungen ist nicht immer einfach und bringt das junge Paar auch oft an ihre Grenzen. Aber wie Mathias schon am Anfang ihrer Reise konstatierte: „donn wiss ma’s, ob’s klappt mit ons“. Ja, es klappt schon mit den beiden, aber einen gewissen Lernprozess müssen sie schon durchlaufen. Und sie müssen bereit sein, Pläne umzuschmeissen, wenn es nicht mehr anders geht.

Ein abenteuerlicher und interessanter Reisebericht, der mich gelehrt hat, das Camping-Touren jetzt „Vanlife“ heißt und aus Campern „Vanlifer“ wurden.

Es gibt nur einen Kritikpunkt. So schön das Buch gestaltet ist, so viel Reisesehnsucht die Bilder verbreiten, die blasse hellgraue Farbe der Schrift ist eine Tortur für die Augen und hat damit einen Punktabzug verdient.

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Veröffentlicht am 09.06.2021

Schweigen hinter Internatsmauern

Die Richterin und das Ritual des Todes
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Wieder einmal muss Mathilde de Boncourt in ihrer Eigenschaft als Madame le Juge ermitteln. In einem Eliteinternat starb eine vielversprechende Schülerin. Doch es ist kein Reitunfall, wie der erste Anschein ...

Wieder einmal muss Mathilde de Boncourt in ihrer Eigenschaft als Madame le Juge ermitteln. In einem Eliteinternat starb eine vielversprechende Schülerin. Doch es ist kein Reitunfall, wie der erste Anschein vermuten ließ, Patricia wurde erschlagen.

Im Internat stoßen Mathilde und ihr Kollege Kommissar Rachid Bouraada auf eine eingeschworene Clique um den charismatischen Schüler Paul. Ihnen ist klar, dass die Schüler etwas verschweigen, aber sie können die Gruppe nicht knacken. Als ihnen bekannt wird, dass bereits vor einem Jahr ein Schüler verstarb und auch über diesen Tod nur geschwiegen wird, ahnt Mathilde, dass hinter der Fassade des Internats etwas faul ist.

Mein vierter Band um Mathilde, der mich wieder in die sonnige Provence entführt. Mathilde kommt aus einer bekannten Winzerfamilie und verbringt ihre Freizeit im Familienchateau und lässt sich von Odile mit köstlichen provenzalischen Spezialitäten verwöhnen. Ein guter Freund ist der deutsche Reiseschriftsteller Martin hat in der Nachbarschaft ein Zuhause gefunden. Mit Rachid verbindet Mathilde etwas mehr als Kollegialität, eine unausgesprochene Anziehungskraft ist zu spüren.

Der ganze Hintergrund hat mir wieder sehr gut gefallen, die Autorin hat eine sehr charmante Arte zu schreiben und kann mich immer wieder mit Haut und Haaren in die Provence versetzen. Der Kriminalfall konnte mich dagegen dieses Mal nicht so ganz mitnehmen. Schon aus dem Prolog war mir die Richtung klar und deshalb erschienen mir die Ermittlungen nicht immer sehr fesselnd. Zwar baut Frau Fontaine immer wieder Drehs ein, die der Handlung und den Verdachtsmomenten eine andere Richtung geben und auch der Auflösung war überraschend. Nichts desto trotz fand ich den Plot nicht so originell wie sonst.

Die bekannten Figuren haben mich wieder überzeugt, auch wenn Mathilde ein wenig zu oft ihre Nikotinsucht und ihre geliebten Gauloise blond verteidigen muss.

Ich hoffe, dass Mathilde bei ihrem nächsten Fall wieder eine größere Herausforderung bestehen muss und vergebe hier 3,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 31.05.2021

Spannender Polit-Krimi

Die Akte Adenauer
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In den letzten Kriegsmonaten ist der deutschstämmige Philipp Gerber als GI ins Rheinland gekommen. Nun, 8 Jahre später ist er immer noch hier und sehnt sich nach einem zivilen Leben in Harvard. Es stehen ...

In den letzten Kriegsmonaten ist der deutschstämmige Philipp Gerber als GI ins Rheinland gekommen. Nun, 8 Jahre später ist er immer noch hier und sehnt sich nach einem zivilen Leben in Harvard. Es stehen Wahlen an und die Gerüchte verdichten sich, dass auf einen hochrangigen SPD-Politiker ein Attentat verübt werden soll. Der Chef des neu gegründeten BKA ist bereits einem Anschlag zum Opfer gefallen .Die Amerikaner fürchten, dass es dadurch zu einem Mitleidsbonus für die SPD kommen könnte und nur die erzkonservative CDU unter Führung von Adenauer scheint ihnen ein Garant für eine Weiterführung der Politik, die den ihnen genehm ist.

Der kalte Krieg ist in vollem Gang und so wie die Amerikaner rechtskonservative Gruppen unterstützen, machen es die Sowjets mit kommunistischen Bünden. Sollte es zu einer Auseinandersetzung kommen, dann doch bitte auf deutschem Boden.

Eine zynische Sichtweise, die wohl der Wahrheit entspricht, aber Gerber unangenehm ist. Aber dann überträgt ihm sein Chef und väterlicher Freund Colonel Anderson einen schwierigen Auftrag. Er soll mit einem deutschen Pass die Stelle des Getöteten beim BKA einnehmen. Die kommunistische Journalistin Eva Herden verfolgt zwar ihre eigenen Ziele, aber eine Zusammenarbeit ist beiden dienlich.

Ohne Frage, der Politkrimi ist sehr spannend und – ich habe zwar nicht alles nachgeschlagen – scheint sich nah an die historischen Ereignisse zu halten. Allerdings hatte ich immer das Gefühl, dass die Historie nur eine farbige Tapete für diesen Krimi ist. Das Tempo ist wirklich hoch und auch wenn ich Philipp Gerber gut gezeichnet fand, erschien er mir manchmal wie ein Vorgänger von James Bond. Verführungskünste eingeschlossen. Die anderen Figuren bleiben dagegen ziemlich blass. Eva Herden als überzeugte Kommunistin erscheint mir einfach nur zickig und ziemlich überzogen portraitiert.

Der Autor mischt reale historische Personen und Geschehnisse mit seinem fiktiven Plot und das gibt eine stimmige Handlung. Er schreibt gekonnt und hat mich mit diesem Krimi durchaus überzeugt.

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