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Veröffentlicht am 12.08.2021

Empfehlenswertes Krimidebüt

Der tote Journalist
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#dertotejournalist ist nicht nur der Auftakt einer neuen Reihe, sondern zugleich das Krimidebüt von Hanna Paulsen.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht Gesa Jansen. Als ihr Kollege Uwe Stolter tot aufgefunden ...

#dertotejournalist ist nicht nur der Auftakt einer neuen Reihe, sondern zugleich das Krimidebüt von Hanna Paulsen.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht Gesa Jansen. Als ihr Kollege Uwe Stolter tot aufgefunden wird, übernimmt sie dessen Part als erste Polizeireporterin. Und bereits hier merkt man deutlich, wie die Medienbranche funktioniert. Es zählen primär Titelgeschichten und Verkaufszahlen, der Mensch selbst bleibt dabei mitunter auf der Strecke. Da ich in diesem Bereich tätig bin, kenne ich das Prozedere mittlerweile, daran gewöhnt habe ich mich allerdings nach wie vor nicht. Umso spannender war es für mich, mitzuerleben, wie Gesa mit dem Druck ihrer Vorgesetzten umgeht und ob es ihr gelingt, die Recherchen nicht nur sachlich anzugehen, sondern sensibel und respektvoll. Schließlich kam ein Mensch ums Leben. Und Uwe Stolter war kein Unbekannter. Über viele Jahre hinweg hat er sich in Hamburg als (ehemaliger erster) Polizeireporter einen Namen gemacht. Gesa und der ihr zugeteilte Björn Dalmann aus dem Kulturbereich müssen herausfinden, wer ihren Kollegen vergiftet hat - und warum.

Insbesondere das Zusammenspiel der beiden Hauptfiguren gefiel mir gut. Da prallen zwei gänzlich unterschiedliche Charaktere aufeinander und müssen das Beste aus dieser Situation machen. Als Leser*in verfolgt man die Entwicklung der beiden und hofft, dass sie sich als Team zusammenraufen können. Dabei lässt die Autorin genug Raum für eigene Spekulationen, sodass man sich wie ein Teil der Ermittlungseinheit fühlt. Bis zum Ende hin recherchiert man mit, kombiniert Fakten und wird von Plottwists angenehm überrascht.

Paulsens Schreibstil ist unaufgeregt und flüssig. Man merkt, dass hier allerlei journalistisches Know-how eingearbeitet wurde. Für all jene, die noch keine Medienluft schnuppern konnten, sicherlich sehr interessant zu lesen.

Fazit: Ein gut konstruierter Plot, Charaktere abseits des Mainstreams und der journalistische Background machen diesen Krimi absolut empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 10.08.2021

Nervenkitzel garantiert!

Neben wem du erwachst
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Stellt euch vor, ihr wacht morgens auf, langt auf die andere Bettseite, um euren Liebsten zu begrüßen, und findet dort plötzlich einen fremden Mann vor. Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, ist dieser ...

Stellt euch vor, ihr wacht morgens auf, langt auf die andere Bettseite, um euren Liebsten zu begrüßen, und findet dort plötzlich einen fremden Mann vor. Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, ist dieser durch und durch von Blut durchtränkt und mit großer Wahrscheinlichkeit tot. Nichts Geringeres passiert der Hauptprotagonistin Louise, in deren Haut ich absolut nicht stecken wollte. Die Arme hat nicht nur einen Kater, sondern auch keinerlei Erinnerung an die letzte Nacht. Schnell wird klar, dass dies eine überaus brenzlige Situation ist, der sie irgendwie entkommen muss, ohne verdächtig zu wirken. Doch eine Frage brennt dem Leser von Anfang an unter den Nägeln: Ist Louise vielleicht doch eine Mörderin?

