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Veröffentlicht am 11.06.2018

Blasser Bücherzauber

Das Mädchen, das in der Metro las
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„...jedes Buch ist wie ein Porträt und hat mindestens zwei Gesichter...Das Gesicht von der Person, die es weitergibt. Und das Gesicht von der Person, die es empfängt.“

Ich habe mich locken lassen. Vom ...

„...jedes Buch ist wie ein Porträt und hat mindestens zwei Gesichter...Das Gesicht von der Person, die es weitergibt. Und das Gesicht von der Person, die es empfängt.“

Ich habe mich locken lassen. Vom Titel und dem schönen Cover, vom Verlag, von der Verlagsinformation zur Autorin, deren Bücher bereits prämiert worden sind, und natürlich nicht zuletzt vom märchenhaften Plot, bei dem es um Bücher und ihr Macht zur Veränderung geht. Klingt genau nach einem Buch für mich, es hat mich aber leider überhaupt nicht gepackt, trotz guter Ideen und Ansätze, trotz guter Sprache und trotz eines meiner Lieblingsthemen - Bücher. Die Geschichte plätschert dahin, und ich bin nicht wirklich in der Lage zu sagen, woran das eigentlich liegt.

Juliette führt ein ereignisloses und sicheres Leben als Büroangestellte eines Pariser Maklerbüros, pendelt täglich die gleiche langweilige und ungefährliche Strecke lesend mit der Metro, geht am Wochenende regelmäßig ins Kino und verbringt ansonsten ihre Abende allein vor dem Fernseher in ihrem 1-Zimmer-Appartement. Ihre wenigen Liebhaber fanden das Leben mit ihr nach kurzer anfänglicher Leidenschaft langweilig. Eines Morgens, als sie spontan an einer früheren Station aussteigt, findet sie mitten in Paris ein mit Büchern vollgestopftes Lagerhaus und trifft Soliman, einen liebenswert-schrulligen Exilant, der für jeden Menschen genau das richtige und lebensverändernde Buch zu haben glaubt. Juliette wird in diesen Bann gezogen und für sie ändert sich alles.

Die Handlung ist mit dieser Grundidee sehr gut angelegt, mit ein paar witzigen und schrägen Details, und sprachlich bewegt sich das Buch auf einem sehr angenehm lesbaren Niveau. Die Geschichte besitzt viele zauberhafte Momente, bei denen man versunken lächeln könnte, wenn zum Beispiel erklärt wird, warum es bei Liebesromanen auf Seite 247 immer zu Tränenausbrüchen der Leser kommt oder wenn bei einer Wohnungsbesichtigung das gezielt neben der Badewanne platzierte Buch eine junge Frau fesselt und ihr zukünftiges Glück in den eigentlich heruntergekommenen Räumen erspähen lässt.
Aber trotz des träumerischen Grundtones und der skurrilen Figuren und Ideen erschien mir das Buch zu blass, zu weit weg von der Traumwelt, so als würde man nur das Abbild eines Traumes zu lesen bekommen. Und ich weiß wirklich nicht, woran es liegt, dass mir nichts nahe kam beim Lesen, denn eigentlich mag ich durchaus solch zauberhafte Bücher, solange sie nicht zuckersüß sind - und das ist dieses Buch wirklich nicht. Vielleicht wollte die Autorin auf wenigen Seiten zu viel erreichen? Vielleicht hätten ein paar mehr Einblicke in das Wesen der wenigen Charaktere den Leser näher an diese herangelassen? Oder vielleicht stört mich auch, dass die Autorin zwar für traumhafte und lebhafte Bücherwelten plädiert, in denen man interessante Menschen und Gegenden kennenlernen kann, dass sie aber auch mit erhobenem Zeigefinger ihre Protagonisten an die Wirklichkeit binden möchte, warnend davor, dass sie sonst den Bezug zum Leben verlieren?

Es ist kein schlechtes Buch, aber für meinen Geschmack zu blass und zu unausgegoren. Die gut gemeinte Hommage an die Literatur und an Bücher überzeugt mich nicht.

