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Veröffentlicht am 30.08.2021

Abwechslungsreche, spannende und berührende Geschichte weit über die Theorie der Parthenogenese hinaus. Ein Buch über Freundschaft, Liebe, Tugendhaftigkeit und Begehren in den späten 1950er-Jahren.

Kleine Freuden
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Die 39-jährige Jean Swinney arbeitet bei einer lokalen Tageszeitung in einem Vorort von London und ist dort für die Kolumne für Haushalts. und Gartentipps zuständig. Als sich eine junge Frau nach einem ...

Die 39-jährige Jean Swinney arbeitet bei einer lokalen Tageszeitung in einem Vorort von London und ist dort für die Kolumne für Haushalts. und Gartentipps zuständig. Als sich eine junge Frau nach einem Zeitungsartikel über das Phänomen der Parthenogenese - der Jungfernzeugung - meldet und behauptet, dass ihre inzwischen zehnjährige Tochter das Ergebnis einer solchen unbefleckten Empfängnis ist, ist Jean, die nur auf eine Gelegenheit gewartet hat, anspruchsvollere Texte zu schreiben. bereit zu recherchieren und Gretchen Tilbury zu interviewen.
Die junge Frau macht einen bodenständigen und vernünftigen Eindruck, ihre Tochter Margaret ist ganz entzückend und auch ihr besonnener Ehemann Howard zeigt sich offen für Fragen und zweifelt nicht an der Behauptung seiner Ehefrau. Weitere Recherchen Jeans und Interviews mit Bekannten Gretchens zum Zeitpunkt der Zeugung sowie diverse Untersuchungen von Medizinern können die These nicht widerlegen. Es gibt keine Zweifel an der Aufrichtigkeit Gretchens, die mit ihrer Geschichte weder an die Öffentlichkeit drängt, noch Geld verdienen möchte, aber eine seriöse Beweisführung ist dennoch schwierig und langwierig.
Jean freundet sich in den Monaten ihrer Recherche mit der Familie an und kommt ihr emotional näher, als gut für sie und die Objektivität des Artikels ist. Dass Gretchen aufgrund der Aufarbeitung ihrer Geschichte eine unerwartete Entscheidung trifft, führt zu weiteren Schwierigkeiten und einem Gewissenkonflikt von Jean.

Der Roman handelt im Jahr 1957, weshalb die Möglichkeit genetischer Tests noch stark eingeschränkt ist. Dennoch - oder gerade deshalb - ist es spannend, mit welchen Vergleichstests zwischen Mutter und Tochter die Ärzte zu belegen versuchen, dass an der Zeugung keine weitere Person außer Gretchen beteiligt war.
Die Untersuchungen, die die Geduld von Gretchen strapazieren, geraten im Verlauf des Romans in den Hintergrund. Vordergründig ist vielmehr Jeans Leben, das durch ihre widerspenstige und unbeholfene Mutter derart eingeschränkt ist, dass sie kaum ein eigenes Leben führen kann. Mit den Tilbury freundet sich sich jedoch derart an, dass ihre Mutter zurückstecken muss. Mit Gretchen, die liebenswürdig und hilfsbereit ist, knüpft sie zarte Bande der Freundschaft, für Margaret wird Jean zu einer Tante, mit der sie Ausflüge unternimmt und zu dem sympathischen, integren Howard entwickelt sie Gefühle, die sie sich am liebsten verbieten würde.

"Kleine Freuden" ist eine abwechslungsreche, spannende und berührende Geschichte, die sich weg von der Theorie und Beweisführung der Parthenogenese unerwartet entwickelt. Sie handelt von Freundschaft, Verantwortung für die Familie, von Pflichtbewusstsein, Tugendhaftigkeit, Begehren und unerlaubter Liebe. Die liebevoll gezeichneten Charaktere tragen die Erzählung und machen sie zu etwas ganz Besonderem.
Bewegend wird geschildert, mit welchen inneren Konflikten die Figuren zu kämpfen haben und wie rücksichtsvoll und zurückhaltend sie auf sie reagieren und ihr eigenes Glück hintanstellen.
Die Atmosphäre der späten 1950er-Jahre ist dabei deutlich spürbar und durch Details aus dem Alltagsleben der Protagonisten und den Ausschnitten aus Jeans Kolumne bildhaft beschrieben. Fragen von Anstand und Moral werden noch traditioneller beantwortet und gesellschaftliche Konventionen spielen eine größere, das Individuum einschränkende, Rolle.

