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Veröffentlicht am 27.08.2021

Lesenswert!

Der Kolibri
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In dem Roman „Der Kolibri“ erzählt Sandro Veronesi die Lebensgeschichte von Marco Carrera, den die Mutter in seinen Jugendjahren liebevoll Kolibri genannt hat. Es lag vor allem daran, dass Marco viel zu ...

In dem Roman „Der Kolibri“ erzählt Sandro Veronesi die Lebensgeschichte von Marco Carrera, den die Mutter in seinen Jugendjahren liebevoll Kolibri genannt hat. Es lag vor allem daran, dass Marco viel zu klein für sein Alter war, aber auch an seiner Schnelligkeit und Schönheit, die diese Assoziation in der Mutter weckten.

Die kleinen Kolibris wurden wegen ihrer Fähigkeiten als „Akrobaten der Lüfte“ genannt. In seinem ereignisreichen Leben musste Marco oft beweisen, dass auch er diese Fähigkeiten besitzt. In der Geschichte seines Lebens gibt es viel Glück, aber wahrscheinlich noch mehr Leid; viele tragische Ereignisse, die jeden normalen Menschen mit ihrer Last erdrücken könnten.
Marcos bewegter Lebensweg wurde in kurzen Kapiteln erfasst, jeder von ihnen mit dem Titel und der entsprechenden Jahreszahl versehen. Denn die Erzählung erfolgt nicht chronologisch; das Ereignis selbst und seine Bedeutung sind dem Autor wichtiger. Und so kommt es, dass ich zuerst über Einiges aus der Zukunft erfahre und mich dann in die Vergangenheit begeben muss, um das Geschehene richtig verstehen zu können.

Auch die Sprache hat einiges von mir verlangt; mal erzählt der Autor viel und schnell, so als würde er alles auf einmal erzählen wollen. An diesen Stellen hatte ich das Gefühl jemandem zuzuhören, der mir was Wichtiges, Dramatisches, sofort und jetzt erzählen muss. Dann wieder bedient er sich einer ruhigen, fast poetischen Sprache, und da lässt er mich zu Atem kommen, das Gelesene genießen, miterleben.

Es gibt in dem Roman viele gefühlvolle Momente, Kapitel, die zum Nachdenken bewegen, Ereignisse, die auf Tränendrüsen drücken. Es ist ein bemerkenswertes Buch!

Zum Schluss erlaube ich mir die Worte des Autors über das Buch von David Leavitt, im Kapitel „Via Crucis“ erwähnt, zu zitieren:
„Er ist wunderbar; lesen Sie ihn oder lesen Sie ihn wieder.“ (343)
Der Satz entspricht auch voll und ganz meiner Empfehlung zum Roman von Sandro Veronesi.

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Veröffentlicht am 30.07.2021

Ein guter Auftakt der Reihe mit Jonah Colley

Die Verlorenen
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Das Hörbuch erschien am 8.Juli 2021 im Argon Verlag. Es wurde von Johannes Steck gesprochen. Ein düsteres schwarzweiß Bild einer Lagerhalle auf der Schutzhülle lässt die Atmosphäre des Tatortes hervorragend ...

Das Hörbuch erschien am 8.Juli 2021 im Argon Verlag. Es wurde von Johannes Steck gesprochen. Ein düsteres schwarzweiß Bild einer Lagerhalle auf der Schutzhülle lässt die Atmosphäre des Tatortes hervorragend nachempfinden.

Auch der Sprecher des Buches vermittelt sehr gut die diversen Stimmungen des Hörbuches. Seine tiefe, ausdrucksstarke Stimme passt meines Erachtens, besonders zu den männlichen Protagonisten, wunderbar. Nicht so gut empfand ich sie bei den weiblichen Stimmen. Jedoch seine Art zu sprechen hat die Gefühle der Protagonisten und die Dramatik der Handlung eindrucksvoll wiedergegeben.

Das Hörbuch ist gekürzt, was ich persönlich, besonders bei Krimis und Thrillern, nicht mag. In solchen Fällen erscheint mir jedes Detail von Bedeutung zu sein. In dem Thriller jedoch bleiben zum Schluss einige Fragen offen, die wahrscheinlich bei der Fortsetzung der Reihe aufgeklärt werden.

Der gutmütige Protagonist Jonah Colley ist mir sehr sympathisch. Er zögert nicht, als sein Ex-Freund Gavin ihn unerwartet telefonisch um ein Treffen und um Hilfe bittet. Jonah fährt zum Treffpunkt und findet dort nur die Leiche seines Freundes und drei weitere in Plastikfolie eingewickelte Tote. Auch er selbst kommt nicht ungeschoren davon; wurde angegriffen und fast zu Tode geprügelt. Seitdem läuft er auf Krücken. Seine Behinderung hält ihn jedoch nicht davon ab, seinen Mitmenschen zu Hilfe zu eilen. Egal, ob es Gavins Witwe oder seine Ex-Frau ist.