Veröffentlicht am 02.01.2018

Düster und spannend

Die Eishexe
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Im Buch „Die Eishexe“, dem zehnten Band der Reihe um den Ermittler Patrick Hedström und seine Frau Erica Falck, zieht die schwedische Bestseller-Autorin Camilla Läckberg neue Register.
Sie verknüpft geschickt ...

Im Buch „Die Eishexe“, dem zehnten Band der Reihe um den Ermittler Patrick Hedström und seine Frau Erica Falck, zieht die schwedische Bestseller-Autorin Camilla Läckberg neue Register.
Sie verknüpft geschickt einen aktuellen Fall und dessen Ermittlungen mit einem dreißig Jahre zurückliegendem Mord und mit einer Hexenjagd aus dem 17. Jahrhundert.

Ein kleines Mädchen, die vierjährige Linnea Berg, wird vermisst und kurze Zeit darauf tot aufgefunden. Beängstigende Parallelen zu einem dreißig Jahre zurückliegendem Mordfall tun sich auf, die entweder auf denselben Täter oder eine Nachahmung schließen lassen. Damals war ebenfalls ein kleines Mädchen, die vier Jahre alte Stella, verschwunden und ermordet aufgefunden worden, und es wurde nie zufriedenstellend geklärt, was genau damals vorgefallen war.
Parallel dazu verfolgt man beim Lesen eine alte Geschichte aus dem 17.Jahrhundert, aus der Zeit der Hexenverfolgungen in der Gegend von Fjällbacka, die ihre Spuren bis in die Gegenwart auszustrecken scheint.
Erika Falck, die bekannte Schriftstellerin, arbeitet gerade an einem Buchprojekt, das sich mit dem alten Mordfall an der kleinen Stella Strand auseinandersetzt. In bekannter und sehr lesenswerter Manier unterstützt sie die polizeilichen Ermittler aus Tanum bei ihren Nachforschungen mit kühlem kriminalistisch spitzfindigem und sehr menschlichem Blick.
Ebenso mit von der Partie sind syrische Flüchtlinge, die am Rand von Tanum, ausgegrenzt vom sozialen Leben, eine Unterkunft gefunden haben, die ihnen leider keine Sicherheit bietet. Die Anfeindungen nehmen zu, die Situation eskaliert und die Polizei von Tanum hat mehr als alle Hände voll zu tun.

Lieb gewonnenen Protagonisten aus vorherigen Bänden mit ihren sozialen Verbindungen, ihren Ecken und Kanten, begegnet man auch in diesem Band wieder. Neben den Ermittlern aus Tanum und ihren Familien kommen neue Personen dazu, die mit dem aktuellen Fall und dem alten Kindermord verknüpft sind. Das für mich große Vergnügen beim Lesen besteht eben darin, dass Charaktere nicht nur als gehetzte Polizisten oder klischeehafte Bösewichte auftreten und ihre Rolle spielen, sondern dass es viele Grautöne gibt, dass die Geschichte nicht ausschließlich von Spannung der Krimihandlung sondern auch von den sehr persönlichen Hintergründen zu den Charakteren lebt. Liebevoll und dreidimensional sind die Figuren gezeichnet, lebensecht und glaubhaft. Auch im Scheitern und bei den Tätern findet man glaubhafte und eindringliche Beschreibungen der Personen und ihrer Beweggründe. Genau das ist es, was mir an den Läckberg-Krimis so gut gefällt und was sie zu etwas Besonderem macht.

Ein wirkungsvoll und gut eingearbeiteter Aspekt ist die aktuelle Flüchtlingssituation. Am Ortsrand von Tanum, unverstanden und sozial ausgegrenzt, sind arabische Familien untergebracht, die in die Handlung geschickt integriert werden. Die Autorin betrachtet Situationen aus verschiedenen Blickwinkeln, so auch aus dem der beiden syrischen Jugendlichen Khalil und Adnan oder dem Familienvater Karim, die auf der Suche nach einer neuen Heimat durch die Geschehnisse stolpern, angefeindet werden, auf Feindschaft und auf Hilfsbereitschaft gleichermaßen stoßen. Es wirkt sehr natürlich und in keiner Weise zu sehr gewollt, wie mit der Thematik im Buch umgegangen wird.

