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Veröffentlicht am 12.09.2021

Der eigene Weg

Wir für uns
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Josie, ungewollt schwanger von ihrem langjährigen Geliebten, der bereits eine eigene Familie hat. Will sie das Kind abtreiben, wie von ihrem Geliebten erwartet, und weitere neun Jahre darauf warten, dass ...

Josie, ungewollt schwanger von ihrem langjährigen Geliebten, der bereits eine eigene Familie hat. Will sie das Kind abtreiben, wie von ihrem Geliebten erwartet, und weitere neun Jahre darauf warten, dass er sich von seiner Frau trennt?
Kathi verliert auf dem Weg zur Beerdigung ihres Mannes, mit dem sie fast fünfzig Jahre verheiratet war, seinen Ehering.
Josie findet diesen Ring, kontaktiert Kathi und beide erkennen im Gegenüber jemanden mit dem man reden kann, der wirklich zuhört.


Ich habe ihn viel zu schnell gelesen, diesen wirklich schönen und nachdenklich machenden Roman. Zu Beginn kommt er so leicht und locker daher. Josies Gedanken zu ihrer jetzigen Situation und ihrem Lebensinhalt (Dienstagabend) fesseln mich schnell. Während ich noch befremdlich den Kopf schüttle, überraschen mich Kathis Erkenntnisse über die letzten Jahre ihres Zusammenleben mit ihrem Mann. Überraschen ist wahrscheinlich nicht die richtige Bezeichnung meiner Gedanken, bin ich doch auch bereits vierzig Jahre verheiratet und habe natürlich ähnliches auch erlebt.

Barbara Kunrath tastet sich ganz behutsam durch die sich ändernde Einstellung zu den eigenen Wünschen und Vorstellungen. Weder Josie noch Kathi entscheiden von einem Tag zum anderen eine andere Richtung in ihrem Lebensweg einzuschlagen. Wir dürfen ihre Zweifel, Fragen und Unsicherheiten miterleben. Das fühlt sich gut an.

Das Buch lässt mich nachdenklich zurück. Ich glaube, nicht wenige Leser und Leserinnen werden nach der Lektüre das Buch mit der Frage nach ihren eigenen Wünsche zuklappen.

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Veröffentlicht am 11.08.2021

Spannend und originell

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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„Wenn in Wien der Tod umgeht, gibt es einen, der ihm alle Geheimnisse entlocken kann!“
Der kauzige Totengräber des berühmten Wiener Zentralfriedhofs, Augustin Rothmayer, kennt sich aus mit dem Tod und ...

„Wenn in Wien der Tod umgeht, gibt es einen, der ihm alle Geheimnisse entlocken kann!“
Der kauzige Totengräber des berühmten Wiener Zentralfriedhofs, Augustin Rothmayer, kennt sich aus mit dem Tod und den Leichen. Er mag schrullig sein, aber auch hoch gebildet und schreibt mit Hilfe eines angesehenen Rechtsmediziners seine Erfahrungen in einen Almanach für Totengräber nieder.
Als der junge Inspektor Leopold von Herzfeldt einen Experten für die Ermittlung in einer Serien-Mordsache benötigt, lernen die Beiden sich kennen und schätzen.


Einen besser passenden Sprecher als Hans Jürgen Stockerl hätte man für dieses Buch nicht finden können. Die sonore Bariton Stimme ergänzt die wunderbare Beschreibung des Wiener Gesellschaftslebens um 1893. Beim Zuhören fühlt man sich in diese Zeit versetzt, riecht den zarten Kaffeeduft der Kaffeehäuser, die Pomade der jungen Herrn und glaubt das Getuschel der höheren Gesellschaft zu hören.
Das Hören des Hörbuchs war ein Genuss und ließ die Zeit einfach stillstehen.

Der historische Krimi hat mich schnell gepackt. Oliver Pötzsch schildert brillant die Hilflosigkeit des jungen Inspektors. Sein dringender Wunsch Neuerungen einzuführen, trifft auf seine Unbeholfenheit mit Menschen beziehungsweise mit Vorgesetzten umzugehen.
Die Blasiertheit der leitenden Inspektoren und ihre Ablehnung jeder Neuerung gegenüber hat er genauso kritisch beleuchtet wie die Hoffart der adeligen, alten Männer.