Er kann immer noch nicht über den Verlust seines vierjährigen Sohnes Theo hinwegkommen. Theo ist vor zehn Jahren von einem Spielplatz spurlos verschwunden, der Fall wurde nie aufgeklärt. Jonah gibt sich selbst die Schuld dafür, weil er zu der Zeit auf Theo aufpassen sollte. Damals ist auch seine Ehe zu Bruche gegangen und die Freundschaft mit Gavin wurde abrupt beendet. Der Anruf von Gavin weckt in Jonah die Hoffnung auf neue Erkenntnisse im Theos Fall.

Am Anfang überschlagen sich die Ereignisse und der Spannungsbogen steigt enorm. Aber auch im weiteren Verlauf ist der Thriller sehr spannend und aufregend. Neue dramatische Ereignisse und Charaktere sorgen für einige Gänsehautmomente, einige falsch ausgelegte Spuren täuschen perfekt. Fast bis zum Schluss ist es unklar, was mit Theo damals wirklich passiert ist und warum Gavin gerade jetzt Jonah um Hilfe gebeten hat.

Das Hörbuch hat mir insgesamt gut gefallen. Ich fühlte mich an die Orte des Geschehens versetzt und hatte gute Unterhaltung.
Ich empfehle das Hörbuch allen, die lieber lauschen als lesen mögen

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Veröffentlicht am 30.07.2021

Ein guter Auftakt der Reihe mit Jonah Colley

Die Verlorenen
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Mit dem Buch „Die Verlorenen“ eröffnet Simon Beckett seine neue Thriller-Reihe mit Jonah Colley. Mit gemischten Gefühlen habe ich den Polizisten einer bewaffneten Spezialeinheit der Londoner Polizei in ...

Mit dem Buch „Die Verlorenen“ eröffnet Simon Beckett seine neue Thriller-Reihe mit Jonah Colley. Mit gemischten Gefühlen habe ich den Polizisten einer bewaffneten Spezialeinheit der Londoner Polizei in dem Roman begleitet. Denn Jonah ist kein Superbulle, der alle Hindernisse aus dem Weg räumt und das Verbrechen blitzschnell bekämpft. Im Gegenteil: er wurde oft selbst angegriffen und sogar von der Polizei als Verdächtiger ins Visier genommen.

Trotzdem ist der gutmütige Protagonist mir sehr sympathisch. Er zögert nicht, als sein Ex-Freund Gavin ihn unerwartet telefonisch um ein Treffen und um Hilfe bittet. Jonah fährt zum Treffpunkt und findet dort nur die Leiche seines Freundes und drei weitere in Plastikfolie eingewickelte Tote. Auch er selbst kommt nicht ungeschoren davon; wurde angegriffen und fast zu Tode geprügelt. Seitdem läuft er auf Krücken. Seine Behinderung hält ihn jedoch nicht davon ab, seinen Mitmenschen zu Hilfe zu eilen. Egal, ob es Gavins Witwe oder seine Ex-Frau ist.

Er kann immer noch nicht über den Verlust seines vierjährigen Sohnes Theo hinwegkommen. Theo ist vor zehn Jahren von einem Spielplatz spurlos verschwunden, der Fall wurde nie aufgeklärt. Jonah gibt sich selbst die Schuld dafür, weil er zu der Zeit auf Theo aufpassen sollte. Damals ist auch seine Ehe zu Bruche gegangen und die Freundschaft mit Gavin wurde abrupt beendet. Der Anruf von Gavin weckt in Jonah die Hoffnung auf neue Erkenntnisse im Theos Fall.

Am Anfang überschlagen sich die Ereignisse und der Spannungsbogen steigt enorm. Aber auch im weiteren Verlauf ist der Thriller sehr spannend und aufregend. Neue dramatische Ereignisse und Charaktere sorgen für einige Gänsehautmomente, einige falsch ausgelegte Spuren täuschen perfekt. Fast bis zum Schluss ist es unklar, was mit Theo damals wirklich passiert ist und warum Gavin gerade jetzt Jonah um Hilfe gebeten hat.
Ich habe den Thriller gerne gelesen und fühlte mich sehr gut unterhalten. Dazu hat auf jeden Fall der wunderbare Schreibstil des Autors beigetragen: dynamisch, flüssig, fesselnd.

Zum Schluss bleiben noch einige Fragen offen, deren Aufklärung offensichtlich im nächsten Band der Reihe erfolgen würde. Auf die Fortsetzung bin ich sehr gespannt.

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Veröffentlicht am 26.07.2021

Es tut dem Herzen gut

Nelkenblatt
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Elsa und Pina stehen beide am Wendepunkt ihres Lebens. Die betagte Elsa hat gerade eine Herzoperation hinter sich, die Ärzte geben ihr nicht mehr viel Zeit, sie will aber nicht in ein Pflegeheim. Deswegen ...

Elsa und Pina stehen beide am Wendepunkt ihres Lebens. Die betagte Elsa hat gerade eine Herzoperation hinter sich, die Ärzte geben ihr nicht mehr viel Zeit, sie will aber nicht in ein Pflegeheim. Deswegen übernimmt jetzt Pina ihre Rundumbetreuung und zieht in Elsas Haus ein.