Der Plot startet so spannend, dass ich sofort gefesselt war und es kaum erwarten konnte, zu erfahren, was es mit dem toten Mann in Louises Bett auf sich hat. Dabei legt Lodge sehr viel Wert aufs Detail und erzählt ihre Geschichte aus zwei Perspektiven. So begleiten wir u.a. die Ermittler, die hervorragende Arbeit leisten. Kapitelweise wechselt die Perspektive dann zu Louises Gedanken, die zunächst ein wenig in die Vergangenheit blicken, sich jedoch schnell der Gegenwart widmen.

Die Protagonisten wurden gut gezeichnet und ausgearbeitet. Zu Louise konnte ich recht schnell einen Bezug herstellen, was wahrscheinlich daran lag, dass sie mir unglaublich leidtat. Ihre Gefühle und Gedanken waren so real, was mir den Charakter sehr nahegebracht hat. Die Ermittler kannte ich bereits aus den vorherigen Büchern und habe mich über das Wiedersehen gefreut. Auch hier hat die Autorin wieder ihr ganzes Fachwissen rausgehauen, den Leser auf falsche Fährten gelockt und Cliffhanger eingebaut, die das Buch noch spannender machten.

Der Schreibstil konnte mich damals schon begeistern, weil er eloquent und flüssig ist. Lodge schafft es auch in diesem Werk, den Spannungsbogen konstant oben zu halten und den Leser immer wieder durch geschickte Plottwists an die Handlung zu fesseln. Hierbei lief mein Kopfkino auf Hochtouren.

Die Auflösung zum Schluss war großartig und für mich der perfekte Abschluss für diese nervenaufreibende Story.

Persönliches Fazit: Ein sympathisches und kompetentes Ermittlerteam trifft auf eine mutige und authentische Protagonistin, die verzweifelt versucht, die vergangene Nacht zu rekonstruieren. Wer auf Nervenkitzel steht, ist mit diesem Krimi bestens beraten.

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Veröffentlicht am 30.07.2021

Inhaltlich gelungener Kontrast

Unter dem Sturm
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Steckt das Böse erblich bedingt in uns? Ist es wirklich eine genetische Veranlagung? Sind Sohn und Enkel automatisch gewalttätig, weil der Vater beziehungsweise Großvater ein narzisstischer, herrischer ...

Steckt das Böse erblich bedingt in uns? Ist es wirklich eine genetische Veranlagung? Sind Sohn und Enkel automatisch gewalttätig, weil der Vater beziehungsweise Großvater ein narzisstischer, herrischer und aufbrausender Charakter ist? Ich meine Nein! Es sind doch immer auch die Umwelteinflüsse, denen wir ausgesetzt sind, die ebenfalls auf unser Verhalten einwirken, oder? Doch dieses kleine schwedische Dorf, in dem es in „Unter dem Sturm“ geht, scheint dies ganz anders zu sehen.

Christoffer Carlsson schildert in seinem Kriminalroman erschreckend ehrlich, wie Vorurteile zu einer wahren Hetzjagd auf den jungen Isak und dessen Familie werden, die weitreichende Folgen auf die gesamte Dorfgemeinschaft haben wird. Die Idee hinter diesem Roman ist einfach genial. Endlich mal ein Kriminalroman, bei dem es nicht stur um die Ermittlungsarbeit der Polizei geht. Leider konnte mich der Roman im Ganzen nicht vollends überzeugen.

Erzählt wird die Story aus zwei Perspektiven in drei zeitlichen Abschnitten, beginnend mit dem Brand 1994. Einerseits wächst Isak mit Fortschreiten der Handlung zu einem erwachsenen Mann heran. Carlsson zeichnet Isak als unsicheren, innerlich zerrissenen Charakter, der Zeit seines Lebens unter den Anfeindungen der Dorfgemeinschaft zu leiden hat. Mit ihm hebt Carlsson die Geschichte auf eine persönliche Ebene, die beängstigend schildert, was der Mordfall für die Familie des vermeintlichen Täters bedeutet. Und dieser Teil der Story ist unumstritten wirklich gelungen.

