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Veröffentlicht am 24.08.2021

Schwesterlicher Guerilla-Kampf

SCHWEIG!
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Schauplatz ist der 23.12. in der 10-Zimmer-Villa von Sue. Sie wird von ihr alleine bewohnt, nachdem ihre Ehe zerbrochen ist und sie ungewollt kinderlos geblieben ist. Sue hat alles Überflüssige an Klamotten, ...

Schauplatz ist der 23.12. in der 10-Zimmer-Villa von Sue. Sie wird von ihr alleine bewohnt, nachdem ihre Ehe zerbrochen ist und sie ungewollt kinderlos geblieben ist. Sue hat alles Überflüssige an Klamotten, Deko etc. aus ihrem Leben verbannt. Gerade ist ein Schneesturm im Anzug und hier draußen in der Einsamkeit gibt es keine stabil funktionierende Netzverbindung. Nachdem das letzte Weihnachtsfest in einem Disaster geendet hat, macht sich die ältere Schwester Esther Sorgen um die labile Sue und kommt unangekündigt zu Besuch, um ihr ein Weihnachtsgeschenk zu bringen. Martin, Esthers Ehemann, und die Kinder sind zu Hause in der Stadt geblieben, dort sind die Weihnachtsvorbereitungen in vollem Gange.

Dieses, ich würde sagen, Kammerspiel wird durch drei Personen geprägt, die jeweils aus ihrer Perspektive erzählen - die Schwestern Esther und Sue, sowie Martin.

Esther, die Ältere, hatte in ihrer Kindheit ein traumatisches Erlebnis, über das nie gesprochen wurde. Daraus resultiert in dominantes, ständig beschützendes, kontrollierendes, manipulatives und bevormundendes Wesen. Sie übernimmt bei allem die Führung. Das bekommen die Schwester, der Ehemann und die Kinder zu spüren. Sue, die Jüngere, hat Zeit ihres Lebens darunter gelitten und hatte es dadurch sehr schwer, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Sie erzählt für den Leser über die kleinen Gemeinheiten, die sie sich ausgedacht hat, um ihre Schwester zu ärgern. Von der Mutter wurde Sue allerdings verhätschelt. Sie müßte regelmäßig Psychopharmaka nehmen, deren Einnahme Esther allerdings bezweifelt. Martin, Esthers Ehemann, weiß, daß diese Ehe ein Fehler war, denn auch er wird von seiner Frau kontrolliert, vor allem was seinen Alkoholkonsum betrifft.


Sehr spannend und fesselnd wird dieser Tag beschrieben. Die Atmosphäre des Schneesturms, die Einsamkeit des Hauses und das nicht konstant funktionierende Telefon befeuern die bevorstehende Bedrohung und Eskalation. Tja, und auf den ungewohnten Alkoholkonsum der Schwestern und die sehr offenen Worte folgte der Eklat mit einem Ausgang, den ich natürlich keinesfalls verraten werde, nur soviel – es überleben nicht alle diesen Tag.

Die Figuren wurden sehr detailliert charakterisiert, im Laufe der Geschichte versteht man die einzelnen Personen und ihre Handlungen immer besser und kann sie nachvollziehen. Das Ende bringt jedoch nochmals eine völlig überraschende Wende.

Von mir bekommt dieser Pageturner auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 22.08.2021

Patchwork der Seelen

Niemandsmeer
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Dieser Roman hat einen wahren historischen Hintergrund. Es gab tatsächlich 1841 ein Schiff namens Rajah, das nach Tasmanien unterwegs war - mit 200 Frauen, die wegen Bagatelldelikten verurteilt waren, ...

Dieser Roman hat einen wahren historischen Hintergrund. Es gab tatsächlich 1841 ein Schiff namens Rajah, das nach Tasmanien unterwegs war - mit 200 Frauen, die wegen Bagatelldelikten verurteilt waren, an Bord. Auf der Reise wurde der bekannte Rajah-Quilt von ihnen gefertigt.

Hope Adams hat diese Begebenheiten zu einem Roman verarbeitet und der Leser geht mit auf die 105-tägige Reise. Neben Kapitän Charles Ferguson, nehmen der Schiffsarzt James Donovan, Reverend Davis und die Aufseherin Kezia Hayter wichtige Funktionen ein.