Die Serienmorde waren brutal und blutig. Die Verbrechen, die zum Vorschein kamen, waren verabscheuungswürdig, aber Oliver Pötzsch lässt den Krimi ein bisschen in den wienerischen Schmäh abgleiten und Hans Jürgen Stockerl erwischt immer die richtige Tonart dazu.

Das macht diesen historischen Krimi zum Hörgenuss.

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Veröffentlicht am 26.07.2021

Krimi-Spannung auf höchstem Niveau

Der Bruder
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Der 6-jährige Fabio Della Fortuna ist verschwunden. Die Berner Polizei ist in höchster Alarmbereitschaft. Nach einer weitgehend ungeklärten Entführungsserie in den 90er Jahren ist Fabio das erste neue ...

Der 6-jährige Fabio Della Fortuna ist verschwunden. Die Berner Polizei ist in höchster Alarmbereitschaft. Nach einer weitgehend ungeklärten Entführungsserie in den 90er Jahren ist Fabio das erste neue Opfer. Während der sofort eingeleiteten Suchaktion werden zwei männliche Leichen gefunden, vermutlich ein Mord und ein Selbstmord.

Zur gleichen Zeit kehrt die Rechtsmedizinerin Irene Jundt in ihr Elternhaus zurück, um den Hausstand nach dem Tod ihres Vaters aufzulösen. Die aufkommenden Gefühle und Erinnerung treffen sie schmerzlich. Hier verschwand ihr Bruder Beni mit 11 Jahren. Die Ungewissheit trieb ihre Mutter kurze Zeit später in den Selbstmord.

Ist es möglich noch irgendwelche Hinweise zu finden?


„Krimispannung auf höchstem Niveau.“ Romy Fölck textet diese Einschätzung auf dem Cover, dem ist eigentlich kaum etwas hinzuzufügen. Leider gibt es immer seltener Bücher, die so stark sind und so überzeugen. Bisher gab es drei Krimis um Nathaniel Brenner, Milla Nova und Sandro Bandini. Ich habe sie alle gelesen. Das erste Buch „Blind“ begann auf sehr hohem Niveau, spannend, interessante Protagonisten und mit einer etwas anderen Story. Obwohl ich das damals nicht für möglich gehalten hätte, wurde jedes folgende Buch noch besser. Dieses 533-seitenstarke Buch muss man fast in einem Rutsch lesen, weil man es nicht aus der Hand legen kann.

Die Story habe ich in der Inhaltsangabe bereits angerissen und ich möchte da eigentlich nicht mehr verraten. Nur so weit, alle bekannten Protagonisten entwickeln sich weiter und verhalten sich ihrem Wesen entsprechend. Für den unkundigen Leser werden immer wieder kleine Hinweise eingestreut, warum z.Bsp. Milla sich nur so und nicht anders verhalten kann.

Viele verschiedene verabscheuenswürdige Verbrechen werden aufgedeckt und doch hat man nicht den Eindruck, dass hier einfach nur viele verschiedene Verbrechen angeprangert werden.

In „Erinnerung und Dank“ wird über den fiktionalen Krimi der Realitätsbezug hergestellt. Das macht mich als Leser betroffen und nachdenklich. Mit ihrem genial geschriebenem Krimi hat Christine Brand an die zwölf ungeklärten Verbrechen und der sieben bis heute nicht gefundenen Kinder erinnert.

Chapeau!

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Veröffentlicht am 01.07.2021

Gänsehaut pur

Mörderfinder – Die Spur der Mädchen
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Hörbuch, gelesen von Dietmar Wunder

Sechs Jahre ist es her, dass die 10-jährige Leni Benz spurlos verschwand. Sie war das dritte Opfer einer Entführungsserie. Keines der Mädchen ist wieder aufgetaucht. ...

Hörbuch, gelesen von Dietmar Wunder

Sechs Jahre ist es her, dass die 10-jährige Leni Benz spurlos verschwand. Sie war das dritte Opfer einer Entführungsserie. Keines der Mädchen ist wieder aufgetaucht. Keine Leiche wurde gefunden.
Jetzt nach 6 Jahren der verzweifelten Suche tauchen in Lenis Elternhaus plötzlich ihr Rucksack, eine Puppe und Kleidungsstücke, die sie damals getragen hat, auf.
Der überraschte Vater wendet sich an Max Bischoff, der erfolgreiche Fallanalytiker, der mittlerweile an der Polizeihochschule in Köln unterrichtet.
Da verschwindet wieder ein 9-jähriges Mädchen.