Die Geschichte spielt auf verschiedenen Zeitebenen. Neben dem gegenwärtigen Mord an der kleinen Linnea wird von Ermittlungen von vor 30 Jahren zum Mord an der vierjährigen Stella erzählt. Zusätzlich springt man in die Vergangenheit ins 17. Jahrhundert zur Geschichte über eine Hexenjagd, die mit einem Fluch mit Bezug zur Gegenwart endet.
Die Zeitebenen sind recht gut auseinanderzuhalten, und mit aufmerksamen Lesen kommt man auch mit den viele Charakteren klar. Allerdings wäre ein Personenverzeichnis für Neulinge der Reihe sicher hilfreich.

Was mich an dem Roman gestört hat sind zum einen Wiederholungen, die manchmal sogar im darauffolgenden Satz zum selben Sachverhalt, einfach mit anderen Worten, gemacht wurden. Oder Wiederholungen innerhalb der Geschichte mit Bezug auf vorangegangene Handlungen, so als müsste für den Leser nochmal kurz zusammengefasst werden, was 50 Seiten zuvor passiert war. Dadurch zog sich für mich teilweise dass Geschehen zu sehr , hier hätte dem Buch ein strafferes Lektorat sicher gut getan.
Zum zweiten war ich ein klein wenig enttäuscht vom letzten Teil des Buches. Ein kurzer und richtig böser showdown, eine für mich nicht ganz zufrieden stellende Aufklärung des aktuellen und alten Falles, und ganz zum Schluss zieht schnell wieder eitel Sonnenschein ein, fast als dürfte das friedliche und beschauliche Leben trotz großer Katastrophen keinen wirklichen Kratzer bekommen.

Insgesamt sehe ich das Buch als sehr lesenswerten Roman, dem ein wenig Straffung sicher ganz gut getan hätte, ich vergebe 3 Sterne dafür.

Veröffentlicht am 11.07.2017

Mystische Familiengeschichte

Die Hummerkönige
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Eine Familiengeschichte, die auf einer Insel an der Grenze zwischen USA und Kanada spielt, verbunden mit dem Mystizismus des Meeres und der Liebe zum Ozean - es hätte ein wirklich großartiges Buch sein ...

Eine Familiengeschichte, die auf einer Insel an der Grenze zwischen USA und Kanada spielt, verbunden mit dem Mystizismus des Meeres und der Liebe zum Ozean - es hätte ein wirklich großartiges Buch sein können. Doch die Lektüre macht es mir ein wenig schwer, mit der Geschichte wirklich warm zu werden. Ich will das Buch so gerne sehr lieben, weil es großartige und innige Passagen zur Verwurzelung der Familie Kings mit der Insel Loosewood Island und dem Ozean, mit der Tradition und Kunst des ersten der Kings, dem Hummerfischer und Maler Brumfitt, zum Segen und Fluch des Ozeans enthält, die mir wirklich nahe gehen und dicht und nachvollziehbar erzählt sind, und weil es eine aufregende Familiengeschichte erzählt.
Wären da nicht die hineingepflanzte zusätzliche Spannung zum Kampf um die Fanggebiete der Insel mit Fischern der Küstenstadt James Harbor und der Drogenhandel, die das Leben auf der Insel bedrohen und die auf mich oft wie ein Fremdkörper beim Lesen wirken, fast unpassend, insbesondere bezüglich der Hauptfigur Cordelia Kings.
Natürlich soll die Geschichte damit mehr Schwung und Spannung bekommen, allerdings ist es leider einfach zu viel gewollt und für mich unglaubwürdig. Die Schönheit und die Rauheit des Lebens auf dem Meer, die Ursprünglichkeit der Insel und die Verbundenheit zum Ozean, die man beim Lesen deutlich spüren kann, geht dadurch ein wenig verloren, zugunsten einer für mich wirklich fragwürdigen Krimihandlung.