Kezia hat 18 Frauen ausgewählt und um sie auf der langen Reise sinnvoll zu beschäftigen, einen Nähzirkel gegründet. Das Ziel ist, einen Quilt anzufertigen, dessen Aussehen Kezia in ihrer Vorstellung schon genau vor Augen hat. Sie möchte mit dieser Beschäftigung die Verbundenheit der Frauen untereinander fördern und sie zu Gesprächen anregen, denn jede hat ihre ganz spezielle Vergangenheit. Natürlich kann es auf einer solch langen Reise nicht ohne Probleme abgehen. So gibt es unter den Gefangenen eine gewisse Grüppchenbildung, es kommt zu Unstimmigkeiten bezüglich ungewollter und dann weggegebener Kinder, verschiedener Liebeleien und zu einem Mord. Eine Gefangene hat sich mit einer falschen Erkennungsmarke an Bord begeben, um in Tasmanien ein neues Leben zu beginnen. Die Hauptfiguren müssen nun die Mörderin finden, um sie bei der Ankunft der Polizei übergeben zu können.

Kezia war mir sympathisch – sie ist eine gebildete, religiöse, junge Dame und sie versucht, die Frauen zu verstehen, die meist aus der Not heraus ihre Taten begangen haben. Am 105. Tag macht sie den letzten Stich und vollendet die Decke, die dem Gouverneur übergeben werden soll. Auch der Kapitän und seine Hingezogenheit zu Kezia kam sehr schön zum Ausdruck.


Die Autorin hat einen flüssigen Schreibstil, der einen das Buch kaum aus der Hand legen läßt. Sie schildert die Reise und die Umstände sehr realistisch und die Schicksale nachvollziehbar. Sie hat sehr gut und mit viel Gefühl beschrieben, daß die Frauen so verschieden waren wie eine Patchworkdecke. Gelungen fand ich die Überschriften mit der Beschreibung jeweils eines Patchworkteilchens.

Ich habe den Roman sehr gerne gelesen und empfehle ihn auf jeden Fall weiter!

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Veröffentlicht am 20.08.2021

Spannender, komplexer Fall

Neben wem du erwachst
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Die Polizei erhält die Meldung, daß ein Toter im Vorgarten der Familie Reakes liegt. Die 28jährige Harfinistin Louise Reakes ist nach einer durchzechten Nacht noch etwas benebelt, denn sie war mit ihrer ...

Die Polizei erhält die Meldung, daß ein Toter im Vorgarten der Familie Reakes liegt. Die 28jährige Harfinistin Louise Reakes ist nach einer durchzechten Nacht noch etwas benebelt, denn sie war mit ihrer Freundin April Dumont in einer Bar und es gab wieder einmal eindeutig zuviel Alkohol, deshalb kann sie keine genaueren Erklärungen abgeben. Sie persönlich weiß nur, daß sie neben dem Toten, Alex Plaskitt, aufgewacht ist.

In einem Strang erfährt der Leser, daß ein Team der Polizei die Ermittlungen aufnimmt und das Umfeld von Alex unter die Lupe nimmt. In einem zweiten Strang berichtet Louise ihrem Ehemann Niall wie sie nach ihrer Erinnerung die Dinge sieht.

Zuerst stehen eindeutig Louise, Niall und April im Mittelpunkt der Geschichte. Die Ehe der beiden ist zweifellos nicht so glücklich. Louise hat zufällig die Kontoauszüge ihres Mannes gesehen und für sie ergaben sich dabei sehr viele, ungeklärte Fragen. Außerdem hält Niall noch eine sehr enge, für Louise zu enge, Verbindung zu seiner Ex-Ehefrau Dina. April wiederum animiert Louise vor allem zum übermäßigen Alkoholkonsum, wobei Louise in diesem Zustand selbstbewußter und lockerer wird.

Der Leser fragt sich natürlich wie kam es dazu, daß Alex im Bett neben Louise lag. Und zweitens wie kann es sein, daß sie neben dem Toten erwacht ist und plötzlich liegt er im Vorgarten. Auch bei den Erzählungen von Louise an Niall habe ich mich ständig gefragt, ob es die Wahrheit ist oder ob Luise das im Alkoholnebel so sieht. Ebenso bei den Figuren von Niall und April gibt es etliche Fragen und Geheimnisse, die erst am Ende geklärt werden. Es gibt bei dem ganzen Fall viele Wendungen, falsche Vermutungen und am Ende wird der Leser mit der Auflösung überrascht.

Die Figuren von Louise, Niall und April wurden sehr gut charakterisiert, man hatte ein klares Bild vor Augen. Die Polizeiarbeit fand ich realistisch beschrieben, gut nachvollziehbar und sie konnten trotz der vielen Verdächtigen den Fall erfolgreich abschließen. Das Privatleben der Beamten mit ihren Problemen wurde immer wieder eingestreut und hat den reinen Ermittlungsfall aufgelockert. Wobei vor allem die Bedrohung von Juliette Hanson durch ihren Exfreund Damian für den Leser förmlich spürbar war.

Es war ein Thriller, der spannend und flüssig zu lesen war. Ich hatte unterhaltsame Lesestunden und empfehle ihn gerne weiter!