Andererseits schildert Carlsson die Geschehnisse aus der Sicht des Polizisten Vidar. Je älter dieser wird, umso kritischer steht er den Ermittlungen gegenüber und hinterfragt Ergebnisse, die er als junger Mann als gegeben hingenommen hat. Leider weisen diese Teile der Erzählung einige Längen auf. Immer wieder steht Vidars Privatleben im Mittelpunkt, das sicherlich zur glaubwürdigen Darstellung der Gesellschaftsstruktur beiträgt, mich aber streckenweise ziemlich gelangweilt hat. Hier hätte man die Handlung für meinen Geschmack gern etwas straffen können. Alles in allem gelingt es Carlsson aber, den eigentlichen Kriminalfall mit der nötigen Spannung in einem wohl durchdachten Finale enden zu lassen.

Auf sprachlicher Ebene konnte mich der Autor dann aber doch noch rundum begeistern. Mit einer klaren, berichtenden, beinahe objektiven Sprache schafft er einen gelungenen Kontrast zum inhaltlich sehr dramatisch aufgeladenen Geschehen und hebt so seine psychologische Gesellschaftsstudie auf ein wirklich hohes Niveau.

Persönliches Fazit: Mit „Unter dem Sturm“ liefert Christoffer Carlsson einen Krimi, der mit einer grandiosen Idee grundsätzlich überzeugen kann, mich allerdings aufgrund einiger Längen nicht vollends begeisterte. Trotzdem empfehle ich dieses Buch allen Krimifans, weil es eben nicht einfach um die üblichen Ermittlungsarbeiten, sondern um viel mehr geht: nämlich die Abgründe eines ganzen Dorfes.

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Veröffentlicht am 19.07.2021

Spannend und beklemmend!

Eskalation
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Kennst du das? Du fährst nachts im Dunkeln eine einsame Landstraße entlang und dann taucht ein Auto hinter dir auf. Bleibst du cool, oder machst du dir vor Angst in die Hose? Ich gehöre zur zweiten Kategorie, ...

Kennst du das? Du fährst nachts im Dunkeln eine einsame Landstraße entlang und dann taucht ein Auto hinter dir auf. Bleibst du cool, oder machst du dir vor Angst in die Hose? Ich gehöre zur zweiten Kategorie, und „Eskalation“ hat diese Angst noch deutlich verschärft.

Dina Martin verschwindet nach einem Treffen mit ihrer Freundin spurlos. Was ist ihr passiert? Als auch noch ein toter Polizist auftaucht, nimmt die Story ordentlich an Fahrt auf. Immer wieder wurde ich auf eine falsche Fährte geführt und trieb hilflos durch ein Labyrinth aus Angst und Schrecken. Nora Benrath hat es geschafft, mich mit ihrem Thriller vollkommen in den Bann zu ziehen. Schon die ersten Kapitel hatten es in sich und trieben den Adrenalinpegel nach oben, aber trotzdem steigerte die Autorin die Spannung immer weiter voran. Zeit zum Luftholen blieb kaum!

Zitat Pos. 1606:
„Er hatte sie nicht bekommen. Er ärgerte sich gewaltig, dass ihm die blonde Schnepfe entkommen war. Sein Handeln kam nicht aus dem Nichts. Sie war perfekt gewesen. Doch er hatte gedacht, dass sie sich kooperativer zeigen würde. Wenn sie glaubte, dass er sie verschonen würde, hatte sie sich getäuscht. Er würde sie bekommen! So ein Verhalten würde er sich nicht gefallen lassen.“

Der Schreibstil der Autorin gefiel mir sehr gut: flüssig, lebendig und ohne viel Fachchinesisch. Ich bin problemlos durch die Story gerauscht und hatte einige spannende Lesestunden.