Dennoch ist es ein Buch, das ich zum Lesen empfehlen möchte, auch wenn die Geschichte Störungen und Versatz aufweist. Es ist ein in vielen Passagen ruhiges und schönes Buch, das die Wurzeln der Familie Kings über 300 Jahre Familiengeschichte und den Hummerfang aufrollt. Der Hummerfang und die Insel, auf der die Kings nicht nur dem Namen nach die heimlichen Könige sind, bilden die Basis für das Leben der Familie. Beginnend mit Brumfitt Kings, der vor mehr als 300 Jahren auf die Insel kam und nach der Sage über das Meer laufen konnte, weil es hier so viele Hummer gab, fuhr immer ein Kings einer Generation auf den Ozean hinaus, war für das Meer geboren und mit der See verwoben.
Brumfitt Kings war auch ein Maler stimmungsvoller und mystischer Bilder vom Ozean und von der Insel, bekam seine Frau vom Ozean in Form eines Wandelwesens geschenkt und prägt mit seinen hinterlassenen Tagebüchern und mittlerweile berühmten Bildern die Gedankenwelt von Cordelia Kings, die sich auf der Insel als Hummerfischerin behaupten will.

Das Buch erzählt Cordelias Geschichte, die ihrer Schwestern und ihres Vaters Woodbury Kings, mit Rückblicken in ihre Kindheit und in die Vergangenheit der Familie Kings. Ihr Kampf, sich in der Männerwelt der Hummerfischer zu etablieren, das Ringen um die Liebe ihres Vaters, ihre Verbundenheit zu den Gemälden von Brumfitt und zu seinen Geschichten und ihre Interpretation der Gemälde bezüglich der Familiengeschichte machen das Buch zu etwas besonderem. Die Figur Cordelias und ihres Vaters wirkt in diesen Passagen lebensnah, echt, dreidimensional und trotz oder vielleicht gerade wegen der angedeuteten mystischen Verbindung zum Ozean auf mich sehr glaubwürdig und interessant. Die Charaktere stehen im Vordergrund, und Ereignisse, die die Familie prägen, werden dem Leser fast nebenbei hingeworfen, was mir sehr gut gefällt.
Im wirklich krassen Gegensatz dazu steht Cordelias Kampf mit den Fischern aus James Harbor. Minuziös und durch den thrillerhaften Fokus des Neugierigen werden blutige Details dargeboten, zwar spannend, aber in der Erzählweise und im Stil störend für den Rest der Geschichte.
Nicht nur dadurch, auch durch ihr Handeln in diesen Situationen selbst, das für mich aufgesetzt und unecht wirkt, verliert das Buch an Schönheit. Es wirkt auf mich fast so, als sollte die Spannung im Nachhinein durch ein paar Szenen aufgebessert werden, was ich wirklich sehr schade finde.

Veröffentlicht am 17.04.2017

Biografischer Roman trifft Schmöker

Die letzte Prinzessin
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Das Buch "Die letzte Prinzessin" von Martin Prinz schildert das ereignisreiche Leben der letzten Habsburger Prinzessin Elisabeth vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse des ausgehenden 19. und ...

Das Buch "Die letzte Prinzessin" von Martin Prinz schildert das ereignisreiche Leben der letzten Habsburger Prinzessin Elisabeth vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts.
Es ist ein Roman, keine Biografie, und daher kein vollständiger Lebensbericht und auch nicht chronologisch aufgebaut. Elisabeth Petznek alias Prinzessin Elisabeth, alias die "rote Prinzessin" ist die Tochter von Kronprinz Rudolf, beeinflusst und erzogen von ihrem Großvater Kaiser Franz Joseph, wuchs in Glanz und Gloria der Donaumonarchie auf. Aus den kühlen familiären Verhältnissen ihrer Jugend, geprägt vom frühen und geheimnisvollen Tod ihres Vaters Kronprinz Rudolf, vom Großvater als mögliche Erbin herangezüchtet, heiratet sie gegen dessen Willen früh und unter ihrem Stand, verbunden mit dem Verzicht auf jegliche Ansprüche auf den Thron. Nach unglücklicher Ehe und den Schrecken des Ersten Weltkrieges, die sie zwar spürte, aber keinesfalls wie die übrige österreichische Bevölkerung hungernd durchleiden musste, wendet sie sich den Sozialdemokraten zu und heiratet 1948 Leopold Petzek, einen Sozialdemokraten, Lehrer und langjährigen Weggefährten.