Wenn man ein Hörbuch von Dietmar Wunder gelesen anhört, dann kann man sicher sein, dass es sich um einen spannenden Thriller handelt. Allein Dietmar Wunders Stimme lässt die Gänsehaut über den angespannten Körper wandern.
Er besitzt die ungeheurere Fertigkeit sich in den Charakter eines jeden Protagonisten hineinzuversetzen und seine Stimmfarbe beliebig anzupassen. Durch seine Sprechweise und Klangfarbe schafft er es jeden Thriller noch etwas gruseliger und spannender zu machen.

Obwohl ich schon einige Bücher von Arno Strobel gelesen habe, war mit Max Bischoff unbekannt. Wie ich nachgelesen habe, ist dieses Buch schon das Vierte in der Max Bischoff-Reihe. Trotzdem hatte ich nicht das Gefühl ahnungslos in diesen Fall zu stolpern.
Wenn es notwendig zum Verständnis war, wurden immer wieder Erklärungen eingestreut.

Die einzelnen Protagonisten wurden genauestens beleuchtet. Gute und erfolgreiche Ermittler belauern sich anfänglich, respektieren einander und vertrauen sich, was die Arbeit für beide Seiten erleichtert. Wobei Max Bischoff seinen Dienst bei der Polizei quittiert hat und somit den manchmal recht engen und hinderlichen juristischen Zwängen entfliehen kann.

Diese Mal ist es ein schlimmer Fall, den ich hier gar nicht besprechen möchte, da die Lösung des Falles noch schlimmer ist. Für eine dreifache Mutter und dreifache Oma ist er schwer zu lesen. Aber wie bei den meisten fiktiven Krimis und Thriller wird der Fall gelöst. Die Art und Weise der Ermittlungen und der logischen, nachvollziehbaren Lösung, lassen den Leser einen spannenden und atemberaubenden Thriller lesen bzw. in diesem Fall hören.

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Veröffentlicht am 22.06.2021

Der ganz normale Wahnsinn

Über Menschen
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Dora flüchtet mit ihrem Hund aus der Großstadt Berlin in die brandenburgische Provinz. Sie braucht Ruhe und Abgeschiedenheit. Sie flüchtet auch aus einem stressigen, komplizierten und eingeengten Leben. ...

Dora flüchtet mit ihrem Hund aus der Großstadt Berlin in die brandenburgische Provinz. Sie braucht Ruhe und Abgeschiedenheit. Sie flüchtet auch aus einem stressigen, komplizierten und eingeengten Leben. Die Pandemie und das Verhalten ihrer Umgebung sind sicher der Auslöser, aber ihre Unzufriedenheit mit sich selbst und ihrem Leben sind wichtige Gründe die Abgeschiedenheit zu suchen.
Und was erwartet sie in der Provinz?

Diesen Roman habe ich genossen. Unzählige Sprüche und Reaktionen von Mitmenschen und Mitleidenden unter der Pandemie haben wir alle gehört und erlebt. Juli Zeh bringt es immer wieder auf den Punkt.

Doras Gedanken zu ihrem Partner Robert fand ich sehr treffend, dieses Übermotivierte und Belehrende sieht man leider all zu oft. Doras Unsicherheit und Unzufriedenheit mit ihrem Leben kennen wir gut. Ihren Mut den Lebensmittelpunkt neu zu justieren und ein anderes Leben auszuprobieren, bewundere ich.

Ihr neuer Kosmos macht ihr Angst und doch versucht sie hinter die Kulissen zu gucken. Ihre Unsicherheit Haltung zu zeigen, ist auch sicher schon jedem von begegnet. Sie bleibt dabei immer Mensch, mitfühlend und hilfsbereit.

Juli Zeh ist eine ausgewöhnlich gute Beobachterin. Sie kann das Gesehene und Gehörte wunderbar umsetzen und spiegelt auf ihre besondere Art Gegenwartsgeschichte.

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