Sowohl der wissenschaftliche als auch der emotionale Erzählstrang ist so fesselnd beschrieben, dass man das Buch nur ungern aus der Hand legt und sich der Hoffnung hingibt, dass die Geschichte für alle Beteiligten, denen man ihre Gefühle nicht zum Vorwurf machen kann, glücklich ausgehen wird. Es ist ein Buch voller Charme, Nostalgie und unterdrückter Gefühle, das mir aufgrund seiner Warmherzigkeit und Vielschichtigkeit fesselnde Lesestunden bereitet hat.

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Veröffentlicht am 26.08.2021

Vier unterschiedliche Schwestern und ihre Annäherung nach einer schockierenden Nachricht, die ein Trauma aus der Vergangenheit wachruft.

Weil wir Schwestern sind
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Katharina, Eva, Judith und Miriam, aufgewachsen im Alten Land, sind vier Schwestern, die wenig gemeinsam haben. Die älteste Katharina arbeitet als Kardiologin im Krankenhaus. In persönlichen Herzensangelegenheiten ...

Katharina, Eva, Judith und Miriam, aufgewachsen im Alten Land, sind vier Schwestern, die wenig gemeinsam haben. Die älteste Katharina arbeitet als Kardiologin im Krankenhaus. In persönlichen Herzensangelegenheiten ist allerdings unbeholfen, führt wechselnde Beziehungen und leidet unter Bindungsängsten. Eva ist verheiratet und Mutter dreier Töchter und setzt sich selbst damit unter Druck, die perfekte Ehefrau, Hausfrau und Mutter sein zu müssen. Judith ist engagierte Lehrerin an einer Problemschule und unglücklicher Single. Miriam ist die jüngste, die bisher rastlos durch die Welt getingelt ist und ihre Unabhängigkeit genießt.
Als die Schwestern die Nachricht erhalten, dass ihre Mutter Hannah, die vor 27 Jahren ausgewandert ist, um ein Waisenhaus in Nepal zu eröffnen, schwer verletzt ist und zur medizinischen Behandlung nach Deutschland kommen soll, kommen alle vier Schwestern in Hamburg zusammen. In all den Jahren hatten sie nichts mehr von ihrer Mutter gehört und jede von ihnen reagiert anders auf die angekündigte Rückkehr. Während Katharina und Eva regelrecht Angst haben, dass mit Hannahs Ankunft unangenehme Wahrheiten ans Licht kommen könnten, möchte Judith einfach nur helfen und die Pflege für ihre Mutter organisieren und Miriam ist neugierig und möchte Hannah, die sie nur aus Erzählungen kennt, endlich kennenlernen.

Jede der vier Schwestern hat den frühen Verlust der Mutter anders empfunden und verarbeitete. Für die älteste Katharina war das Verlassen werden am schwersten zu verkraften, denn sie war damals bereits zehn Jahre alt. Für Miriam ist Hannah eine fremde Person, die sie für ihren Mut, sich in Nepal ein neues Leben aufzubauen, bewundert.

Der Roman ist kapitelweise aus der Perspektive von einer der vier jungen Frauen geschrieben, so dass man in jede Lebenswirklichkeit tief eintauchen kann und ihre ganz unterschiedlichen Probleme nachvollziehen kann. Denn es ist nicht nur die geplante Rückkehr Hannahs, die die Schwestern beschäftigt, sondern ganz individuelle Sorgen, die nicht nur durch die Anspannung zutage treten. Die vier Schwestern kommen sich damit nach all den Jahren emotionaler Distanz näher und sind trotz gegenteiliger Meinungen für einander da.