Die Geschichte beginnt mit dem Tod der 80jährigen Elisabeth Petznek 1963 in Wien und ist über weite Passagen aus der Sichtweise ihres Portiers Paul Mesli erzählt. Parallel dazu erinnert man sich als Leser gemeinsam mit dem alten Portier an Elisabeths Jugend, so wie sie ihm davon erzählt hatte.
Für mich überraschend wurde den Tagen nach dem Tod der Prinzessin und dem Bericht des Portiers darüber viel Raum eingeräumt, auch am Ende des Romanes findet der Autor den Weg dorthin zurück.

Durch für meinen Geschmack zu viele Wiederholungen verlor sich die Geschichte hier zu sehr. Viele rückblickend betrachtete Ereignisse in Elisabeths Leben sind unter der Voraussetzung beschrieben, dass man einigermaßen sattelfest in der Habsburger Familiengeschichte ist - ich musste hier einiges nachschlagen bezüglich Verwandschaftsverhältnissen und historischen Ereignissen, an denen sich der Autor ohne näher darauf eingeht entlang hangelt.
Die ausführlicher beschriebenen Begebenheiten sind eher familiärer Natur, teilweise verflochten mit ziemlich banalen Gedanken. Das gibt dem Ganzen zwar einen recht persönlichen und familiären Touch, andererseits ist es mir unmöglich nachzuvollziehen, was Dichtung und was Wahrheit entspricht. Bei letzteren stört mich ehrlich gesagt auch die kindlich-naive Sprache, die so ganz verschieden von der recht sachlichen (und mir teilweise zu verschachtelten) Sprache ist, mit der Ereignisse und Hintergründe angetippt werden. Ich habe manchmal das Gefühl, zwei Bücher zu lesen. Ein stichpunktartiges Sachbuch und einen (für mich ehrlich gesagt recht banalen) Roman über einen alten Portier und eine Prinzessin.

Nach sehr gut geschriebenen Passagen in der zweiten Hälfte des Buches, wie zum Beispiel Hergang des Attentates auf den österreichischen Ministerpräsident Stürgkh und die Person des Friedrich Adler, der sich von der als opportunistisch dargestellten Sozialdemokratie abwendet, wird die Zeit zwischen den Weltkriegen leider gar nicht angesprochen, statt dessen findet der Autor wieder zu Portier Muesli und seinen Gedanken zurück.

Das Buch hat mich leider nicht wirklich abholen können. Es ist eine in meinen Augen nicht gut gelungene Mischung aus historisch belegter Biografie, den Erinnerungen eines Wegbegleiters und einem schwülstigen Schmöker, letzteres ist so gar nicht mein Metier, besonders wenn Inhalt und Sprache sehr seicht sind.

Veröffentlicht am 17.04.2017

Abgründig und typisch Grangé

Purpurne Rache
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Eine egozentrische, verrückte und skrupellose Familie und dazu eine äußerst verzwickte Geschichte hat Jean-Christophe Grangé in seinem neuesten Werk "Purpurne Rache" geschaffen.

Grégoire Morvan, Familienvater, ...

Eine egozentrische, verrückte und skrupellose Familie und dazu eine äußerst verzwickte Geschichte hat Jean-Christophe Grangé in seinem neuesten Werk "Purpurne Rache" geschaffen.