Pina wurde von Luzia, Elsas Tochter, als die Betreuerin für ihre Mutter ausgesucht. Elsa ist sofort von der jungen Migrantin angetan, als diese auf ihre Frage: „Weiß Pina, wie zerbrechlich Nelkenblätter sind?“ – antwortet: „So zerbrechlich wie ein Herz.“ <(Seite 8)

Elsa weiß, dass sie am Ende ihres Lebensweges steht und will diese Zeit sinnvoll und so angenehm wie möglich nutzen. Sie viel mehr über Pina und ihre Familie erfahren. Sie will wissen, warum Pina ihre Heimat verlassen hat, und ob Pina bereits geliebt hat oder jetzt jemanden liebt. Auch Pina interessiert sich für Elsas Lebensgeschichte, ihre Familie, ihre Liebesbeziehungen und stellt viele Fragen. Die beiden Frauen vertrauen ihren Erinnerungen und Gedanken einander an und kommen sich sehr nah.

Der „Nelkenblatt“ von Yusuf Yeşilöz ist ein kurzer aber sehr intensiver Roman. Der letzte Weg einer todkranken Frau und der Neuanfang in der Fremde wurden hier lebhaft thematisiert. In den Gesprächen der Frauen wurden ihre tiefsten Gedanken und Gefühle offenbart, die sonst keiner von ihren Angehörigen kennt.

Elsas Entscheidung, die ihr verbliebene Zeit in der gewöhnten Umgebung und mit ihren Vertrauten zu verbringen, ist verständlich und überzeugend. Die offenen Gespräche mit Pina geben ihr Kraft und Ruhe, tun ihrem kranken Herzen gut.

Auch Pina, die um ihre verstorbene Mutter trauert, schöpft Kraft aus dieser Begegnung. Die Gespräche mit Elsa erleichtern ihr die Verarbeitung ihrer schmerzhaften Erlebnisse.

Sehr behutsam geht Yusuf Yeşilöz mit der Geschichte von Elsa und Pina um. Seine Erzählung ist ruhig und umsichtig, die Atmosphäre des nahliegenden Abschieds und anstehenden Veränderungen greifbar nah.

Die Geschichte hat mich berührt und nachdenklich gemacht. Sie wird noch lange in meiner Erinnerung bleiben.

Das Buch bekommt von mir 4 Sterne und eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 21.07.2021

Begegnungen, die das Schicksal beeinflussen

Schicksal
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Das Hörbuch „Schicksal“ erschien am 31.05.21 im OSTERWOLDaudio Verlag. Der Roman von Zeruya Shalev wurde von Maria Schrader und Eva Meckbach gelesen. Die Sprecherinnen sprechen für Rachel und Atara, die ...

Das Hörbuch „Schicksal“ erschien am 31.05.21 im OSTERWOLDaudio Verlag. Der Roman von Zeruya Shalev wurde von Maria Schrader und Eva Meckbach gelesen. Die Sprecherinnen sprechen für Rachel und Atara, die beiden Hauptprotagonistinnen des Buches.

Die neunzigjährige Rachel taucht in die Erinnerungen an ihre Jugend und an den Kampf in der Untergrundmiliz gegen die britische Besatzungsmacht ein. Die fünfzigjährige Atara erzählt über ihre zwei Ehen, über ihre inzwischen erwachsenen Kinder und die daraus resultierenden Probleme.

Rachel und Atara verbindet miteinander die Beziehung zu Meno, dem ersten Mann von Rachel und dem Vater von Atara. Auch die Geheimnisse und Lügen aus der Vergangenheit beeinflussen das Leben der beiden Frauen, denn beide wurden in Ungewissheit gelassen.

Ich konnte die Stimmen der beiden Frauen gut unterscheiden, denn die betagte Rachel spricht meistens ruhig über ihre gemeinsame Zeit mit Meno, ihre Jugendliebe und den Mitkämpfer bei Lechi, über die gemeinsame Ideale und Ziele. Rachel ist enttäuscht, weil Meno - ohne ihr ein Wort zu sagen - sie verlassen hat und weil ihre Träume und Visionen über den freien Staat Israel sind zerplatzt.

Die meistens unzufriedene, genervte Atara schimpft in Gedanken mit ihrem Mann Alex, führt nervenaufreibende Gespräche mit ihren Kindern, ist ständig in Sorgen und dementsprechend ist ihre Stimme oft aufgeregt und schrill.

Die Sprecherinnen des Hörbuches können diese unterschiedlichen Stimmungen und Empfindungen der Protagonistinnen wiedergeben; ich hatte oft das Gefühl Rachel und Atara direkt zuzuhören. Gekonnt vermitteln die beiden Sprecherinnen auch die Atmosphäre des jeweiligen Schauplatzes des Romans. Es hat mir großen Spaß gemacht dem Verlauf der Geschichte zu lauschen.

Das Hörbuch „Schicksal“ dauert 576 Minuten, die Ausgabe ist gekürzt. Ich bewerte das Hörbuch mit 4 Sternen und empfehle es allen, die gerne den Geschichten lauschen

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