Das Ende hat mich noch einmal völlig umgehauen, denn auf diesen Abschluss war ich partout nicht vorbereitet. War tatsächlich mal eine schöne Abwechslung, nicht schon frühzeitig zu wissen, wie alles ausgeht.

Persönliches Fazit: Mit „Eskalation“ hat Nora Benrath einen spannenden Thriller geschrieben, bei dem ich durch meine Angst hart an die Grenzen gekommen bin. Ich hoffe sehr auf weitere Bücher der Autorin, denn schon dieses war absolut lesenswert. Die Story war mal etwas anderes für mich und zeigte mir, wie leichtfertig man eigentlich mit seiner Handynummer umgeht.

Thriller- und Krimilesern kann ich das Buch wärmstens empfehlen.

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Veröffentlicht am 15.07.2021

Würdest du Geist und Seele eines geliebten Menschen nach dessen Tod in einer Maschine am Leben erhalten?

Companions – Der letzte Morgen
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Wir alle wissen wohl nur zu gut, was ein Lockdown für eine sozialorientierte Gesellschaft bedeuten kann: Konflikte, Unzufriedenheit und Distanz bis hin zur Isolation. Und das Ganze über Jahre? Das scheint ...

Wir alle wissen wohl nur zu gut, was ein Lockdown für eine sozialorientierte Gesellschaft bedeuten kann: Konflikte, Unzufriedenheit und Distanz bis hin zur Isolation. Und das Ganze über Jahre? Das scheint dann doch irgendwie unvorstellbar. So aber sieht die Realität in Katie M. Flynns „Companions“ aus.

Flynn verbindet düstere Zukunftsszenarien, die irgendwie doch nicht so fern sind, mit kriminalistischen Zügen, die so einige Überraschungen bereit halten. Wirklich beängstigend fand ich dabei die Verhaltensweisen, die sowohl im Umgang mit Mitmenschen als auch mit den Companions zu Tage treten. Flynn entwickelt ein Gesellschaftsbild, das extrem von Macht und Geld regiert wird und in Zeiten der Quarantäne ernste Züge eines Überwachungsstaates aufweist. Und erst Recht nach der Quarantäne gilt: Wer nicht nach den Regeln spielt oder nicht mehr gebraucht wird, wird „entsorgt“.

Alle handelnden Figuren sind so gezeichnet, dass sie sich perfekt in dieses Bild einfügen. Mich überzeugten sie durch ihre realistische, empfindsame und intelligente Darstellung. Auch wenn Lilac eine der tragenden Figuren mit einem dramatischen Schicksal ist, so konnte sie bei mir, vor allem mit Fortschreiten der Handlung, nur wenige Sympathien wecken. Viel fesselnder waren für mich die Storys derer, die im Laufe der Zeit in irgendeiner Verbindung zu ihr standen, egal ob direkt oder indirekt. Allen voran habe ich mit Gabe, Kit und Nat mitgefiebert, die alle drei auf ihre Weise zu wahren Sympathieträgern wurden.

Auch sprachlich treibt Flynn die Handlung temporeich voran. Dazu trägt unter anderem der ständige Wechsel zwischen den Perspektiven der handelnden Figuren entscheidend bei. Mit ihnen wechseln zudem die Schauplätze, jedoch führen sämtliche Stränge über kurz oder lang zueinander. Zwischenzeitlich waren es jedoch so viele, dass ich mich im Nachhinein noch immer frage, ob wirklich alles aufgedröselt wurde, oder mir in der Menge einfach etwas entgangen ist. Schlussendlich entwickelt Flynn aber eine klare, wohl durchdachte Story, die mit so mancher Wendung überzeugen kann und uns nachdenklich mit einem beklemmenden Grummeln im Magen zurücklässt.

Persönliches Fazit: Mit „Companions“ liefert Katie M. Flynn einen spannenden und kurzweiligen Roman, der mich persönlich gut unterhalten hat. Fans von futuristischen Storys kann ich dieses Buch daher in jedem Fall empfehlen.

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