Alle Charaktere sind individuell gezeichnet und durch den warmherzigen, empathischen Schreibstil sowie die lebendigen Dialoge kann man sich gut in die Lage der jeweiligen Erzählstimme hineinversetzen. Trotz einiger schwieriger Themen wie Einsamkeit, Verlustängsten, mangelndem Selbstwert, der Suche nach sich selbst und den eigenen Wurzeln, ist der Roman nicht schwermütig, sondern abwechslungsreich und unterhaltsam. Zudem ist spannend zu erfahren, wie sich die Schwestern annähern, welche Entscheidung sie in Bezug auf ihre Mutter treffen und vor allem, wie Hannah es vor all den Jahren übers Herz bringen konnte, ihre vier Töchter und ihren Ehemann zu verlassen. Ihre Beweggründe zu erfahren und zu sehen, wie sich die jungen Frauen weiterentwickeln, eine Beziehung zu einander aufbauen und an ihren Problemen wachsen, fesseln an die Seiten und machen den Roman zu einem vielschichtigen, tiefgründigen Leseerlebnis mit sympathischen Charakteren, die aus dem Leben gegriffen sind.

Es ist eine äußerst kurzweilige Familiengeschichte, die von der Verarbeitung eines einschneidenden Erlebnisses aus der Vergangenheit handelt, die jedoch insbesondere durch die Fokussierung auf jede einzelne Schwester lebendig wird und die Leserin damit für sich einnimmt.

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Veröffentlicht am 21.08.2021

Spannende und emotionale Geschichte über eine Familie, die durch die Geheimnisse, die sie vor einander haben, zu zerbrechen droht.

Sieben Tage am Fluss
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Anlässlich der Hochzeit ihrer älteren Schwester Lucy kehrt Margot nach langer Zeit wieder zurück in ihr Elternhaus, das Gutshaus Windfalls in Somerset. Nach einen schweren Streit mit ihrer Mutter Kit, ...

Anlässlich der Hochzeit ihrer älteren Schwester Lucy kehrt Margot nach langer Zeit wieder zurück in ihr Elternhaus, das Gutshaus Windfalls in Somerset. Nach einen schweren Streit mit ihrer Mutter Kit, einer bekannten Romanautorin, hatte Margot ihr Zuhause verlassen und alle weiteren familiären Treffen waren seitdem von Anspannung und Streits geprägt. Lucy möchte bei ihrer Spontanhochzeit die ganz Familie um sich haben, um eine Neuigkeit zu verkünden. Die älteste Schwester Eve, die verheiratet ist und zwei Töchter hat, führt ein nach Außen perfektes Leben, doch auch sie hat mit ihren Dämonen zu kämpfen und ist sichtlich bemüht, den äußeren Schein zu wahren.
Während die Sorrells für eine Woche zusammenkommen, um zu feiern, müssen sie sich schmerzhaften Erinnerungen stellen und grausamen Wahrheiten ins Auge blicken.

"Sieben Tage am Fluss" ist ein Roman über eine Familie, die durch die Geheimnisse, die sie vor einander haben, zerbrochen ist. Die jüngste Margot gilt als die Übeltäterin, denn niemand von ihnen ahnt, dass sie nicht einfach nur eine aufmüpfige pubertierende Teenagerin war, die die Trennung ihrer Eltern nicht akzeptieren konnte, sondern etwas erlebt hat, dass sie so nachhaltig erschüttert hat, dass sie bisher mit niemandem darüber sprechen konnte. Doch in Windfalls kommen unweigerlich die Erinnerungen in ihr hoch, die sie einsam und wütend machen. Erst als auch Lucy eine Offenbarung macht, die die Familie schockiert, findet auch Margot den Mut, sich zu öffnen.