Grégoire Morvan, Familienvater, Despot, Schläger und für di Französische Regierung der Mann fürs Grobe (wenn auch auf hohem Posten) sieht seine mit zweifelhaften Mitteln erworbene sprudelnde Geld und Machtquelle im Kongo gefährdet. Ein Unfall auf einem Luftwaffenstützpunkt in der Bretagne schreckt ihn zusätzlich auf.
Sein Ältester Erwan, praktischerweise Polizist und ehemaliger Kämpfer einer Eliteeinheit, seiner schönen Schwägerin Sophia hoffnungslos verfallen jedoch ansonsten Frauen zugetan, die gesellschaftlich und geistig weit unter ihm stehen, ermittelt in der Bretagne für Vater Grégoire und stößt in ein Wespennest.
Schwester Gaëlle befasst sich zwischenzeitlich mit dem Vorantreiben ihrer Schauspielkarriere a la Sophia Loreen, schafft es jedoch nur bis zu Castings als Bikinimädchen bei Quizshows und finanziert sich als Edelnutte.
Loïc, der andere Sohn von Grégoire und millionenschwerer Broker, fühlt sich im Drogenmilieu unter versifften Brücken am wohlsten, hat nach einer steilen Alkoholikerkarriere in früher Teenagerzeit alles an Drogen exzessiv probiert, was er bekommen konnte, und achtet dennoch darauf, beim Koksen sein Amaturenbrett sauber zu halten.
Mutter Maggie als duldende und geprügelte Ehefrau konnte sich und ihre Kinder schon früher nicht retten, trägt aber ein Geheimnis aus ihrer Zeit im Kongo mit sich herum.

Die Wiege der Familie Morvan im Kongo, das frühere Leben von Grégoire mit all seiner Brutalität beim Fangen eines verrückten Serienmörders dort und seine schmutzigen Geschäfte in dem afrikanischen Land sowie seine Peergroup, die er sich dort aufgebaut hat, sind der Dreh- und Angelpunkt, auf den alles hinzulaufen scheint. Die Morde deuten auf einen Zusammenhang zu den damaligen Morden des Nagelmannes im Kongo hin.
Die Geschichte entspinnt sich um die Ermittlungen Erwans beginnend auf dem Luftwaffenstützpunkt und gefolgt von weiteren schaurigen Mordschauplätzen. Er deckt häppchenweise schier unglaubliche Dinge auf, die zunächst einzeln gesehen verwirrend und verworren sind. Im Laufe des Buches, nach vielen Wendungen und Überraschungen, wie man das von Grangé gewohnt ist, fügen sich die einzelnen losen Fäden zu einem Gewebe, das ein klares Bild für den Leser ergibt.

Die Grundidee des Buches ist sehr gut, aber es konnte mich dennoch nicht wirklich packen. Für meinen Geschmack ist die Handlung zu breit angelegt, einige Entwicklungen und Wendungen sind mir zu gewollt und damit unglaubwürdig im Kontext der restlichen Geschichte.
Die Spannung, angemessen für einen guten Thriller, wird für mich zu oft durch Erwans Theoretisieren gebremst, das nimmt der Geschichte Tempo und wirkt ein wenig hilflos. Stilistisch halte ich nicht für sehr gelungen, Erwan verzettelt sich in zu vielen Passagen gemeinsam mit mir als Leser und ich hatte das Gefühl, Grangé wollte manchmal einfach zu viel. Weniger wäre hier mehr gewesen.

Die Auflösung des Falles erschien mir etwas zu flapsig geschrieben, so als muss jetzt alles unbedingt zuende gebracht werden, nachdem vorher viel Zeit für noch mehr Details aufgewendet wurde. Gefallen hat mir allerdings sehr, dass nicht alles restlos geklärt ist, ohne dass man auf eine Fortsetzung der Geschichte zwingend angewiesen und damit wahrscheinlich enttäuscht wäre.

Fazit
Für eingefleischte Fans von Grangé ist dieses Buch sicherlich ein Muss. Es ist eine spannende und verworrene Geschichte, die mir ein wenig zu verdreht war und drei Sterne erhält.