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Veröffentlicht am 06.08.2021

Ein Pageturner

The Call
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Protagonistin ist Charlotte Knopfler, eine junge, vielversprechende Gehirnchirurgin. Bei einer Operation kommt es zu einem Zwischenfall, daraufhin geht ihre Beziehung zum Professor in die Brüche, sie wird ...

Protagonistin ist Charlotte Knopfler, eine junge, vielversprechende Gehirnchirurgin. Bei einer Operation kommt es zu einem Zwischenfall, daraufhin geht ihre Beziehung zum Professor in die Brüche, sie wird in eine psychiatrische Klinik eingewiesen und es dauert einige Zeit bis sie wieder auf die Beine kommt. Anschließend macht sie eine Ausbildung in Akupunktur und Reiki und eröffnet mit ihrer Freundin Rachel eine Praxis. Sie ist wieder verliebt in einen sehr geheimnisvollen Peter, den sie in einem Chatroom für Trauma-Betroffene kennengelernt hat. Einziger Haken, er arbeitet für eine Bundesbehörde und hat deshalb nicht soviel Zeit, sich mit ihr zu treffen. Ein anderer negativer Aspekt in ihrem Leben ist, daß sich ihre Freundinnen immer mehr von ihr abwenden, aber weshalb? Und dann tritt ein neuer, zweifelhafter Patient in ihrer Praxis auf, der einen Termin bei ihr haben möche.

Aktuell wird in einem Park die Leiche von Brooke Harmon gefunden. Sie wurde mit Belladonna vergiftet und hatte als Kontaktperson Charlotte angegeben. Charlotte erhält einen Anruf, um die Tote zu identifizieren, aber sie kann sich an die Person nicht erinnern. Gibt es eventuell eine Verbindung zu ihrer Vergangenheit? Die Detectives Silvestri und Wolcott nehmen die Nachforschungen auf. Als nach kurzer Zeit auch noch Charlotte die Leiche ihrer Freundin Rachel findet, steht sie eindeutig im Fokus der polizeilichen Ermittlungen.


Das Autorenduo hat hier einen flüssig zu lesenden Thriller abgeliefert - gleich der Einstieg war sehr spannend. In die Figur von Charlotte konnte man sich als Leser gut einfühlen und die unbekannte Bedrohung spüren – ein Albtraum pur. Allerdings war sie für mich in ihrer Verliebtheit zu Peter sehr naiv. Als intelligente Person, die sie zweifellos war, wäre ein gesunder Argwohn angebracht gewesen. Silvestri und Wolcott als Ermittler haben ihre Arbeit tadellos erledigt und je nach Situation mal mehr freundschaftlich, dann wieder distanziert gehandelt. Die Autoren haben die Aufmerksamkeit der Leser immer wieder in verschiedene Richtungen gelenkt, die sich dann doch als Irrwege herausstellten, das gefiel mir sehr gut. Am Ende wurde es für Charlotte persönlich sehr brenzlig, aber der Fall konnte durch die Detectives schlüssig aufgeklärt werden.

Der Thriller bekommt von mir eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 02.08.2021

Eine lebenslange Suche

Das letzte Bild
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Eva sieht in einer Zeitung ein Phantombild einer unbekannten Frau, die vor 47 Jahren im norwegischen Isadal gestorben ist – verbrannt. Entweder handelt es sich um Mord oder Suizid. In der Toten erkennt ...

Eva sieht in einer Zeitung ein Phantombild einer unbekannten Frau, die vor 47 Jahren im norwegischen Isadal gestorben ist – verbrannt. Entweder handelt es sich um Mord oder Suizid. In der Toten erkennt Eva eindeutig eine große Ähnlichkeit mit ihrer Mutter Ingrid. Die Journalistin in Eva verbeißt sich in die Sache und stellt Nachforschungen an.

Die Handlung spielt in Frankreich, Norwegen, Italien, Belgien und Deutschland während der Jahre 1944, 1954, 1969 und 2018. Im Laufe der Handlung wird klar, wie der Prolog in die Geschichte paßt.

Und am Ende schafft es Eva tatsächlich, die unglaubliche Wahrheit ans Licht zu bringen!


Ich habe schon einige Bücher der Autorin gelesen, die mich begeistert haben. Die Titel Nachtfräuleinspiel und Rabenmutter klangen auf den ersten Blick auch recht harmlos, waren es aber richtig spannende Romane. Genauso ist es mit diesem Buch. Es packt den Leser von der ersten Seite an. Der Schreibstil liest sich flüssig, ohne jegliche Längen, spannend wie ein Krimi, aber auch berührend, man will als Leser bei der Stange bleiben und wissen, was geschah wirklich. Ingrid als Mutter war mir anfangs suspekt, mit wenig Empathie und am Ende sieht man sie mit anderen Augen.
Die Anmerkungen der Autorin in Anhang fand ich sehr interessant.

Von mir bekommt das Buch auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

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