Der Roman ist spannend geschildert, denn die Wahrheiten werden nur zögerlich enthüllt, während die Geschichte zwischen den Ereignissen der Vergangenheit und Rückblenden in die Kindheit und Jugend der drei Schwestern und der Gegenwart der Hochzeitswoche alterniert. Keine der Schwestern ist so wie der Eindruck zunächst erweckt. Weder ist Lucy so fröhlich und unbeschwert, wie sie vorgibt, noch ist Eve so geradlinig und makellos und Margot so trotzig und böswillig. Die Romanfiguren vielschichtig und authentisch und durch die wechselnden Sichtweisen kommt man jeder von ihr nahe.

Die Enthüllungen gehen zu Herzen und sind so eindrücklich, dass das scheinbare egoistische Verhalten der Protagonisten erklärlich wird und einen nachvollziehbaren Hintergrund hat.
Die Mischung aus Spannung und Emotionen ist perfekt ausbalanciert. Konfrontationen, verletzte Gefühle und Missverständnisse sind zu Beginn allgegenwärtig, aber die Charaktere wachsen einem im Verlauf der Handlung ans Herz, dass man Hoffnung auf Versöhnung und einen Neuanfang der Sorrells hegt, denn das Band der Familie ist nach wie vor eng und die Liebe trotz aller Enttäuschungen untereinander spürbar. Tragisch bleibt am Ende dennoch, welchen Auslöser es erst geben musste, um die Chance dafür zu bereiten.

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Veröffentlicht am 19.08.2021

Authentisch geschilderte dramatische Familien- und Liebesgeschichte vor außergewöhnlicher Kulisse.

Liebe und Verderben
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1974 zieht Lenora Allbright im Alter von dreizehn Jahren mit ihren Eltern Cora und Ernt nach Kaneq in Alaska. Sie alle haben die Hoffnung auf einen Neuanfang und dort glücklich zu werden, nachdem sie inzwischen ...

1974 zieht Lenora Allbright im Alter von dreizehn Jahren mit ihren Eltern Cora und Ernt nach Kaneq in Alaska. Sie alle haben die Hoffnung auf einen Neuanfang und dort glücklich zu werden, nachdem sie inzwischen so oft umgezogen sind. Ernt ist Kriegsveteran aus Vietnam und war dort sechs Jahre in Gefangenschaft, weshalb er unter Flashbacks und Posttraumatischen Belastungsstörungen leidet. Seinen Frust darüber ertränkt er in Alkohol oder münzt ihn in Gewalt um.
Die Anfangszeit in Alaska ist hart und arbeitsreich, aber Ernt steht damit vor neuen Herausforderungen und ist beschäftigt und selbst Leni, die sich immer als "die Neue" in diversen Schulen vorstellen musste, fühlt sich in dem kleinen abgeschiedenen Ort bald wohl. In Matthew, dem einzigen gleichaltrigen Mitschüler, findet sie sogar einen guten Freund. Doch der lange Winter drückt auf die Stimmung und Ernt verfällt in alte Muster. Zudem spaltet er den einst friedlichen Ort, indem er aus Eifersucht und Neid Streit mit alteingesessenen Bewohnern anfängt.
Leni wächst heran und wird langsam zur Frau und verliebt sich in Matthew, zu dem Ernt ihr jedoch jeden Kontakt untersagt. Seine Wutausbrüche werden immer schlimmer, seine Ansichten und Weltuntergangsszenarien immer extremer, bis er seine Familie komplett von allen anderen abschottet, um sie zu schützen. Doch die Gefahr droht weniger von außen, sondern geht allein von ihm aus. Als Cora und Leni Ernt nicht mehr länger aus Liebe in Schutz nehmen können und endgültig beschließen, ihn zu verlassen, kommt es zur Katastrophe.

"Liebe und Verderben" ist ein ebenso dramatischer wie treffender Titel für einen Roman, der eine spannende und emotionale Geschichte voller Liebe, Tragik, Angst und den Kampf ums Überleben erzählt. Alaska ist dabei eine besondere, einerseits bezaubernde und wunderschöne Kulisse, andererseits aber auch ein unheimlicher und gefährlicher Ort.
Die Schilderung des einfachen Lebens in den 1970er-Jahren ohne Strom und fließendes Wasser, die Landschaftsbeschreibungen von Wäldern, Fjorden und den dort lebenden Tieren sind beeindruckend und so anschaulich, dass man als Leser tief in die Geschichte eintaucht. Die Erschwernisse durch Klima und Natur, aber auch durch die Einsamkeit, di die Menschen absonderlich werden lässt, sind eindrucksvoll und nachvollziehbar geschildert und sorgen für Beklemmung.

Diese unheimliche Grundstimmung passt perfekt zu der tragischen Familiengeschichte der Allbrights. Sie schildert die toxische Beziehung zweier Liebenden, die nicht ohne einander leben können, aber miteinander nicht glücklich werden. Ernt ist krankhaft eifersüchtig und verliert über die Jahre immer mehr die Kontrolle über sich, während Cora den Fehler macht, ihm immer wieder zu verzeihen und ihn provoziert, um seine Liebe zu spüren. Je älter Leni wird, desto mehr durchschaut sie die Situation, kann aber nichts an ihr ändern, was sich für sie am Ende besonders tragisch auswirkt.
Trotz der Weite des Landes sind sie gefangen und kämpfen bald wenige gegen die Wildheit der Natur, sondern vielmehr gegen die Wildheit, die im Menschen selbst innewohnt.

Nicht nur die außergewöhnliche Kulisse, auch die authentisch geschilderte dramatische Familien- und Liebesgeschichte machen das Buch zu einer Reise in ein beeindruckendes Land und zu Menschen, denen man erschüttert, aber doch nachvollziehbar folgerichtig zusieht, wie sie sich ins Verderben stürzen. Die Geschichte steckt voller individueller Charaktere, ist abwechslungsreich, realitätsnah und vor allem emotional mitreißend erzählt.

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Veröffentlicht am 14.08.2021

Bittersüßer, charmanter Roman über die Situation schwarzer Dienstmädchen in den 1960er-Jahren

Gute Geister
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Aibileen Clark arbeitet Anfang der 1960er-Jahre als schwarzes Dienstmädchen bei der unterkühlten Miss Leefolt in Jackson, Mississippi, die es gerne ihrer Angestellten überlässt, ihre zweijährige Tochter ...

Aibileen Clark arbeitet Anfang der 1960er-Jahre als schwarzes Dienstmädchen bei der unterkühlten Miss Leefolt in Jackson, Mississippi, die es gerne ihrer Angestellten überlässt, ihre zweijährige Tochter zu erziehen. Aibileen liebt die kleine Mae Mobley und kann sich nicht zurückhalten, ihr Geheimgeschichten über Martin Luther King oder über Freundschaften wischen schwarzen und weißen Mädchen zu erzählen. Sie möchte nicht, dass das Kind später selbst so engstirnig wird wie die Generation ihrer Mutter.
Minny jackson hat gerade ihre Arbeitsstelle in einem Haushalt bei einer älteren Dame verloren. Sie ist für ihre herausragenden Kochkünste berühmt, aber auch für ihr loses Mundwerk, weshalb die Tochter ihrer letzten Arbeitgeberin, die einflussreiche Hilly Holbrook, es zu verhindern weiß, dass Minny wieder eine Anstellung in der Stadt findet.
Die 23-jährige Eugenia "Skeeter" Phelan kommt nach einem erfolgreichen Studium zurück auf die Baumwollplantage ihrer Eltern. Ihre Mutter ist bemüht, einen Mann für ihre Tochter zu finden und unterstützt nicht ihre Pläne, als Journalistin zu arbeiten. Heimlich bewirbt sich Skeeter auf eine Stelle bei einer Zeitung in New York, erhält jedoch eine Absage. Die Herausgeberin erkennt dennoch ihr Talent und gibt ihr den Rat, sich erst einmal bei einer lokalen Zeitung zu bewähren und Erfahrungen zu sammeln. Notgedrungen übernimmt sie eine Kolumne mit Haushaltstipps, obwohl sie davon nicht die geringste Ahnung hat. Sie sucht sich Hilfe bei Aibileen, dem Dienstmädchen ihrer Freundin Elizabeth Leefolt. Dabei wird die Idee in Skeeter wach, ein Buch über die Situation schwarzer Dienstmädchen zu schreiben. Dazu möchte sie möglichst viele Dienstmädchen in Jackson interviewen, was viel schwerer ist, als gedacht. Die Frauen trauen sich nicht, offen über ihre Arbeitsverhältnisse zu sprechen. Ausnahmen bilden Aibileen und Minny, die jedoch in ständiger Angst leben, für ihre Aussagen bestraft zu werden. Die drei Frauen ahnen nicht, was sie ins Rollen bringen - in einer Zeit, in der die Rassentrennung als gottgegeben hingenommen wird und nicht weiter hinterfragt werden darf.

"Gute Geister" ist ein eindrucksvolles Buch, das inzwischen erfolgreich verfilmt wurde. Der Roman ist abwechselnd aus der Perspektive einer der drei Hauptfiguren geschrieben. Die Autorin schafft es, alle drei mit Leben zu erwecken, denn durch feine Nuancen wie der unterschiedlichen Art und weise sich auszudrücken und ihrer liebenswerten Eigenheiten werden sie zu ganz individuellen Persönlichkeiten.
Als Leser erlebt man hautnah mit, wie es ist, in den 1960er-Jahren als schwarzes Dienstmädchen in einem weißen Haushalt zu arbeiten. Es ist erniedrigend und beschämend, mit welcher Selbstverständlichkeit eine Rassentrennung vollzogen wird und Farbige als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Mannigfaltige Beispiele werden anschaulich beschrieben, die die Trennung zementieren - sei es die separate Toilette, Krankheiten, die von Schwarzen übertragen werden oder dass Aibileen ihren Lunch nicht im Kühlschrank der Familie aufbewahren darf. Die weißen Ladys fühlen sich großzügig darin, schwarze Angestellte zu beschäftigen und ihnen ihre abgelegten Kleider zu schenken. Zudem sammeln sie für ihr reines Gewissen Gelder für Kinder in Afrika. Die Scheinheiligkeit ihrer Tätigkeiten nehmen sie selbst nicht wahr.
Neben den Einzelschicksalen in den Haushalten sind es aber auch die größeren Ereignisse in der Stadt und die Folgen der Rassenunruhen, die zu herzen gehen, wenn wieder einmal ein Schwarzer wegen einer Nichtigkeit verprügelt, misshandelt oder gar willkürlich durch den Ku Klux Klan erschossen wird.
Hoffnung schenkt dabei der Mut, der etwas naiv wirkenden Skeeter und vor allem der von Aibileen und Minny, die mit ihren Erzählungen ihr Leben riskieren. Die drei stehen für einen Umbruch und einschneidende Veränderungen - nicht nur für ihre eigenen Leben, sondern auch für die Gesellschaft, die mit diesem Skandalbuch aufgerüttelt werden wird.

"Gute Geister" ist ein bittersüßer Roman, der viele erheiternde Episoden enthält und sehr lebensnah und unterhaltsam geschrieben ist, aber grundsätzlich ein sehr ernstes, bedrückendes Thema behandelt, das an seiner Aktualität nicht so viel verloren hat. Auch wenn auf dem Papier alle Menschen gleich sind, zeigen die Nachrichten doch fortlaufend, dass diese Norm noch lange nicht gesellschaftlich verwurzelt ist.
Das Buch regt zum Nachdenken an, ist durch die liebenswerten Charaktere, die klammheimlich so herrlich abfällig über ihre Arbeitgeberinnen denken und die überheblichen weißen Ladys, die weltfremd mit übertriebenen Ängsten leben, ohne erhobenen Zeigefinger, sondern ironisch und amüsant geschrieben. Die Darstellung ist nicht nur Schwarz-Weiß, sondern in Grauschattierungen, denn in beiden Bevölkerungsgruppen gibt es gute und schlechte Menschen.

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